Post von Lampe an Müller

Diogenes Lampe @, Sonntag, 10.05.2020, 18:27 vor 1444 Tagen 23614 Views

bearbeitet von Diogenes Lampe, Sonntag, 10.05.2020, 19:14

Unser Mitforist D-Marker hat mir unter meinem letzten Text einen Kommentar mit Fragen geschickt, die inhaltlich nicht zu meinem Thema passten. Aber es sind wichtige Fragen, die von allgemeinem Interesse sein könnten. Deshalb mache ich hier einen neuen Faden auf, um sie zu beantworten. Er schrieb mir:

"Du hast mir inzwischen so viel Zeit zur Verfügung gestellt, darf um eine weitere Lehrstunde bitten?
("Vatikan hat in China nicht mehr viel zu sagen, in Rom ist er auch raus.")
Wie schätzt Du die Chancen für's (neue) (nächste) Jalta ein?"

Gerne bin ich seinem Link gefolgt.

https://www.youtube.com/watch?v=oAxaIWMSWX0

Er bat mich darum, ihm die Stunde, die das Video mit Hans-Joachim Müller und seinem didaktischen Daniel über Pyakin dauert, zu schenken. Wie gerne hätte ich das getan; aber ich konnte mir die Stunde schenken, denn ich hatte mir dieses Geschenk zuvor bereits selbst gemacht; war also schon im Bilde. Ich habe die beiden Liebhaber von Schwarz-Weiß-Rot nämlich inzwischen auch lieb gewonnen und regelmäßig auf dem Schirm; und das mit viel Gewinn. Auch wenn ich mir nicht jeden Abend eine ganze Stunde nehmen kann: Von den kürzeren "Denkwerken" verpasse ich inzwischen jedoch kaum eines.

Was ich daher auch sehr gerne tue, ist, Herrn Müllers Videos allen zu empfehlen, die lernen wollen, die Zeichen der Zeit direkt aus den täglichen Ereignissen herauszulesen; und das völlig unaufgeregt, sachlich untermauert und immer mit Humor. Selbst wenn sie, wie ich, keine großen Hoffnungen in einen neuen Kaiser setzen wollen. Und da ich Hans-Joachim Müller - den ich schon deshalb sehr schätze, weil er mit seinem umfangreichen Wissen seinem Publikum die Ängste vor dem Kommenden nehmen kann und will - zu meinen Lesern zählen darf, gibt mir das die Gelegenheit, ihm hier über das Gelbe Forum nicht nur für seine kollegiale Empfehlung meiner Texte herzlich zu danken, sondern auch meinen Hut zu ziehen vor der umfangreichen Aufklärungsarbeit, die er und sein junger Kollege da jeden Tag leisten. Allein dieser Marathon hat schon meine ganze Bewunderung. Also auch von mir ein großes Dankeschön an die Beiden für Ihre tolle Arbeit!

Meine geopolitische Sicht der Dinge unterscheidet sich in Bezug auf Jalta nur in Nuancen von der Hans-Joachim Müllers, die ich aber für wichtig halte. Das sind jedoch keine Einwände zu seinen Ausführungen, sondern Ergänzungen, die er nicht auf dem Schirm hatte, weil Pyakin in seinem Video diesen Aspekt auch umgeht. Ich beobachte solche "Umgehungen" öfter bei diesem russischen Analysten, glaube also nicht, dass ihm da was entgangen ist. Er scheint mir bewußt Putins globale Politik bei seinen Frage-und-Antwort-Sendungen jeweils auf bestimmte Aufmerksamkeitspunkte zu lenken, auf die Putin die Öffentlichkeit gerade auch lenkt. Aber der russische Präsident muss auf vielen geopolitischen Baustellen gleichzeitig sein und auf manchen arbeitet er auch gegenwärtig mit voller Aufmerksamkeit still und leise vor, um erst dann, wenn die Arbeit getan ist, seine Widersacher und das erstaunte Weltpublikum vor vollendete Tatsachen zu stellen. Man denke da nur an seine punktgenauen öffentlichen Waffenvorführungen im Syrienkrieg und die verblüfften Transatlantiker.

