Wer ist eurer Meinung nach damals in Mesopotamien auf die Idee mit dem Silber gekommen?

Silke, Mittwoch, 17.04.2019, 16:20 vor 1837 Tagen 8095 Views

bearbeitet von Silke, Mittwoch, 17.04.2019, 17:20

Eine Frage in das geschätzte Forum,

neben vielen anderen Wissenslücken habe ich das Henne-Ei-Problem mit dem Silber in Mesopotamien.
Der @wgn hatte den @dottore schon mal gelöchert, wer denn nun mit der Silberparität angefangen hat - die Herrscher (welche?) oder die Söldner (welche?).
Machttheoretisch müssen es die Herrscher gewesen sein.

- das mit der Paritäten-Findung zu Gerste Shekelstandard ->Silberstandard ist ja verständlich,
- das mit den Silbergewichten ebenso (gute Teilbarkeit in beliebige Einheiten)
- auch die sich ergebenden unterschiedlichen Zinshöhen 33,3 % für Gerste vs. 20 % für Silber (Census) und 100 % aufwärts (usura),
- die damit einhergehende entscheidende Eigenschaft von Geld - "kurant sein" kann sich nur so entwickeln wie auch beim Gold,
- dass sich das in potentiellen und praktizierenden Söldnerkreisen herumspricht (größte "Märkte" dieser Zeit), was man wofür wo anbieten kann (Kriegsdienst gegen Silber bei diesem oder Gold bei jenem - einzige Goldmünze Ägyptens wurde zur Söldnerbeschaffung geprägt)
- dem @dottore sein Territorium A-B-C ist ja gut nachvollziehbar. Herrscher zahlt in A Sold in kurantem Silber, Söldner bekommt dafür in B alles was sein Herz begehrt weil die Bevölkerung in B tributpflichtig (Silber oder Naturalien) vom Herrscher in A (mit Gefolgschaft + Söldner) gemacht wurde und sich das in B nicht abbaubare Abgabemittel (Mesopotamien = Schwemmland ohne Erze) zum jeweiligen Termin verschaffen muss usw.

Aber wer kam wie auf die Idee mit dem Silber, dass ja wohl erst einmal hauptsächlich bei der Bronzeproduktion abfällt.
Hammurapi hat in seinem Codex mit der Dekretierung von Silber gearbeitet.

Vor der Dekretierung muss man aber erst einmal darauf kommen, dieses als Abgabegut zu dekretieren.
- Die Söldner nehmen es dann dankbar an, weil es kurant ist (z.B. viel später Danegeld der Wikinger).
- Die Herrscher monopolisieren den Abbau dann und thesaurieren (wie die Perser) oder investieren/konsumieren (wie Alexander später)
- Die Bevölkerung muss sich dann nach dem einen (er ist nun einmal legitimierter Herrscher, der dekretieren kann = was, wie viel, wann, von wem) und dem anderen (Söldner hat das Silber=Sold das zum Abgabetermin von den Nichtsöldnern unbedingt gebraucht wird und auch noch die Waffe, mit der er dessen Eigentum verteidigen kann).

Aber wie kam es zu vor dem dann?

Habt ihr eine Erklärung, wer mit diesem Kreislauf wie anfing (andere haben ja erfolgreich ganz andere Mechanismen probiert bis hin zu den Quipu der Inka - nix Machtkreislauf mit kurantem Mittel sondern nur mit Naturalien).

Der @dottore hat dem @Wgn letztlich trotz ausführlicher und sehr schöner Texte nicht darauf geantwortet.

gestartet mit einer kleinen Anfrage...[[zwinker]]
(leider fehlplatziert als OT in einem Aktuelle-Kamera-Faden)[[sauer]]

Antwort von Centao:

Meine Spekulation - der Metallurge

verfasst von Centao, 17.04.2019, 13:37

Liebe Silke,

wir vergessen in unseren Theorien zur Entstehung von Machtkreisläufen, Abgabegut und Einführung von Handelsgut, gern die Wissensträger um das Metall/Keramik und Werkzeugbearbeitung/Herstellung. Es gibt keinen Machtkreislauf ohne die Kundigen.

"Aber wer kam wie auf die Idee mit dem Silber, dass ja wohl erst einmal hauptsächlich bei der Bronzeproduktion abfällt.
Hammurapi hat in seinem Codex mit der Dekretierung von Silber gearbeitet."

"Gold gab ich für Eisen".

Jedem Werkstoff-Kundingen ist es sofort klar. Die Auswahl des Abgabegut auf Edelmetalle aus Sicht des obersten Metallurgen/Druiden/Kundigen ist offensichtlich. Wer aber das Metallwissen beherrscht, beherrscht wesentliche Aspekte der Machtausübung.


Spekulation 2:
Ein weitere Aspekt ist ohnehin die Artefakt-Kultur nach dem Ende des Pleistozäns, die Metallfunde hinterlassen haben muss, weil die Metallkundigen noch Jäger & Sammler waren und lange Zeit mit dem Neanderthaler zu kämpfen hatte.

Viele Grüße,
CenTao
____________________________________________________________________

Lieber Centao,
spontan würde ich erst einmal anzweifeln, dass die Neandertaler solche Monster gewesen sind, dass damals schon ein Überlebenskampf die Landschaft erschütterte.
Mit dieser Sichtweise habe ich mich noch nicht vertraut gemacht, zumal ich eher die phlegräischen Felder als Übeltäter für das Verschwinden der Neandertaler verdächtige (Frage ist nur wie gut die Zeit passt?), aber ja, kann ich ja einmal durchdenken.
Ich meine, richtig ernsthafte kriegerische Auseinandersetzungen kamen erst viel später bis auf die bekannten Fälle von Selbsthilfe in segmentären Gesellschaften (die Neandertaler waren Horden) wenn zu Blutrache und Blutfehde getrommelt werden musste weil in einem Segment nicht wieder gut zu machender Schaden durch ein anderes Segment entstanden ist (gehören ja alle zum gleichen Stamm) bzw. wenn es Ärger mit anderen Stämmen gab.
Viele, auch heute noch immer wieder entstehende Konfliktpotentiale in wenig zivilisatorisch verseuchten segmentären Gesellschften, werden per Vermittler und/oder Ritual/Ordal abgeführt.

Warum ich zweifle?
Ashitaka hat hier wiederholt den Gedanken eingeführt, dass unsere Ahnen so sehr damit beschäftigt waren, ihre Urschulden überhaupt bedienbar zu halten, dass sie sich so ein organisatorisch aufwändiges Phänomen weder vorfinanzieren noch leisten konnten.
Eine relativ banale Verletzung war schon ein sehr hohes Risiko für den Einzelnen und die Gemeinschaft. Die wurden vermieden, wenn es irgend ging und nicht provoziert, wie du es auch bei Hunderudeln findest - beschnüffeln, befummeln und bespielen geht vor bekriegen...wenn es nicht ans Territorium geht.

Und zu den Metallurgen:
in Çatal Höyük wurde Obsidian bearbeitet. Das mag schon eine gescheite Kunst sein so feine Speer- und Pfeilspitzen zu schlagen, wie letztere im Kupferaxteigentümer Ötzi gefunden wurde.

Der @dottore schrieb ja den Bergbewohnern rund um Mesopotamien die Metallurgie zu - Tadschikistan, Luristan usw., was ja auch stimmig ist, weil man dort früher oder später über das Erz stolpern muss, die Kupferoxid-Verfärbungen genau so interessant findet wie Lapislazuli und per Feuerumrandung aus erzhaltigem Material oder Ritualhandlung auch irgendwer mal die Metallkügelchen in der Asche gefunden haben dürfte und dann viel probierte, bevor er 1 und 1 zusammenzählen konnte.
Viel Bronze wurde ja dann auch Anfangs nicht mittels Legierung Kupfer-Zinn sondern Kupfer-Anderes (Arsen,Blei oder so) hergestellt.

Die Frage für mich bleibt aber:
Wie kann man etwas wie Silber, das bis auf die Gewichtsfunktion wertlos ist, kurant machen?
Genormte Silbergewichte und daran geeichte Steingewichte wurden ja gefunden.

Liebe Grüße
Silke

Wenn du das wirklich herausfinden willst

Mephistopheles, Mittwoch, 17.04.2019, 19:41 vor 1837 Tagen @ Silke 6610 Views

Eine Frage in das geschätzte Forum,

Dann frage dich einmal, wer zuallererst auf die Idee gekommen ist, Sölder einzusetzen. Was für Leute, waren das, die Söldner?
Söldnerdasein ist in einer Stammesgesellschaft etwas total Abartiges.
Stammsangehörige kämpfen für ihren Stamm und sonst für Niemand. Allenfalls noch mit befreundeten Stämmen, sog. "Blutsbrüder".

Söldner kämpfen im Auftrag eines stammesfremden Herrschers, u.a. gegen Angehörige des eigenen Stammes. Ein in seinem Stamme verwurzelter und aufgewachsener Krieger hält das psychisch gar nicht aus. Entweder er richtet seine Waffen gegen seine Befehlshaber oder 8in den allermeisten Fällen) er desertiert oder er zerbricht psychisch daran, fällt also als Kämpfer aus.

Bevor man also Söldner einsetzen kann, muss es erst eine Menge Männer geben, die total entwurzelt sind. Vorzugsweise, indem deren Stamm von einem Fremden Stamm überwältigt , die Männder getötet und die Frauen (doie Mütter) versklavt wurden. Sieht man auch heute bei den Kindersoldaten in Afrika oder in Deutschland im 30-jährigen Krieg, deren Familien erst zerstört und die Minderjährigen dann aus ihrem sozialen Umfeld herausgerissen wurden. (sehr schön beschrieben im Simplicius Simplicissimus). Das sind dann die Kindersoldaten und die prädestinierten Söldner.

Was nun kann ein Herrscher diesen anbieten? Naturalien geht nicht, weil Naturalien haben nur einen Wert im Stammesverband. Daraus sind sie aber herausgerissen. Bleibt also nur Edelmetalle.

Damit die Edelmetalle im Herrschaftsgebiet akzeptiert werden und die Söldner für Edelmetalle im Herrschaftsgebiet des Herrschers aich jederzeit die von ihnen begehten Waren erhalten, muss der Herrscher durch verschiedene Maßnahmen , Gesetze und Verordnungen die Edelmetalle gegebnüber Naturalien deutlich präferieren. Die Beherrschten müssen also lieber Gold und Silber akzeptieren, u ihre Abgabeschuld gegenüber dem Herrscher begleichen zu können als Naturalien.

Macchiavelli (oder Sun Zi) hat es prima auf dem n Punkt gebracht: Wer ein fremdes Volk besiegen will, muss zunächst einmal sei eigenes Volk besiegen.


So, liebe Silke, wenn du das geklärt hast, wer zuerst Söldnerarmeen eingesetzt hat, dann ergibt sich die Antwort auf deine Frage fast von alleine.

Gruß Mephistopheles

Schweizer Garde

Oblomow, Mittwoch, 17.04.2019, 20:48 vor 1837 Tagen @ Mephistopheles 6467 Views

Die halten es gut aus, Söldner zu sein. Wie passt das zu Deiner Söldnergeschichte? Es waren nach dem sacco sogar mal Deutsche, soweit ich noch weiß, bei der Garde. Könnte, um es kurz zu machen, auch die Religion ne Rolle spielen?

Herzlich und dumm wie Bohnenstroh fragt
Oblomow

Anachronismus

Mephistopheles, Mittwoch, 17.04.2019, 21:35 vor 1837 Tagen @ Oblomow 6275 Views

Die halten es gut aus, Söldner zu sein. Wie passt das zu Deiner
Söldnergeschichte? Es waren nach dem sacco sogar mal Deutsche, soweit ich
noch weiß, bei der Garde. Könnte, um es kurz zu machen, auch die Religion
ne Rolle spielen?

Ist da etwa ein bestimmter Geist in dich gefahren?

„Ich bin der Geist der stets verneint! / Und das mit Recht; denn alles was entsteht / Ist werth daß es zu Grunde geht; / Drum besser wär’s daß nichts entstünde. / So ist denn alles was ihr Sünde, / Zerstörung, kurz das Böse nennt, / Mein eigentliches Element.“ (V. 1338–1344)

Dir ist ein Anachronismus unterlaufen.
Ein Anachronismus (altgriechisch ἀναχρονισμός anachronismós „Verwechslung der Zeiten“, aus ἀνα- ana- „gegen-“ und χρόνος chrónos „Zeit“) bezeichnet die falsche zeitliche Einordnung von Vorstellungen, Ereignissen, Dingen oder Personen in einem Zusammenhang. Jemand bzw. etwas wird in einen historischen Kontext gestellt, in der er/es nicht mehr existierte (rückgreifender Anachronismus) oder noch nicht existierte (vorgreifender Anachronismus).

Ich rede von Zeiten, als die ersten Söldnerarmeen aus einer Zerstörung der Stämme heraus entstanden, und du kommst mit der Schweizergarde, die erst lange entstanden ist, nachdem die Stämme bereits zerstört waren und kaum noch eine Erinnerung an die natürliche psychische Befindlichkeit des Menschen existiert und da meinst du oberschlau, die halten es ganz gut aus Söldner zu sein. Logisch geht das, nachdem die natürliche Psyche, nachdem die Psyche längst zerstört ist. Das geht so lange, bis sie direkt in kriegerische Handlungen verwickelt werden, wovor sich die Schweizer Garde seit mehreren Jahrhunderten mehr hütet wie der Teufel vorm Weihwasser.
Wenn sie mal in Kampfhandlungen verwickelt werden dann wird es offenbar, wenn sie danach massenhaft mit posttraumatischer Belastungsstörung flachliegen.

Gruß Mephistopheles

Als wärst Du dabei gewesen

Oblomow, Mittwoch, 17.04.2019, 21:55 vor 1837 Tagen @ Mephistopheles 6215 Views

Die Schweizer Garde hat wohl tapfer gekämpft. Was solls? Klar muss ich verneinen, aus Prinzip. Zuerst lese ich etwas von Dir, dann denke ich, das kann doch nicht wahr sein, dann denke ich nach und finde etwas, was mich da irgendwie stört. Und hier ist es eben der Punkt, dass Du genau weißt, wie ein Söldner entsteht. Möglich ist aber auch, dass ein Söldner nicht allein dadurch entsteht, dass er wie ein Kindersoldat aus seinem Stamm gerissen wird, sondern eben auch, dass er sich für eine Sache findet, bzw. ausgesucht wird. Eventuell war das zu anderen Zeiten auch so. Ich könnte mich auch irren. Ich hoffe, dass dieser Gedanke Dir Philosophiestudenten auch geläufig ist, neuerdings bist Du ja wohl im Ethik unterwegs, da Du das Prinzip Verantwortung ins Felde führst gegen Philosophisterei. Überhaupt das Wort Pflichtlektüre in den Mund zu nehmen, ist übrigens Philosophisterei, lieber Mephistopheles.

Oblomow

Danke. Dadurch sind wir der Klärung der Frage, wer in Mesopotamien auf die Idee mit dem Silber gekommen ist, etwas näher gekommen (oT)

Mephistopheles, Mittwoch, 17.04.2019, 22:41 vor 1837 Tagen @ Oblomow 5853 Views

- kein Text -

Eventuell

Oblomow, Mittwoch, 17.04.2019, 23:35 vor 1837 Tagen @ Mephistopheles 5945 Views

bearbeitet von Oblomow, Mittwoch, 17.04.2019, 23:50

sind die Priester auf die Idee gekommen. Diese Burschen, das kann Dir Verantwortungsethiker an anderer Stelle Herr Nietzsche erklären, sind nämlich überaus inventiv. Die priesterlichen Gedanken schaffen es ja sogar 1 Milliarde freizuleiern für den verdammten Aufbau einer Kirche und eine Hostie in den Leib Christi zu verwandeln. Ich freue mich, dass Du den Friedell liest, denn jetzt werde ich ihn auch wieder lesen.

