Wenn aus Freiwilligkeit Pflicht wird

Otto Lidenbrock @, Nordseeküste, Donnerstag, 06.05.2021, 11:38 vor 1079 Tagen 4990 Views

Zu den letzten Bundestagswahlen im Jahr 2017 hatte ich mich freiwillig als Wahlhelfer gemeldet, weil ich überprüfen wollte, ob an den vielen Gerüchten über Wahlmanipulationen bei der Stimmauszählung tatsächlich etwas dran wäre (in meinem Wahllokal ging es damals übrigens alles korrekt zu). Als die Wahl vorüber war, ging ich davon aus, dass diese freiwillige ehrenamtliche Tätigkeit (nicht ganz, es gab 35 Euro Erfrischungsgeld) für die Bundesrepublik Deutschland eine einmalige Sache wäre und ich mich bei Interesse einfach wieder melden könnte. Weit gefehlt ...

Heute flattern mir zwei Schreiben von der hiesigen Stadtwahlleiterin ins Haus, nach denen ich sowohl zu den Kommunalwahlen als auch zu den kurz darauf folgenden Bundestagswahlen als Wahlhelfer berufen wäre - von Freiwilligkeit ist keine Rede!

Zusätzlich teilt man mir mit, dass diese Berufung in den Wahlvorstand eine verpflichtende ehrenamtliche Tätigkeit sei und nur aus wichtigem Grund abgelehnt werden könne. Dazu der freundliche Hinweis auf ein Ordnungsgeld, sollte ich dieser Tätigkeit unbegründet nicht nachkommen.

Tja, so wird aus einem freiwilligen Dienst an der Gemeinschaft plötzlich eine regelmäßige Pflicht! Es ist eben beim Staat wie bei der Bundeswehr die goldene Regel:

Niemals freiwillig melden! :-|

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"Eine Gesellschaft befindet sich im vorübergehenden oder finalen Verfall, wenn der gewöhnliche, gesunde Menschenverstand ungewöhnlich wird."

William Keith Chesterton

Siehste, deswegen werden ich nach über 20 Jahren mein Ehrenamt zum 30.06. aufgeben

der_Chris @, Nördl. Ruhrgebiet, Donnerstag, 06.05.2021, 12:06 vor 1079 Tagen @ Otto Lidenbrock 3363 Views

Ich habe mich seit 1999 in der Prüfung von Gesellen engagiert, ebenso in der innerbetrieblichen Ausbildung.

Seit 2018 als Vorsitzender des Prüfungsausschusses.

- Weil ich an das duale Bildungssystem in der Ausbildung in der Bundesrepublik Deutschland glaube
- Weil gute Mitarbeiter nicht auf dem Baum wachsen, sondern gut ausgebildet werden
- Weil es wichtig ist, jungen Erwachsenen einen moralischen Kompass zu vermitteln
- Weil die Weitergabe von Wissen und Erfahrung eine motivierende Aufgabe ist
- Weil es solidarisch ist, der Gesellschaft etwas zurück zu geben

Ich könnte die 25 Jahre voll machen. Tausende Gesellenbriefe sind durch meine Hände gegangen, einige Hundert von mir unterschrieben. Herzblut und tiefe Überzeugung stecken darin.

Da es seit dem 21.04. die Bundesrepublik Deutschland (als förderalistische Republik per Definition) nicht mehr gibt, werde ich nach den Sommerprüfungen mein Ehrenamt aufgeben. Die silberne (10 J.) und goldene Ehrennadel (20 J.) bleiben in der Vitrine als Erinnerung an ein Stück Lebenswerk in dieser Bundesrepublik.

Zum weitermachen kann mich im Gegensatz zum Wahlhelfer niemand zwingen.

Jetzt dürfen sich die daran versuchen, die glauben, der Strom speichert im Netz, wird aus Kobold gewonnen und alle Lösungen lassen sich bei wikipedia und Dr. Google finden.

Und unterstützen können noch all diejenigen, die im Bundestag und -rat dem Ende der Republik zugestimmt haben.

Viel Erfolg!
[[applaus]]

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Gruß
Der_Chris

Verhaltensregeln gegenüber deutschen Politkern:
*Verachten* Auslachen* Verhöhnen* Ignorieren*
Und niemals Aufmerksamkeit schenken!

Das ist ja ein Ding.

stocksorcerer @, Donnerstag, 06.05.2021, 12:08 vor 1079 Tagen @ Otto Lidenbrock 3056 Views

Ich weiß ja nicht, was da ein Grund wäre, den die Wahlamtsleiterin akzeptieren würde. Aber der Umstand als solcher mit "freiwilligem Ehrenamt" ist schon unfassbar. Ich dachte, so etwas würde es nur bei Schöffengerichten geben.