Ich hörte also Herrn Müller, diesem frischen Geist der guten alten Saxen-Zeit mit viel Gewinn zu; auch wenn ich meinen alten Kaiser Wilhelm nicht wiederhaben will und auch den Sachsen keinen neuen König empfehlen würde; schon gar nicht aus dem Haus Wettin. Vom alten Parteienstaat zum neuen Hofstaat könnte auch der Weg vom Regen in die Traufe sein. Aber das sind letztlich, sobald der gegenwärtige Hohenzollernvorsteher Georg Friedrich seine Pflicht als der führende Nachkomme der zeichnungsberechtigten Kaiserfamilie in Bezug auf den Friedensvertragsabschluss erfüllt hat, nur Strukturfragen im neuen deutschen Staatsaufbau, über die, wie Herr Müller ja auch sagt, das deutsche Volk entscheiden muss. Ich oller Preuße hoffe, es entscheidet sich für einen Präsidenten.

Mir scheint ein deutsches Präsidialsystem a la Putin, also so eine Mischung aus Republik und konstitutioneller Monarchie im Sinne eines Konsulates, aber unter strenger Beachtung der demokratischen Gewaltenteilung, auch in Bezug auf die Trilaterale Weltordnung zielführender zu sein, als ein Herrscher von Gottes Gnaden aus einem längst veralteten Geschlecht, das in den letzten hundert Jahren auch keine politische Rolle mehr spielte; weder national noch international Relevanz an sich ziehen konnte. Georg Friedrich ist sicher ein netter junger und womöglich sogar integrer Mann, der nicht allzuviel in die Machenschaften des Schwarzen Adels involviert ist; aber er ist für uns Deutsche wirklich nicht die Integrationsfigur, die wir bei diesem großen Umbruch bräuchten. Politisch halte ich ihn mehr für einen geschliffenen Jung-Diplomaten als für instinktsicher. Er scheint mir weit davon entfernt, ein neuer Bismarck zu sein. Aber so einen bräuchten wir wieder. Die Hohenzollernfamilie kann sich vielleicht keinen besseren Vorstand wünschen. Wohl aber wir Deutschen uns ein geeigneteres Staatsoberhaupt. Das jedenfalls ist meine Sicht der Dinge.

Ich mag aber schon deshalb keine neuen Gekrönten, weil bei denen immer auch die Kirche mit drin hängt. Das ist historisch nunmal vorgegeben; auch bei den Hohenzollern. Keine Krone ohne die Legitimation durch einen Sonnengott. Die Chance, dass aus dieser Familie noch einmal ein solches Genie von König wie Friedrich der Große hervorgehen könnte, der als aufgeklärter Monarch alle Religion streng aus der Politik herauszuhalten verstand und für den eine Krone nichts anderes war, als ein Hut, in den es reinregnet, schätze ich als äußerst gering ein. Wenn wir aber aus der gegenwärtigen Merkelei etwas lernen wollen, dann wohl, dass die deutsche Gesellschaft künftig strengstens darauf achten muss, dass die Sonnengötter-Religionen keinen Einfluss mehr auf die Politik des Staates nehmen dürfen, sonst kommen wir wieder nur in Teufels Küche, wo dann die nächsten Jesuiten schon die Messer wetzen. Und so sollten es auch keine Kronen mehr.