Herzlich
Oblomow

Osterspaziergang
Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
durch des Frühlings holden, belebenden Blick.
Im Tale grünet Hoffnungsglück.
Der alte Winter in seiner Schwäche
zog sich in rauhe Berge zurück.
Von dorther sendet er, fliehend, nur
ohnmächtige Schauer körnigen Eises
in Streifen über die grünende Flur.
Aber die Sonne duldet kein Weisses.
Überall regt sich Bildung und Streben,
alles will sie mit Farbe beleben.
Doch an Blumen fehlts im Revier.
Sie nimmt geputzte Menschen dafür.

Kehre dich um, von diesen Höhen
nach der Stadt zurückzusehen!
Aus dem hohlen, finstern Tor
dringt ein buntes Gewimmel hervor.
Jeder sonnt sich heute so gern.
Sie feiern die Auferstehung des Herrn,
denn sie sind selber auferstanden.
Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern,
aus Handwerks- und Gewerbesbanden,
aus dem Druck von Giebeln und Dächern,
aus der Strassen quetschender Enge,
aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht
sind sie alle ans Licht gebracht.

Sieh nur, sieh, wie behend sich die Menge
durch die Gärten und Felder zerschlägt,
wie der Fluss in Breit und Länge
so manchen lustigen Nachen bewegt,
und, bis zum Sinken überladen,
entfernt sich dieser letzte Kahn.
Selbst von des Berges ferner Pfaden
blinken uns farbige Kleider an.
Ich höre schon des Dorfs Getümmel.
Hier ist des Volkes wahrer Himmel.
Zufrieden jauchzet gross und klein:
Hier bin ich Mensch, hier darf ichs sein!

Wie vielschichtig Söldner entstehen ist ja ganz gut z. B. in "Kriegsreisende" beschrieben.

Silke, Mittwoch, 17.04.2019, 23:50 vor 1837 Tagen @ Oblomow 6160 Views

bearbeitet von Silke, Donnerstag, 18.04.2019, 00:08

Lieber Oblomow und Meph.,

danke für die Informationen aber das Söldnertum war sicher, wie immer schon, eine höchst mehrschichtige Angelegenheit zwischen Idealismus, Fanatismus, Dummheit, Gier, Not, Tradition, Erziehung, Krankheit und Abartigkeit, Glück und Unglück zur falschen Zeit am falschen/richtigen Ort gewesen zu sein.

Da bietet der F.Westenfelder nach meinem Eindruck schon Einiges an, was im Schulfach Geschichte nicht gelehrt wurde.
Er fängt gleich mal an mit:
"Die meisten modernen Vorurteile über Söldner gehen letzten Endes auf Texte Machiavellis zurück, die im Laufe der Jahrhunderte in immer neuen Varianten kopiert und kolportiert wurden. Dabei wird jedoch gerne übersehen, dass Machiavelli zwar ein hervorragender Propagandist war, vom Krieg selbst jedoch sehr wenig verstand und als Historiker die Fakten beliebig seinen politischen Vorstellungen anpasste"

Sein Buch und sein Internetauftritt sind nicht verkehrt (hat jemand bessere Empfehlungen zum Thema?), helfen mir aber bei der Fragestellung nicht weiter, die der @wgn an den Dottore heran trug.

Wie kann ich als Herrscher Söldner anziehen, bevor ich fest im Sattel sitze und Sold zahlen kann um mich mit den eingekauften Söldnern fest im Sattel zu halten?
Wie kann ich Silber als Tribut und Sold durchsetzen gegenüber Leuten, die bestimmt nicht alle wissen was Silber ist?
(So wie ich jemandem aus dem Silberstandard schwerlich Gold andrehen kann und einem Goldbug Papier als Geldträger und einem Bargeldhorter elektronische Beurkundungen von Geldsummen - gemacht wurde es letztlich ja doch.)
Mit Zwang und Versprechen, die ich selbst nicht halten kann(ich habe nichts ausser mich samt meiner Clique mit meiner Waffe und den blutbesudelten Armen, sonst nimmt mich ja keiner in meinem Herrschaftsanspruch ernst), sondern die die Gläubigen selbst erfüllen müssen, wie heute auch.
Wer heute nach besserem "dies" und schönerem "das" schreit, sollte wissen, dass er das entweder selbst bezahlen/schaffen oder mittels des Versprechenden auf Nachschuldner abwälzen muss.

Erste kriegerische Auseinandersetzungen gab es schon zwischen den Stämmen und auch in den Stämmen selbst zwischen den Segmenten, wenn die äusseren Bedingungen dieses notwendig werden liessen.
Nicht umsonst wird die Rolle der Viehnomaden betont, die wohl besser als andere lernten (und nicht verlernten), mit Waffen, Töten und Zwingen umzugehen.
Wer nicht wehrfähig wurde, war und blieb hatte keine Zukunft, wie auch heute nicht.

nachdenkliche
liebe Grüße
Silke

Die Söldner brauchen Liebe.. Theorie 3D..

Centao @, Donnerstag, 18.04.2019, 01:06 vor 1837 Tagen @ Silke 5996 Views

Hallo Silke,

"Wie kann ich als Herrscher Söldner anziehen, bevor ich fest im Sattel sitze und Sold zahlen kann - um mich mit den eingekauften Söldnern fest im Sattel zu halten?"

Die Söldner wurden zunächst mit ihrem Verbrauch z.B. in Scheffel (Energie, Bier..) bewertbar. Sold zahle ich zunächst nur als Surplus meiner Landwirtschaft und mit Gewaltmetall Kupfer / Obsidian als Ressource.

Und Silber seit Urzeiten bekannt, gefällt den Frauen & dann Huren (altes Gewerbe..), ist das Mondmetall, bildet mit Kupfer stabile Legierungen z.B. 2g Ag / 1000g Cu und wirkt antiseptisch. Man hatte somit zwei Abgabemöglichkeiten, Landwirtschaft = Gerste z.B., oder Silber mit Marktnachfrage über die Frauen/Söldner. Wozu sonst der ganze Schmuck..<img src=" />.

- das mit der Paritäten-Findung zu Gerste Shekelstandard ->Silberstandard ist ja verständlich

Silber wird über Minen zentral gut kontrolliert. Söldner kontrollierte man über Essen, Bier und Frauen & Metall/Bogenmaterial. Damit brauche ich zwingend eine Parität Gerste Shekelstandard ->Silberstandard, denn ich habe plötzlich ein zweifaches Abgabesystem entwickelt. Ja, auf Kommando!

Wer die Silbereinfuhr kontrolliert, hat die Söldner damit in Griff. Dies eröffnet im Außenhandel (royal merchants) interessante Bewertungsperspektiven zum Shekelstandard und ich kann den (Nachfrage-)Preis im Inneren recht stabil halten. Ich kann Söldner auch verkaufen, verleihen etc.

@wgn irrte hier, Silber war harte Währung, dank Standard im Reiche und gar kein Wagnis! Sex gegen Silber. Silber von den Frauen gegen Nahrung (fix). Ohne Shekelstandard kein Sex, keine Nahrung.. & letztendlich wahrscheinlich keine Söldner mehr. Neu war der beginnende Wettbewerb der Reiche.

Bin gespannt auf Deine Antwort.

Gruß,
CenTao

Der erste und häufigste Sold war wahrscheinlich die "Aussicht auf Beute"

Silke, Donnerstag, 18.04.2019, 22:06 vor 1836 Tagen @ Centao 5592 Views

bearbeitet von Silke, Donnerstag, 18.04.2019, 22:47

meint jedenfalls für mich nachvollziehbar Westenfelder,

Lieber Centao,

weil der Herrsche eben anfänglich immer nichts zum Besolden hatte, bevor nicht Beute gemacht wurde.
Im Debitismus startet wegen dem Vorfinanzierungsproblem stets alles mit einem nicht erfüllbaren Versprechen, einer unhaltbaren Hoffnung, wie jedes Lebewesen früher oder später erleben (bzw. besser ersterben) muss.
Wie hat Alexander mit den paar Talenten, die er in der Kasse hatte + Leihe (ein paar hundert insgesamt) mit seiner Meute die Perser bezwingen können?
Letztlich dauernd vorfinanziert durch die Söldner und dann mit der Beute.

"Wie kann ich als Herrscher Söldner anziehen, bevor ich fest im Sattel
sitze und Sold zahlen kann - um mich mit den eingekauften Söldnern fest im
Sattel zu halten?"

Die Söldner wurden zunächst mit ihrem Verbrauch z.B. in Scheffel
(Energie, Bier..) bewertbar. Sold zahle ich zunächst nur als Surplus
meiner Landwirtschaft und mit Gewaltmetall Kupfer / Obsidian als Ressource.

Wenn Alexander das alles aber schon nicht hatte, wie dann die Herrscher, die erstmalig erfolgreich mit Silber operierten?

Und Silber seit Urzeiten bekannt,

Eher nicht seit Urzeiten.

gefällt den Frauen

Mit dem Schmuck ist das so eine Sache.
Unsere Ahnen haben nicht vor lauter Langeweile gefaulenzt und Kunstwerke geschaffen. Alles was sie die ganze Zeit taten hatte einen wichtigen Zweck, sonst hätten sie mit ihrem Tun schlicht nicht überlebt.
Schulden wachen mit Zeitablauf immer an und Guthaben schwinden, wenn man nicht ununterbrochen verteidigt, wie man auch heute überall bestaunen kann.
Sie haben ständig ihre Urschulden bedienbar halten müssen, bzw. sich darum bemühen müssen, ihre Urschuldbedienbarhaltungsfähigkeit zu erhalten wie jedes andere Tier auch: Fressen,Schutz, Nachwuchs usw. sonst sind sie falliert.
Zur Urschuld gehörte dann aber auch ein irgendwie gearteter Umgang mit Göttern oder höheren Mächten (Meme mit derartigen Inhalten), die für alles mögliche verantwortlich gemacht wurden, was nicht verstanden wurde, oder dem man ohnmächtig gegenüber stand.
Heute belaufen sich ja unsere (Ur)schulden (und alle ihre Derivate) auf die von über 7 Mrd. Menschen (+ genau genommen die anderen Lebewesen mit gerechnet).
Schmuck und Kunst wurde nicht wegen dem Schönheitsempfinden hergestellt, da reicht ein Blick in die Natur, die arbeitet überall mit dem goldenen Schnitt, sondern zu irgendeinem wichtigen Zweck wie die Figurinen, Idole, Skulpturen, Malereien, Musik usw. zeigen.
Da hat sich kein durchgeknalltes Künstlergenie aus getobt sondern irgendwer oder -was sollte mit dem Schmuck beschwichtigt oder angerufen werden.
Die Protzerei damit (z.B. Machtinsignien und Werbung) kam erst sehr viel später.
Wir tragen heute Goldschmuck als Überbleibsel der Zeit, als Gold noch Geldträger war - ein veraltetes Mem, eine Hoffnung (Wert halten) die nicht mehr bedient werden kann, weil es eine Goldwährung nirgends auf der Welt mehr geben kann. Dazu ist die ganze Verschulderei der öffentlichen Hände und der ganzen Welt viel zu weit fortgeschritten, als dass jemals wieder in irgendeinem Staat auf einen Edelmetallträger für die Beurkundung von Geldeinheiten zurück gegriffen werden könnte.

& dann Huren (altes
Gewerbe..),

Das kam ja erst mit dem Silberstandard in der Form auf.

ist das Mondmetall,

Das war es auch erst seit Beginn von Imperien.

bildet mit Kupfer stabile Legierungen z.B.
2g Ag / 1000g Cu

Das wurde alles erst interessant nachdem Silber zum Geldträger dekretiert wurde.

und wirkt antiseptisch.

Stimmt, aber interessierte damals nicht, wie auch die gute elektrische Leitfähigkeit.

Man hatte somit zwei
Abgabemöglichkeiten, Landwirtschaft = Gerste z.B., oder Silber mit
Marktnachfrage über die Frauen/Söldner. Wozu sonst der ganze
Schmuck..<img src=" />.

Ja, aber erst nachdem Silber zum Geldträger dekretiert wurde.

- das mit der Paritäten-Findung zu Gerste Shekelstandard ->Silberstandard
ist ja verständlich

Mir nicht so richtig warum und durch wen es so gekommen ist (über die Funktion als standardisiertes Gewicht?), wie den Inka auch nicht, die Gold hatten, aber dieses nicht als Geldträger nutzten weil sie ihre Quipu hatten, wie die Sumerer ihre Tontafeln für die Buchhaltung (billiger geht ja kaum) aber eben keine kuranten Geldträger.
Dass es so kam, das ist ja hier im Forum unbestritten. [[top]]
Aber wie und durch wen angeschoben und erfolgreich durchgezogen?

Silber wird über Minen zentral gut kontrolliert. Söldner kontrollierte
man über Essen, Bier und Frauen & Metall/Bogenmaterial. Damit brauche ich
zwingend eine Parität Gerste Shekelstandard ->Silberstandard, denn ich
habe plötzlich ein zweifaches Abgabesystem entwickelt. Ja, auf Kommando!

Du siehst aber schon auch, wie schwierig so eine Kommandosache heute bei einer doch grundsätzlich ziemlich Kommando-erprobten Bevölkerung wie in BRD durchzuziehen ist.
Millionen machen z.B. schon nur bei der GEZ-Zahlung Probleme.
Deutsche hängen an ihrem Bargeld vs. TIPS (Instant Payment) wie keine andere Nation.

Wer die Silbereinfuhr kontrolliert, hat die Söldner damit in Griff.

Aber erst, wenn das mit dem Machtkreislauf läuft.
Die Installation eines Machtkreislaufes stelle ich mir irgendwie sehr schwierig vor - zumal als evolutionäre Premiere.
Bei Waffenmaterial, Schrift, Astronomie, Mathematik, Rad-Erfindung, Viehzucht, Ackerbau usw. bis hin zu @DT seiner Entdeckung von Penicillin durch Fleming kann ich mir das alles irgendwie besser vorstellen, als bei der Silber-Tribut-Sold-Story, obwohl es mit Sicherheit so abgelaufen ist wie (nur hier im Forum in dieser Ausführlichkeit) diskutiert und beschrieben.

Dies
eröffnet im Außenhandel (royal merchants) interessante
Bewertungsperspektiven zum Shekelstandard und ich kann den
(Nachfrage-)Preis im Inneren recht stabil halten. Ich kann Söldner auch
verkaufen, verleihen etc.

Ja.
Aber das ist schon eine erstaunliche Leistung, so einen kuranten Geldträger zu erfinden und im Machtkreislauf so effektiv zu verbauen.
Auch das heutige robuste Schuldgeldsystem mit seinen erstaunlichen Optionen ist schon eine wirklich sehr beeindruckende Technologie der Machtsicherung.
Dem @dottore seine Crash-Prophezeihungen waren zu den jeweiligen Zeiten immer nach dem Stand der damaligen Informationen voll umfänglich gerechtfertigt. Niemand konnte doch damals schon wissen, was für Asse da aus den Ärmeln zauberbar sind. Da wird im Prinzip dauernd ohne wirklichen Plan am offenen Herzen operiert, ohne dass der Patient global bisher daran verstorben ist. Ein richtiger Blackout würde die EU in „keineahnungwas“ verwandeln.
Ich finde es allein schon immer wieder schwierig, nur in die vorgegebene konsequente debitistische Denke hier wieder rein zu kommen, sobald ich mal ein paar Tage Abstand davon nehme.

@wgn irrte hier, Silber war harte Währung, dank Standard im Reiche und
gar kein Wagnis!

Diese Aussage halte ich für einen Zirkelschluss.
Silber war wertvoll, weil es wertvoll war.

> Sex gegen Silber. Silber von den Frauen gegen Nahrung

(fix).

Hätten andere Geldträger nicht näher gelegen als Silber?

Ohne Shekelstandard kein Sex, keine Nahrung.. & letztendlich
wahrscheinlich keine Söldner mehr.

Jedenfalls nicht in der praktizierten Form.

Neu war der beginnende Wettbewerb der
Reiche.

