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Real-Enzyklopädie (4): Geldumlauf 2 / Scheidemünzen und Banknoten

Geschrieben von dottore am 15. Juli 2001 11:40:57


Guten Tag!

Wenn das heutige Geld in unseren Brieftaschen und Geldbeuteln betrachten so sehen wir Banknoten und Scheidemünzen. Letztere heißen so, damit man sich beim Zahlungen einfacher "scheiden" (= von einander trennen) kann.

Scheidemünzen kann es nur geben, wenn und weil es Banknoten gibt. Die erste geprägte D-Mark erschien 1950, die Währungsreform, die den Deutschen neue Banknoten bescherte, war 1948. In der Zwischenzeit behalf man sich mit "Scheidepapierchen" (auf historische Entwicklung wird noch eingegangen).

Scheidemünzen gibt der Staat aus, weshalb sie in Deutschland die Worte "Bundesrepublik Deutschland" tragen. Die Banknoten tragen den Namen der ausgebenden Bank (ab 2001 werden € ausgegeben, die den Aufdruck EZB, ECB, BCE usw. tragen).

Oft begreifen selbst Währungspolitiker nicht, was Sache ist. So erschienen 1949/50 tatsächlich 50-Pfg-Stücke mit der Aufprägung "Bank Deutscher Länder":


Dies war ganz falsch, weshalb ganz schnell die Prägestempel geändert wurden. Die Münzen existieren aber bis heute und werden in bester Erhaltung und geprägt mit Jahreszahl 1950 und Münzzeichen G für über 1000 DM gehandelt. Es lohnt sich also, solche Fehlprägungen zu suchen und aus 50 Pfg, die man als Wechselgeld erhält, 1000 DM zu machen.

Die "Bank Deutscher Länder" war die Vorgängerin der Deutschen Bundesbank. Ihr Chef war Geheimrat Vocke, der schon unter dem Kaiser und dann unter Hitler in der Reichsbank an führender Stelle tätig war und also hätte wissen müssen, dass er einen Unfug veranstaltet. Diese falsch geprägten 50-Pfg-Stücke ließen sich aber nicht mehr herausfischen und so sind sie bis heute geltende Scheidemünzne geblieben und werden auch anstandslos in € umgewechselt.

Scheidemünzen sind klassisches Nettogeld. Ihnen entspricht weder beim Staat (der ohnehin nicht bilanziert) noch bei der Bundesbank ein Passivposten (im Gegensatz zu den dort passiv verbuchten Banknoten; Scheidemünzen, die sie selbst hält, verbucht die Bundesbank aktiv wie jede andere Firma auch, inkl. Geschäftsbanken).

Scheidemünzen kosten in der Herstellung, die von Münzprägeanstalten vorgenommen wird, erheblich weniger als das aufgedruckte Nominal, Kleinstmünzen ausgenommen, deren Prägung subventioniert wird und zwar mit dem sub summa entstehenden Münzgewinn, der sich aus der Differenz zwischen Nominal und Herstellkosten der übrigen Scheidemünzen ergibt.

Die Schweiz hat wegen des Prägeverlustes bei 1-Rappen-Stücken die Prägung derselben vor Jahren schon eingestellt, Finnland prägt grundsätzlich keine €-Münzen, um sich die damit verbundenen Umtriebe zu ersparen.

Der Münzgewinn, der sich für den Staat ergibt, wird an die Staatskasse ausgekehrt und vom Staat wiederum ans Publikum verteilt, so dass der Münzgewinn letztlich wieder dem Publikum zugute kommt. Da die Scheidemünzensumme (nominal) ohnehin nur zu ca. 1 Zehntel (je nach Land verschieden) der Banknotensumme ausmacht und ihre Ausgabe beschränkt bzw. genehmigungspflichtig ist (bei der €-Umstellung gibt es keine Vorab-Genehmigung der EZB, so dass grundsätzlich alle € in Scheidemünzen hätten abgefordert werden können, was zu einer Sanierung der öffentlichen Haushalte hätte führen können, wie ich in einem vor einiger Zeit hier reingestellten Posting vorgeschlagen hatte). Außerdem ist die Annahme von Scheidemünzen im privaten Verkehr (nicht bei öffentlichen Kassen, da sie "gesetzliche" Zahlungsmittel sind) beschränkt.