In der Frage der Wiedereinsetzung des Deutschen Reiches bin ich an sich mit Herrn Müller einig. Da es aber für Putin die Steuerungszentrale Mitteleuropas werden soll, ein deutscher Kaiser womöglich jedoch für die anderen Staaten und Völker Europas verständlicherweise keine wirklich vertrauensbildende Maßnahme sein kann - Kriegsschuld hin oder her - denke ich, dass man uns Deutschen einen Reichspräsidenten mit entsprechenden Machtbefugnissen vorschlagen wird. Das passt auch ganz pragmatisch zum russischen und französische System und somit zur kommenden harmonischen Achse Moskau-Berlin-Paris. Ich wünsche mir also keinen alten Kaiser Wilhelm wieder, sondern wenn schon einen aus dem Altreich, dann einen neuen Bismarck - der natürlich auch nicht mehr aus der alten Familie von Bismarck sein muss. Sind doch Putin, Trump und Xi auch alles andere als Nachkommen von Kaisern und Königen oder aus dem Hochadel.

Was übrigens den jetzigen Bezug der Siegermächte auf das Reich in den Grenzen von 1937 betrifft, so hat das nach meinem Dafürhalten nichts mit den Territorialmachtkämpfen in der Arktis oder Antarktis oder sonstwo zu tun, wie Herr Müller in dem Video annimmt, sondern mit Polen. Völkerrechtlich geht es natürlich um die Reichsgrenzen von 1914. Aber da existierte Polen noch nicht als Staat auf der Landkarte. Den gibt es ja erst wieder 1918 als Resultat des Versailler Vertrages. Also muss man bei der neuen territorialen Bestimmung Osteuropas und vor allem Polens einen Kompromiss zwischen 1937 und 1914 finden. Man kann den Polen ja jetzt nicht einfach ihren Staat wieder nehmen.

Putin macht das sehr geschickt, wenn er gerade jetzt den polnischen Nationalisten ihre Heuchelei vorhält und Polens Zusammenarbeit mit Hitler in Bezug auf die gemeinsame Annektierung von Gebieten der ebenfalls erst 1918 entstandenen Tschecheslowakei in den öffentlichen Geschichtsdiskurs bringt. Das nimmt den Polen schon mal ihr moralisches Überlegenheitsgefühl gegenüber den Deutschen und als bloßes Opfer Hitlers können sie sich auch nicht mehr darstellen. Ihre Zusammenarbeit mit den Briten zum Schaden Russlands wie Deutschlands wird sie dazu noch zielführender zur Einsicht bringen, dass sie die ihnen von Stalin zur Verwaltung überlassenen deutschen Gebiete nun wieder herausgeben müssen und dass ein neuer souveräner Staat Polen nur auf der Grundlage der Grenzen von 1937 oder des alten Herzogtums Polen möglich sein wird.

Da Österreich völkerrechtlich keinen Anspruch mehr auf das alte Galizien erheben kann, könnten die katholischen Gebiete der Ukraine zum Teil auch wieder Polen zugeschlagen werden, wenn Rusland die russischen Teile der Ukraine übernimmt, während die ukrainischen bei den Ukrainern verbleiben. Womöglich kommen auch Teile Weißrusslands für Polen in Betracht, das sich, wie ich vermute, über kurz oder lang auch wieder mit Russland vereinen wird. Das wäre schon ein großes Entgegenkommen Russlands gegenüber seinem sich so feindlich aufführenden Nachbarn; denn wie gesagt, existierte der Staat Polen bis 1918 gar nicht mehr. Und Putin könnte leicht dafür sorgen, dass es wieder dazu kommt. Aber das wird er nicht tun, denn es geht ihm, wie Pyakin so richtig bemerkte, um Menschen aus Fleisch und Blut und somit um ein zukünftig gewaltfreies Zusammenleben. Nachdem der Vatikan ausgeschaltet wurde, kann er auch nicht mehr die Polen gegen die Russen hetzen.