Gruß
stocksorcerer

P.S.: ich gehe ohnehin nicht davon aus, dass Wahlen nicht manipuliert werden. Dafür müsste der Weg bis zum amtlichen Endergebnis transparent sein und die Briefwahlen dürfte es erst gar nicht geben, weil man da ja auch nicht sieht, wer da wem ggf. die Hand führt...

Wahlhelferverpflichtung

der_Chris @, Nördl. Ruhrgebiet, Donnerstag, 06.05.2021, 12:32 vor 1079 Tagen @ stocksorcerer 2739 Views

Zur Übernahme des Ehrenamtes WAHLHELFER ist jeder Wahlberechtigte verpflichtet. Eine Ablehnung kommt nur aus einem wichtigen Grund in Betracht.

Beispiele für eine Ablehnung:

  • Fürsorge für die Familie erschwert die Ausübung des Amtes in besonderer Weise
  • dringende berufliche Gründe
  • Krankheit
  • Behinderung


Berechtigt die Übernahme eines Wahlehrenamtes abzulehnen sind auch Wahlberechtigte, die am Wahltage das 65. Lebensjahr vollendet haben.

BUNDESWAHLGESETZ

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Gruß
Der_Chris

Verhaltensregeln gegenüber deutschen Politkern:
*Verachten* Auslachen* Verhöhnen* Ignorieren*
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Die lassen doch mit sich reden

Sylvia @, Donnerstag, 06.05.2021, 13:02 vor 1079 Tagen @ der_Chris 2463 Views

Ich hab mich vor Jahren freiwillig als Wahlhelferin gemeldet. Seit dem fragen die immer mal wieder nach bei mir wenn Wahlen sind.

Einmal hab ich denen abgesagt, weil ich an dem Sonntag nicht konnte. Der freundliche Beamte fragte mich dann, ob ich generell kein Interesse mehr hätte, oder nur dieses eine mal nicht kann. Er würde mich sonst von der Liste nehmen.

Die sind doch froh, wenn "normale" Bürger, und nicht ausschließlich Beamte, dieses Amt übernehmen (Diversität etc.). Haben aber auch kein Problem das Wahllokal mit 100% Beamten zu besetzen.

Beispiele für eine Ablehnung:

  • Fürsorge für die Familie erschwert die Ausübung des Amtes in besonderer Weise
  • dringende berufliche Gründe
  • Krankheit
  • Behinderung

Eben. Es gibt viele Gründe für eine Ablehnung. Und für keinen braucht man ein Attest oder eine Bescheinigung o.Ä. Darum kann man bei jeder Anfrage absagen. Das wissen die im Amt natürlich, und darum nehmen die einen auch von der Liste, um sich selber das Geschiss zu ersparen.

--
"Der Computer ist die logische Weiterentwicklung des Menschen: Intelligenz ohne Moral." (John Osborne)
"Der Gutmensch ist die logische Rückentwicklung des Menschen: Moral ohne Intelligenz." (unbekannt)

Ehren(!)Amt

Fairlane @, Donnerstag, 06.05.2021, 12:36 vor 1079 Tagen @ Otto Lidenbrock 3098 Views

bearbeitet von Fairlane, Donnerstag, 06.05.2021, 12:43

Hallo Otto,

zunächst mal ist es immer löblich, wenn sich jemand freiwillig für derartige Veranstaltungen meldet, schließlich ist es interessant und gelegentlich auch lehrreich direkt dabei zu sein!

Ich war beispielsweise 13 lange Jahre bei fast jeder Wahl im jeweiligen Wahlkreis-Team dabei; mehrfach als Leiter oder Stellvertreter...bis mir das persönlich zu viel wurde.

Rein kam ich nicht freiwillig, ich hatte irgendwann ein Schreiben im Briefkasten und trat das Ehrenamt an, so wie man das mit einer törichten Mischung aus Pflichtbewusstsein und einem Hauch von zuteil gewordener Ehre macht.
Raus kam ich da nur durch einen geschickten Kniff, der vielleicht auch für Dich zielführend sein könnte - mein Vorschlag: ausprobieren!

Leider habe ich das damals abgefasste Schreiben nicht mehr zur Hand, aber sinngemäß ließ ich unseren Bürgermeister wissen, dass ich nach nunmehr 13 Jahren im Dienste der Demokratie sehr gerne jüngeren Menschen die Gelegenheit bieten möchte an einer derart fundamentalen Stelle sich tatkräftig einzubringen und deshalb meinen Platz zur Verfügung stelle.

