So jedenfalls angeblich. Sieht man sich die hagelnde Kritik näher an, wird es mal wieder erbärmlich.
Neues aus dem Focus für den Lokus:
"Corona kam doch aus einem Labor in Wuhan!": Diese Worte von Prof. Dr. Roland Wiesendanger von der Universität Hamburg sorgen am Donnerstag für Zündstoff und reichlich Kritik. Im Mittelpunkt der Kritik steht vor allem die Methodik der Studie, sowie der Umgang der Uni Hamburg mit den Ergebnissen. Zwischen Januar und Dezember 2020 nutzte Wiesendanger laut offizieller Pressemitteilung verschiedene Informationsquellen wie wissenschaftliche Literatur, Artikel in Print- und Online-Medien sowie persönliche Gespräche mit internationalen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern.
Einen Tag nach Veröffentlichung der Wiesendangerschen Studie (siehe Eröffnungsbeitrag) wird der Mann bereits recht deutlich ins Abseits gerückt. Im Artikel werden einige der von Wiesendanger gesammelten Indizien genannt. Die diese "vernichtende" Kritik besteht nun darin, dass die Quellen nicht seriös wären und der Autor fachfremd. Belegt wird dies nun mit, ... ja, genau, ... ein paar auf twitter geklaubten Zitaten:
dieses Werk entspricht keinen wissenschaftlichen Qualitätsstandards und ist praktisch die Privatveröffentlichung der Überlegungen eines Fachfremden auf Basis von Literatur- und Pressetexten.
Wichtig zu betonen: Hr. Wiesendanger besitzt keinerlei Erfahrung auf dem Gebiet der Virologie und führt eine einigermaßen abstruse 'Beweisführung'. Schade, dass die Uni Hamburg eine Plattform für derartige Verschwörungstheorien bietet, die den Anti-Asian Rassismus weiter befeuert.
Aha, genau wie erwartet. Jetzt sitzt auch der Alu-Hut und obendrein wurde noch die steile Kurve zum Rassismus genommen. Den prächtigsten Vogel schießt der Focus dann aber ab, wenn er resümiert:
Unter anderem stützt sich der Physiker dabei ... auf fragwürdige ... Twitter-Accounts. Ein Mann vom Fach ist Wiesendanger zudem auch nicht.
Dann wird noch ein Redaktionsleiter des Science Media Centers in Köln zitiert:
Es handelt sich lediglich um eine Kompilation altbekannter Dokumente und Theorien zu einem möglichen Laborunfall
Tja, Ihr Journalismus-Titanen, genau diese breite Datensammlung ist der Anspruch der Studie, auf deren Basis in der Bevölkerung eine Diskussion um die Gefährlichkeit der so genannten „gain-of-function“ Forschung ermöglicht und angeschoben werden soll.
Bei dieser Forschung am „Wuhan Institute of Virology“ (und nicht nur da) geht es darum, Coronaviren gentechnisch zu manipulieren mit dem Ziel, diese für den Menschen ansteckender und gefährlicher zu machen.
Wie es scheint, ist es nicht erwünscht diesen Umstand in Betrachtung zu nehmen.
Schon im Vorwort der Studie schreibt Wiesendanger:
"Die Studie basiert auf einem interdisziplinären wissenschaftlichen Ansatz, d.h. nicht auf einer ausschließlich fachspezifischen Sichtweise, sowie auf einer umfangreichen Recherche unter Nutzung aller denkbaren Informationsquellen. Hierzu gehören:
- interdisziplinäre sowie fachspezifische wissenschaftliche Literatur basierend auf wissenschaftlicher Begutachtung („Peer review“),
- wissenschaftliche Literatur ohne wissenschaftliche Begutachtung,
- Briefe, Korrespondenz und Kommentare publiziert in der wissenschaftlichen Literatur,
- Artikel in Printund Online-Medien,
- Berichte im Internet / in sozialen Medien,
- persönliche Kommunikation mit internationalen Kollegen.
Die Quellenangaben zu dieser Studie wurden entsprechend strukturiert, um eine klare Abgrenzung zwischen wissenschaftlicher Primärliteratur (mit und ohne Peer Review) und publizierten Meinungsäußerungen zu erzielen."
Wiesendanger nun vorzuwerfen, genau dies getan zu haben ist nicht nur unredlich, viel mehr ist es auch ausgesprochen dämlich.
Der Mann gehört übrigens (nicht ganz vorne, aber immerhin) zu den 2019 Highly Cited Researchers by Web of Science
https://publons.com/researcher/2195986/roland-wiesendanger/
Erwartungsgemäß ist Wikipedia auch schon aus dem Häuschen. Der bisherige Eintrag zu einem Normalo-Wissenschaftler wurde seit gestern wesentlich ergänzt. Und zwar um einen Verriss der o.a. Studie, der in etwa so lang ist, wie vorher der gesamte Abschnitt "Leben".
Hier der Stand vom 30. November 2019
https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Roland_Wiesendanger&oldid=194519670
Man vergleiche die aktuelle Version und betrachte die Editierungen seit gestern. Wahrheitsmacher in Aktion, man kann in Echtzeit dabei sein.
Mal sehen, wann der Wikipedia-Beiwagen Psiram nachzieht und wie lange die Studie (Verweis dazu im Eröffnungsbeitrag) noch an der Uni-HH abrufbar ist.