"Sie wollen einen anderen Staat!" - Erlebnisse vor dem staatstragenden Verwaltungsgericht

Falkenauge @, Samstag, 11.07.2020, 08:15 vor 1356 Tagen 3414 Views

Am Mittwoch, dem 8. Juli 2020, fand in meinem Klageverfahren gegen den Südwestrundfunk über den Rundfunkzwangsbeitrag die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe statt.
Ich traf auf ein staatstragendes Gericht, das - gestützt auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts - das freiheitliche deutsche Grundgesetz obrigkeitsstaatlich verbog. In Art. 5 GG heißt es: „Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet.“
Das Gericht interpretierte da hinein, der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei ein wesentlicher Träger dieses Grundrechts der Rundfunkfreiheit. Er habe daher einen maßgebenden Programmauftrag zur Information und öffentlichen Meinungsbildung. Daraus folgten eine Bestands- und Entwicklungsgarantie, die durch eine Finanzierungsgarantie ergänzt werden müsse.

Ich nannte das eine obrigkeitsstaatliche Verbiegung des Wortlautes des Grundgesetzes, worauf mir der Richter vorwarf, ich wolle ein anderes Grundgesetz und einen anderen Staat.
Siehe näher:

https://fassadenkratzer.wordpress.com/2020/07/11/sie-wollen-einen-anderen-staat-erlebni...

Ziemlich schwache Logik von dem Richter: Du sagst, das Grundgesetz werde falsch interpretiert, und er sagt darauf, Du willst es verändern.

BerndBorchert @, Samstag, 11.07.2020, 10:53 vor 1356 Tagen @ Falkenauge 1944 Views

bearbeitet von BerndBorchert, Samstag, 11.07.2020, 11:02

Du willst ja gar kein anderes Grundgesetz, aber einen anderen Staat, nämlich einen, der sich an das Grundgesetz hält.

Dass die GEZ-Beiträge mit dem Recht auf Meinungsfreiheit legimitiert werden, ist eine logische Unverschämtheit. Die GEZ Medien repräsentieren höchstens ein Recht der Regierung , ihre Meinung und Entscheidungen der Öffentlichkeit darzustellen bzw. die Bürger manipulativ zu bearbeiten. Von so einem Recht der Regierung auf Meinungfreiheit und einem Recht, sich die massive Verbreitung ihrer Meinung von den Bürgern bezahlen zu lassen, steht aber nichts im GG, sondern nur die Bürger haben dieses Meinungsfreiheit-Recht.

Bernd Borchert

Okkupation

Falkenauge @, Samstag, 11.07.2020, 11:14 vor 1356 Tagen @ BerndBorchert 1914 Views

Vielen Dank für den Kommentar, Bernd Borchert.
Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des GG lautet:
„Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet.“

Das ist ein Abwehrrecht des freien Menschen gegen staatliche Beeinträchtigung und Zensur der Presse, des Rundfunks und des Films.

Es ist paradox und stellt die Dinge auf den Kopf, wenn man den Staat gerade zum Veranstalter eines übermächtigen hochdotierten Rundfunks macht, der in den Händen der Regierungs- und Parteivertreter in den Rundfunkgremien ein einseitiges Propagandainstrument ist.
Der Rundfunk wird nicht nur zensiert, sondern okkupiert!
Wie es in totalitären Staaten eben üblich ist, hier nur unter Vergewaltigung des Grundgesetzes verfassungsrechtlich und demokratisch verbrämt.

Ja, die GEZ Sender sind Staatsfunk, wie in der DDR. Wie ist es eigentlich zu erklären, dass es zwar Staatsfunk, aber keine Staatszeitung gibt, so wie "Prawda"? owT

BerndBorchert @, Samstag, 11.07.2020, 11:46 vor 1356 Tagen @ Falkenauge 1543 Views

Argumentativ über das Ziel hinausgeschossen?

