Das Wort der Zukunft: weniger

el_mar, Freitag, 20.03.2020, 14:24 (vor 1499 Tagen)1813 Views
bearbeitet von el_mar, Freitag, 20.03.2020, 14:32

„Corona“ ist ein Auslöser, keine Ursache - viermal „Ö“

Was soll ich sagen? Ich sage – und das ist sicher stark! vereinfacht und sehr bildhaft: viermal „Ö“

1. Ökologie
Die ökologischen Grundlagen auf dem Planet von dem wir leben werden allmählich ruiniert und verlieren Vitalität und „Produktivität“. Was wir krank machen, macht auch uns krank - logisch. Außerdem sind wir viel zu viele Menschen. Jeden Tag kommt ca. eine Stadt wie Münster dazu.
Eine exponentielle Bevölkerungswachstumskurve, wie ein Hockeyschläger.
Alles, was sich nicht ewig fortsetzen lässt, hört irgendwann auf. Dafür sorgen die Evolution oder besser Bildung und Entwicklung.
Nur einige, wenige Beispiele zum ersten „Ö“:
Temperaturen steigen, die evolutionäre Anpassung kommt da nicht mit.
Böden werden vergiftet.
Ressourcen werden verschleudert für eine hypermobile Spaßgesellschaft. Schwärme und Pflanzen werden übernutzt. Nutzbares wird weggeworfen.
Fast jeder von uns macht sein eigenes Feuer im Verbrennungsmotor unter der Motorhaube und fährt damit herum. Großteils unproduktiv, rein zum Vergnügen.
Luft und Wasser werden knapp und verdreckt.
Wir holzen ab, graben und stochern immer tiefer herum, z.B. um Öl zu fördern:

2. Öl
Geld regiert die Welt? Money makes the world go round?
Falsch! Öl, hier als Synonym für fossile Energie, ist der Zaubertrank der alles antreibt.
Öl ist überall. Setz dich auf den Fußboden in deinem Haus und denke alles weg, was nicht mit oder mit der Hilfe von Öl entstanden ist. Du sitzt jetzt nackt auf dem Acker. Jetzt denke, was ohne den Einsatz von Öl, nur durch regenerative Energie zurückgeholt werden könnte? Du sitzt immer noch nackt da!
Alles was sich bewegt und lebt betreibt Energie-Dissipation und verursacht Entropie.
Etwas unscharf beschrieben kann man Entropie gleichsetzen mit der Transformation in eine Unordnung, die zu nichts mehr zu gebrauchen ist. Energie = Arbeit = Leben.
Menschen, beispielsweise vertilgen hochwertige Lebensmitteln und schaffen Entropie durch ihre Ausscheidungen.
Ein Hurricane verbraucht (dissipiert) die Temperaturunterschiede zischen dem Meer und den Luftschichten für seine Wirbelkraft. Er stirbt nach und nach, wenn die Temperaturunterschiede wegfallen, weil z.B. auf Land trifft oder das Meer sich abkühlt. Er produziert Entropie (Unordnung) wenn er umher wirbelt.
Wir feiern eine Einweg-Party befeuert durch den Zaubertrank Öl. Die gesamte Industrielle Zivilisation verbrennt (dissipiert) einmalig vorhandene, in hunderten von Millionen Jahren entstandene fossile Brennstoffe, wobei der Erntefaktor (das Verhältnis der Energieaufwandes zur Förderung, Verarbeitung und Verteilung des Öls zum Energieertrag für die Wirtschaft) ständig sinkt. Das nennt man abnehmender Grenznutzen (the first cut ist he deepest oder die tiefhängenden Früchte werden zuerst geerntet). In den 50er Jahren, als man, vereinfacht gesagt, nur in den Sand stechen musste und das Öl sprudelte heraus, lag der Erntefaktor bei ca. 1 zu 100. (hohe Netto-Energie: Eine Einheit Energie rein, 100 Einheiten Energie als Ertrag raus). Mit diesem sehr effektiven Zaubertrank wurde die Infrastruktur für die industrielle Zivilisation aufgebaut. Heute, mit der Nutzung von z.B. Fracking, Tiefseebohrung und Ölsänden und durch die gewachsenen Komplexität liegt der Erntefaktor bei ca. 1 zu 30, Tendenz fallend. Der Zaubertrank wird verwässert. Dieses hätte schon den Galliern nicht gefallen. Sinkende Netto-Energie erzeugt Stress (ungleiche Einkommensverteilung), Konflikte (ausblutender Mittelstand) Kriege (mittlerer Osten), Separatismus (Brexit) Egoismus (Amerika first) und es fällt uns schwer, die Infrastruktur überhaupt zu erhalten. Überall fehlen die „Mittel“. Alle formulieren Ansprüche. Es ist nicht mehr genug Suppe für alle da (wie beim Spiel „Reise nach Jerusalem“). Das „weiter so “ (BAU = business as ususal) gelingt inzwischen nur noch durch eine ständig steigende, ausufernde Verschuldung. Womit wir beim dritten „Ö“ angekommen sind:

3. Ökonomie
Geld ist nicht einfach so da. Es gibt keine staatliche Schatzkammer, aus der es entnommen wird um als Tauschmittel eingesetzt zu werden. Geld entsteht durch Verschuldung. Wieder vereinfacht: Wer z.B. eine kleine Fabrik bauen will, geht zur Bank und holt sich einen Kredit dafür. Die Fabrik dient als Sicherheit. Die Bank transferiert z.B. 1 Million € auf das Konto des Kreditnehmers und hat eine Forderung. Der Kreditnehmer hat eine Verbindlichkeit in gleicher Höhe. Das Geld war vorher nicht da! So lange solche Verschuldungen für produktive Investitionen genutzt werden, ist das kein Problem. Der Zentralbanken schafft Geld, z.B. durch Anleihekäufe von Staaten oder Unternehmen. Eine genaue Erklärung würde hier zu weit führen. Wichtig ist, durch Verschuldung ist plötzlich Geld vorhanden, welches vorher nicht existiert hat. Geld besteht also im Grunde aus Schuldscheinen, die durch staatliche Macht und Garantie umlauffähig gemacht werden. Geld ist ein Anspruch auf die zukünftige Nutzung von Energie und die dadurch entstehenden Produkte und Leistungen.
Es können Zinsen verlangt werden, so lange die Zukunft u.a. dank billiger Energie und guter Ideen (technische Fortschritt und rentable Geschäftsfelder) produktiv genutzt werden kann. Der Investor muss jedoch Kunden (Nachschuldner finden), die ihn erlösen (sich ebenfalls Verschulden und beim ihm kaufen), damit er Zins und Tilgung leisten kann. Für diese Nachschuldner gilt das gleiche, sie müssen Einnahmen erzielen, indem sich wiederum andere verschulden und so weiter. Ein Kettenbrief, der nicht enden darf. So läuft unser System, es muss wachsen, u.a. wegen der Zinsen und der Steuern für den gefräßigen Staat. Die Komplexität muss ständig zunehmen. Mehr Komplexität verlangt erhöhte Energie-Dissipation. Wir sind abhängig von globalen Lieferketten, , billiger Energie, wachsender Verschuldung und wachsender Komplexität (z.B. dem Internet, Hightech Motoren) . Die oberste, auf Schulden basierende mega-komplizierte Komplexitätsebene muss funktionieren, denn die tieferliegenden Komplexitätsebenen (Telefax, Pferde) sind nicht mehr vorhanden.
Irgendwann kommt es zur Überschuldung. Die Zukunft kann ihre Versprechen nicht halten, weil der Erntefaktor des Öls (und anderer Brenn- und Rohstoffe) ständig abnimmt und weil die wachsend Komplexität nicht mehr beherrschbar und finanzierbar ist. Die Zentralbanken helfen dann mit diversen „Zaubereien“ (Kreditexpansion, Null-Zinsen, Zuwendungen, Hilfspaketen, Quantitative easing, Modern Money Theorie …) damit die Party weiter läuft.
Man kann die Zukunft zunächst, nominal, weiter belasten mit immer mehr Schulden aber ohne reales Wachstum. Das läuft verstärkt seit der letzten Finanz-Krise 2008 so. Man kann aber, real, keine billige Energie drucken. Die Währungen geraten früher oder später in Gefahr. Es droht Inflation, weil dem vielen Geld zu wenig „reales“ gegenüber steht.

