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Das Geld der Zukunft - so funktionierts:

Geschrieben von dottore am 13. April 2005 14:30:27


Hi,

seit 1991 hat Somalia keine ZB mehr, wie überhaupt der Staat verschwunden und die "Anarchie" Einzug gehalten hat.

Nach dem Hinschied der ZB ließ jeder, der wollte, die bekannten 1000-Schilling-Scheine bei privaten Druckereien in aller Welt herstellen. Der Kurs reagierte: Bis 1990 waren 1000 Sh. = 1 USD, dann ging's abwärts auf 20.000 = 1 USD. Aktuelle Kurse pendeln zwischen 14.000 und 17.000.

Jeder 1000er gilt jetzt gleich (aber es gibt keine höheren Nominale, da keine ZB sie ausgeben könnte) - ob die alten oder die privat gedruckten. Jeder kann die Scheine sehr gut auseinander halten - aber sie haben gleichen Kurs (abgepackt zu 100. Zehn solcher Papierriegel sind dann eine Mio).

Wie kommt der ziemlich konstante Kurs zustande? Warum fällt der Shilling, obwohl ihn jeder fabrizieren kann, nicht ins Bodenlose?

Einfache Antwort: Der Kurs (je 1000er im Schnitt 6,5 US-Cents) entspricht genau den Druck- und Transportkosten (von irgendwo nach Somalia).

Was lehrt:

- Gibt es keinen Staat, der einheimische Währung braucht und demnach keine ZB, und können ergo auch keine höheren Nominale fabriziert und ausgegeben werden (also 10.000 - 100.000 - 1.000.000, usw. usw.), fällt der Kurs der allgemein akzeptierten Standard-Noten auf die Herstellkosten.

- Diese können nicht mit einheimischer Währung bezahlt werden, sondern in der Währung dessen, der die Noten herstellt (ohne Limit).

- Es kommt zwar zu einem vorübergehenden Währungsverfall (gegen Auslands-Valuten), aber dann stoppt dieser Verfall (es sei denn die Druckkosten der Druckereien steigen in deren Landeswährung).

- Wer Noten importieren will, muss entsprechende Auslandsvaluta haben (sie gegen Warenausfuhr oder Rimessen von im Ausland lebenden Inländern beschaffen), was einem currency board-System nicht unähnlich ist.

- Die bekannten Albernheiten wie "Geldmenge" oder "Umlaufgeschwindigkeit" spielen keine Rolle. Wer Geld braucht, muss sich verdingen (s. unten) oder ausländische Valuta beschaffen (was letztlich auch auf eine Leistung irgendwo hinausläuft). Dann kann er es sich selber drucken lassen.

- Das "Preisniveau" (Inland) richtet sich nach dem Gelddruckkostenniveau (Ausland).

- Scheiden die "Alt"-Noten aus, was über kurz oder lang der Fall sein dürfte (Abnutzung), wird es gegen 100 % gehende, nur aus "Falschgeld" bestehende Binnenwährung geben.

Kurzum: Das Ganze ist die papierene Variante zum Goldstandard.

Somalia geht's gar nicht so schlecht wie man annehmen sollte. Von 1000 Einwohnern haben z.B. 15 Telefon (Nachbarstaaten: 10, Westafrika 9). Auch Internetcafés in Mengen.

Das einzige, was nervt, sind die vielen Binnen-Zollstellen, die von lokalen Warlords eingerichtet wurden. Da kommt man aber mit entsprechenden Bodyguards (Standardausrüstung: Kalaschnikoff) gut durch. Die Big Shots leisten sich gleich eigene Milizen.

NZZ-Afrika-Korrespondent Kurt Pelda meint, die Anarchie in Somalia funktioniere besser als die schwerfällige und korrupte Bürokratie in vielen Staaten des Kontinents.

Ein Modell also, das zum Nachdenken anregt und optimistisch stimmen sollte.

Gruß!