Das mit dem evolutionären Druck hat @el-mar sein F.Roddier ja schön dargelegt. Leider gibt es das wohl nicht auf deutsch zum Weitergeben an interessierte Menschen.
Nur mit Wirtschaft und Machtkreislauf hat er ziemlich daneben argumentiert wie die Mehrzahl der mir bekannten (Wirtschafts)wissenschaftler, einschliesslich der nichtsdestotrotz geschätzten Herren Heinsohn, Steiger, Binswanger, Malik, Stelter und die ganzen international oder historisch bekannten üblichen Verdächtigen.
Nur der hier so umfangreich besprochene Debitismus vom @dottore mit seiner Machttheorie erklärt das uns interessierende Thema ohne mir bekannte bisherige erfolgreiche Falsifizierung.
Ein bisschen externe Literatur dazu und das war Stand von 2006. [[zwinker]]

Bin gespannt auf Deine Antwort.

In diesem Punkt? Ratlosigkeit.
Deshalb habe ich ja gefragt.
Dem @wgn seine Frage halte ich für völlig berechtigt und klar formuliert: Wer fing wann an, Herrscher oder Söldner?
@dottore hat trotz seiner Wertschätzung für ihn nicht auf die letzte Frage im Faden dazu geantwortet, obwohl er zu den Vorposting's sehr ausführlich Gutes und Wichtiges geschrieben hatte.
Dass ein Machtkreislauf beim Herrscher starten muss ist ja prinzipiell klar, so wie auch eine Henne mit einem Ei startet - mit einer Henne startet - mit einem Ei startet - mit einer Henne startet...

Liebe Grüße
Silke

Handelsgesetze bedingen Söldner

Centao @, Donnerstag, 18.04.2019, 23:32 vor 1836 Tagen @ Silke 5541 Views

Liebe Silke,

und Überseehandel zwischen den großen Reichen bedingt Kupfer(-nägel) und eben auch schon recht früh Silber (befeuert durch Abgabe als Wegezoll und Steuer?).

Wir können heute davon ausgehen, daß auch das Zweistromland mindestens geringe Silbervorkommen oder hier hatte. Hier kommen neue Erkenntnisse auf uns zu.

Silber ist seit Urzeiten bekannt, weil es eben auch! oft in Reinform vorkommt. Wie auch Kupfer als Nugget. Beide übrigens oft auch zusammen im Bergbau. Dann oft eher mineralisch.

Silber, vielleicht mit Prägungen oder eben nach Gewicht, ermöglicht dem Royal Merchant reich-überschreitende standardisierbare Geschäfte und dem Söldner eben auch. Der vorfinanzierte Silberhort der ersten Herrscher.., warten wir die aktuelle Forschung danach ab. Der König gibt also seinen Royal Merchants und den Söldnern (= erste Gefährten) Silber als Handelsgrundlage mit. Damit wirst Du überall verstanden und kannst Leistungen kaufen.

?"Aber wie und durch wen angeschoben und erfolgreich durchgezogen?" - Gespräche eines Diplomaten../ Spähers. Weit weg von der frühen Priesterin übrigens.., aber möglicherweise intoniert.

Die Gold- und Silberfunde (Schmuck, auch Legierung Silberlote, etc.) in den Ur-Reichen sind als abundant beschrieben!

"In den rund 4.500 Jahre alten Königsgräber von Ur fanden sich enorme Schätze aus Gold, Silber, Kupfer und den frühesten Bronzen. Deren Erforschung steht im Fokus eines gemeinsamen Projekts des DBM, der Goethe-Universität Frankfurt am Main, dem University of Pennsylvania Museum of Archaeology and Anthropology (Penn Museum), der Université Toulouse, dem British Museum und des Metropolitan Museum of Art in New York. Aktuell beschäftigt die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, welche handwerklichen Fertigkeiten die (Gold-) Schmiede dieser einmaligen Fundstücke besaßen und woher die vielen Metalle zu den ältesten Stadtstaaten in Mesopotamien kamen." (Quelle: Bergbaumuseum)

Es ist wahrscheinlich wichtig dabei, das Technologie - und Reichexpansion nur mit dem Handel möglich sind. Stadtstaaten sind auch immer ressourcen-hungrig. Vor dem Krieg kommt also der Handel..
Später dann der Hunger nach Zinn! Und wer waren die Zinnländer, wenn nicht damals die frühen EU-freien Europäer<img src=" />? Vermutlich sogar Mitteldeutschland..

Beste Grüße & schöne Ostern,
CenTao

Die Quellen schaue ich mir an THX :-), aber die These "Handel vor Krieg" bleibt IMHO unhaltbar. (oT)

Silke, Samstag, 20.04.2019, 22:48 vor 1834 Tagen @ Centao 5104 Views

- kein Text -

Das massive Silber ist bereits Tributabgabe.

Centao @, Freitag, 19.04.2019, 21:03 vor 1835 Tagen @ Silke 5425 Views

Söldner sind also im Tributsystem bereits fest integriert.

Hallo Silke,

wo Minen und Metallurgie sind, gibt es schon ein schuldengetriebenes System. Die großen Edelmetallfunde und entwickelten Stadtstaaten weisen auf erhebliche Abgabenlast und ein gewaltiges Vorfinanzierungsproblem hin. Das "Silberproblem" setzt auch viel später an, die Frage warum und ob Söldner oder Zentralmacht zuerst auf Silber(münzen)setzten, zwecks mgl. Bildung einer geldtragenden Metallwährung mit der Möglichkeit der Anbindung an Handels- und Tributsysteme, z.B. Indus an Ur, zu mal Ur deutlich besser (Cu) bewaffnet waren..., ist dahingehend vllt. nicht primär!?

Gruß,
CenTao

Ashitaka hat ja zum Thema ziemlich erschöpfend und punktgenau zusammengefasst :-)

Silke, Samstag, 04.05.2019, 12:19 vor 1820 Tagen @ Centao 3003 Views

bearbeitet von Silke, Samstag, 04.05.2019, 12:32

Das kann ich nicht so knackig, lieber Centao,

Nur mit den Überschriften gibt er sich nicht viel Mühe...
"Antwort" ist halt nicht aussagekräftig genug, und wird schnell mal übersehen, auch wenn es der Text dann in sich hat:

"Es war der Abgabenherr, d.h. die durch seinen Machtakt erzwungene Paritätenliste (Preissetzung), durch die den im Gegensatz zu anderen Abgabeneinheiten sehr kuranten Silbereinheiten (Aktivum) die Eigenschaft "Geld" (Passivum) verliehen wurde.
Der Wert eines Shekels Silber ergab sich aus dem Wissen aller Abgabe-/Tributpflichtigen darüber, dass es durch die Akzeptanz des Abgabenherrn als Abgaben-/Tributerfüllungseinheit eine zeitlich gewahrte (gültig bleibende) Parität zu anderen Abgabeneinheiten und damit zugleich eine an alle anderen Schuldeinheiten (bzw. Schuldkontrakte) anlehnbare Paritätsfindung ermöglichte. Und diese Parität musste aus räumlichen und zeitlichen Gründen unweigerlich gesucht werden.
Wie Dottore schon erklärte, bedurfte Silber keiner jährlichen Ernte, war durch Tribut ausreichend vorhanden und sorgte zudem auch dafür, dass sich der Abgabenherr weniger mit seinen die Verwaltung/Lagerung belastenden Naturalleistungen der Abgabenschuldner (Vermögensverwaltungen) rumplagen musste. Mit jedem zusätzlich gelieferten Shekel konnten Verwendungsentscheidungen durch den Abgabenherrn getroffen werden, die primär der Ausweitung bzw. Festigung seiner Machtstrukturen dienten.
Die zuvor räumlichen und zeitlichen Grenzen, die sich aus der Verwaltbarkeit der Naturalabgabeneinheiten ergaben, standen ihm damit nicht mehr im Wege.

So erst konnte er seine Söldnermärkte ausbauen und die immensen Schulden für die Rekrutierungen der aus dem Umland und den entferntesten Regionen angereisten Söldnertruppen mit Silbereinheiten bezahlen, von denen alle seine Gläubiger wussten, dass sie die Eigenschaft "Geld" (Machtposition) nach Aushändigung an den Söldner (der Erfüllung, Übertragung) über jede räumliche Entfernung zu jedem zukünftigen Termin bewahren werden.

Ich denke jeder konnte sich dank Dottores Erklärungen und geschichtlichen Nachweiserbringungen schon damals der Tatsache bewusst werden, dass der Abgabenherr sowohl derjenige war, der das Silber von den Abgabepflichtigen anzog (über Tarife als Abgabeneinheit akzeptierte bzw. extern als Tribut forderte), als auch derjenige war, der es in großen Massen in alle Ecken seines Machtgebietes gleichzeitig abstieß (indem er seine Schulden darin bezahlte, das Silber und die ihm anhaftende Eigenschaft "Geld" auf die Gläubiger übertrug).
Auch Wirtschaftswissenschaftler würden es nicht überstehen, wenn sie öffentlich die Erkenntnis vertreten würden, dass ein Geld(system) sinnbildlich in keinem Gesellschaftsvertrag geregelt wurde und auch keiner privaten Natur ist, sondern erwiesen als Machtakt/Machtkreislauf über den Krieg (Origin of War) von oben (den Abgabeherrn) durch Gewaltmaximierung in Gang gesetzt wurde."

Söldner sind also im Tributsystem bereits fest integriert.

Genau - so ziemlich das erste was man neben sich und seiner Clique als ordentlicher Zwingherr an sich ziehen muss.

wo Minen und Metallurgie sind, gibt es schon ein schuldengetriebenes
System.

Genau. Leute erbuddeln kein Erz und hacken ganze Wälder zur Verhüttung ab wenn es dabei nicht irgendwie um ein "haben müssen" geht.

Die großen Edelmetallfunde und entwickelten Stadtstaaten weisen
auf erhebliche Abgabenlast und ein gewaltiges Vorfinanzierungsproblem hin.

Genau.

Das "Silberproblem" setzt auch viel später an, die Frage warum und ob
Söldner oder Zentralmacht zuerst auf Silber(münzen)setzten, zwecks mgl.
Bildung einer geldtragenden Metallwährung mit der Möglichkeit der
Anbindung an Handels- und Tributsysteme, z.B. Indus an Ur, zu mal Ur
deutlich besser (Cu) bewaffnet waren..., ist dahingehend vllt. nicht
primär!?

Siehe die zitierten Ausführungen von @Ashitaka.
Warum das alles so wichtig ist?
Dass die ganzen Varianten vom "friedlichen" Handeln, Tauschen und freien Wirtschaften fleissiger Privater in einer vom Staat weitgehend unabhängigen, Werte produzierenden, kapitalgetragenen Wirtschaft und mit ihren sie beschützenden wohlwollenden Regierungen mal hier im Forum etwas weniger werden und Wirtschaft als das beschrieben wird, was es ist.

"Es war die Nachtigall und nicht die Lerche..."

Liebe Grüße
Silke

PS. Und ich hatte dann auch leider erst das verunglückte OT bei so einem wichtigen Thema gestartet, dass die Diskussion insgesamt sehr unübersichtlich wurde.[[sauer]]

Silber - royal tariffs - Debitistenforum

Centao @, Mittwoch, 08.05.2019, 23:25 vor 1816 Tagen @ Silke 2895 Views

Liebe Silke,

herzlichen Dank nochmal für die Zusammenfassung & die Links. Natürlich auch an @Ashitaka und @dottore..

dottore:

Der Dreh ist die amtliche Paritätenliste ("royal tariff", vgl. CH). Sobald es - wiederum von"oben" eingeführt - heißt: xxx Gewichtseinheiten von Naturalie X = xx Gewichtseinheiten Silber kann entweder in Naturalie oder in Silber geliefert und danach kontrahiert werden. Silber hat sich dann als Recheneinheit durchgesetzt, da Naturalie A bis Z (= viele Sachen) jeweils gemäß Tarif in Silber (= 1 Sache) festgelegt waren.

Mit etwas Zeit, Glück und Geduld finden wir die Antwort, welcher Herrscher, es wo war. Dies ist ein seltener Augenblick "wahrer" Geschichte..:-).

War neulich in einer faszinierenden kleinen Ausstellung zur Bronzezeit. In Kreta waren ca. im 1700 v.Chr. z.B. Linear B-Tafeln als Abgabenfestlegung im Einsatz. Abgaben an den Palast waren Naturalien in erheblichen Maße (100te Tiere, Keramik,Öl, Wein, Getreide etc.). Silber als kurante Geldeinheit hatten wohl nicht alle Herrscher dieser Zeit.

"Dass die ganzen Varianten vom "friedlichen" Handeln, Tauschen und freien Wirtschaften fleissiger Privater in einer vom Staat weitgehend unabhängigen, Werte produzierenden, kapitalgetragenen Wirtschaft und mit ihren sie beschützenden wohlwollenden Regierungen mal hier im Forum etwas weniger werden und Wirtschaft als das beschrieben wird, was es ist."

Schwierig in totalen Umbruchzeiten.., privat vor determinierter, wissenschaftlich belegter, kausaler Katastrophe.. In-deterministische Fluchtversuche noch und noch.., als ob wir dies nicht schon klar beantwortet haben (hier mal z.B. durch @Kurt). Ich vermisse auch die alten Schlachten..

Die Re-Verstaatlichung springt wohl ebenfalls langsam an..

Beste Grüße,
CenTao

Wieviele Söldner kann ein Herrscher sich leisten?

FOX-NEWS @, fair and balanced, Donnerstag, 18.04.2019, 01:56 vor 1837 Tagen @ Silke 5840 Views

Wenn ein substanzieller Teil der Truppen nicht loyal ist, da aus dem Familien- und Stammeverband kommend, dann besteht ja stets die Gefahr, daß ein Söldner die Stelle des Herrschers übernimmt.

Ich spekuliere mal, daß das alles damit begonnen hat, daß ein verwandter Stamm für Hilfestellung mit Abgabegütern kompensiert wurde.

Grüße

--
[image]
Läuft in Deutschland ...

Ich denke, Oblomow hat den richtigen Riecher.

Naclador @, Göttingen, Donnerstag, 18.04.2019, 10:23 vor 1837 Tagen @ Silke 5821 Views

Hallo Silke,

ich denke auch, dass es die Priesterschaft war, die mit Silber als Abgabemittel angefangen hat.

Denn je wohlhabender Mesopotamien wurde, umso mehr hatten die Priester das Problem, dass sie nicht mehr wussten wohin mit den ganzen Naturalienopfern, die ihnen da in die Tempel geschleppt wurden. Man kann halt nicht beliebig viel essen, bevor es verdirbt.

Anstatt also monatlich am Markt die olle Gerste gegen frische zu tauschen, natürlich mit satten Abschlagen jedes Mal, werden sie sich gefragt haben (denn Muße und intellektuelle Kapazität dazu hatten sie), ob man nicht etwas Langlebigeres als Opfergabe fordern könnte. Vermutlich haben sie mit Metallen angefangen, weil sich daraus hübsche Sakralgegenstände und Schmuck fertigen lassen, um den Reichtum des Tempels zur Schau zu stellen. Ehrfurcht war immerhin die wichtigste Ressource der Priester.

Vielleicht ist es sogar so gelaufen, dass die in Naturalien bezahlten Söldner das Metall selbst beim Herrscher nachfragten, weil sie damit ihre Opfersteuern begleichen konnten. Der Herrscher, der Silber quasi gratis als Abfallprodukt der Waffenproduktion bekam, wird da nicht lange überlegt haben.

Wie andere schon bemerkten, ist die Versorgung mit Silber sehr leicht zu kontrollieren, da es zentral an den Verhüttungsorten anfällt. Gediegenes Silber, dass man einfach so aufsammeln kann, ist sehr selten.

Soweit meine Theorie zum Thema.

