Antwort vom Projektkoordinator des Esskastanien-Sortengartens

Konstantin ⌂, Waldhessen, Montag, 27.01.2020, 11:48 (vor 1551 Tagen) @ Konstantin2172 Views

Hallo Gelbe,

vielleicht hatte ich mich hier wohl etwas missverständlich ausgedrückt:
http://www.dasgelbeforum.net/forum_entry.php?id=507719
Nicht ich plane diesen Esskastanien-Sortengarten sondern ich empfehle ein Projekt, das ich wertvoll empfinde.

So habe ich den Projektkoordinator angeschrieben mit der Bitte um eine fachkundige Antwort auf diverse hier geäußerte Bedenken.

Seine Antwort:


Danke für die viele Resonanz für unser Projekt! Hier einige Antworten zu euren Fragen/Kommentaren:
Brot aus Kastanien funktioniert sehr gut mit einem auf Kastanienmehl umgefütterten Sauerteig und in Kombination mit Hefe. Ich habe schon selbst Brote so gebacken die extrem lecker waren. Nussig und von der Konsistenz so klebrig wie ein Roggenbrot.
Die Kastanien, die für Deutschland geeignet sind, sind Kreuzungen aus der japanischen und europäischen Esskastanie. Die Kastanien, die die Römer mitgebracht haben, sind reine europäische und werden leider alle von Kastanienrindenkrebs befallen. Die reinen europäischen Kastanien wurden von den Römern für die Niederwaldwirtschaft zur Pfahlproduktion für den Weinbau mitgebracht.
Bei uns geht es darum hochwertige Lebensmittel zu produzieren und keinen Strom. Solche Photovoltaikanlagen bekommt man auch nicht überall genehmigt. Eine Klimakatastrophe hilft uns bestimmt nicht weil dies zu Flüchtlingsströmen, politischen Unruhen und Krieg führt. Die paar Jahre in denen das bisschen mehr Wärme uns von Nutzen ist wiegt in keiner Weise die krassen Dürreereignisse aus, die danach kommen und Landwirtschaft in Deutschland kaum mehr zuverlässig ermöglichen.

Es gibt Erfahrungen von anderen Baumschulen welche Sorten in Deutschland gut wachsen, das stimmt. Deshalb sind wir mit diesen auch im Kontakt und wollen das lückige Bild, das trotzdem entsteht, durch einen großen Sortentest an einem Standort unter möglichst gleichen Bedingungen vollkommen erfassen. Viele Einzelpflanzungen sind trotzdem sehr hilfreich um einen besseren Überblick zu bekommen wo was gut wächst. Weitere Sortengärten auf unterschiedlichen Standorten in Deutschland sind bereits in Planung und wir sind im Kontakt zu anderen Landwirten deutschlandweit.
Die Ernte kann laut Erfahrungen aus Frankreich bis 3 Hektar gut und wirtschaftlich mit einem sogenannten Rollblitz (Handgerät) durchgeführt werden. Erst über 3 Hektar Fläche lohnt sich dann ein Vollernter (großer Staubsauger). Netze sind auch noch eine Option und erleichtern die Ernte erheblich. Da die Früchte runter fallen und sich in der Regel schon aus der Stachelhülle gelöst haben ist eine Ernte bedeutend einfacher als bei Beerenobst, Spargel oder Erdbeeren. Es sind keine Gastarbeiter zu Mindestlöhnen erforderlich. Für Früchte, die noch in der Stachelhülle sind, gibt es sehr primitive Maschinen diese zu trennen. (zwei Autoreifen, die sich gegeneinander mit kleiner Lücke drehen und die Kastanien rausdrücken)
Die Bestände in der Pfalz sind nicht für die Fruchtproduktion angepflanzt sondern für Holz. Kastaniensorten die für Fruchtproduktion gezüchtet wurden sind bedeutend größer, leichter zu schälen (auch sehr leicht zu mechanisieren; Maschinen aus Frankreich oder Italien ), und erzielen bedeutend höhere Preise als die gleiche Menge Kartoffeln die nur zerstörungsbasiert auf Äckern angebaut werden können.
Kastanien werden teilweise bis Schweden angebaut und gerade die Kreuzungen mit der japanischen wachsen sehr gut in kühleren Gegenden. Durch den Klimawandel wird sich laut einigen Studien die Anbauzone von Kastanien deutlich nach Norden verschieben. Das Münsterland wird zum Beispiel als eine der besten Anbaugebiete prognostiziert. Eine Hanglage ohne Staunässe mit saurem Boden ist der beste Standort.
Ertragszahlen von 2-3 Tonnen sind realistisch und keine pure optimistische Hoffnung wie kleinere Pflanzungen bereits belegen. 2-3 Tonnen bei einem Großmarktpreis von 3-5 Euro pro kg (Direktvermaktung 10 Euro pro kg, verarbeitet 35 Euro pro kg) und einer Importmenge von 5000 Tonnen Esskastanien nach Deutschland machen klar das die Kultur spannende wirtschaftliche Aussichten hat. Dies ist vor allem der Fall weil die Ernte so simpel ist und die Kulturführung extrem extensiv. Außer gelegentlichem Mulchen und ab und an einer kleinen Düngung ist abgesehen von einem vernünftigen Wildschutzzaun keine Arbeit nötig.

Wir freuen uns sehr wenn weitere Menschen unser Projekt finanziell unterstützen und uns dabei helfen für alle rauszubekommen welche von den Sorten (auch viele nicht getestete dabei) in Deutschland am besten wachsen.

Mit freundlichen Grüßen,
Hendrik Gaede (Projektkoordinator des Kastaniensortengartens)

https://www.ecocrowd.de/projekte/baumgetreide-pflanzen/

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