Und auch der Vertrag von Brest-Litowsk aus demselben Jahr muss noch eine wichtige Rolle spielen. Denn damals verlor Russland vom Baltikum bis zum Schwarzen Meer seine sichere Westgrenze und die Briten konnten mit den Polen ihre Intermarumspläne schmieden, womit sie eben Russland und Deutschland sehr effektiv getrennt hielten. Doch inzwischen gibt es die drei Baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen, die auch innerhalb der Sowjetunion als autonome Sowjetrepubliken nach dem Sieg über Hitler wieder existierten. Das sind nicht abänderbare Tatsachen, die Putin nicht ignorieren kann, wenn er überall an Russlands Grenzen sowas wie einen ewigen Frieden unter den Völkern stiften will.

Diesen Völkern, wenn auch ständig vom Vatikan gegen Russland aufgehetzt, wird Putin den eigenen Staat nicht wegnehmen können, ohne seine völkerrechtlichen Prinzipien, auf die er bisher immer bestanden hat, zu verraten. Also werden sie nach meinem Dafürhalten erhalten bleiben. In welcher Form, wird man sehen. Aber ich könnte mir gut vorstellen, dass das noch immer von Russland besetzte Ostpeußen hier zu einer integrativen Kraft aufgewertet werden könnte. Denn kulturell gehören diese Gebiete ja eigentlich zusammen. Die alten Pruzzen und Kuren haben dort schon im 7. Jahrhundert zusammengelebt. Bei der Aufteilung Polens 1795 kam das Gebiet zu Russland. Das Gouvernement Kurland wurde eines seiner drei Ostseegouvernements, das vom deutsch-baltischen Orden als autonomes Gebiet verwaltet wurde.

Bis ins 20. Jh. hinein war deutsch dort die Sprache der Oberschicht und lettisch oder litauisch sprachen die einfachen Leute. Daran änderte sich auch nach Bresk-Litowsk erstmal nicht viel. Erst nach der Vertreibung der Deutschen aus Ostpreussen 1945. Doch die Neubesiedlung einer heute russischen Enklave mit Russlanddeutschen kann bis heute keine integrativen Kräfte für das gesamte kurische Gebiet hervorbringen. Wirklichen Frieden kann erst eine Ordnung mit sich bringen, in der das Deutsche und das Russische Reich gemeinsam vor Ort als integrative Kräfte wirken können. Das setzt allerdings die Rückgabe Ostpreußens an das völkerrechtlich wieder eingesetzte Deutsche Reich voraus. Über all das muss bereits jetzt hinter den Kulissen verhandelt werden.

Allein diese kurzen Andeutungen sollten reichen, um zu verstehen, was für eine hochkomplexe Aufgabe Putin zu bewältigen hat, wenn er das jetzige Territorium Polens wieder revidieren will. Und wie wichtig es für Russland ist, das Deutsche Reich in den Ostgebieten vor allem als integrative Kraft der neuen Friedensordnung zu etablieren. Wenn er z.B. in Ostpreußen heute die deutsche Autoindustrie ansiedelt, wie längst geschehen - siehe BMW in Königsberg - , dann könnte es sich um wirtschaftlich geprägte Vorarbeiten hierzu handeln. Denn wie sagt Pyakin immer wieder so richtig über Putins Politik: Dass sie eine für die Menschen ist und er deshalb alles vermeiden wird, was den Völkerfrieden stört; zumal an seiner Westgrenze. Also wird er hier sehr behutsam mit den Völkern und ihren Staaten umgehen und bestrebt sein, deren Territorien nur zu derem eigenen Vorteil zu revidieren, wenn das Deutsche Reich wieder ersteht.

Zu Jalta 2:0 und zu etwaigen zukünftigen Steuerungsaufgaben von Iran und Türkei

Nur einige Ergänzungen:

Ich hatte ja schon vor Jahren einen langen Aufsatz über die Türkei geschrieben und prognostiziert, dass es durch die 2021 anstehende Verlängerung oder eben Aufkündigung des Vertrages von Kars zu signifikanten Veränderungen der Ostgrenze der Türkei kommen wird. Wer Lust hat, sich ausführlicher einzulesen, hier der Link der zu allen anderen Textlinks zu dieser Thematik führt:

https://www.dasgelbeforum.net/index.php?id=455391

Putin hat ja sicher nicht die Kurdische Frage aus den Augen verloren. Aber auch an der Westgrenze zu Griechenland tut sich ja so einiges. Die offenen Kriegshandlungen des verzweifelten Erdogan mittels der Migrationswaffe gegen die EU und vor allem eben dem alten Erzfeind Griechenland wird dazu führen, dass die alten Territorialstreitigkeiten erst einmal wieder ordentlich hochkochen.

