Sehr wichtige Gedanken

EM-Financial, Deutschland, Sonntag, 17.03.2019, 07:03 (vor 1860 Tagen) @ Heraklit2762 Views
bearbeitet von unbekannt, Sonntag, 17.03.2019, 07:14

Hallo Heraklit,

ich bedanke mich für Deine ausführliche Darstellung, ich glaube das ist sehr spannend zu lesen, auch für andere. Kurz zu mir selbst: Ich habe in den letzten 25 Jahren so ziemlich jeden "Fehler" begangen, den man an der Börse begehen konnte. Insgesamt habe ich, die Verluste nicht eingerechnet, ausgehend von ca. 100.000 DM Startkapital über 5 Mio. Euro an der Börse gewonnen (reine Aktiengewinne, ohne Hebel, ohne Optionsscheine, Forex,...) aber fast genauso viele Millionen habe ich auch verloren. Gelernt habe ich natürlich nur aus den Verlusten.

Wobei ich heute sage, dass man mit "größeren Risiken" die Chance hat, dass man in 10% der Fälle wirklich Erfolg hat. Aber man muss sich auch im Klaren sein, dass so eine Strategie in 100% der Fälle irgendwann über die Zeit zu 100% Verlust führt, wenn man nicht auf dem Weg nach oben Gewinne herauszieht und "sicher" reinvestiert.

Wer Kursgewinne haben will, sollte gerade in jungen Jahren auf
wachstumsstarke Aktien setzen. Später kann man gerne
Dividenden-Aristokraten nehmen.

Diesem Grundsatz würde ich prinzipiell nur halb widersprechen wollen. Nachweislich führt die Kombination von Momentum/Value oder eben möglicherweise auch Wachstums-/Dividendentitel im Gesamtpaket zum größtmöglichen Erfolg. Denn es gibt unglaublich starke Zyklen. Mal läuft es 10 Jahre besser für Wachstumsaktien, dann wieder 10 Jahre besser bei den Dividendenwerten.

Es ist schon klar, dass Du bei erfolgreicher Auswahl der besten Wachstumsaktien - wenn Du dafür jeden Sektor im Blick hast - hervorragend abschneiden solltest, aber rein durch die einfache Kategorisierung fallen einfach noch zu viele Aktien der Kategorie Wachstumsaktien zu.

Leider habe ich bisher selbst noch nicht die ultimative Formel gefunden, die mir anzeigt, wann die nächste "Netflix" sicher ist, sodass sich ein Investment wirklich auszahlt.

Netflix nenne ich deshalb, weil mir die Aktie und das Streaming-Modell 2007 erstmals aufgefallen sind und ich die Aktie seitdem auf meiner "Beobachtungsliste" hatte.

Gerade die Anfangsjahre sind bei solchen Aktien extrem volatil. Mit 100% Anstieg oder 50-90% Verlust.

Wirklich schwer zu investieren, weil man heute nicht sagen kann, ob die Aktie nun 100 € oder 20 € "wert" ist und in Zukunft "vielleicht" 1.000 €.

Da 90% sich als Fehlgriff herausstellen, ist es auch keine richtige "Strategie" für mich. Jedenfalls nicht dann, wenn ich Geld habe.

Hätte ich kein Geld, würde ich wohl auch versuchen mindestens einen Gewinner zu finden...

Für mich ist es einfacher mich an Aktien zu orientieren, mit sehr festen Basisdaten und Geschäftsmodellen, die sich nicht abrupt ändern werden.

Minen gehören dazu, Ölaktien (immer noch), Basismaterialien (3M, BASF), Medizin (Medtronic, Novo Nordisk), auch IT (Oracle, Alphabet)...

Wirecard fällt da m.E. noch lange nicht in die Kategorie. Aber das ist subjektiv.

Wirecard hat seit dem Hoch um über 50% korrigiert. Wann ist denn die
Aktie für dich günstig, etwa bei 10 Cent? Laut Cashflow-Betrachtung ist
die Aktie auf jeden Fall gerade fair bewertet, wenn nicht gar günstig.