Miesepeter @, Montag, 13.07.2020, 16:29 vor 1354 Tagen @ Falkenauge 1038 Views

bearbeitet von Miesepeter, Montag, 13.07.2020, 16:34

Vielen Dank für den Kommentar, Bernd Borchert.
Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des GG lautet:
„Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet.“

Das ist ein Abwehrrecht des freien Menschen gegen staatliche Beeinträchtigung und Zensur der Presse, des Rundfunks und des Films.

Das ist mE bereits überinterpretiert und zu weit gedacht. Wer oder was wird gewährleistet? Pressefreiheit, Freiheit der Berichterstattung. Das ist das schutzwürdige Gut. Kein freier Mensch, kein Abwehrrecht. Es wird näher spezifiziert durch den Zusätze "Presse" sowie "durch Rundfunk und Film" - ergo es gilt nicht unbedingt für Foren oder Messagingdienste.

Die Frage, ob Presse, Rundfunk und Film staatlich subventioniert, privat getragen oder per Zwangsgebühren finanziert werden müssen, ist in dem Artikel weder explizit noch implizit berührt. Ebensowenig wie die Bild oder RTL sich auf diesen Artikel berufen können, um Geld für die Erbringung von Mediendienstleistungen einzuklagen, so wenig können sich öffentliche Medien darauf berufen, um Geld vom Bürger einzuklagen. Die gewährten Freiheiten des Art 5 GG betreffen auch nicht nur die Presse und Berichterstattung, sondern zudem Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre (Abs 3). Alle diese werden dank des Art. 5GG gewährleistet, keine davon über Zwangsgebühren.

Gewährleistet wird somit einzig die Freiheit der Berichterstattung, nicht die Freiheit, ihre Finanzierung auf eine bestimmte Art und Weise festzulegen. Auch nicht die Existenz einer Berichterstattung. Ob eine Finanzierung über Zwangsgebühren festgelegt werden darf oder nicht, dazu mag es andere massgebliche Regelungen geben, im Zweifelsfalle auch, ob es ein Anrecht auf eine staatliche mediale Grundversorgung gibt. Das ist ernsthaft zu prüfen, der Artikel 5GG beihaltet hierzu jedoch keinerlei Regelung, und jedwede Begründung auf Basis dieses Artikels für oder gegen verschiedene Finanzierungsformen ist untauglich.


Es ist paradox und stellt die Dinge auf den Kopf, wenn man den Staat gerade zum Veranstalter eines übermächtigen hochdotierten Rundfunks macht, der in den Händen der Regierungs- und Parteivertreter in den Rundfunkgremien ein einseitiges Propagandainstrument ist.

Auch das ist mE überinterpretiert. Daran scheitern viele Rechtsverfahren, dass nämlich mit ebenfalls nicht hieb- und stichfest beleg- und argumentierbaren Vorträgen gegen andere, ebenfalls haltlose Argumentationskonstrukte attackiert wird. Gerade wenn staatliche Institutionen in staatlichen Gerichten attackiert werden, ist damit eine Niederlage vorprogrammiert, weil man dem Gericht das Türchen öffnet, um das Urteil zu sprechen, welches es sprechen will und muss.

Der Rundfunk wird nicht nur zensiert, sondern okkupiert!
Wie es in totalitären Staaten eben üblich ist, hier nur unter Vergewaltigung des Grundgesetzes verfassungsrechtlich und demokratisch verbrämt.

Und spätestens wenn man solche Dinge vorträgt oder andeutet, ist die Sache verloren und man hat sich selbst in die Ecke der Verschwörungstheoretiker und Aluhutträger gestellt.

Das Ziel in einem solchen Prozess kann mE nur sein, es dem Gericht so schwer wie möglich zu machen, das erwünschte Urteil zu fällen. Dies geht insbesondere dann, wenn puristisch und hartnäckig am Wortlaut des Gesetzes gearbeitet wird, und somit das Gericht gezwungen wird, möglichst absurde Argumentationsstränge bilden zu müssen, um das Ziel noch zu erreichen. Niemand macht sich gerne zum Gespött der Peer Group....ok, einige sind auch völlig schamlos, aber dort hat man dann auch anders keine Chance.

