Zahlungs- & Handelsbilanzen, Überschüsse, Löhne & Produktivität usw.

Beo2, NRW Witten, Montag, 23.01.2017, 11:28 (vor 2640 Tagen) @ CalBaer2614 Views
bearbeitet von unbekannt, Montag, 23.01.2017, 12:04

Reserve Ratio - nat. ZBs gingen dann pleite (oT)

Lieber @CalBaer, Du machst deine Hausaufgaben nicht, da Du hier laufend plakative Behauptungen ohne jegliche Begründung aufstellst. Du machst es dir ein wenig zu leicht ...

Also, erkläre mir bitte: Wie kann eine ZB pleitegehen, wenn sie Aktiva in Höhe ihrer Bilanzsumme besitzt und ihr negatives/passives Target2-Saldo nur ein Bruchteil der Bilanzsumme ausmacht .. UND, wenn sie also einen Teil ihrer Aktiva ins Ausland abgibt und dafür ihr Target2-Saldo auf der Passivseite wegputzt? Mit anderen Worten: wenn sie ihre Bilanzsumme in Höhe des Target2-Saldos verkürzt, ohne dass ihr Eigenkapital dadurch im geringsten berührt wird. Das fürs erste.

Zweitens, eine ZB kann nicht pleitegehen, da sie vom Staat (was sie ja eigentlich ist) rekapitalisiert werden muss, sollte einmal das EK gegen Null (und darunter) absinken. Es steht sogar implizit auch im Grundgesetz. Die BuBa bzw. ihre Vorgängerin wurde ja auch bereits bei ihrer Gründung vom Staat, ihrem Eigentümer mit Eigenkapital ausgestattet. Und wie macht er das? Ganz einfach: Der Staat leiht sich zusätzliches Geld (vgl. Staatsanleihe), notfalls direkt bei der ZB (wie 1948f), und übergibt es der ZB. Dieser völlig legale Vorgang verlängerte nur die ZB-Bilanz und die Staatsverschuldung. Er ist ja auch der einzige Gesellschafter und Eigentümer. (Übrigens, bei der FED kann er die Gesellschafterbanken per Gesetz dazu verpflichten. Sie sind ja bei der FED Pflichtgesellschafter per Gesetz.)
_____________________

Es gibt aber ein anderes Problem im Zusammenhang mit den Target2-Salden, welches tatsächlich ein reales und bereits permanent wirksam ist .. und welches niemand hier diskutiert (außer mir). Ich kenne nur den Dr. Heiner Flassbeck, der nicht müde wird, darauf hinzuweisen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Heiner_Flassbeck
http://www.ingenieur.de/Politik-Wirtschaft/Wirtschaftspolitik/Flassbeck-In-Deutschland-...
http://www.wirtschaftswurm.net/2013/was-tun-gegen-schaedliche-exportueberschuesse/
http://www.zeit.de/wirtschaft/2014-03/bundesregierung-export-ueberschuesse-eu

Also, die Target2-Salden stellen ZAHLUNGsbilanzen der einzelnen Länder dar, also bereits erfolgte private und gewerbliche Geldflüsse ins und aus dem (Euro-) Ausland. Darin enthalten sind im Falle der BRD, der also effektiv (wie auch immer) Jahr für Jahr mehr Geld zugeflossen als abgeflossen ist, neben z.B. der Kapitalflucht und neben Investitionen in die anhaltende Immoblase in DE (vgl. den Preisanstieg) aus der Eurozone nach hierher vor allem die Export-/HANDELsüberschüsse der BRD.

Was bedeuten aber diese Exportüberschüsse reell? Sie be'deuten, dass die Löhne im Verhältnis zu der Arbeitsproduktivität (= BIP pro Arbeitsstunde) in DE verglichen mit dem Rest der Eurozone (und auch darüber hinaus) NIEDRIGer sind als dort. Kein Land der Welt kann Exportüberschüsse erzielen, wenn dieser "Index aus Löhnen und Arbeitsproduktivität" nicht relativ niedrig ist, ganz egal, wie hoch die Löhne nominal (umgerechnet in US$) im Vergleich zum Ausland sind. Mensch kann also sagen, dass DE ein Billiglohnland im Vergleich zum Ausland ist, gemessen an der Arbeitsproduktivität hier und dort.
Mit dem Vokabular der Marxisten ausgedrückt: In DE werden die Werktätigen besonders intensiv ausgebeutet, was zugleich bedeutet, dass in DE die Rendite auf das realwirtschaftliche Produktivkapital in der Exportwirtschaft höher ist bzw. sein muss (real, inflationsbereinigt) als z.B. im Rest der Eurozone. Noch anders umschrieben: Die deutschen Werktätigen (können) konsumieren weniger an im Ausland erbrachter verdinglichter Arbeitsleistung (Import) als sie an das Ausland abgeben (Export) .. im Gegensatz zu ihren Arbeitgebern, für welche genau das umgekehrte gilt.

Mit anderen Worten: Die Werktätigen in DE werden durch die Exportüberschüsse um einen Teil ihres Lohnes und ihres Wohlstands (Konsums) betrogen, wenn wir das reale Lohnniveau im (Euro-) Ausland mit dessen weit niedrigerer Arbeitsproduktivität als Maßstab nehmen .. betrogen von ihren Arbeitgebern, derer Kapitalrendite in der Exportwirtschaft dementsprechend höher ist als im Ausland.

Hiermit ist eine der Hauptursachen der deutschen "Weltmeisterschaft" im Außenhandel erklärt. Es ist ein nicht zu übersehendes Problem für die deutschen Arbeitnehmer .. siehe trotz wachsender Produktivität die stagnierenden Reallöhne und sinkenden Altersrenten.

Mit Gruß, Beo2


gesamter Thread:

RSS-Feed dieser Diskussion

Werbung