Was die Kosten für D. betrifft
Na Gut,nennen wir es Folgen.
Hier ein 42 Monate alter Beitrag. Da die L-Presse sich in Schweigen hüllen wird, hier der Wortlaut:
https://www.cicero.de/wirtschaft/folgen-des-brexit-jetzt-muss-deutschland-zahlen
Jetzt muss Deutschland zahlen
VON ALEXANDER GRAU am 25. Juni 2016
Großbritannien gehörte in der EU zu den Hauptnettozahlern. Es ist offensichtlich, wer da einspringen wird. Es scheint, als würden viele Chancen, die der Brexit bringt, gleich wieder verspielt
Jetzt haben wir also den Salat. Oder besser vielleicht: Now the shit hits the fan. Großbritannien verlässt die EU. Zumindest haben sich 51.9 Prozent der britischen Wähler dafür ausgesprochen. Was die Regierung nun daraus macht, wird abzuwarten sein. Zumal noch zu klären ist, wer diese Regierung überhaupt stellt und welches Land sie regiert. David Cameron hat seinen Rücktritt erklärt, Schottland droht Großbritannien zu verlassen. Soll einer sagen, wir leben in langweiligen Zeiten.
Umso wichtiger ist es, sich erst einmal eine Tasse Tee zu machen, meinetwegen auch einen Scotch, und die Sache in Ruhe Revue passieren zu lassen. Ok, die Briten werden ihr Verhältnis zu Europa neu regeln. Nicht mehr und nicht weniger. Die Insel wird nicht plötzlich die Taue kappen und auf den Atlantik hinausdampfen, Waren werden wie seit Jahrtausenden vom Festland auf die Insel gebracht werden und umgekehrt. In irgendeiner Form wird Großbritannien Teil der Handelszone EU bleiben, das ist im beiderseitigen Interesse.
Die wirtschaftlichen Folgen des Brexit werden daher nach menschlichem Ermessen weit weniger dramatisch sein, als manch Wirtschaftsguru und Verbandssprecher uns weiß machen will. Denn Unternehmen wollen Geld verdienen, Kaufleute wollen handeln und Konsumenten wollen kaufen.
Für Deutschland sieht es schlecht aus
Wer glaubt, soziale Sicherheit und Prosperität gediehen nur innerhalb der EU, dem ist vermutlich ohnehin nicht mehr zu helfen. Nur zur Erinnerung: Die Situation der südeuropäischen PIGS-Staaten ist ernüchternd und die Lage in Frankreich fatal. Die Schweiz und Norwegen hingegen erfreuen sich durchaus eines gewissen Wohlstands – außerhalb der EU.
Großbritannien wird langfristig mehr oder minder unbeschadet aus der EU herauskommen. Sehr viel schlechter allerdings sieht es für Deutschland aus.
Zunächst das Offensichtliche: 2014 gehörte Großbritannien mit 4,93 Milliarden Euro neben Deutschland (15,5), Frankreich (7,16), den Niederlanden (4,71) und Italien (4,47) zu den Hauptnettozahlen in den EU-Haushalt. Wer soll das ersetzen? Wer das deutsche Politpersonal kennt, ahnt die Antwort.
Mehr Kompetenzen für Brüssel, mehr Regulierung, mehr Zentralismus
Aber auch das ist zu verkraften. Sehr viel unangenehmer – und teurer – werden die langfristigen politischen Folgen sein. Alarmierend sind schon die allerersten Reaktionen. Vom Chef der europäischen Grünen, Reinhard Bütikhofer, über den stellvertretenden Präsidenten des EU-Parlamentes, Alexander Graf Lambsdorff (FDP), bis zum unvermeidlichen Martin Schulz (SPD) lautet der Tenor: Europa muss jetzt enger zusammenrücken. Es klingt wie eine Drohung.
Denn was das bedeutet, daran besteht kein Zweifel: mehr Kompetenzen für Brüssel, mehr Regulierung, mehr Zentralismus. Ohne die Widerspenstigen Briten, so die unverklausulierte Botschaft, kann die EU-Bürokratie jetzt so richtig durchregieren.
Der Brexit böte Chancen
Dabei böte der Brexit die einmalige Chance, das Ruder herumzureißen und unter dem Schock des Ereignisses eine grundlegende Reform der EU anzugehen, Kompetenzen an die Mitgliedländer zurückzugeben, die Finanzpolitik neu zu ordnen und die Rolle der EZB gründlich zu überdenken. Kurz: mehr Subsidiarität zu wagen und sich endlich von der piefigen „Vision“ eines europäischen Staates zu verabschieden.
Doch das alles wird natürlich nicht passieren. Denn es würde ein Verständnis von Internationalität und Weltläufigkeit voraussetzen, das frei ist von Verklemmtheiten.
Es ist an Peinlichkeit kaum zu überbieten
Wie bieder und selbstgefällig das Weltbild in manchen Köpfen des europäischen Politikbetriebes hingegen ist, zeigt schon die notorische Klage über die angebliche Provinzialität, die in dem britischen Votum zum Ausdruck komme. Man ist fast geneigt, lachend vom Stuhl zu fallen: Da erklären Funktionäre der EU einem Land, dessen Monarchin Staatsoberhaupt von 15 weiteren Staaten ist, das einem Staatenbund aus 51 Nationen vorsitzt und noch vor wenigen Jahrzehnten jedes dritte Land dieses Globus beherrschte, was Internationalismus ist. Es ist an Peinlichkeit kaum zu überbieten.
Doch genau hier liegt der eigentliche Grund für den Brexit, das kulturelle Kernproblem: Freiheit, Internationalismus, Globalisierung – das ist für Großbritannien seit Jahrhunderten Realität, eine gelebte Wirklichkeit, die auf den Weiten der Meere liegt und nicht zwischen muffigen Brüsseler Aktendeckeln. Ein Blick in die erste Strophe des wunderbaren „Land of Hope and Glory“ hätte genügt, um zu ahnen, was da kommt. Denn dort heißt es: „Thine equal laws, by Freedom gained, Have ruled thee well and long; By Freedom gained, by Truth maintained, Thine Empire shall be strong.“
LG
D-Marker