Gruss,
mp

Was hat Dich der Prozess-Spaß inkl. Logik-minderbemitteltem Richter gekostet? owT

BerndBorchert @, Samstag, 11.07.2020, 12:57 vor 1356 Tagen @ Falkenauge 1528 Views

Die Kostenrechnung ...

Falkenauge @, Samstag, 11.07.2020, 13:13 vor 1356 Tagen @ BerndBorchert 2096 Views

... des Gerichts kommt erst nach dem rechtskräftigen Urteil.

Keine schwache Logik; so ist das eben im wahren Sozialismus

Mephistopheles, Samstag, 11.07.2020, 12:58 vor 1356 Tagen @ Falkenauge 1836 Views

Der Richter ist keineswegs verpflichtet, deine Argumente zu übernehmen und sie dann entweder zu bestätigen oder widerlegen, sondern lediglich dazu, dich anzuhören und sie dann nach seinem Ermessen zu würdigen.

Wie das geschieht, hast du soeben in praxi erlebt. Der Richter interpretiert deine Argumente nach seinem gusto, indem er dir eine Motivation unterstellt, die du gar nicht hast (das ist richterliche Beweiswürdigung), und dein Anliegen dann aufgrund der dir unterstellten Motive zurückweist. Auf Beweise kann man dann verzichten, weil es ja lediglich auf die (unterstellten) Motive ankommt.

So funktioniert Rechtsprechung im Sozialismus seit jeher und so funktionierte sie auch in Stalins Schauprozessen und in Maos Kulturrevolution. Und wehe, du erhebst einwände dagegen, dann hast du ja den Beweis erbracht, nämlich dass es dir um einen anderen Staat als den sozialistischen Staat geht.

In einer Eigentümergesellschaft (siehe meine Signatur) wäre das ganz anders. Eine Eigentümergesellschaft würde Sklaverei nicht nur allgemein, sondern auch speziell ablehnen in einem Passus, dass niemand versklavt werden dürfe und somit auch niemand gezwungen werden dürfe, für eine Leistung zu bezahlen, die er gar nicht haben möchte.

(Ich würde an deiner Stelle die Sklavenargumentration und dass der Rundfunkbeitrag deine Persönlichkeitsrechte verletzt, vorbringen. Mit der Begründung, dass jeder, der einem eine Leistung aufzwingt, die er gar nicht haben möchte, den anderen damit im Prinzip versklavt. Würde mich interessieren, was dem Gericht dann einfällt)

Gruß Mephistopheles

Entwürdigend

Falkenauge @, Samstag, 11.07.2020, 13:17 vor 1356 Tagen @ Mephistopheles 1913 Views

(Ich würde an deiner Stelle die Sklavenargumentration und dass der Rundfunkbeitrag deine Persönlichkeitsrechte verletzt, vorbringen. Mit der Begründung, dass jeder, der einem eine Leistung aufzwingt, die er gar nicht haben möchte, den anderen damit im Prinzip versklavt. Würde mich interessieren, was dem Gericht dann einfällt)

In dem Sinne hatte ich ja geschrieben:
Die Bürger werden als Untertanen behandelt, die sich das ohne Rücksicht darauf, ob sie die Sendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gut oder schlecht finden, ob sie sie sehen wollen oder nicht, gefallen lassen müssen.
Das ist entwürdigend und schlägt der Freiheit und Selbstbestimmung des Menschen ins Gesicht.
Der Bürger darf nicht gezwungen werden, jede Sendung, die er als Schrott oder Manipulation durchschaut, zu bezahlen. Ein freier Mensch kann nur zu dem verpflichtet werden, was er auch selbst haben will, d. h. er kann sich nur selbst dazu verpflichten. Dies muss in einer freiheitlich demokratischen Gesellschaft die Art der Finanzierung bestimmen.

