Zwischen „Merkel müde“ und „Schulz Fieber“

Ostfriese, Montag, 06.02.2017, 16:09 (vor 2608 Tagen) @ gwg3080 Views
bearbeitet von unbekannt, Montag, 06.02.2017, 16:35

Hallo gwg,

Es rollt ein "Schulzzug" Richtung Kanzleramt -- Hat der Wahlkampf schon begonnen?

angesichts eines zukünftig aus 6 Parteien bestehenden Parlamentes ist die professionelle Politik- und Wahlkampfberatung von höchster Bedeutung geworden. Das zeigen ja die Entwicklungen in den letzten Jahren in den Ländern rings um uns herum – und heute in Amerika. Ich wage mich einmal aus der Deckung hervor und sage, dass Angela Merkel ihre Kanzlerschaft nicht verteidigen kann – sie hat keine Chance: Ihr ‚Framing‘ ist zu sehr negativ besetzt und nicht länger mehrheitsfähig.

Ihre Flüchtlingspolitik entsprach zweifellos einer ‚fürsorglichen Ideologie’, die in Übereinstimmung stand mit großen Teilen der Bevölkerung. Der politische Deutungsrahmen ihrer moralischen Sicht war aber nicht in Einklang zu bringen mit der Sprache und den eintretenden Entwicklungen, auf die wir alle gemäß â€žPerception is reality“ mit offenem Mund so gespannt starrten. Jeder weiß, dass die heutigen Unterstützer ihr nur noch mit geballter Faust in der Tasche gegenübertreten und mit schweigender Wut folgen. In der Frage, ob sie sich erneut der Wiederwahl stellen soll, hat sie selbst öffentlich gezweifelt und damit Entschluss- und Entscheidungsunfähigkeit gezeigt. Sie hat sich in der Vergangenheit aus dem ideologischen Heimatgebiet der CDU programmatisch fortbewegt und riesige Lücken für die AfD gelassen, die nicht geschlossen werden können. Ihre politischen Deutungen sind von den Bürgern immer mehr infrage gezogen worden. Die Union wird mit ihrem anstehenden Lagerwahlkampf den Deutungsrahmen des politischen Gegners stärken und ihren eigenen nicht vermitteln können – sie steht auf verlorenem Posten. Die Bevölkerung ist ihrer überdrüssig – wir können die Raute einfach nicht mehr sehen. Johannes Kahrs: „Merkel ist durch – so wie Kohl 1998. Die Menschen wollen ein neues Gesicht.“ Es herrscht Wechselstimmung.

Ganz entscheidend ist, ob und wie Martin Schulz die Deutungshoheit gewinnt. Das mag uns gefallen oder nicht – aber es muss intellektuelle Ehrlichkeit erlaubt sein und der Wille und das Ringen um Erkenntnis im Forum bestehen – vielleicht besitzt es das ja auch nicht mehr. Aus seiner Sicht ist zentral, ob ihm eine eigene politische Identität im Rahmen einer klar zu benennenden ‚sozialen Ideologie‘ gelingt – Empathie, Kooperation, Fürsorge, menschliches Wohlwollen –, in der die Alltagserfahrungen der Menschen sichtbar werden und in Einklang zu bringen sind mit einer einfachen bildlichen Sprache und einer überzeugenden Authentizität. Zu seiner Authentizität gehört auch ein Bekenntnis zu seinen persönlichen Miseren in der Vergangenheit und deren überzeugender Überwindung. Das kommt in der Bevölkerung gut an, denn die politische Moral kann nicht abgetrennt betrachtet werden von der alltäglichen Moral. Es geht um das Herstellen von Begriffen, die die eigene moralische Perspektive aufzeigen. Das Eintreten für „die da unten“ bedarf einer Sprache, die aus dem Bauch kommt, d.h. dass er das moralische Gefühl benennen können muss, das ihn in die Politik führte – sonst wird er scheitern. Die Euphorie der SPD speist sich vor allem daraus, das ‚dark age‘ der GroKo endlich beenden zu können. Die SPD wird mit ihm im Wahlkampf einen Anti-Trumpismus unter Vermeidung eines Antiamerikanismus fahren. Mit rein „faktischen“ Argumenten kann sie keine für die Wahl nötige „moralische Deutungshoheit“ gewinnen und darf auch nicht mit eigenen Fakten die Aussagen der politischen Gegner zu widerlegen versuchen – sie festigt damit unbewusst deren Weltsicht. Die Lücken nach links, die ‚Die Linke‘ hat entstehen lassen, können von der SPD zu ihren Gunsten geschlossen werden und für sie entscheidend sein.

Der ‚Waagepunkt‘ als Termin für die ‚baudrillardschen‘ Tests, denen die Massen sich ‚freiwillig‘ und mit ‚Begeisterung‘ unterwerfen, ist ein schönes Omen für deren Ergebnisse, welche Mimen aus dem Ensemble des Berliner Staatstheaters auf die Bühne treten und schauspielern dürfen. Merkel und Schulz sind auch nur austauschbare Machthalter innerhalb eines Zentralmachtsystems, für die in Berlin gilt, was für jenseits des großen Teiches von @Ashitaka so: „Trump ist nur ein Schauspieler, so wie alle Präsidenten vor ihm, mal besser, mal schlechter. Die Politik ist von Beratungsgesellschaften, von Ausarbeitungen und Einflussnahmen der Kanzleien der Militär- und Finanzbranche abhängig, nicht von dem Zirkustheater im und um das Weiße Haus herum.“ und von CalBaer so: „Also lasst Euch nicht veraeppeln, die Trump-Hysterie ist also alles nur Show, in Wirklichkeit ist alles schon laenger von den US-Think-Tanks durchgeplant, sogar die Bundespolitik in der Trump-Aera.“ formuliert wurden.

Sprache ist Politik und Manipulation ist Wirklichkeit – nach einem eventuellen ‚Event‘ vor den Tests richten die Kameras sich neu aus und die Schreibautomaten bringen autonom neue Texte zu Papier. Vielleicht auch schon vorher.

Gruß Ostfriese


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