Liebe Grüße und ein frohes Osterfest,
Naclador

--
"Nur die Lüge benötigt die Stütze der Staatsgewalt. Die Wahrheit steht von alleine aufrecht."
Thomas Jefferson

Die Frage von Wgn ist einfach zu beantworten

Mephistopheles, Donnerstag, 18.04.2019, 18:31 vor 1836 Tagen @ Silke 5618 Views

bearbeitet von Mephistopheles, Donnerstag, 18.04.2019, 18:43

das Söldnertum war sicher, wie immer

schon, eine höchst mehrschichtige Angelegenheit zwischen Idealismus,
Fanatismus, Dummheit, Gier, Not, Tradition, Erziehung, Krankheit und
Abartigkeit, Glück und Unglück zur falschen Zeit am falschen/richtigen
Ort gewesen zu sein.

Blablabla... hättest du gesagt "überzählige, nicht erbberechtigte Söhne", dann hättest du erstens den Nagel auf den Kopf getroffen und es würde zweitens Erkenntnisgewinn entstehen. Überzählige Söhne setzt immer ein Bevölkerungswachstum voraus.
Es müssen entwurzelte Existenzen sein, von Anbeginn bis heute, die sich als Söldner eignen.

Wie kann ich als Herrscher Söldner anziehen, bevor ich fest im Sattel
sitze und Sold zahlen kann um mich mit den eingekauften Söldnern fest im
Sattel zu halten?

Er zieht keine Söldner an, sondern Soldaten. Was hat er diesen entwurzelten Existenzen zu bieten, nachdem alles Erbgut und alle zu vergebenden Positionen bereits aufgeteilt sind unter die Erben und Pfründenbesitzer?

Wie kann ich Silber als Tribut und Sold durchsetzen gegenüber Leuten, die
bestimmt nicht alle wissen was Silber ist?

Das lernen sie schnell. Wie auch die Asylforderer den Gebrauch einer Bankkarte, obwohl sie in ihrem Leben noch nie von e-Cash gehört haben.

Mit Zwang und Versprechen, die ich selbst nicht halten kann(ich habe
nichts ausser mich samt meiner Clique mit meiner Waffe und den
blutbesudelten Armen, sonst nimmt mich ja keiner in meinem
Herrschaftsanspruch ernst), sondern die die Gläubigen selbst erfüllen
müssen, wie heute auch.

Ganz einfach. Man leiht sich, wenn man Kaiser des römischen Reiches deutscher Nation ist, Geld von Jakob Fugger. Dann hat man plötzlich Zaster, Moneten, Thaler und kann seinen Söldnern einen monatlichen Sold bezahlen. Der Fugger ist ein guter Mann und verlangt nichts außer einer Konzession für die Tiroler Bergwerke, aus denen Silber gefördert wird und die sich zufällig im Herrschaftsgebiet des Kaisers Maximilian befinden.

Der Kaiser Maximilian ist zwar Herr über sämtliche Bergregale, aber er hat keinen blassen Schimmer, wie man das Silber fördert und es interessiert ihn auch nicht wirklich. Der Jakob Fugger weiß es zwar auch nicht, aber dieser ist interessiert an Innovationen, v.a. kaufmännischer Art. Er leiht den geldbedürftigen Bergwerken Geld, aber nicht gegen Zinsen, sondern gegen Kuxen.

Es bietet sich also an, den entwurzelten nicht erbberechtigten Söhnen das CKurantsilber anzubieten als Entlohnung für ihre Dienste. Wer bereits ein Erbe hat oder eine Stellung, würde das nämlich nie für eine ungewisse Militärlaufbahn riskieren. Mit dem Kurantsilber haben die Söldner aber eine Sicherheit.

Leider wollen die Geldgeber aber ihr verliehenes Geld wieder zurückhaben von den Landesherren, wenn möglich mit Zinsen. die haben es aber schon lange ausgegeben für die Söldner.

Woher also nehmen? Es bietet sich an, bei den Abgaben, die die Bauern sowieso zu erbringen haben, diese zukünftig in Geld einzufordern. Und schon haben wir die Bauernkriege. Die werden wiederum von den mit Silber bezahlten Söldnern niedergeschlagen. Finanziert hat das der Jakob Fugger.
Der hat aber, in Anbetracht seiner himmlischen Schulden, die Fuggersiedlung gestiftet, wo die Mieter jeden Abend in ihrem Gebet eine Bitte für den Jakob Fugger einschließen müssen, damit der nicht ewig in der Hölle schmoren muss.

Und so fügt sich alles auf das Beste.

Gruß Mephistopheles

Weiß man eigentlich, welchen Wert ungestempeltes Silber im Vergleich zum gestempelten hatte?

BerndBorchert @, Donnerstag, 18.04.2019, 09:59 vor 1837 Tagen @ Silke 5720 Views

Nach meinem Stand war beim Goldstandard um 1900 ungestempeltes Gold nicht viel weniger wert als Goldmünzen mit dem gleichem Feingewicht, vielleicht 10-15% weniger.

Bei einer kleinen Differenz - sagen wir 15% - wäre das Silber in Mesopotamien doch nur ein Tauschmittel gewesen, oder?

Bernd Borchert

Es war ganz sicher kein Tauschmittel, egal ob gestempelt oder nicht

FOX-NEWS @, fair and balanced, Donnerstag, 18.04.2019, 14:52 vor 1836 Tagen @ BerndBorchert 5633 Views

Bei einer kleinen Differenz - sagen wir 15% - wäre das Silber in
Mesopotamien doch nur ein Tauschmittel gewesen, oder?

Soweit ich das mitbekommen habe, wurde es bei der Abgabe an Erfüllungs statt akzeptiert ... jedenfalls am Anfang.

Grüße

--
[image]
Läuft in Deutschland ...

Gewicht, Qualität, Prägung und Ziffer

Silke, Donnerstag, 18.04.2019, 16:11 vor 1836 Tagen @ BerndBorchert 5674 Views

bearbeitet von Silke, Donnerstag, 18.04.2019, 16:37

Lieber Bernd,

Nach meinem Stand war beim Goldstandard um 1900 ungestempeltes Gold nicht
viel weniger wert als Goldmünzen mit dem gleichem Feingewicht, vielleicht
10-15% weniger.

"Der Goldstandard lief so:
Die Reichsbank re-diskontierte Wechsel und lombardierte preußische Consols (Staatspapiere). Der Einreicher konnte sich in Münzen oder Banknoten auszahlen lassen. Der Anteil der Noten nahm des leichteren Umgangs damit immer schneller zu. Banknoten (GZ erst nach 1900) konnten nur bis zur"Deckungsgrenze" ausgegeben werden, rückte sie in die Nähe, musste die RB ihre Sätze erhöhen, da sie bei Unterschreiten der Deckungsgrenze eine Banknotensteuer bezahlen musste.
Fiel Gold am freien Markt unter die Parität (inkl. Prägekosten), konnte die RB es kaufen, entweder mit Goldmünzen aus ihrem Bestand (Gewinn war Nominal minus POG, man kauft also mit billigerem Gold in Münzen teureres in specie) oder mit Banknoten. Dies wiederum unter Beachtung der Deckungsgrenze."
@dottore

Bei einer kleinen Differenz - sagen wir 15% - wäre das Silber in
Mesopotamien doch nur ein Tauschmittel gewesen, oder?


1. im Schwemmland gab und gibt es von Natur aus überhaupt kein bisschen Silber. Das kommt nur per royalem Handel (royal agents/merchants) oder Tribut/Beute rein.

2. Privatgeld hat es nirgends gegeben. Der @dottore wartet immer noch auf Beispiele.

3. Da nicht getauscht wurde gab es kein Tauschmittel sondern nur umlaufende Schulden und entsprechende Schuldentilgungsmittel, ausgehend von der Abgabeschuld ex nihilo (gesetzt mit Waffengewalt) und der sich daraus ableitenden Kontraktschulden (durchgesetzt mit waffenbewehrtem Recht) beim Wirtschaften ("Reise nach Jerusalem" mit der Schuld spielen = wer sie nicht weiter reichen kann/ keinen Nachschuldner findet geht daran kaputt, so wie heute auch oder wie mit der abführungspflichtigen Entropie in offenen thermodynamischen Systemen ohne Anergiesenke.

Anzahl-Gewicht: Ein großer Shekel= 180 Gerstenkörner aus der Mitte der Ähre
Gewicht-Gewicht: Gleiches Gewicht in Silber fein oder Gerste = ein Shekel
Gewicht-Nominal:Als Münze geschlagen war die Prägung wichtig da wie eine Beurkundung und nachrangig der Silbergehalt vs. Cu (hat sich natürlich auch immer flugs herumgesprochen, wer wie streckte)
Nominal-Bezifferung: Mit Ziffern versehen wurde das Material unwichtig wie beim heutigen Träger Papier und EDV-Einheit. Nur noch die Anzahl der Geldeinheiten ist wichtig (lassen die benötigte Geldsumme abzählen und die Urkunden übereignen) egal ob auf Scheidemünzen, Euroscheinen, ZB-Guthaben, Silber-Zehnern oder was auch immer und inzwischen sogar Giral (Guthaben auf Geldeinheiten) da es erfüllungshalber genutzt werden kann.

Silbergewichte wurden laut @dottore zu Hauf gefunden und daran geeichte billigere Steingewichte auch.

Zur Leistungsbilanz der antiken Mächte
"Die Leistungsbilanz der Imperien im Nahen Osten mit ihren 4 (heutigen) Unterpunkten sah damals so aus:
- Warenverkehr. Außer auf Geschenke-Tausch-Ebene zwischen den Herrschern minimal, falls überhaupt"grenzüberschreitend". Erst in nennenswerter und stratigraphisch nachvollziehbarer Form (= Funde von Dingen, die von"weit her" kommen) ab Einführung des Instituts der royal agents, sog. DAM.GAR (sumerisch), dann tamkar(um), also Palast- und/oder Tempelhändlern, mit wachsendem Beschaffungszwang des Tribut- und später Steuergutes Silber ansteigend, für das gleichgelagerte Rom von Keith Hopkins, Taxes and Trade 200 BC - AD 400, 1980, dargestellt (sinngemäß:"Explosionsartige Entwicklung" des Handels im Imperium, notabene:"Taxes" zuerst).
- Dienstleistungen. Sehr hoch. Erinnern wir uns nochmals an die öde, kaum fruchtbare Insel Gotland, wo die weltweit meisten Silberhorte (ex Soldzahlungen an die"Goten" mit Geprägen aller möglichen Mächte - Griechen, Römer, Mitteleuropa, Muslim-Staaten) gefunden wurden.
- Arbeits- und Kapitaleinkommen. Minimal bis nicht-existent. Der"freie Lohnarbeiter" existierte zunächst überhaupt nicht! Und dass sich Arbeiter als"Saisoniers" oder"Gastarbeiter" irgendwohin verdingt hätten, ist eine ganz abwegige Vorstellung. Kapitaleinkommen aus dem Ausland sind vor den Griechen nirgends nachweisbar und selbst bei diesen äußerst spärlich (ex vereinzelten"Faktoreien", also Niederlassungen, nie als"investive Produktionsanlagen"; bei den Römern erst finden wir Investitionen im"ausländischen" Bergbau (z.B. Cato in Spanien), aber dieses"Ausland" wurde flugs vereinnahmt oder war es bereits. Die Vorstellung, Rom hätte (vor den punischen Kriegen) in Karthago"investiert" oder vice versa (beide Male wäre Geld zu verdienen gewesen), ist absurd.
- Laufende Übertragungen. Zum Beispiel private Gastarbeiter- oder Rentenüberweisungen, auch Geld an internationale Organisationen. Praktisch nicht existent.
Wie wurde nun der Saldo der antiken Leistungsbilanz ausgelichen?
Mit Hilfe der Vermögensübertragungsbilanz, wo die unentgeltlichen Leistungen verbucht sind. Heute z.B. Schuldenerlass. Damals eben umgekehrt Tribute.

alle rigsherum tauschen getreide, fisch, korn, linnen, etc. und sind happy, nur die söldner >sagen auf einmal"nö, wir wollen cash". warum?

Weil er dort, wo er als Tribut abgefordert wurde, dringend benötigt wurde. Die oben genannten Ioner, Karer, Lydier, Lyker, usw. (West-Kleinasien, griechische Inseln) hatten keine Silbergruben (bzw. sie waren noch nicht erschlossen, vgl. Trapezunt (Trabzon), Schwarzmeerküste; antike Münzen aus Trapezunt sind extrem selten, das Münzbild zeigt den Tisch eines Wechslers, daher heute noch der Name Trapeza = griech. Bank). Sie mussten aber liefern. Die berühmten Gruben von Laureion (Attika), Thassos, Makedonien usw. standen nicht unter persischer Herrschaft.

was bringt sie dazu, ein derartiges wagnis einzugehen, den aktuellen"geldstandard" (i.e. >naturalwirtschaft im weitesten sinne) zu verlassen,

Sie haben ihn nicht verlassen, sondern tauchen erst auf, nachdem die Gewichtsparität Gerste/Silber festgelegt war. Mit Gerste als Sold über Hunderte von Kilometern heimzukehren, machte keinen Sinn. Mit Silber, wie beschrieben, sehr wohl. Die Söldner lebten vom Krieg bzw. Machterhalt dessen, der ihre Dienste gekauft hatte. Bitte an Xenophon (Anabasis) denken!
Die Griechen waren exzellente Krieger ("Hoplitenphalanx"). Die Zahl ihrer Vasen mit Kampf-, Kriegs-, Tod- oder Waffenszenen
geht in die Tausende, wenn nicht Zehntausende. Die vielen, vielen Griechen-"Städte" in Unteritalien, Sizilien waren nicht etwa"Handelsmetropolen", sondern Söldnerkolonien mit dem üblichen religiösen Klimbim errichtet für die"Schutzgottheiten" oder für die"Eintracht" (concordia) der Krieger, wie in Agrigent:

verstehe ich nicht (wie so vieles andere mehr).

Vielleicht jetzt etwas verständlicher?"
@dottore

Liebe Grüße
Silke

PS. an FOX-NEWS: Wohl eher Doppelwährung als "Erfüllungshalber" oder, da vom Wesen her klitzegleich Tilgungsmittel von Abgabeschulden?

Kein Stempel --> also keine Urkunde --> also kein Schuldschein --> also kein Geld --> also Tauschmittel

BerndBorchert @, Freitag, 19.04.2019, 09:04 vor 1836 Tagen @ Silke 5474 Views

bearbeitet von unbekannt, Freitag, 19.04.2019, 09:10

Wenn es egal war, ob das Silber einen Stempel vom Machthaber hatte oder nicht: an welcher Stelle ist in der Folgerungskette im Titel der Fehler?

3. Da nicht getauscht wurde gab es kein Tauschmittel sondern nur
umlaufende Schulden
und entsprechende Schuldentilgungsmittel,
ausgehend von der Abgabeschuld ex nihilo (gesetzt mit Waffengewalt) und der
sich daraus ableitenden Kontraktschulden (durchgesetzt mit waffenbewehrtem
Recht) beim Wirtschaften ("Reise nach Jerusalem" mit der Schuld spielen =

Dass vom Machthaber Silber von den Bauern gefordert wurde macht es zu einem Schuldentilgungsmittel der ex-nihilo-Schulden. Aber das Getreide, was man alternativ abliefern konnte, tilgte auch diese Schuld. Und Getreide ist eine Ware, also Tauschmittel. Also muss man das Silber auch so ansehen.

Das mit dem Silber als Geld als Tauschmittel, das ist genau die Theorie der Goldbugs, und neuerdings der Bitcoiner.

Das ist un-debitistisch, Silke ...

Das mit den mesopotamischen Tontafeln als Schuldscheinen, das ist überzeugender.

Bernd Borchert

Die links zu dem alten Forum funktionieren bei mir nicht.

Tauschmittel = Tausch vermittelnd != gehandelte Ware

FOX-NEWS @, fair and balanced, Freitag, 19.04.2019, 09:15 vor 1836 Tagen @ BerndBorchert 5433 Views

Dem Tauschmittel ist IMHO zueigen, NICHT Teil der Warengüter zu sein (z.B. BitCoin).

Grüße

--
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Läuft in Deutschland ...