Die Wirtschaft Griechenlands ist bereits weitgehend in der Hand der Chinesen. Die politischen Kräfte schwanken zwischen Briten und Russen. Aber die Russen gewinnen. Und dann steht die Istanbulfrage an und somit der freie Zugang der Russen zum Mittelmeer. Da es sich um das alte Konstantinopel handelt, das "Zweite ROM", wo die Hagia Sophia steht, die tausend Jahre älter ist, als der Petersdom, werden Putin und Xi zusammen mit Trump eine Internationalisierung der Stadt durchsetzen und damit die Alleinherrschaft der Osmanen dort beenden. So wie sie es auch für Jerusalem ins Auge fassen, wenn mich nicht alles täuscht, um dort allen Religionen freien Zugang zu garantieren.

Doch eine Türkei, die sich in der Hand der Muslimbrüder, also Britischer Geheimdienste im Dienste des Vatikans befindet, wird als Steuerungszentrale der zukünftigen Weltordnung nicht mehr infrage kommen können. Gerade ihre imperiale Vergangenheit als Osmanisches Reich läßt dies nicht zu. Sie kann auch als Hauptsponsor des islamistischen Terrors keine integrativen Kräfte zwischen Sunniten und Schiiten mehr entwickeln. Weder Perser noch Araber werden einen türkischen Kalifen dulden. Ich schrieb ja schon an anderer Stelle, dass Putin und Trump Erdogan in die Libyienfalle gelockt haben. Er musste irgendwie so schnell wie möglich seine Terroristen in Syrien, deren Reste nun aus Idlib vertrieben werden, loswerden. Denn bei einen Rückzug in die Türkei wären die Islamisten dort nicht mehr kontrollierbar gewesen; zumal sie bereits einen großen Teil der Türkischen Armee infiltriert haben dürften. So, wie die Gülenbewegung.

Die beste Lösung schien ihm also, sie als Kanonenfutter nach Libyien zu entsenden und dort auf der Seite der Verlierer - also der UN und EU - vom libyschen General Haftar eleminieren zu lassen, der von Russland aber auch von Frankreich unterstützt wird, das Russland bereits aus der Hand frißt. Und so geschieht es nun auch. Obendrein konnte er vor Corona noch hoffen, von Libyien aus den Migrantenstrom über das Mittelmeer zum Schaden der EU zu forcieren, sie also auch vom Süden her in die Zange zu nehmen und zu erpressen. Was er letztlich erreichte, war, dass er seine militärischen Kräfte im Innern wie im Äußeren überdehnt und verzettelt hat und die NATO als Migliedsstaat in größten Verlegenheiten bringt.

Die Türkei, wie sie Attatürk aus den Resten des Osmanischen Reiches als Nationalstaat in Anatolien gründete, kämpft jetzt schlicht ums politische und territoriale Überleben. Im Osten wird Putin Erdogan eine starke kurdische Autonomie aufzwingen, wofür die Kurden ihrerseits die syrischen Territorien räumen müssen. Diese autonomen Gebiete werden in die nördlichen Teile des Irak hineinreichen; aber auch Teile des Irans und Aserbaidschans könnten betroffen sein. Da der ganze internationale Ölmarkt schon wegen der neuen Energieformen künftig dort keine Rolle mehr als wichtigster Wirtschaftszweig spielen kann, müssen neue gemeinsame regionale Märkte geschaffen werden, die dann auch Armenien und Georgien einschließen.

