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Real-Enzyklopädie (5): Geldumlauf 3 / Giralgeld

Geschrieben von dottore am 15. Juli 2001 14:51:20


Guten Tag!

Diesmal geht's kurz.

So wenig wie es einen Geldumlauf von heutigen Banknoten und eine Geldumlaufsgeschwindigkeit (V = Velocity) der selben gibt (siehe Teil 2), existiert ein Geldumlauf oder eine V für Giralgeld.

Dies bescheinigt Prof. J.S. Cramer, der dies ausführlich untersucht hat (u.a. "The volume of transactions and of payments in the United Kingdom 1968-77", Oxford Economic Papers Juli 1981) hier:



"No place in modern economic analysis..." zunächst bezogen auf die alte V aus der Gleichung:

MV = PT

die wir schon als üblen Unfug kennen gelernt haben.

Auch ein Versuch, eine V in der obigen Gleichung zu entwickeln, die sich nicht nur auf c (Cash), sondern auch auf d (Depositen) bezieht, scheitert kläglich. Ich bitte in diesem Zusammenhang übrigens auf das Summenzeichen zu achten. Demnach wird auf der rechten Seite eine Summe angezeigt, auf der linken Seite aber nach wie vor mit "Menge" und "Geschwindigkeit" gearbeitet, was natürlich Nonsens pur ist.

So gleiten auch die Versuche, eine V für Depositen (Giralgeld) zu "finden" in ihrem Ergebnis ins nachgerade Lächerliche ab.

So gab es "Berechnungen" für die USA (u.a. Garvy/Blin, "The Velocity of Money", 1970, und Fortschreibungen dieses Unfugs sogar noch im "Federal Reserve Bulletin"), die auf eine V des Giralgelds bei unter 30 im Jahre 1919 begannen und schon 1984 bei über 400 (!!!) angekommen waren, was nun wirklich kein vernünftiger Mensch im Kopf aushalten kann.

Prof. Cramer versucht eine Erklärung, die noch lächerlicher ist als die ursprüngliche Annahme selbst, nämlich dass es eine Umlaufsgeschwindigkeit gäbe. Er schreibt (New Palgrave, "A Dictionary of Economics", 801):

"The enormous later increase must in large part be due to new techniques like overnight lending and repurchase agreements".

Damit stehen wir also - mehr verärgert als belustigt - vor der Tatsache, dass das T (volume of Trades) und das P (Price level) nach dem Summenzeichen in der Gleichung rechts sich jeweils "über Nacht" verändert hat bzw. nicht verändern konnte, weil nachts bekanntlich alle schlafen, sogar die tüchtigen Amerikaner (Nachtschichtler und Barbesucher selbstverständlich ausgenommen).

Wir können also die Vorstellung von einem "Geldumlauf" oder gar einer "Geldumlaufsgeschwindigkeit" beruhigt zu den Akten legen. Ein für alle Mal. Jeder, der mit solchen Hirngespinsten operiert, sollte schleunigst einen Arzt aufsuchen.

Gruß

d.