Ja, so sehen es die Goldbugs und Bitcoiner. Deshalb wundert mich, dass Silke damit ankommt (oT)

BerndBorchert @, Freitag, 19.04.2019, 09:22 vor 1836 Tagen @ FOX-NEWS 5435 Views

- kein Text -

Gold ist ein Sonderfall

FOX-NEWS @, fair and balanced, Freitag, 19.04.2019, 14:36 vor 1835 Tagen @ BerndBorchert 5505 Views

Es ist definitiv Ware UND Währungsreserve, in bestimmten Staaten sogar Abgabegut (Geld in Form von Münzen), wenn auch das Nominal dann weit unter dem Materialkurs liegt. Silber ist diesbezüglich total aus dem Rennen weltweit.

Das ist jetzt aber eine andere Baustelle. [[zwinker]]

Grüße

--
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Läuft in Deutschland ...

Die Tauschtheoretiker sehen eine Welt der Dinge, Debitisten eine Welt der Schulden

Silke, Freitag, 19.04.2019, 15:43 vor 1835 Tagen @ BerndBorchert 5490 Views

bearbeitet von Silke, Freitag, 19.04.2019, 15:48

Lieber Bernd,

Die geforderte Abgabe wurde sehr genau beurkundet.
Du konntest nicht irgendwas abgeben sondern sowohl beim Tribut als auch bei der Steuer nur genau dasunddas genau dann und genau dort.
(bei den Persern halt die einen hundert schneeweisse Pferde, die anderen soundsoviel Talente Silber, die nächsten hunderte kastrierte Knaben (siehe Posting vom @dottore zu den 20+ Satrapien und Tributforderungen).

Der Kern für Debitisten ist ja Schuldentilgung und nicht Tausch der Dinge.
@Ashitaka hatte immer wieder ausführlich erklärt, dass das Beurkundete (Abgabe/ Geld) und das Beurkundende (Abgabemittel/Geldträger) nicht verwechselt werden darf auch wenn die Abgrenzung teils schwierig ist.

Gerste, Vieh, Silber und Gold, später Papier und EDV-Einheiten waren die Geldträger, auf denen das Geld (Geltung, es gilt) per Machtakt aufgetragen wurde.
"Mit genau Demundem in genau derundder Menge, Beschaffenheit und Qualität kannst du dich per Abgabe dannunddann, dortunddort (Termin) der von mir angedrohten Sanktion bei Nichtleisten entziehen."

Abgabe ist ja von Seiten des Abgabenforderers Zugriff auf Leistung, die seine weitere Machtausübung ermöglicht.
Verschuldung des Gegenüber per Machtausübung und Einräumen der Entschuldungsmöglichkeit per Machtzession - Zeitgewinn zum Rödeln bis genau zum Termin.

Das verwendete Silber war als Gewicht und als Prägung nicht die Abgabe, sondern nur das Abgabemittel = nur der Geld-Träger und nicht das Geld.
Per Prägung und Bezifferung wurde es dann nur noch viel einfacher zu handhaben und zu prüfen = Vertrauen schaffend - kursanter!
Geldsummen konnten effektiver vor gezählt und die Träger der Geldeinheiten übereignet werden.
Kein Tausch sondern stets Entschuldung per Vorzählen des Geschuldeten und Trägerübereignung zur Dokumentation des Entschuldungsvorganges und Verwendung der nicht dinglichen Entschuldungsoption für den folgenden Entschuldungsvorgang des jetzigen Eigentümers der Geldeinheiten in den endlosen Gläubiger-Schuldnerketten.

Das ist wie beim Fangeles...
Du bist dran! Jetzt Du! Jetzt Du!...
Wehe du warst zu lahm.

Wenn es egal war, ob das Silber einen Stempel vom Machthaber hatte oder
nicht: an welcher Stelle ist in der Folgerungskette im Titel der Fehler?

Vermischung von Beurkundetem (Geld) und zu Beurkundendem (Geldträger).

3. Da nicht getauscht wurde gab es kein Tauschmittel sondern

nur

umlaufende Schulden[/b] und entsprechende Schuldentilgungsmittel,
ausgehend von der Abgabeschuld ex nihilo (gesetzt mit Waffengewalt) und

der

sich daraus ableitenden Kontraktschulden (durchgesetzt mit

waffenbewehrtem

Recht) beim Wirtschaften ("Reise nach Jerusalem" mit der Schuld spielen

=

Dass vom Machthaber Silber von den Bauern gefordert wurde macht es zu
einem Schuldentilgungsmittel der ex-nihilo-Schulden. Aber das Getreide, was
man alternativ abliefern konnte, tilgte auch diese Schuld. Und Getreide ist
eine Ware, also Tauschmittel. Also muss man das Silber auch so ansehen.

Kern war nicht die Warenfunktion sondern die Abgabefunktion = Schuldentilgungsfunktion, Abgabefunktion.

Das mit dem Silber als Geld als Tauschmittel, das ist genau die Theorie
der Goldbugs, und neuerdings der Bitcoiner.

Kein "haben müssen" zum Termin = keine Schuld = kein Schuldentilgungsmittel.

Das ist un-debitistisch, Silke ...

Das mit den mesopotamischen Tontafeln als Schuldscheinen, das ist
überzeugender.

Buchhaltung und Verträgedokumentation.
Weder Abgabe noch Bezahlung (Entschuldung).

Die links zu dem alten Forum funktionieren bei mir nicht.

Bei mir schon.
Das verstehe ich nicht.

Liebe Grüße
Silke

PS.-Gedanken:
Wenn du mit einem Euroschein winkst ändert sich dein Umfeld - interessiert es sich für die Option auf Macht, die die beurkundeten Geldeinheiten = Machteinheiten, für dich und die anderen darstellen - die Macht, sich letztlich von Steuerschulden (und davor in der Kette eben von privaten Schulden beim Wirtschaften) zu befreien.
Du kannst dir ungestraft die nächstbeste wildfremde und anonyme Sache/Leistung (Ware im Laden oder Dienstleistung) aneignen (privare) indem du mit dem Eigentümer/Leister Parität zu deinen dokumentierten Machteinheiten schaffst, sie vor zählst und übereignest.
Versuchst du das mit Gewalt (Raub) ist das nicht gesetzlich gedeckt und führt zur Sanktionierung durch die Zentralmacht.

Standardisierung (Maße aller Art wie Feinheit/Qualität und Gewicht/Hohlmass/Fläche/Länge), Umlauffähigkeit und Termine/Gesetze waren die strukturierenden Phänomene.

Was die Funktion des Schuldentilgungsmittels erfüllen kann, ist für die Ergründung des dahinter liegenden Mechanismus egal - zuerst waren es Naturalien.

Tauschtheoretiker starten ihre Modelle mit Dingen und Dienstleistungen , die jeder irgendwie schon hat/kann oder sich produziert weil ja ganzjährig und überall genug von irgendetwas da ist und das nur durch die Tauscherei richtig verteilt werden muss, damit alle glücklich und zufrieden sind.
Das geschehe dann auf (von wem geschaffenen?) Märkten nach bestimmten (von wem durchgesetzten und verteidigten?) Regeln, so dass jeder seine Bedürfnisse damit befriedigen kann, das berühmte:
1/4 Kuh gegen ein Schwein oder 50 Hühner (oder so).
Und dann habe irgendein Crack ein entsprechendes Tauscherleichterungsmittel - ein intrinsich werthaltiges Ding - erfunden, das alle ob seines inneren Wertes wie das schöne Gold oder Silber dankbar annahmen und das dann sogar von der Macht als Geld akzeptiert wurde.
Die Macht gebe den Nachtwächter und sorgt dafür, dass sich alle an ein gepflegtes Miteinander halten und bekommt als Entlohnung dafür die Steuer
Dagegen spricht so ziemlich jedes niveauvolle Posting hier im Forum zu diesem Thema.

Debitisten gehen davon aus das alles und immer mit Verschuldung (Debitum) startet. Leben ist vom Start weg urschuldig und muss ununterbrochene Schuldentilgung betreiben, damit es nicht falliert.
Sie haben nach meinem Verständnis nachgewiesen, dass in finsteren Zeiten der Menschheit vor über 5000 Jahren mit großer Not und Mangel bei schweren langen Dürren, Katastrophen oder andere Veränderungen, oder inneren Entsegmentarisierungsprozessen (z.B. Verfälschung von Zirkulationen in Brautpreissystemen) die Urschuldbefriedigung in den Horden und segmentären Gemeinschaften nach mehr friedlicher Art verunmöglicht wurde.
Unter Zerstörung der Segmente (Mechanismen des Zusammenhaltes und der Selbstregulierung der Gruppen) und der Gewohnheiten in den Lineages und Stämmen wie Sitten, Regeln und Gebräuche zerfielen diese in, bezüglich ihres weiteren Überlebens, ohnmächtige Massen von zunehmend nicht mehr selbständig und eigenverantwortlich überlebensfähigen Einzelindividuen.
Diese schafften sich ihn ihrer Hilflosigkeit die ihnen Hoffnung versprechende und den Gegenpol ihrer Ohnmächtigkeit einnehmende Machtposition per zentralem Laut, den alle umkreisen, die mit einer Zentralinstanz besetzt wurde wie Götter, stellvertretend dafür legitimierte Charismatiker und Gewalttäter und am Ende nur noch gesichtslose Institutionen wie die EU-Kommission, bei der die Akteure völlig beliebig austauschbar sind - juristische Personen.
Diese Zentralinstanzen starten ihr Dasein mit Verschuldung, indem sie (nicht angebrachte) Hoffnung und (nicht haltbare) Versprechen anbieten und sich zur Redistribution und Machtzession in die Pflicht nehmen lassen.
usw. usf.

Silke, was Du beschreibst ist ein Metallgeldsystem, und das vom Staat verordnet - der Traum aller Gold/Silberbugs

BerndBorchert @, Freitag, 19.04.2019, 17:11 vor 1835 Tagen @ Silke 5431 Views

bearbeitet von unbekannt, Freitag, 19.04.2019, 17:15

Mit Geld als Ding (Silber). Auch wenn damit Schulden getilgt werden können, bleibt es ein Ding-Geldsystem.

Ein Schuldgeldsystem sähe anders aus: Der Machthaber bezahlt einen Teil seiner Ausgaben (inkl. Söldner ) mit Tontafeln, auf denen ein Anspruch auf so-und-so-viel Silber (oder Gerste) aus den Steuereinnahmen vom nächsten oder übernächsten Jahr beurkundet ist (mit Termin). Diese Tontafeln können vom jeweiligen Besitzer dann selber zum Bezahlen verwendet werden, d.h. sie würden ein Geldsystem darstellen, das aus debitistischer Sicht auch diesen Namen "Geld" verdient.

Es wäre interessant zu wissen, ob es ein solches Schuldgeldsystem damals schon gab, zu erkennen z.B. an solchen Tontafeln.

Bernd Borchert

Ich weiß nicht wie ich diese Abstraktion noch besser beschreiben soll

Silke, Samstag, 20.04.2019, 11:51 vor 1835 Tagen @ BerndBorchert 5287 Views

bearbeitet von Silke, Samstag, 20.04.2019, 12:44

zur besseren Unterscheidung von Beurkundetem und Beurkundendem.
Ich komme ja selbst mit dem Thema nicht weiter, weiss aber, dass es sehr wichtig ist.

Lieber Bernd,

es war eben nicht das Ding Silber das Geld/die Abgabe sondern nur der Geldträger, auf dem der Wert aufgetragen wurde durch die Dekretierung zum Abgabemittel.
Mit soundsoviel Silber derundder Art konnte man soundsoviel Teile der Abgabenschuldsumme zu demundem Termin tilgen.

Soundsoviel Substanz, die das gleiche Gewicht wie die 180 Gerstenkörnern aufwiesen entsprachen der entsprechenden Geldsumme 1 Shekel.
Die Abgabeschuld lautete im Silberstandard auf Shekel (standartisiertes Silber oder Gerste) wie bei dir heute auf Euro und nicht auf Papier, Kupfer, Silber oder Gold.

Gerste war eine perfekte Naturalabgabe - konnte man essen oder sähen um später mehr davon essen zu können. Das geht mit Silber nicht.

"> Es ist nicht zu erklären, weshalb ein Herrscher Silber anstelle Getreides

als Abgabengut einfordern sollte, wenn dies nicht bereits Geld ist.

Geld konnte in Mesopot unmöglich "Geld" sein, da es dort nirgends Silbervorkommen bzw. -minen gab.
Warum kommt der Ausdruck "Shekel" vom akkadischen "she'.."
Und das heißt nun mal Gerste."

Auch ein Herrscher ist darauf angewiesen, die bestmöglichen Mittel zur
Verfügung zu haben, um seine Ausgaben zu tätigen (Söldner,
Repräsantativbauten, Infrastruktur etc.).

Wieso "auch" ein Herrscher? NUR der Herrscher (Staatsmacht). Sein Haus bauen kann jeder selbst und hat es auch getan und alles andere wäre privat zu bewältigen. Nur die bekannten Mega-Bauten nicht. Die hat ein "Privatmann" in Auftrag gegeben?
Allerdings: Den Söldner kann sich nur die Staatsmacht leisten (und sie braucht ihn auch, um ihre Machtmonopol zu sichern) - aber wie ihn mit 1000 kg Gerste bezahlen?
Genau DAS ist der Gag, weshalb überhaupt im großen Stil Silber kursant wird.
In der Peloponnes wurden täglich bis zu 8000 Söldner umgesetzt. Der Markt für Söldner war der mit Abstand größte in der Antike (heute: Öl).

In bezug auf das Kriterium seiner Wahl unterscheidet er sich nicht
prinzipiell von den Wahlkriterien anderer.

Warum hatten die Praekolumbianer kein "Geld" - hätte ihnen doch das Leben erleichtert oder nicht?
@dottore

Es hatte die Funktion "Steuerzahlungsmittel" wie auch die anderen üblichen Geldfunktionen wie z.B. Wertaufbewahrungsmittel (wenn das ZMS, das diesen "nicht intrinsischen" Wert des Metalls ja erst definierte und garantierte überhaupt historisch Bestand hatte).
Funktionen sind aber bekanntlich nicht das Wesen.
Fahrzeug ist nicht das Wesen eines Automobils sondern das "nutzen eines Verbrennungsmotors zum fahren" ist sein Wesen im Gegensatz zum Fahrzeug Fahrrad "nutzen von Muskelkraft zum fahren".

Mit Geld als Ding (Silber). Auch wenn damit Schulden getilgt werden
können, bleibt es ein Ding-Geldsystem.

Silber war nicht das Geld sondern der Geldträger wie später Gold, Papier und EDV-Einheiten.

Ein Schuldgeldsystem sähe anders aus: Der Machthaber bezahlt einen Teil
seiner Ausgaben (inkl. Söldner ) mit Tontafeln, auf denen ein Anspruch auf
so-und-so-viel Silber (oder Gerste) aus den Steuereinnahmen vom nächsten
oder übernächsten Jahr beurkundet ist (mit Termin). Diese Tontafeln
können vom jeweiligen Besitzer dann selber zum Bezahlen verwendet werden,
d.h. sie würden ein Geldsystem darstellen, das aus debitistischer Sicht
auch diesen Namen "Geld" verdient.

Nicht irgendwelche, sondern beglaubigte Tontafeln...fälschungssichere Beurkundungen
Es gab ja wohl auch umlaufende (abgegriffen aufgefundene) Tafelchen, aber wer konnte diese ausser den Schreibern lesen?
Und die damals für Machthalter wichtigen Söldner brauchten international akzeptierte Geldstücke, also das als Sold, was in ihrer Heimat und Umgebung als Tribut gefordert wurde und das waren eben keine Tontafeln sondern bestimmte Abgabesummen, ausgedrückz in bestimmten Mengen von standardisiertem Silber.

Es wäre interessant zu wissen, ob es ein solches Schuldgeldsystem damals
schon gab, zu erkennen z.B. an solchen Tontafeln.