Die Chancen auf Erfolg setzte ich nicht wirklich hoch an...wer einmal am Haken hängt, den lässt man nicht so schnell runter und absichtlich "Murks" im Ehrenamt zu produzieren, damit man mich auswechselt, hielt ich für absolut nicht akzeptabel. Jeder ist froh, wenn die Wahlniederschrift sauber vollbracht ist, wenn die Anzahl der Stimmzettel passt und jemand den großen Packen aufs Rathaus karrt, damit man endlich heim kann.

Umso erstaunter war ich, als es eine Woche später an der Haustüre klingelte und mir jemand einen Brief und eine Flasche Wein in die Hand drückte - man bedankte sich für mein Engagement im Ehrenamt und bestätigte mir, dass ich für keine künftigen Wahlen herangezogen werde.

Ein einziges mal (nachdem wir den nachfolgenden Bürgermeister im Amt hatten) versuchte man mich zu reaktivieren, worauf ich eine Kopie des Briefs mit dem Hinweis los schickte, dass ich ausgeschieden sei. Seither ist Ruhe und man behelligt mich nicht weiter.

Ich drücke Dir die Daumen, dass es funktioniert!

Gruss, Fairlane

Vielen Dank für den Tipp!

Otto Lidenbrock @, Nordseeküste, Donnerstag, 06.05.2021, 12:41 vor 1079 Tagen @ Fairlane 2309 Views

Vielen Dank für den Tipp! Da ich erst ein Mal dabei war, werde ich mich wohl nicht darauf berufen können, den Weg für die jüngere Generation frei machen zu wollen.

Vielleicht bin ich ja nicht mehr tauglich für den Publikumsverkehr, wenn ich nicht geimpft bin? :-D

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"Eine Gesellschaft befindet sich im vorübergehenden oder finalen Verfall, wenn der gewöhnliche, gesunde Menschenverstand ungewöhnlich wird."

William Keith Chesterton

Ich halte mich schon seit sehr langer Zeit an den alten Spruch:..

ottoasta @, Donnerstag, 06.05.2021, 18:07 vor 1079 Tagen @ Otto Lidenbrock 1977 Views

....gehe nicht zu deinem Fürst wenn du nicht gerufen wirst.
[[top]]
Passt fast immer, im übertragenen Sinn, um zu vermeiden, dass man in irgendwelchen Dateien geführt wird.

Ich bin also absolut unbekannt, werde auch nicht 'belästigt' um irgendwelche 'Ehrenämter' anzunehmen.

Ich habe die BRD seit ihrer Gründung miterlebt; was heute daraus geworden ist hätte ich damals nicht für möglich gehalten![[sauer]]

Aber: Es ist wie beim Hochwasser, da schwimmt der Dreck auch immer oben!

Es genügt schon wenn man sich 'Die Grünen' seit ihrer Gründung anschaut!

Von den damaligen Idealisten, die Respekt verdienten bis zu den heutigen 'Teilnehmern' hat es nicht lange gedauert um alle Ideale über Bord zu werfen.

Aber so ist es eben in einer Ochlokratie!

Otto

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Solange es Schlachthäuser gibt, wird es Schlachtfelder geben.
Tolstoi

Haben der Herr gewählt?

NegaPosi, Freitag, 07.05.2021, 17:40 vor 1078 Tagen @ Otto Lidenbrock 839 Views

Hi Otto,

2004 oder 2005 war ich vormittags beim Kollegen, der Fernseher lief mit irgendeinem Vormittagsprogramm, darin kam was über Wahlen was ich bis heute nicht vergessen habe.

Ein Typ aus einem reicheren Berliner Bezirk wurde wegen der damals gelaufenen Wahlen interviewt. Der hatte sich mit um die 15 Leuten abgesprochen die das auszählen der Wahlen mit ihrere abgegebenen Stimme kontrollieren wollten, dazu mussten die etwas wählen was abseits der Hauptparteien stand, die Gruppe wählte scharf rechts außen.

Tada, alle Stimmen ließen sich nach Angaben des Interviewten in dem besseren Bezirk nicht in der Auszählung wiederfinden.

2013 wo ich drei Stimmen abgeben konnte, Kommune, Bundesland und EU viel mir das wieder ein. Gesägt, gesagt, getun, getan und alle drei Stimmen mit rechts außen besetzt, keine Stimme habe ich aus meinem Wahlkreis wiedergefunden, nix, nada, niente.

Davor war ich schon nur sporadisch wählen weil ich an den Zirkus nie richtig geglaubt habe, aber ab da war klar das sich bestimme Gruppen nicht von irgendwelchen Doofköppen die Butter vom Brot nehmen lassen.

Die Teilen sich untereinander nur die Brocken in unterschiedlicher Größe auf und ziehen ihre Vorgaben durch sonst nichts.

Gruß NP

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