Wir können also Scheidemünzen aufgrund ihrer geringen Bedeutung für den "Geldumlauf" außer Betracht lassen, zumal sie - wie beschrieben - auf ein Nullsummenspiel des Publikums mit sich selbst hinaus laufen.

Bei den Banknoten wird von einem Denkmodell ausgegangen, das dem bei Scheidemünzen ähnelt. Sie werden einmal gedruckt und laufen ab dann für immer im Publikum um, wofür der Augenschein zu sprechen scheint, da wir frische und abgenutzte Banknoten erleben.

Genau die Tatsache aber, dass wir unterschiedlich abgenutzte Banknoten haben, beweist indes, dass es einen dem Scheidemünzenumlauf entsprechenden Umlauf von Banknoten nicht haben. Würden die Banknoten nach einer Erstausgabe immer außerhalb der Ausgabestelle umlaufen, könnten sie von dieser nicht durch frisch gedruckte Banknoten ersetzt werden.

Die Banken selbst sortieren nur in Ausnahmefällen stark abgenutzte oder beschädigte Banknoten aus um sie sich von der Zentralbank ersetzen zu lassen (in Deutschland Bundesbank mit ihren LZBs = Landeszentralbanken mit Zweigstellen in allen größeren Städten).

Normalerweise legen die Banken an ihren Kassenschaltern alle Banknoten immer in die einzelnen Kassenfächer, was jeder, der schon einen Bankkassierer bei der Arbeit beobachtet hat, bestätigen kann.

Wie kommen dann die abgenutzten Banknoten in die Zentralbank? Dies führt uns in den Kern des Problems "Geldumlauf", da wir wissen, dass Banknoten in der Regel (je nach Land verschieden) zwei Mal pro Jahr ausgetauscht werden, was aber niemand anderes machen kann als die Zentralbank selbst (Geschäftsbanken haben keinen Zugang zu Banknotendruckereien).

Um die Frage zu beantworten, müssen wir den "Umlauf" oder das "Leben" einer Banknote näher betrachten.

Bekanntlich werden Banknoten (siehe auch "Notenbankkredit") ausschließlich von der Zentralbank ausgegeben. Dies geschieht ausschließlich gegen Hinterlegung von "Sicherheiten" (Schuldtiteln). Im modernen Repogeschäft verkaufen die Banken der ZB diese Titel gegen gleichzeitige Rückkaufsverpflichtung. Würden die Banken nach Ablauf der Repofrist keine neuen Sicherheit an die ZB geben, würden die Banknoten am letzten Tag der letzten Repofrist in gleicher Summe ein für alle Mal aus dem Verkehr verschwinden.

In Deutschland blieben dann im wesentlichen nur noch Banknoten übrig, die bei der Währungsreform als Kopfgeld ausgegeben wurde, siehe Teil 1, sowie Banknoten, die gegen den - inzwischen eingestellten - Ankauf von Gold hergegeben wurde sowie solche, die gegen Devisen (= Forderungen gegen ausländische Stellen) ausgegeben wurden, also nur ein kleiner Teil.

In anderen Ländern ist das anders, z.B. in der Schweiz, wo Noten vor allem gegen Gold und Devisen ausgegeben wurden oder in den USA, wo Noten vor allem gegen Fed Funds ausgegeben werden, was aber letztlich die Sache nur verschiebt, denn würden im Beispiel USA sämtliche Staatsschulden getilgt, gäbe es auch keine Fed Funds mehr, ein Problem, das - wie bereits ausführlichst gepostet - Alan Greenspan umtreibt, der sich darum bemüht die Fed Funds durch die Entgegennahme von anderen Sicherheit, wie sekurisierte Hypotheken zu ersetzen.

Wir bleiben in Deutschland. Die Banknoten liegen also zunächst als bunt bedrucktes Papier (und wertlos, es gibt keine Aktivverbuchung von gedruckten, aber noch nicht ausgegebenen Banknoten bei der Bundesbank!) in der Bundesbank bzw. ihren LZBs und werde dort von den Banken gegen den Verkauf von Sicherheiten mit Rückkaufsverpflichtung abgeholt.