Private Zahlungsmittel? bzw. wohl eher Dokumentationen von Verträgen.
Die sind dann aber ja kein Geld.
Andererseit sind ja unsere Euroscheine auch nur Beurkundungen von Schulden die von der ZB nur gegen Übereignung von besicherten Forderungen (Repo) oder Eigentumstitel im Ankauf heraus gegeben werden.

Dein damaliges "Schuldgeldsystem" beruhte auf der Abgabeerhebung ex nihilo und waffenbewehrten zwingenden -eintreibung derselben mit üblen Zinssätzen für die Leihe des bei vielen Abgabepflichtigen zum Termin nicht vorhandenen Abgabegutes und noch übleren Sanktionen bei Nichterfüllung der Forderungen.

Ich habe halt auch nicht wirklich viel Ahnung von der Materie sondern nutze das Forum samt Sammlung und die weniger ergiebigen externen Quellen (weil diese wieder alle durch die Brille der Tauschtheorie betrachtet geschrieben sind und erst in "Debitistisch" übersetzt werden müssen.

@Naclador seine Priesterabgabetheorie hat auch interessante Denkansätze aber eben auch projizierte Denkinhalte aus der Moderne ins Altertum.

Ich werde mich mal weiter kundig machen bis ich es verstanden habe.

Ein interessanter Denkansatz vom @dottore ist noch der Fakt, dass ja keine Herrscher aus der autochtonen Bevölkerung des Schwemmlandes Mesopotamiens entstanden sein dürften sondern stets von den Bergen oder Wüsten (die brachten entsprechend harte Knochen wie den Sargon von Akkad und seine ganzen Vorgänger, die Herrscher der sich ständig bekriegenden Stadtstaaten, hervor) herein polterten, überlagerten und damit ihre Wertvorstellungen mitbrachten und Silber kam nun einmal aus den Bergen.
Die Oasenkultur (Oxus-Kultur) übrigens auch, die laut offizieller Lehrmeinung überhaupt gar nichts mit den Sumerern gemein gehabt habe.
Sie waren hoch kultiviert und verschwanden, als zeitgleich just in Mesopot die Sumerer wie aus dem Nichts auftauchten.
Ähnlichkeiten zwischen Ubaid/Obed und Oasen/Oxus?
Natürlich angeblich kein bisschen...

Liebe Grüße
Silke

Vom Prestige zum Silber

Weiner, Dienstag, 30.04.2019, 17:15 vor 1824 Tagen @ Silke 6093 Views

Liebe Silke,

die Spezialfrage von @Nereus gestern zur den Vereinten Nationen hat mir in Erinnerung gebracht, dass Du eine vergleichbar spezielle Frage zum Silberpreis vor 4000 Jahren in Mesopotamien neulich ins Forum gestellt hattest.

Der Fachmann für solche Fragen ist Eric L. Cripps (Liverpool). Für die Periode Uruk III (ab 2100 v.Chr.) findest Du im nachfolgenden Artikel hoffentlich Aufschluß - ebr bietet auch die Datenbasis (Keilschriftfunde), aufgrund derer die Rekonstruktion mühevoll zusammengetragen wurde. Bitte beachten, dass die Autoren selbst zugeben, wie wacklig ihr Kartenhaus ist. Umso gefährlicher scheint es mir zu sein, modernes Denken diesen alten Zeiten überstülpen zu wollen. Die Relation Silber zu Gerste wurde von einer zentralen Instanz festgelegt, schwankte aber im Lauf Zeit, was auf parallele Märkte bzw. begrenzte Macht sowie auf variierende Umwelteinflüsse hindeutet. Vielleicht auch auf Verantwortungsbewußtsein.

Eric L. Cripss - The Structure of Prices in the Neo-Sumerian Economy (I): Barley:Silver Price Ratios

https://cdli.ucla.edu/files/publications/cdlj2017_002.pdf

https://www.academia.edu/8407010/Money_and_Prices_in_the_Ur_III_Economy_of_Umma_-_WZKM_...

Cripps sollte nicht verwechselt werden mit Joe Cribb (British Museum), der eine allgemeinverständliche Kurzdarstellung des frühen Geldes im Zweistromland geschrieben hat:

https://www.academia.edu/1639711/The_Origins_of_Money_evidence_from_the_ancient_Near_Ea...

Eine aktuelle Zusammenfassung (2018) des gesamten Wissens und der Diskussion findest Du bei dem Dir vermutlich anderweitig schon bekannten Michael Hudson:

https://michael-hudson.com/2018/04/palatial-credit-origins-of-money-and-interest/

Hudson geht sehr ins Detail und beschreibt das komplette System, inklusive Entwicklung der Buchhaltung, Preiskontrolle und des Zinses.

ZITAT: Early “money” was simply the official price schedule for paying debts to the large institutions. ZITAT ENDE

Anführungszeichen sind so im Original - vielleicht ist er sich seiner Sache nicht so ganz sicher - wie ich bereits einmal hier sagte: es kommt auf die genaue Definition an ...

Hudson diskutiert auch die theoretischen Blicke auf diese Zeit aus heutiger Sicht, hauptsächlich fokussiert auf die Barter-Theorie des Geldes, gegenüber gestellt der offensichtlich auf von ihm favorisierten (Staats-) Schuldtheorie des Geldes. Sein Artikel ist zitierfähig, quasi peer-reviewed und dürfte Deiner Auffassung sehr nahe kommen. Also magst Du in künftigen Diskussionen auf ihn verweisen. Fiatgeld wurde in diesen frühen Zeiten (erstes und zweites Jahrtausend) vom Tempel bzw. Palast nicht geschöpft. Mutwillige Inflationierungen auch nicht veranstaltet. Das alles kam erst später ...

Sehr interessant ist, was Hudson über die Entstehung des Zinses schreibt. Er diskutiert gegen die Produktivitätstheorie (Motto: ich gebe Dir, und Du gibst mir von Deinem Zugewinn zurück) und hält dagegen fest, dass der Zins wohl eher als Strafe für verspätete Zahlung bzw. Anlieferung der Gerste entstanden ist. Noch interessanter sind seine Bemerkungen über die Schuld. Hier stellt er fest, dass die alten Mesopotamier anfangs sehr verantwortungsbewusst mit Schulden umgegangen waren (die Tradition des Schuldenerlasses und von daher auch des Jubeljahres stammt von dort, letztlich via Judentum und Christentum auch das Zinsverbot).

Bei den barbarischen westlichen Nachahmern des Geldsystems, besonders bei den Griechen und Römern, wollte man einen derartigen Schuldenerlass nicht praktizieren, wodurch ständige Schuldenkrisen entstanden, die man vorzugsweise durch militärische Expansion zu lösen suchte. Am schlimmsten wurde das, wenn die Schuldner einflussreiche Private waren (Kapitalisten eben ...) und für die Schuldeneintreibung und für die Generierung von Macht den Staatsapparat nutzten: Cäsar schleppte aus Gallien so viel Gold heran, dass dessen Wert in Rom zusammenbrach ...

Silber selbst war für die hier zur Diskussion stehende Region Mesopotamien ein Importartikel. Selbstverständlich war der Handel, d.h. der Einkauf des Silbers stark zentralisiert, jedoch zeigt eben dies, dass außerhalb der Zentralmacht-Staatsgrenzen, oft hunderte Kilometer entfernt (wohin nie Kriegszüge oder Söldner hätten geführt werden können) die Handelstheorie des Geldes offenbar parallel und lange vorher auch ganz gut funktionierte ...

Die Herstellung von Silber hat weniger mit dem von Dir erwähnten Kupfer tun sondern mit dem Blei, gemäß dem Verfahren der Kupellation - so wenigstens im Nahen Osten. Einige zum Teil wesentlich ältere Funde in Europa (Balkan) zeigen, dass es andere (im Augenblick noch unbekannte ) Verfahren gab - und das Licht (des Erfindergeistes) nicht immer automatisch aus dem Orient kam ...

Über die frühe Metallurgie des Silbers orientiert Barbara Helwing:

https://www.academia.edu/21883474/Die_Anf%C3%A4nge_der_Silbermetallurgie_in_Eurasien

https://www.academia.edu/10586602/_2014_Silver_in_the_early_state_societies_of_Greater_...

Im letzteren Artikel findet sich die sehr treffende Formulierung, dass die "früh-dynastischen Stadtstaaten den Gebrauch des Silbers zentral organisierten und es zu einem Zahlungsmittel umfunktionierten" (Fettmarkierung von mir).

Am ehesten in dieser Artikel findest Du eine Antwort auf Deine Frage "warum gerade Silber?". Es ist einfach so, dass dieses Metall zum Ende des vierten Jahrtausends neu und immer häufiger in den allgemeinen Handel kam und einen sehr hohen Prestigewert hatte. Es wurde bei öffentlichen Bauten, bei Geschenkgaben, bei den Bräuten als Mitgift, privat als wertvoller Schmuck (leicht zu verarbeiten) genutzt und hatte einen ansprechenden Glanz. Es wurde ihm einfach Wert, Prestige und ein hoher Rang zugesprochen - und das entwickelte sich zu einer kulturellen Tradition in der Region (Geschenk und Tausch sind übrigens benachbart ...). Als dann im Laufe des dritten Jahrtausends das Zentralmachtsystem durchgesetzt wurde und die Akkader direkten Zugriff auf die Bergbauregion und Metallurgie bekamen bzw. sich holten (!), lag es für sie nahe oder war eben ihre Absicht, dieses beliebte Silber nun als Zahlungsmittel zu dekretieren.

Die Wertschätzung und die Metallurige und (meinetwegen) geldähnliche Verwendung des Silbers ist demnach älter als das Zentralmachtsystem. Und so ist es auch mit allen anderen Kulturtechniken im Umkreis des Geldsystems - etwa auch mit dem Token, den Verträgen (Rollsiegel), dem Messen und Wiegen und so weiter und so fort. Das Zentralmachtsystem bündelt diese Techniken und Kulturtradition nur und hebt sie auf ein neues organisatorisches Niveau.

Es gibt durchaus auch Zentralmachtsysteme ohne Geld in Deinem Sinne, man denke etwa an die prämonetären Maya oder an die Inka. Bei letzteren haben wir ein 'königlich-militärisch' zentralisiertes Lagersystem in Verbindung mit einer ausgefeilten Logistik (eigentlich gehört auch ein Arbeitsdienstsystem und ein Landmanagementsystem noch dazu). Aber wir haben kein Geld. Und Silber und Gold waren sowieso nur für den König und Adel reserviert. Hier waren sie so wertgeschätzt, dass man sie überhaupt nicht in die Hände des gemeinen Volkes gab.

https://web.stanford.edu/group/virus/delta/2000/Storage.htm

Dieses Lagersystem entspricht durchaus der Situation in Mesopotamien, bevor dort die Krieger und Könige kamen, denn dort wurde das Lager- und Landmanagementsystem im Nahen Osten von Anfang an vom Tempel organisiert.

Diese Entwicklung des Zentralmachtsystems hat bezogen auf den Vorderen Orient etwa 2000 Jahre gedauert (ca. 5000 bis 3000 v.Chr.), und die Analyse dieser Zeitspanne ist (für mich wenigstens) viel interessanter als die Epoche jener 5000 Jahre, die seither nachfolgten und in der wir immer noch leben. Denn letztere 5000 Jahre brachten nur Variation, Intensivierung und Differenzierung - aber nichts wesentlich Neues mehr. Wenn man aber den jetzigen Zustand ändern will, sollte man die davor liegenden Ursprünge sich ein wenig ansehen.

Ganz nebenbei: will man heute was in Richtung mehr 'Gemeinschaft' ändern, dann kommt das meist sehr schräg daher - kannte jemand hier den Artur Mahraun?

https://de.wikipedia.org/wiki/Artur_Mahraun

(Ich hab sein jungdeutsches Manifest als pdf, weiß aber nicht, ob es schon gemeinfrei ist)

Im Grunde ist das Zentralmachtsystem nichts anderes als eine 'technische Erfindung', allerdings eben im sozialen Bereich und deshalb eingebunden in die Gesetzmäßigkeiten ebendort (die wiederum durch einen biologischen, systemtheoretischen und physikalischen Rahmen vorgeprägt sind).

In meiner Auffassung bildet sich ein Zentralmachtsystem überall und immer dort, wo eine pro Fläche kritische Anzahl von Menschen (die in einer Region sesshaft leben) überschritten wird. Die Etablierung eines Zentralmachtsystems setzt immer eine Überschussproduktion innerhalb dieser Region oder bezogen auf diese Region (d.h. dorthin verbrachten Raub!) voraus. Der Sprung auf die höhere Organisationsebene erfolgt, wiewohl gewalttätig, über Verwandtschafts- und Seilschaftsbeziehungen und ist stets mit religiöse Konventionen verbunden.

Gerade im Vorderen Orient lässt sich dies sehr schön zeigen: bevor der Palast kam, war 2000 Jahre schon der Tempel mitsamt seinen Vorratshäusern da. Aber genau wie das Silber wurde auch der Tempel umfunktioniert. In einer der Städte des Zweistromlandes (hab vergessen welche ...) gab es lange noch folgendes Ritual jährlich zum Neujahrsfest: dem König wurde das Szepter abgenommen, er wurde geohrfeigt und musste neu seinen Schwur auf Tempel und Land leisten. Erst dann wurde ihm der Stab zurückgegeben.

Für alle, die diese Themen interessieren, habe ich ganz unten ein paar weitere Literaturhinweise. Es gab hier einmal eine kurze Diskussion über Alternativen zum bzw. 'sanftere' Formen von Zentralmachtsystem (ich hatte auf die Indus-Tal-Kulturen hingewiesen). Wer sich für diese Thematik interessiert, möge sich bitte auch mit den frühen Hethitern (ein nach Anatolien eingefallener germanischer Stamm) beschäftigen, wofür vielleicht dieser Artikel als Einstieg dienen mag:

https://www.wissenschaft.de/allgemein/hethiter-die-vergessene-weltmacht/

LG, W.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
für die vertiefende Lektüre

Zuerst nochmal Eric Cripps: Land Tenure and Social Stratification in Ancient Mesopotamia: Third Millennium Sumer Before the Ur III Dynasty (British Archaeological Reports International Series)

nochmal Barabara Helwing, heute Direktorin Vorderasiatisches Museum in Berlin, hervorragende Spezialistin und Herausgeberin für

Iran: Frühe Kulturen zwischen Wasser und Wüste, Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland 2017

Helwing, B. (2013). Some thoughts on the mode of culture change in the fourth-millennium BC Iranian highlands. In Cameron A Petrie (Eds.), Ancient Iran and Its Neighbours: Local Developments and Long-range Interactions in the 4th
Millennium BC, (pp. 93-105). Oxford, UK: Oxbow Books.

Hinweis: Das vierte Jahrtausend hatte zwei große Dürreperioden, die sozialen Stress mit sich brachten und neue Innovationen im Bewässerungsbau erforderlich machten. Außerdem trieben sie Völker vom Norden, d.h. aus den Bergen und der Steppe nach Süden, und diese Migration bildete den eigentlichen Anstoß für die Ausbildung der dortigen Zentralmachtsysteme, bis hinunter nach Ägypten. Ein Teil dieser extrem wichtigen Thematik, wird hier abgehandelt:

https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S027737911530127X

Jason Ur - Early Mesopotamian Urbanism: A New View from the North

https://dash.harvard.edu/bitstream/.../Ur_EarlyMesoUrbanism.pdf

Akkermans/Schwartz - The Archaeology of Syria: From Complex Hunter-Gatherers to Early urban Societies (c. 16,000-300 BC)

nun, auf Basis dieser archäologischen Funde, wird es abstrakter:

Werner Leuthäusser, Die Entwicklung staatlich organisierter Herrschaft in frühen Hochkulturen am Beispiel des Vorderen Orients.