Naja, 50% ist eine Marke und vom Hoch gerechnet. Amazon hat 90% korrigiert Anfang 2000. Andere Aktien auch oft 70-80%. Das ist "normal", keineswegs ungewöhnlich.

Günstig ist die Aktie nicht. Das EV/EBITDA liegt weit >10. Ich kaufe heute noch Aktien die zum Teil beim EV/EBITDA unter 1 liegen, die sind also 10-Mal günstiger. Die haben dann vielleicht nicht so ein Wachstumspotenzial von 100% alle 5 Jahre, aber dafür habe ich ein Neubewertungspotenzial, das beim Faktor 2-5 liegt, je nachdem wie die Psyche der Anleger gerade tickt.

Bei Wirecard kann sich er Kurs noch mal halbieren und kein Hahn würde danach krähen.

Das weiß ich auch nicht, aber mit dieser Einstellung dürfte ich keine
Aktien kaufen, auch BASF nicht. Außerdem überrede ich niemanden, sondern
möchte die einseitige Darstellung, die durchaus zum Teil berechtigt sein
kann, etwas relativieren. Abgesehen davon entwickelt sich Wirecard auch
weiter und muss mit der Konkurrenz Schritt halten.

Wenn Du das Geschäftsmodell analysiert und die strategischen Vorteile gegenüber den Konkurrenten (ApplePay, Paypal, Visa?) kennst, dann ja. Aber sonst sage ich mal, dass BASF weniger beweisen muss und man bei der Aktie leichter in die Zukunft schauen kann, als bei Wirecard.

Eigentlich bin ich kein Fan von einer Dividende, da das Geld in einem
guten Unternehmen besser aufgehoben ist als auf meinem Tagesgeldkonto.
Hinzu kommt, dass die Dividende sofort besteuert wird. Daher bevorzuge ich
thesaurierende ETFs und Wachstumsfirmen, die noch keine oder wenig
Dividende zahlen, sofern möglich. Stichwort: Steuerstundung ...
In den nächsten Jahren werden wir erleben, dass die Staaten immer
gerissener werden, um an das Geld der "Bürger" zu kommen. Scholz rüttelt
bereits an der Abgeltungssteuer, um noch mehr kassieren zu können.

Ja, das sind sehr wichtige Überlegungen. Trotzdem würde ich auf die Bewertungen achten. Zurzeit glaube ich, dass die meisten Anleger für Wachstum aus vielerlei Gründen leider viel zu viel bezahlen.

Anfang des Jahres kaufte ich mal eine IQIYI, zum Spaß, als nächste Youtube-/Netflix Aktie in China. Jetzt schon hat sie sich nach ein paar Wochen schon wieder verdoppelt und ich musste meinen größten Teil wieder verkaufen, weil ich keinen Grund sehe, warum Unternehmen mit negativen Cash-Flows (Geldverbrenner) sich verdoppeln sollten???

Wenn mir jemand den Grund plausibel darlegen kann, dann kaufe ich gerne noch mehr so Zeug.

Es wird aber wieder enden, wie immer, mit der Start-Up Bubble...

Bitte einmal den Autor Dan Lyons beachten, der über der Misere und Probleme mit den ach so tollen Start-Ups berichtet, auch aus Sicht der Arbeitnehmer-Sklaven, die nicht mehr mit Geld, sondern mit Optionen abgespeist werden, die dann auch noch "verfallen/gestrichen" werden, wenn man aus dem Unternehmen rausfliegt, was täglich passieren kann...

Mir sind ethisch gesehen Konzerne mit 10.000 Mitarbeitern und Verantwortung lieber, als geldverbrennende Ganoven, die nur den schnellen Exit machen wollen, mit ihren 100 "Gamechanger" Ideen, von denen am Ende nur 1 funktioniert.

Gruß


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