Die Bundesbank bucht jetzt die Sicherheiten aktiv und die Banknoten passiv. Die Geschäftsbanken ersetzen die bei ihnen liegenden und bisher aktiv verbuchten Sicherheiten durch die ebenfalls dann aktiv verbuchten Banknoten (Kasse). Es ist bei den Banken ein Aktivtausch (keine Bilanzverlägerung) - im Gegensatz zur Bundesbank, wo eine Bilanzverlängerung Statt findet. Auf die damit verbundenen Inkompatilibität wurde unter "Notenbankkredit" bereits eingegangen.

Die gesamte Bilanzierungspraxis von Zentralbank und Geschäftsbanken ist, da nicht aufeinander passend, kompletter Unfug.

Sind die Banknoten dann in den Geschäftsbanken, können sie dort vom Publikum abgeholt werden, wiederum gegen Sicherheiten, die vom Immobilienkredit bis zur Kontenüberziehung (besichert durch künftige Einkünfte des Banknotenabholers) reichen.

Damit ist etwas äußerst Wesentliches klar: Die Banknoten sind nie zuerst (!) im Publikum vorhanden (das ja keinen Zugang zur Bundesbank bzw. den LZBs hat und also auch von dort niemals Banknoten direkt beziehen kann) und werden anschließend (!) bei den Banken eingezahlt, die sie dann ihrerseits an andere im Publikum verleihen können.

Die Vorstellung von "irgendwie" bereits im Publikum vorhandenen Banknoten, die dann (!) bei den Banken eingezahlt werden und dann (!) von diesen wiederum verliehen werden können, ist ebenfalls komplett falsch.

Es war übrigens schon bei der allerersten Banknotenausgabe in der Währungsreform falsch, wie bereits beschrieben. Auch die allererste Ausgabe von Banknoten geschah gegen Hinterlegung des Schuldtitels "Ausgleichsforderung" (gegen den Staat), der bis heute in der Buba-Bilanz zu besichtigen ist. Die weitere Ausgabe von Banknoten nach der Währungsreform durch die ZB geschah ebenfalls erst, nachdem (!) Schuldtitel (Wechsel, Lombardpapiere) bei ihr eingereicht wurden (wie oft genug ausführlich beschrieben, siehe auch Real-Enzyklopädie 1).

Wandern nun die Banknoten von den Banken in die Kassen des Publikums, nehmen sie ihren normalen Weg: das Publikum kann mit den Banknoten die gewünschten Käufe tätigen, sprich Kaufkontrakte damit erfüllen. Dabei merkt das Publikum natürlich nicht, dass es eine schnell verderbliche Sache in Händen hat. Denn es weiß nicht, dass die Banknote nur eine begrenze Lebenszeit hat und nach Ablauf der Repofrist ohne Wenn und Aber wieder in die ZB zurückkehren muss.

So geschieht denn folgendes: Die Banknoten, die das Publikum hält, wandern in die Kassen der Geschäfte (Bargeldumsatz). Die Geschäfte bewahren die Banknoten aber nicht etwa auf und warten, bis sie damit ihrerseits etwas kaufen können, z.B. die verkauften Waren ersetzen (was auch völlig skurril wäre, wenn das Geschäft in Hamburg und der Lieferant der Waren des Geschäftes in Rosenheim sitzt).

Sondern die Banknoten gehen noch am Abend des Tages, spätestens nach einigen Tagen, in die Banken zurück, was jeder bestätigen kann, der schon einmal eine Geldbombe gesehen hat oder - wie ich - täglich beobachten konnte, wie der Bäcker einer kleinen Gemeinde täglich kurz vor 4.00 Uhr nachmittags in der Bank gegenüber erschien und seine "Tageskasse" dort ablieferte, d.h. einzahlte.

Damit sind die Banknoten ratz, fatz aus dem "Umlauf" verschwunden. Die Bank kauft ihrerseits nichts damit und das Publikum selbst hat keine Banknoten mehr, um damit woanders etwas kaufen zu können. Es kann sich nur wieder Banknoten bei der Bank besorgen, sofern es dort Konten führt. Besorgt sich das Publikum keine Banknoten bei der Bank, kann es auch keine Barkäufe mehr tätigen.