Klaus Eder, Die Entstehung staatlich organisierter Gesellschaften - Ein Beitrag zu einer Theorie Sozialer Evolution

(sein Buch über die 'öffentlichen Sklaven' in Rom ist besser ...)

nächst höhere Ebene der Verallgemeinerung:

Michael Schmid - Soziales Handeln und strukturelle Selektion: Beiträge zur Theorie sozialer Systeme

(Auf der Mikroebene ist das Kernelement des Sozialen eine Verhaltensregel. Die Verhaltens- bzw. Handlungsregel kann hinsichtlich ihres Inhaltes oder hinsichtlich ihrer Vernetzung mit anderen Regeln modifiziert werden. Dies ist der primäre Grund von 'Geschichte' und sozialer Evolution).

Michael Schmid, Andrea Maurer (Hg.)
Ökonomischer und soziologischer Institutionalismus. Interdisziplinäre Beiträge und Perspektiven der Institutionentheorie und -analyse

(Institutionen sind aggregierte bzw. strukturierte Komplexe von Verhaltensregeln)

Andrea Maurer - Herrschaft und soziale Ordnung: Kritische Rekonstruktion und Weiterführung individualistischer Theorietradition.

In der Einleitung wird festgestellt, "dass die Herrschaftssoziologie bereits seit längerer Zeit den Anschluß an den allgemeinen sozialtheoretischen und -wissenschaftlichen Diskurs verloren hat", d.h. Untersuchung von Herrschaftssystemen ist aktuell kein Thema ...

Die nächst höhere theoretische Ebene wäre dann die Anbindung derartiger Forschungsergebnisse an die Systemtheorie und Thermodynamik. Die umfangreichste, mir bekannte Untersuchung (abgesehen von spieltheoretischen Ansätzen) stammt von einem Außenseiter, der in den Niederlanden lebt (Berufsoffizier), Ingo Piepers, der seine Bücher auf

https://global4cast.org/ zum freien Download anbietet.

Doch VORSICHT dort beim Anschauen: Thermodynamics of War and Social Evolution hat im Download fast 600 MB pdf-Format.

Ich kann mir zum Schluß eine Bemerkung zur Kupellation (Silbergewinnung) nicht versagen, weil @Fox-News neulich das Thema Objektivität und richtige Erkenntnis der Realität angeschnitten hat. Bei der Kupellation wird die unterschiedliche Sauerstoffaffinität von Blei und anderen Metallen ausgenützt, um diese vom Silber abzutrennen (Genaueres siehe Wikipedia). In der Alten Welt hatte man dabei einen Blasebalg, aber der war in Südamerika nicht bekannt - und doch konnte man dort ebenfalls Silber sehr rein extrahieren. Hierzu hat man spezielle Öfen gebaut, in die der Wind hineinblasen konnte und die an entsprechend windreichen Orten (Region Porco, Bergspitzen etc.) aufgestellt waren - was einen enorme Logistik beim Materialtransport erforderte. Dies zeigt, dass sich der Mensch der objektiven Realität empirisch durchaus annähern kann - und nach Erfindung der Wissenschaften nun auch in der Theorie, d.h. mit vollem Verständnis des Hintergrundes.

Vielen Dank für die vielen Gedanken und Quellen, aber...

Silke, Freitag, 03.05.2019, 17:10 vor 1821 Tagen @ Weiner 3166 Views

bearbeitet von Silke, Freitag, 03.05.2019, 18:06

...Dissens bleibt.

Lieber Weiner,

das ist ja mal ein ergiebiger Diskussionsbeitrag...[[top]]
Da muss ich, und jeder, den es interessiert, die einzelnen Quellen durcharbeiten.

Grundsätzlich versuchst du ja wohl, zwei Thesen zu stützen:
1.Handel gab es schon immer zwischen Privaten. Er wurde wie jedes andere "schon immer" vom ZMS nur vereinnahmt.
2.Silber ist wertvoll (gefragt) geworden weil es wertvoll (gefragt) geworden ist
Dafür lieferst du ja eine schöne Argumentation mit der man gut arbeiten kann.

Der Fachmann für solche Fragen ist Eric L. Cripps (Liverpool). Für die
Periode Uruk III (ab 2100 v.Chr.) findest Du im nachfolgenden Artikel
hoffentlich Aufschluß - ebr bietet auch die Datenbasis (Keilschriftfunde),
aufgrund derer die Rekonstruktion mühevoll zusammengetragen wurde.

Zu Cripps muss ich mich erst kundig machen

Bitte
beachten, dass die Autoren selbst zugeben, wie wacklig ihr Kartenhaus ist.
Umso gefährlicher scheint es mir zu sein, modernes Denken diesen alten
Zeiten überstülpen zu wollen.

Da hast du sehr recht.

Die Relation Silber zu Gerste wurde von
einer zentralen Instanz festgelegt,

Genauer: vom Herrscher, wie Cribb richtig schreibt (z.B. Urukagina im von dir verlinkten PDF oder eben Hammurapi u.a.).

schwankte aber im Lauf Zeit, was auf
parallele Märkte bzw. begrenzte Macht sowie auf variierende
Umwelteinflüsse hindeutet.

Variierende Machtsysteme, wie bei den unterschiedlichen Masseinheiten und Schriftbildern und -arten sowie Götzenbildern auch.
Die der Mächtigeren setzen sich schliesslich durch.
Märkte sind Kinder der Machtsysteme.

Vielleicht auch auf Verantwortungsbewußtsein.

Das wohl eher nicht sondern Wille und Befähigung zum Machterhalt.
Verantwortungsbewusstsein für was? - es ging immer nur ums Überleben, da hatte niemand Zeit und Ressourcen für Verantwortungsbewusstsein (entweder die oder ich).
Debitismus hat nichts mit Moral, mit gut oder böse zu tun sondern nur mit funktionieren oder nicht funktionieren wie eben die ganze Evolution auch.
Was funktioniert hat, von alldem was probiert wurde, wird uns Stück für Stück bekannt.
Was aber alles sonst noch so ausprobiert wurde und nicht funktioniert hatte ging unter.
Der Umgang mit der Macht ist schwierig und riskant - ein Balanceakt zwischen Raub, Zession, Verbrauch und Zugewinn.
Wenn die Mehrzahl deiner Untertanen unlösbar überschuldet ist must du als Herrscher ein clean slate (Steuerschulden wurden erlassen) dazwischen schieben, sonst wirst du einfach gemeuchelt.
Das kann man dann in den Geschichtsbüchern als Verantwortungsbewusstsein und Wohlwollen verkaufen oder als knallharte Notwendigkeit im Debitismus verstehen (neuen debitistischen Durchlauf starten ohne dabei die Macht zu verlieren.
"Um die Gemeinschaften nicht zu zerreißen, führten die Herrscher Erlassjahre ein („clean slates“, in Rom „novae tabulae“, vgl. noch Catilina) ..."[[top]]
Quelle

Eric L. Cripss - The Structure of Prices in the Neo-Sumerian Economy (I):
Barley:Silver Price Ratios

https://cdli.ucla.edu/files/publications/cdlj2017_002.pdf

https://www.academia.edu/8407010/Money_and_Prices_in_the_Ur_III_Economy_of_Umma_-_WZKM_...

Cripss schaue ich mir gerne noch genauer an.

Cripps sollte nicht verwechselt werden mit Joe Cribb (British Museum), der
eine allgemeinverständliche Kurzdarstellung des frühen Geldes im
Zweistromland geschrieben hat:

https://www.academia.edu/1639711/The_Origins_of_Money_evidence_from_the_ancient_Near_Ea...

Cribb ist Numismatiker von der "Geld ist ein Ding-Fraktion" und beschreibt im Wesentlichen Geldträger aber nicht das Wesen von Geld.
Bei allem Respekt, aber er kann nicht Geld von dessen Träger unterscheiden wie seine bemühten Vorbilder Aristoteles ("Das Geld ist für den Tausch entstanden..."), und Herodot auch nicht.
Wenn man sich an die hier im Forum erarbeitete Definition hält:
"Geld ist ein Passivum und niemals Aktivum"
kommt man IMHO besser zurecht als mit solchen Beschreibungsversuchen von Geldträgern.

"Archaeologists cannot identify the objects they find as money, because money is not a particular distinctive object, but any object to which a particular ideahas been applied."
Idee ist gut...[[zwinker]]

"The most ancient objects which can now be identified as money are from archaeological excavations in the area of Iraq known as Mesopotamia which
straddles the rivers Tigris and Euphrates. From the ruins of the ancient cities of Mesopotamia archaeologists have recovered both written documents describing monetary payments and examples of the objects with which those payments were made. These objects are pieces of silver in the form of rings, ingots and scraps. The documents used to identify them as money are contracts, business accounts and legal codes written cuneiform characters on baked clay tablets or stone monuments."

Sag ich doch, ein "Geld ist ein Ding-Verfechter".
Silberstücke sind nicht das Geld sondern der Geldträger, ob nun gewogen oder geprägt.
Geld ist die Geltung (Bemächtigung), die befähigt (verliehen von der Macht), soundsoviel Abgabeschuldeneinheiten per Übereignung von Geldeinheiten tilgen zu können, so wie heute auch noch.
Geld ist die Macht, Abgabeschulden tilgen zu können – zediert vom Zwingherrn in einem wie auch immer gearteten Machtzessions- und Beurkundungssystem (Shekelstandard, Metall-Mengen und -münzen, Knoten auf den Quipu, Kerbhölzer, Kaiserlich-chinesische Papierscheine und was auch immer).
Geld hat alle möglichen Funktionen wie Zählbarkeit, Wertmess- und –recheneinheit, sogenannte Wertaufbewahrung (die aber nur am Überleben des ganzen Systems hängt) und manche sagen ihm sogar eine „soziale Funktion" nach, es hat aber nur ein Wesen, eine Eigenschaft – Bemächtigung zur Tilgung von Abgabeschulden die von dem zediert wurde, der dem Entmächtigten auch die Abgabeschuld ex Waffengewalt aufgezwungen hat.

Eine aktuelle Zusammenfassung (2018) des gesamten Wissens und der
Diskussion findest Du bei dem Dir vermutlich anderweitig schon bekannten
Michael Hudson:

https://michael-hudson.com/2018/04/palatial-credit-origins-of-money-and-interest/

Hudson geht sehr ins Detail und beschreibt das komplette System, inklusive
Entwicklung der Buchhaltung, Preiskontrolle und des Zinses.

Ja, M. Hudson wurde vom @dottore auch immer wieder bemüht.[[top]]

ZITAT: Early “money” was simply the official price schedule for paying
debts to the large institutions. ZITAT ENDE

Die Beschreibung einer Funktion, nicht des Wesens.
Preislisten haben mit Paritäten zu Abgabeschulden zu tun.

Anführungszeichen sind so im Original - vielleicht ist er sich seiner
Sache nicht so ganz sicher - wie ich bereits einmal hier sagte: es kommt
auf die genaue Definition an ...

Hudson diskutiert auch die theoretischen Blicke auf diese Zeit aus
heutiger Sicht, hauptsächlich fokussiert auf die Barter-Theorie des
Geldes, gegenüber gestellt der offensichtlich auf von ihm favorisierten
(Staats-) Schuldtheorie des Geldes.

Ja, richtig so!
Nicht Barter ist das Thema des Debitismus sondern Schulden.

Sein Artikel ist zitierfähig, quasi
peer-reviewed und dürfte Deiner Auffassung sehr nahe kommen. Also magst Du
in künftigen Diskussionen auf ihn verweisen.

Mache ich gerne, obwohl ich bezweifle, dass ich jemanden von irgendetwas überzeugen kann.

Fiatgeld wurde in diesen
frühen Zeiten (erstes und zweites Jahrtausend) vom Tempel bzw. Palast
nicht geschöpft. Mutwillige Inflationierungen auch nicht veranstaltet. Das
alles kam erst später ...

Wenn auf der einen Seite Abgaben erzwungen werden (Entmächtigung) und auf der anderen Seite den Menschen durch Akzeptieren des Beibringens von Waren und Diensten ermöglicht wird, sich von diesen Schulden zu befreien (Bemächtigung) haben wir das Wesen von Geld berührt.

Sehr interessant ist, was Hudson über die Entstehung des Zinses schreibt.
Er diskutiert gegen die Produktivitätstheorie (Motto: ich gebe Dir, und Du
gibst mir von Deinem Zugewinn zurück) und hält dagegen fest, dass der
Zins wohl eher als Strafe für verspätete Zahlung bzw. Anlieferung der
Gerste entstanden ist.

Der census ist die Abgabe selbst.
Wird der nicht zum Termin geleistet kommt der Strafzins.
Der diskont entsteht bei der zuerst zinslosen Leihe wenn der Verleiher vorzeitig an das Verliehene heran muss und den Titel gegen Abschlag weiter reicht.
Usura entsteht aus dem Ausnutzen der Not des "haben müssens" der Abgabeschuldnern zum Termin was man "nicht hat" während der Wucherer es hat damit den Zins bis zur Höhe knapp unter der angedrohten Sanktion treiben kann
Foenus gab es damals noch nicht (Investitionszins)

Noch interessanter sind seine Bemerkungen über die
Schuld. Hier stellt er fest, dass die alten Mesopotamier anfangs sehr
verantwortungsbewusst mit Schulden umgegangen waren (die Tradition des
Schuldenerlasses und von daher auch des Jubeljahres stammt von dort,
letztlich via Judentum und Christentum auch das Zinsverbot).

Schuldenerlass nur zum Machterhalt.
Zinsverbot nur gegen die Meinen im Stamm.

Bei den barbarischen westlichen Nachahmern des Geldsystems, besonders bei
den Griechen und Römern, wollte man einen derartigen Schuldenerlass nicht
praktizieren, wodurch ständige Schuldenkrisen entstanden, die man
vorzugsweise durch militärische Expansion zu lösen suchte.

Auch eine Möglichkeit wenn man es kann.
Das ist immer eine Frage der Machtverhältnisse ob man sich z.B. eine Demokratie oder Diktatur leisten kann, ob man Machtzession betreiben kann und damit Prosperität oder ob man nur noch ein sozialistisch-kommunistisches "Auf der Stelle stehen" mit Substanzverbrauch hin bekommt.

Am schlimmsten
wurde das, wenn die Schuldner einflussreiche Private waren (Kapitalisten
eben ...) und für die Schuldeneintreibung und für die Generierung von
Macht den Staatsapparat nutzten: Cäsar schleppte aus Gallien so viel Gold
heran, dass dessen Wert in Rom zusammenbrach ...

Das ist eben der Punkt, der auch heute und hier noch nicht so gut verstanden wird.
Macht ist eine Summe von Potential (Passivum) in einem System (oder zwischen Systemen) mit ZENTRISTISCH VOM SYSTEM AUSGERICHTETEN Systemelementen (Machtsummen im System = Optionen, Möglichkeiten,Potential), verteilt über das ganze Zentralmachtsystem mit all seinen Elementen - aber eben weder gleichmässig noch netzartig sondern eben zentristisch/zentrisch.
Ein Privater, der mehr Macht auf sich ziehen kann, als eine staatliche Einrichtung kann diese auch mal erfolgreich in die Knie zwingen wie Al Capone oder Chodorkowski und die ganzen anderen Oligarchenbanditen in der Geschichte.
Dann bleibt dem Staat nur noch eine Anklage wegen Steuervergehen oder schlicht ein akzeptierendes Knirschen mit den Zähnen wie bei einem heutigen "too big to fail".

Silber selbst war für die hier zur Diskussion stehende Region
Mesopotamien ein Importartikel. Selbstverständlich war der Handel, d.h.
der Einkauf des Silbers stark zentralisiert,

Das ist der Punkt.

jedoch zeigt eben dies, dass
außerhalb der Zentralmacht-Staatsgrenzen, oft hunderte Kilometer entfernt
(wohin nie Kriegszüge oder Söldner hätten geführt werden können) die
Handelstheorie des Geldes offenbar parallel und lange vorher auch ganz gut
funktionierte ...