D.h., nicht nur die Türkei muss ihre landwirtschaftliche Produktion wieder verstärken; denn das sind die Ressourcen, mit denen die alten Kulturnationen dort untereinander friedlich handeln -und von denen sie auch sehr gut leben können, wenn die Weltwährungen wieder auf Gold und Wirtschaftsleistung umgestellt sind. Ein positiver Nebeneffekt wäre dann auch das Ende der Verstädterung, wie in Istanbul und Ankara, weil es sich wieder lohnt, auf dem Land zu leben und zu arbeiten.

Der Iran eignet sich auch nicht als integrative Kraft zwischen Sunniten und Schiiten. Das zeigen schon die Konflikte im mittleren und südlichen Irak und im Libanon. So, wie die Macht der Muslimbrüder - also des britischen Geheimdienstes im Auftrag der Jesuiten - mehr und mehr durch Russland gebrochen wird, so muss natürlich auch das vom französischen Geheimdienst installierte Mullah-Regime, das einmal Europa islamisieren sollte, beseitigt werden, um Persien wieder aufblühen zu lassen. Das müssen aber die Iraner selbst tun. Sie können natürlich hierbei mit der Unterstützung von Putin und Xi rechnen, während Trump hierzu den nötigen äußeren Druck mit seiner Sanktionspolitik aufbaut, damit sie diese Unterstützung auch annehmen.

Doch Steuerungszentrale für die islamischen Staaten beider Großkonfessionen kann nur ein Staat sein, der Mekka und Medina kontrolliert. Bisher ist das Saudi-Arabien. Aber das hat nie Persien kontrolliert noch sonst schiitische Gebiete. Es bricht nun angesichts des Zerfalls des Ölmarktes und des Petrodollars als Kunstgebilde in sich zusammen. Es ist bankrott und spielt keine Rolle mehr. Die Königsfamilie dort kann schon bald auf einem sehr verkleinerten Territorium mit Sand spielen.

Da die gesamte sunnitisch islamische Umma Maghreb wie Marschrek umfasst, und mitten drin der Judenstaat Israel liegt, dürften als künftige Steuerungsländer nur Ägypten und Jordanien infrage kommen. Ägypten als territoriale Klammer zwischen Ost -und Westarabien und mit seiner führenden Universität als geistliches Zentrum; und Jordanien mit seinem König aus dem Geschlecht der Haschemiten als von allen Sunniten anerkannte altehrwürdige Wächter über Mekka und Medina, der auch die Palestinenser integrieren kann. Der Libanon mit seiner schiitischen Hisbolla wird als französisches Kolonialgebilde wohl wieder zu Syrien kommen.

D.h., der Iran wird seine integrativen Kräfte vor allem im Osten entfalten können; also außerhalb des eigenen Staatsgebiets in Afghanistan, gemeinsam mit den Chinesen in Pakistan und gemeinsam mit den Russen in Aserbaidschan und Turkmenistan, also den Anrainern des Kaspischen Meeres.

Bliebe die Frage Israel. Denn der Judenstaat ist ja defacto ein künstliches Gebilde, errichtet vom Vatikan als Kreuzfahrerstaat unter zionistischer Herrschaft und jüdischer Camouflage. Russland hat großes Interesse an der Erhaltung Israels als authenischen Judenstaat und wird es vom Vatikan zunächst übernehmen und unter seinen Schutz stellen, bis sich alle darauf geeinigt haben, ihm das Recht auf Existenz auch weiterhin zuzubilligen.

Im Augenblick befindet es sich im Status der Handlungsunfähigkeit, da zwischen Regierung und Opposition schon seit geraumer Zeit ein Patt aufrecht erhalten wird. Somit ist der Vatikan und sein Mossad von der Lenkung des Staates suspendiert. Oppositionsführer Benny Gantz hat bereits die Macht über das Heer, die Knesset und somit den Transatlantiker Netanjahu übernommen, der von israelischen Staatsanwälten mit Anklagen in Schach gehalten wird. Avidgor Liebermann, ein russischer Jude, führt die Partei der russischen Einwanderer "Jisra'el Beitenu" und bildet das Zünglein an der Waage zwischen den Beiden.