Und da sich das Publikum sub summa immer nur Banknoten bei der Bank besorgen kann, indem sie es sich von dort leiht, ist der "Geldumlauf" nichts anderes als ein dauerndes, sich immer wieder erneuerndes Kreditgeschäft. Selbst wenn sich das Publikum in Form von Endverbrauchern nicht selbst Banknoten in der Bank (nie Zentralbank!) leihen kann, muss es jemand anderes tun, z.B. die Firma, die den Endverbraucher beschäftigt, bzw. diesen Firmen vorgelagerte Firmen.

Banknoten erscheinen immer nur gegen Kredit (die eingestellten Goldankäufe ausgenommen) und dies erst nachdem in der Zentralbank die entsprechenden repofähigen Sicherheiten hinterlegt sind.

Da die Banken ihrerseits ebenfalls nur möglichst geringe Kassen in bar halten (Bargeld kostet immer Zins!) schicken sie ihrerseits Banknotenbestände, die über ihre optimale Kassenhaltung hinaus reichen, sofort wieder an die LZB, so dass wir jeden (!) "Banktag" beobachten können, wie in jeder (!) Bankfiliale Geldboten erscheinen, um überflüssige Banknoten abzuholen bzw. neu benötigte Banknoten dorthin zu bringen.

Die abgeholten Banknoten werden nicht in irgendwelchen Zentraltresoren aufbewahrt, sondern sie werden gesammelt und schnellstmöglich in die LZB gebracht, wo sie dann wieder wertloses Papier (!) sind, sobald sie über den Tresen der LZB gereicht wurden. Die LZB entlastet die Bank entsprechend bzw. schreibt ihr die Summe gut. Das Publikum weiß von alledem nichts und denkt die Banknoten würden immer nur von Geschäft zu Geschäft bzw. von Bank zu Bank oder so ähnlich befördert, weil sie doch "umlaufen".

Deshalb überfallen selbst höchstleistungskriminelle Gangster rätselhafterweise fast ausschließlich Bankfilialen, in der Hoffnung dort den großen Raub zu landen. Vom wahren Wesen des banktäglichen Entstehens und Vergehens von Banknoten haben sie keine Ahnung. Sie blitzt nur ab und an auf, wenn von "Überfällen auf Geldtransporter" zu lesen ist. Geldtransporter zu überfallen ist allerdings auch ein in der Regel aussichtsloses Unterfangen.

Aber genau diese Geldtransporter sind es, die unsere Vorstellung von einem "Geldumlauf" endgültig zertrümmern. Denn würde Geld "umlaufen" müsste man es nicht von den Banken zur LZB und zurück transportieren, denn weder die Banken noch die LZBs tätigen mit den Banknoten irgendwelche Käufe oder bieten etwas zum Verkaufen feil.

Den "Geldumlauf" also mit den Transaktionen in der realen Welt zu verbinden, was die berühmte Gleichung

MV = PT

suggeriert (siehe Teil 1), und irgendwelche "Velocity" (V = Umlaufgeschwindigkeit von M = Money) damit zu verbinden, ist vollständiger Unsinn.

Noch zur Ausgangsfrage zurück: In den LZBs werden die dort laufend eintreffenden Banknoten geprüft und die abgenutzten Noten dann durch neu gedruckte ersetzt. Daher kommt es, dass unsere Banknoten sub summa stets ein passables Aussehen haben.

Ich wiederhole also noch ein Mal mein Bild:

Die Banknoten "kreisen" nicht im Publikum, was der Ausdruck "Geldumlauf" uns weis machen will, sondern sie dienen immer nur dazu, bereits existierende Schulden abzuarbeiten (woraufhin sie physisch und komplett wertlos in den LZBs verschwinden) und sie kommen auch immer nur gegen Schulden bzw. die entsprechenden Schuldtitel wieder neu in die Welt (wobei die in der LZB liegenden völlig wertlosen Noten dort jeweils durch andere wertlose Noten ersetzt werden können, sofern die alten abgenutzt sind; ihren "Wert" (Nominal) erhalten die Noten erst wieder, wenn sie über den Tresen der LZB in Richtung Geldtransporter geschoben werden).

Die Banknoten "steigen immer nur Treppenstufen hinauf und herab": Publikum - Geschäft - Bank - LZB - Bank - Firma - Publikum.

Das Geheimnis des "Geldumlaufs" der Banknoten ist damit enttarnt: Es gibt so etwas wie ihren "Umlauf" nicht.

Gruß

d.