Wo steht geschrieben oder ist es definiert wie viele Sendeanstalten und Sender

mawa99, Samstag, 11.07.2020, 14:23 vor 1356 Tagen @ Falkenauge 1555 Views

eigentlich zu einer GRUNDVERSORGUNG gehören?

Ein Häuptling der Leichtfuß-Indianer

mabraton @, Samstag, 11.07.2020, 15:17 vor 1356 Tagen @ Falkenauge 1709 Views

Hallo Falkenauge,

Respekt, dass Du Zeit, Energie und vermutlich auch Geld investierst die Lakaien in die Manege zu zwingen.
Die Argumentation des Richters entspricht der in einem totalitären Regime. Dich als Feind des Systems zu "brandmarken" ist schon die letzte Patrone. Armselig. Dich Deine Argumente nicht vorbringen zu lassen reit sich nahtlos in diesen Duktus ein.
Die Grundlage für Artikel 20 Abs. 4GG ist längst gegeben.

Wie alt war der Richter?

Beste Grüße
mabraton

Alter

Falkenauge @, Samstag, 11.07.2020, 17:12 vor 1356 Tagen @ mabraton 1621 Views

Hallo mabraton,
der Richter war nach Schätzung von mir und zweier Freunde, die mich als Zuhörer begleitet haben, etwa Mitte bis Ende 50.

Herzl. Gruß
Falkenauge

Sozusagen, die Ziellinie vor Augen! ;) (oT)

mabraton @, Samstag, 11.07.2020, 22:03 vor 1356 Tagen @ Falkenauge 1238 Views

Nicht unbedingt

Falkenauge @, Sonntag, 12.07.2020, 09:30 vor 1355 Tagen @ mabraton 1297 Views

In dem Alter hat man noch die Chance, zum Verwaltungsgerichtshof befördert zu werden - bei entsprechender politischer Anschmiegsamkeit und staatstragender Verve.

Willkommen bei uns "Reichsbürgern", "Rechten", "Wutbürgern", "Querulanten" etc.

Socke ⌂ @, Samstag, 11.07.2020, 20:35 vor 1356 Tagen @ Falkenauge 1670 Views

Der Vorwurf des Verwaltungsrichters, ich wolle ein anderes Grundgesetz und einen anderen Staat ..

Ja sage ich dazu, ich wünsche auch einen anderen Staat, nämlich die Bundesrepublik von 1990 mit Einhaltung von Recht und Gesetz sowie des Grundgesetzes, Verurteilung von politisch handelnden Personen im Falle von inzwischen mehreren Verfassungsbrüchen/-verstößen, einen davon rund 2-millionenfach!

Aus dem verlinkten Artikel:

Wie das Urteil lauten wird, kann vorausgesagt werden.

Klar, Verurteilung als "Reichsbürger" oder Ähnliches mit nachfolgender staatlicher Repression, regelmäßigen Hausdurchsuchungen und Beobachtung durch div. "Verfassungsschutzorgane" einschl. der örtl. Polizei.

Ich kann dem Kläger nur raten, alle nur irgendwie verfänglichen Dinge, Hinweise, Schriftstücke, Datenträger etc. in ein anonym angemietetes Objekt zu verbringen, ein zweites Bankkonto zu eröffnen, möglichst auf einen anderen Namen (Ehefrau?), Geld- und Wertreserven anzulegen, eine anonyme Sim-Karte mit Handy vorzuhalten um auf das Kommende wenigstens ansatzweise vorbereitet zu sein und nicht völlig handlungsunfähig dazustehen.

--
Notquartier für das Gelbe:
http://derclub.xobor.de/
(Im Falle von Störungen beim Gelben soll dies nur als "Info-Kanal" dienen, bis das Gelbe wieder erreichbar ist, siehe hier)
https://www.dasgelbeforum.net/index.php?id=509208

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