4. Öffentliche Meinung
Irgendwann, bei offensichtlich maßloser und nicht rückführbarer Überschuldung verlieren die Markteilnehmer das Vertrauen und nehmen selbst billige nicht Kredite mehr an, bzw. maßlos überschuldete Staaten, Firmen und Haushalte bekommen keinen Kredit mehr. Wer investiert in ein Fass ohne Boden. Die Psychologie kippt um. Lieber tauscht man Geld in Sachwerte, z.B. in Betongold. Daher der Bauboom der letzten Jahre und der sogenannte „Crackup boom“ mit Überhitzung und Vollbeschäftigung. Es entstehen Blasen bei Immobilien, Aktien, Anleihen, im Kunstmarkt etc., bis diese platzen.
Die Zentralbanken werfen zuletzt Geld mit dem Hubschrauber ab (Helicopter money oder bedingungsloses Grundeinkommen). Geldgeschenke sind jetzt angekündigt. Die nominale Geldschwemme ändert aber nichts an der Thermodynamik und den nicht vorhanden, realen, produktiven Möglichkeiten auf einem begrenzten Planeten. Wohlstand kann man weder drucken noch ins Amt wählen. Die Währungen gehen „kaputt“. Das passiert immer wieder (fragt mal die Oma oder den Uropa, falls er noch lebt). Aktuell ist die Fallhöhe so groß wie noch nie. Die öffentliche Meinung schlägt um. Die Menschen bekommen Angst und rennen irgendwann gleichzeitig zum Ausgang. Die Blasen platzen, Lawinen stürzen, Ketten reißen.
Das kann jetzt alles dem Corona-Virus in die Schuhe geschoben werden, der sicherlich gefährlich ist für unsere Gesundheit. Eine Lawine kann dieses tückische Virus aber nur auslösen, weil sie über Jahrzehnte, Schicht für Schicht, aufgebaut wurde, durch maßlose Kreditexpansion und ausufernde Komplexität. Irgendwann ist es zu viel.
Corona ist ein schwarzer Schwan, ein unvorhersehbares, auslösendes Ereignis. Es hätte auch irgendetwas anderes sein können. Es ist wie bei Jenga, man weiß nicht welcher Stein der letzte ist, der den fragilen Turm durch massenpsychologisches Herdenverhalten zum kippen bringt. Sicher ist, das es Strippenzieher gibt, die dieses Verhalten, bis zu einem gewissen Punkt, z.B. über die Medien, manipulieren können. Auch ohne Verschwörungstheorien bleibt z.B. bisher zumindest unklar, ob das Virus natürlich auf einem Markt oder künstlich im Labor entstanden ist.
Wie auch immer - Krise bedeutet Gefahr und Chance und das wichtigste Wort in der Zukunft lauter „weniger“. Hoffentlich verbunden mit einer geordneten Rückkehr zum menschlichen Maß.
Weniger Globalisierung, weniger sinnlose Transporte, weniger fliegen, weniger Auto fahren, weniger Schnick-Schnack und Trash-Unterhaltung, weniger Verschwendung und Verschmutzung, weniger Egoismus?

Können wir weniger managen?

Saludos

el mar


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