Das ist die Argumentation auf tönernen Füßen.
Noch einmal zum überlegen:
1. Wie sollen einzelne Kaufleute Handel in nennenswertem Umfang vorfinanzieren (Waren einkaufen, nach Hintertupfingen schaffen ohne beraubt zu werden, die Sachen dort verkaufen - an wen, gegen was?, mit dem Profit heil nach Hause kommen, und wovon haben sie in dieser ganzen langen Zeit gelebt, da sie nicht gejagt, gesammelt, gesät und geerntet haben.)?
2. Woher wussten sie, wer wo was braucht und freiwillig was "wertvolles" dafür hergeben kann wenn noch kein Geld kursierte, dass Söldner rangeschleppt hatten weil bereits Tribute erhoben wurden?
3. Und die wichtigste Frage: Wer sollen diese Händler überhaupt gewesen sein? Es gab keine Freien, die ein Handelssystem aufbauen konnten. Alle waren im ZMS eingebunden vom Bauer bis zum Buchhalter, vom Handwerker bis zum Händler.

Btw, die spätere Hanse war ein spezielles Zentralmachtsystem wie der Vatikan und die Mafia auch. Du musst mit Waffengewalt zwingen und verteidigen können, um so etwas am laufen halten zu können.
Ein Könner deines Faches musst du natürlich zusätzlich auch noch sein.
Ein dumpfer Schläger bringt es nicht weit.

Die Herstellung von Silber hat weniger mit dem von Dir erwähnten Kupfer
tun sondern mit dem Blei, gemäß dem Verfahren der Kupellation - so
wenigstens im Nahen Osten. Einige zum Teil wesentlich ältere Funde in
Europa (Balkan) zeigen, dass es andere (im Augenblick noch unbekannte )
Verfahren gab - und das Licht (des Erfindergeistes) nicht immer automatisch
aus dem Orient kam ...

Ja, auch.
Da wurde viel versucht. Einiges ist uns bekannt, einiges nicht.
Silber gab es natürlich auch gediegen. Die Frage ist halt, wo und wie man das Zeug tonnenweise her bekommt um Tribut leisten zu können.

Über die frühe Metallurgie des Silbers orientiert Barbara Helwing:

https://www.academia.edu/21883474/Die_Anf%C3%A4nge_der_Silbermetallurgie_in_Eurasien

https://www.academia.edu/10586602/_2014_Silver_in_the_early_state_societies_of_Greater_...

Feine Quellen.

Im letzteren Artikel findet sich die sehr treffende Formulierung, dass die
"früh-dynastischen Stadtstaaten den Gebrauch des Silbers zentral
organisierten und es zu einem Zahlungsmittel umfunktionierten"
(Fettmarkierung von mir).

Da sind wir wieder bei den ganzen Begriffen, die kreuz und quer verwendet werden.
Ein Zahlungsmittel (Aktivum) ist kein Geld (Passivum).
Und Geld wird nicht umfunktioniert sondern dekretiert - "ab jetzt ist es Geld, es gilt (zur Tilgung von Abgabeschulden)".

Am ehesten in dieser Artikel findest Du eine Antwort auf Deine
Frage
"warum gerade Silber?". Es ist einfach so, dass dieses Metall zum
Ende des vierten Jahrtausends neu und immer häufiger in den allgemeinen
Handel kam und einen sehr hohen Prestigewert hatte.

Es wurde wertvoll, weil es wertvoll war und häufiger wurde?
Das ist wieder ein Zirkelschluss.
Wertvoll wurde es, weil es zu Geld dekretiert wurde.
Alles was als Abgabe dekretiert wurde (auch schon Naturalien und Dienste) erhielt dadurch seinen Wert, seine Bewertung, seine Parität zu anderen Werten.
Das parallel laufende Wertsystem war nur das der Urschulden. Wenn ich verhungere oder verdurste kann ich keine Abgabenschulden mehr tilgen.
Deshalb haben Lebensmittel immer irgendeinen Wert, weil sie eben Mittel zum Leben sind.

Es wurde bei
öffentlichen Bauten, bei Geschenkgaben, bei den Bräuten als Mitgift,
privat als wertvoller Schmuck (leicht zu verarbeiten) genutzt

Der Wert kommt nicht aus dem Gebrauch sondern aus dem "haben müssen".
Selbst beim Kessel von Gundestrup war es ein "haben müssen", das den Wert festlegte (allerdings dort eben vor den Göttern). Und weil das wahrscheinlich nicht wie erhofft gelaufen ist mit dem "Bund mit den Göttern" landete er halt im Moor als ultimatives Opfer.

und hatte
einen ansprechenden Glanz.

Der Wiedererkennungswert von Silber ist in der Tat ein wichtiges Argument wegen dem typischen (schönen) Glanz den dann allerdings auch bald eine Patina verdeckt, wenn der Butler nicht regelmässig das Silbergeschirr poliert.
Ob das entscheidend zur Einführung als Geldträger führte ist schwer zu glauben?
Das Thema Knappheit von EM ist ja auch breit im Forum bearbeitet worden.
Knapp ist alles nur zum Termin.

Es wurde ihm einfach Wert, Prestige und ein
hoher Rang zugesprochen - und das entwickelte sich zu einer kulturellen
Tradition in der Region (Geschenk und Tausch sind übrigens benachbart
...).

Das ist halt so eine sehr gewagte "war halt einfach so"- These, die ich aber auch nicht entkräften oder bestätigen kann, weil ich es ja selbst nicht besser weiss.
Silber hatte alle Eigenschaften, die man damals für einen guten Geldträger brauchte.

Als dann im Laufe des dritten Jahrtausends das Zentralmachtsystem
durchgesetzt wurde und die Akkader direkten Zugriff auf die Bergbauregion
und Metallurgie bekamen bzw. sich holten (!), lag es für sie nahe oder war
eben ihre Absicht, dieses beliebte Silber nun als Zahlungsmittel zu
dekretieren.

Noch einmal. Silber war nicht beliebt weil es beliebt war.
Da war es schon als Abgabemittel und Sold eingeführt und deshalb "beliebt" - "haben müssen".

Die Wertschätzung und die Metallurige und (meinetwegen) geldähnliche
Verwendung des Silbers ist demnach älter als das Zentralmachtsystem.

Das lässt sich aus den vorgetragenen Argumenten IMHO nicht schlussfolgern.

Und
so ist es auch mit allen anderen Kulturtechniken im Umkreis des Geldsystems
- etwa auch mit dem Token, den Verträgen (Rollsiegel), dem Messen und
Wiegen und so weiter und so fort. Das Zentralmachtsystem bündelt diese
Techniken und Kulturtradition nur und hebt sie auf ein neues
organisatorisches Niveau.

Anders herum.
Die ZMS brachten diese ganzen Phänomene hervor, weil sie nötig wurden.
Das ist wie mit der Evolution.
Da entsteht ständig so eine breite Auswahl an Optionen - „Survival of the Fittest“ ist aber stets das Thema zu genau dem entscheidenden Termin.
Braucht ein explosiv expandierendes Zentralmachtsystem dieses oder jenes so wird es just dann auch da sein wie die ganzen "Evolutionary Firsts" schon immer bewiesen haben.
Erdöl wurde erst dann wertvoll als es vom System als Sklavenersatz zum ausweiten von Verschuldungs- Handlungs- und Rechtsräumen gebraucht wurde.

Es gibt durchaus auch Zentralmachtsysteme ohne Geld in Deinem Sinne, man
denke etwa an die prämonetären Maya oder an die Inka.

Abgabenschuldenbelastung (Entmächtigung) + spätere Schuldentilgungsmöglichkeit (Bemächtigung) zum Termin, also Zeit verschaffen = Geldsystem.
Geldträger = Quipu
Geldeinheiten = bestimmte Knotenarten/Materialarten

Alternative zu Tribut (extern) und Steuer (intern) war nur die Entmächtigung beim Raub der aber keine Bemächtigung als Quelle neuer Macht für den Machthalter zur Seite gestellt wurde.
Einmal beraubt und erschlagen und die Quelle ist versiegt.
Tribut fordern und besteuern hält sie am laufen.

Bei letzteren
haben wir ein 'königlich-militärisch' zentralisiertes Lagersystem in
Verbindung mit einer ausgefeilten Logistik (eigentlich gehört auch ein
Arbeitsdienstsystem und ein Landmanagementsystem noch dazu). Aber wir haben
kein Geld. Und Silber und Gold waren sowieso nur für den König und Adel
reserviert. Hier waren sie so wertgeschätzt, dass man sie überhaupt nicht
in die Hände des gemeinen Volkes gab.

https://web.stanford.edu/group/virus/delta/2000/Storage.htm

Dieses Lagersystem entspricht durchaus der Situation in Mesopotamien,
bevor dort die Krieger und Könige kamen, denn dort wurde das Lager-
und Landmanagementsystem im Nahen Osten von Anfang an vom Tempel
organisiert.

Das sind ja alles richtig beschriebene Phänomene.
Es fehlen nur die richtigen Schlüsse zum Wesentlichen im System Geld=Macht.

Diese Entwicklung des Zentralmachtsystems hat bezogen auf den Vorderen
Orient etwa 2000 Jahre gedauert (ca. 5000 bis 3000 v.Chr.), und die Analyse
dieser Zeitspanne ist (für mich wenigstens) viel interessanter als die
Epoche jener 5000 Jahre, die seither nachfolgten und in der wir immer noch
leben. Denn letztere 5000 Jahre brachten nur Variation, Intensivierung und
Differenzierung - aber nichts wesentlich Neues mehr. Wenn man aber den
jetzigen Zustand ändern will, sollte man die davor liegenden Ursprünge
sich ein wenig ansehen.

Ok. Jedem das seine.[[zwinker]]

Ganz nebenbei: will man heute was in Richtung mehr 'Gemeinschaft' ändern,
dann kommt das meist sehr schräg daher - kannte jemand hier den Artur
Mahraun?

https://de.wikipedia.org/wiki/Artur_Mahraun

(Ich hab sein jungdeutsches Manifest als pdf, weiß aber nicht, ob es
schon gemeinfrei ist)

Im Grunde ist das Zentralmachtsystem nichts anderes als eine 'technische
Erfindung', allerdings eben im sozialen Bereich und deshalb eingebunden in
die Gesetzmäßigkeiten ebendort (die wiederum durch einen biologischen,
systemtheoretischen und physikalischen Rahmen vorgeprägt sind).

Da gehen die Meinungen hier auseinander.
Ich plädiere auf "historische Notwendigkeit zum Überleben in wirklich schlechten Zeiten die wir nun nicht wieder loswerden können".
Die Informationsdichte in einem ZMS kann von keiner anderen Spezies abgebildet werden.

In meiner Auffassung bildet sich ein Zentralmachtsystem überall und immer
dort, wo eine pro Fläche kritische Anzahl von Menschen (die in einer
Region sesshaft leben) überschritten wird.

Nein.
Das führt zu segmentärer Abspaltung neuer Segmente (Unterstämme).
Zentralmachtsysteme sind Kinder der Ohnmacht.
Gemeinschaften, die sich zwischen "in Hilflosigkeit stürzen und Sterben" oder "Umkreisen eines zentralen Lautes" entscheiden müssen und sich dabei in Gesellschaften verwandeln oder verschwinden.

Debitismus ist nichts anderes als zu überleben, wo es eigentlich nicht geht wie beim Holzbrückenrätsel.
Nichts anderes tun wir:
Wir jonglieren die Gewichte in der Luft, damit wir mit der Brücke nicht zusammenbrechen.
Das Problem ist nur: die von uns zu jonglierenden Gewichte werden im Zeitablauf immer mehr (Schulden wachsen zu, wie auch Entropie im Zeitablauf ansteigt).

Die Etablierung eines
Zentralmachtsystems setzt immer eine Überschussproduktion innerhalb dieser
Region oder bezogen auf diese Region (d.h. dorthin verbrachten Raub!)
voraus.

Nein.
Sie erzwingt sie erst.

Der Sprung auf die höhere Organisationsebene erfolgt, wiewohl
gewalttätig, über Verwandtschafts- und Seilschaftsbeziehungen und ist
stets mit religiöse Konventionen verbunden.

Nicht Ursache und Folge verdrehen.

Gerade im Vorderen Orient lässt sich dies sehr schön zeigen: bevor der
Palast kam, war 2000 Jahre schon der Tempel mitsamt seinen Vorratshäusern
da.

Zentralmachsysteme kommen in verschiedenster Ausprägung daher.
Ihr Wesen bleibt aber stets gleich.
Sie konkurrieren und kooperieren und gehen in Fission und Fusion, bis am Ende des Tages nur noch ein globales ZMS übrig bleibt.

Aber genau wie das Silber wurde auch der Tempel umfunktioniert. In
einer der Städte des Zweistromlandes (hab vergessen welche ...) gab es
lange noch folgendes Ritual jährlich zum Neujahrsfest: dem König wurde
das Szepter abgenommen, er wurde geohrfeigt und musste neu seinen Schwur
auf Tempel und Land leisten. Erst dann wurde ihm der Stab zurückgegeben.

Das sind alles so Phänomene, die zur Ausbildung eines ZMS dazu gehören.
Storytelling, Insignien der Macht, Wunder, Versprechen, Hoffnungen, Rituale usw. usf..
Die Herrscher werden letztlich für echte Götter gehalten.
Den Göttern wird Allwissenheit und ein allsehendes Auge und sogar das lesen können von Gedanken unterstellt.

Für alle, die diese Themen interessieren, habe ich ganz unten ein paar
weitere Literaturhinweise. Es gab hier einmal eine kurze Diskussion über
Alternativen zum bzw. 'sanftere' Formen von Zentralmachtsystem (ich hatte
auf die Indus-Tal-Kulturen hingewiesen).

Ja, das war schon spannend.
Als realistische Alternative (aber nicht als Lösungs- oder Verbesserungsvorschlag, denn den gibt es IMHO nicht in summa sondern immer nur für Einzelne, wie es ihn zur Evolution auch nicht gibt) zur jetzigen Misere sehe ich nur eine globale Soft-Diktatur und/oder ein Versinken in der Baudrillard'schen Simulation (Hoffnung und Vertrauen in eine Zukunft müssen eben unbedingt irgendwie erhalten werden, damit die Systemelemente mehr oder weniger freiwillig mitmachen - wie ist letztlich so egal wie das Bauen einer Pyramide).

Wer sich für diese Thematik
interessiert, möge sich bitte auch mit den frühen Hethitern (ein nach
Anatolien eingefallener germanischer Stamm) beschäftigen, wofür
vielleicht dieser Artikel als Einstieg dienen mag:

Die Hethiter wurden erst als ZMS eine Weltmacht (Überlagerung der autochtonen Bevölkerung).
Das Land Hatti wurde nicht friedlich übernommen und weltberühmt u.a. dann durch den ersten Friedensvertrag der Welt (mit Ägypten).

https://www.wissenschaft.de/allgemein/hethiter-die-vergessene-weltmacht/

Liebe Grüße
Silke

PS. Deine Quellen schaue ich mir alle an.
Unser grundsätzlicher Dissens in der Sache bleibt.
Meine Wertschätzung für deine Beiträge und die Art der Darbietung bleibt aber auch.

Ich kann mir zum Schluß eine Bemerkung zur Kupellation (Silbergewinnung)
nicht versagen, weil @Fox-News neulich das Thema Objektivität und
richtige Erkenntnis der Realität angeschnitten hat. Bei der Kupellation
wird die unterschiedliche Sauerstoffaffinität von Blei und anderen
Metallen ausgenützt, um diese vom Silber abzutrennen (Genaueres siehe
Wikipedia). In der Alten Welt hatte man dabei einen Blasebalg, aber der war
in Südamerika nicht bekannt - und doch konnte man dort ebenfalls Silber
sehr rein extrahieren. Hierzu hat man spezielle Öfen gebaut, in die der
Wind hineinblasen konnte und die an entsprechend windreichen Orten (Region
Porco, Bergspitzen etc.) aufgestellt waren - was einen enorme Logistik beim
Materialtransport erforderte. Dies zeigt, dass sich der Mensch der
objektiven Realität empirisch durchaus annähern kann - und nach Erfindung
der Wissenschaften nun auch in der Theorie, d.h. mit vollem Verständnis
des Hintergrundes.

Es bleibt alles eine Frage der Deutungshoheit.
Wir sehen, was wir sehen können und nicht das, was ist.

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