Vielleicht ist alles doch ganz anders

der_Chris, Nördl. Ruhrgebiet, Dienstag, 03.09.2019, 11:07 (vor 1698 Tagen) @ Plancius4170 Views

Hallo Zusammen,
ich breche mal eine Lanze für einen anderen Blickwinkel auf den Plumperquatsch, den der Vortragende verzapft hat.

1. Der Referent mag inbrünstig seine „Meinung“ artikulkiert haben, vielleicht aber ist seine EIGENE dazu ganz anders. Ich selbst würde niemals meine Weltanschauung zur Schau stellen, schon garnicht, wenn ich im Auftrag meines Arbeitgebers tätig bin. Sehr wohl aber verträte ich die Meinung, von der ich annähme, dass man sie hören wolle. Und da ich mit der deutschen Sprache verbal ganz gut umgehen kann, sei versichert: Du würdest meine 180 Grad Wende für bare Münze nehmen und dich wundern wie geschliffen und systemkonform der Herr da vorne seinen Vortrag hält und neben den christlichen Notwendigkeiten auch den schönen Effekt für die kulturelle Bereicherung ausschmücken kann, so jeder sich einen psychisch gestörten Flüchtling ins Haus holen würde.

2. In der Großindustrie hat die Dekadenz und Überheblichkeit eine Form erreicht, von der es eigentlich nur noch runter gehen kann. Ein großer Chemiekonzern im Ruhrgebiet vertritt seit je her die Meinung, dass Mitarbeiter, die den Laden einmal verlassen haben, nie mehr zurück kehren können. Ja – wirklich. Also Ausbildung, dann Kündigung und Fachstudium um am Ende mit einem Doktor in Chemie zurück zu kommen – No way! Ich weiß aus verlässlichen Quellen, dass dort ein immenser Fachkräftemangel besteht und die eigene Ausbildungsabteilung aufgrund vieler Fehlentscheidungen in der Vergangenheit nicht mehr in der Lage ist, den Bedarf nachzuschieben. Wie doof muss man sein, sich auf diese Sichtweise zu versteifen? Und das bei 9.000 Mitarbeitern, also nicht unerheblich von der Größe und dem Bedarf an ständig frischem Blut, Ideen und Eindrücken. Dieses Unternehmen hält sich für den Nabel der Welt und regiert wie ein Sonnengott. Bald wird’s dunkel…

3. Wer im Konzern zu den sog. white collars gehört und keinen Blaumann trägt, der hält sich per se für was besseres. 14,5 Gehälter sind keine Seltenheit, die Tarifverträge weit über dem, was ein Handwerker in 220 Stunden inkl. Blackwork abgreift. Wo bitte schön soll da der Blickwinkel für die Probleme des kleinen Mannes herkommen? Guckt euch die Porscheros, Volkswerker, Siemensianer, E-oniker doch alle an. Beamte mit geschliffener Mainstream-Meinung. Gegenwehr kannste bei 220 qm EFH, windwächterüberwachter Traummarkise, Doppelachswohnwagen, E-Klasse T Modell und Sommer-Flugreise und Jetbag-Skiurlaub nicht erwarten. Die leben in ihrer Traumwelt. Kann man es ihnen verübeln? Wolkenkuckucksheim. Auf dem Sportplatz bei den Minikickern treffen die sich mit ihresgleichen, alles Inzucht (siehe Pkt.2) Frischer Wind, neue Ideen, andere Eindrücke: Fehlanzeige. War so – bleibt so – iss so!

4. Als der Terroranschlag in Nizza stattfand, mussten wir uns auf dem Flur unter Anleitung des Geschäftsführers zu einer Schweigeminute aufstellen. Ja, ist schlimm, jeder einzelne ums Leben gekommene ist es wert, einen Moment inne zu halten. Nachher im Büro sagte der Kollege zu mir: „Bei dem was sich draussen abspielt, stehen wir dermnächst 2h am Tag auf dem Flur…“ Die ganze Mannschaft hat mitgespielt, auf dem Raucherhof fand sich keiner, der sich nicht das Maul dazu zerissen hat. Diese Fachidioten glauben dann auch noch, sie hätten gerade bahnbrechende Menschlichkeit preis gegeben. Da rotz ich drauf, sind nämlich alles die gleichen Kaxxbratzen.

5. Last but not Least, im Osten habe ich einige sehr gute Bekannte. Denen habe ich schon vor Jahren gesagt, dass der Ossi der bessere Deutsche ist.

Die Landung wird hart und ich hoffe sehr inständig, dass das Kerosin bald alle ist.
Ich bin seit > 20 Jahren im Prüfungswesen ehrenamtlich tätig. Das ist schon lange keine Rolltreppe mehr abwärts, das ist freier Fall, was da an Material angeliefert wird.

Und doch kann ich nicht anders und halte es mit Helmut Schmidt: „Wenn die Industrie Fachkräfte braucht, dann sollen sie sich gefälligst welche ausbilden“. Aber am Ende bin ich doch zu sehr Fatalist, als das ich ein gutes Ende sehe(n kann).

--
Gruß
Der_Chris

Verhaltensregeln gegenüber deutschen Politkern:
*Verachten* Auslachen* Verhöhnen* Ignorieren*
Und niemals Aufmerksamkeit schenken!


gesamter Thread:

RSS-Feed dieser Diskussion

Werbung