Das Jalta 2:0, das Putin anstrebt und alle die oben genannten Themen bearbeiten soll, muss man dazu auch als eine Art ständiger Konferenz ansehen, welche den UN-Sicherheitsrat zunächst als Provisorium ablösen wird, bis ein neues Gremium geschaffen ist, das die Vereinten Nationen, also die Rockefeller-Rothschild-Veranstaltung, ablöst. D.h., diese Konferenz dürfte der Anfang vom Ende der UNO sein und gleichzeitig ein Übergang zu einer neuen Vereinigung der Nationen unter der neuen Trilateralen Weltordnung. Eingeladen sind deshalb zunächst alle fünf Veto-Mächte, also Briten, Amerikaner, Russen, Franzosen und Chinesen. Die EU spielt da überhaupt keine Rolle mehr. Macron sagte auch gleich brav zuerst zu. Johnson folgte. Trump und Xi können sich mit der Zusage Zeit lassen und in Abstimmung mit Putin dann den Termin festlegen, sobald es den drei verbliebenen globalen Großmächten passt. Aber schon während des langen Vorlaufes ist die UNO obsolet und die Mitgliedstaaten wissen bereits, dass sie nichts mehr zu melden hat.

Zu China und dem Vatikan: Die Jesuiten, die sich so gerne "Schlaue Jungs" nennen, waren so schlau, sich von Xi nach allen Regeln der Kunst vorführen zu lassen. Es gab ja schon unter Mao eine heimliche katholische Untergrundkirche und die Katholiken, die sich ihr anschlossen, waren unter den Kommunisten ihres Lebens nicht sicher. Dennoch hielten sie auch in den schlimmsten Zeiten treu zu ROM. Und was macht der Jesuitenpapst? Er läßt sie eiskalt fallen und gründet mit Xi offiziell eine Katholische Kirche, in der der Parteichef der Kommunisten den Bischof ernennt. Bergoglio darf ihn dann nur noch imAmt bestätigen. Man kann sich also leicht vorstellen, dass dem Vatikan wegen dieses Verrats an seinen eigenen so treuen Gläubigen die Anhänger scharenweise davon liefen. Eine echte katholische Kirche gibt es somit in China nicht mehr.

Die Coronapandemie nutzten Trump und Xi via "Handelskrieg" sehr geschickt, um West-ROMs Wirtschaft ganz aus China hinauszuwerfen. Das geschieht gerade. Die globalistischen Weltkonzerne, die dachten, sie könnten China ewig als billige Werkbank benutzen, gehen nun reihenweise bankrott. Zuerst die kleinen, dann die großen. Damit verliert ROM auch seine wirtschaftliche Übermacht über das Reich der Mitte, während dieses gerade seine Übermacht über Industrie und Handel der Globalisten aller Welt demonstriert.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen hier einigermaßen beantworten und etwas zur Klärung beitragen. Dennoch will ich am Schluss nochmal betonen, dass ich mich auch irren kann. Also übernehmen Sie bitte nichts, was Sie nicht selbst nochmal geprüft haben.

Und beste Grüße an Hans-Joachim Müller und seine Mitstreiter. Ich hoffe, ich habe sie mit meiner konträren Ansicht zu einem neuen Kaiser nicht allzusehr enttäuscht.

Oh Diogenes, ich danke Dir

D-Marker @, Sonntag, 10.05.2020, 21:09 vor 1444 Tagen @ Diogenes Lampe 12036 Views

bearbeitet von D-Marker, Sonntag, 10.05.2020, 22:03

für die Zeit.
Und verspreche Dir, dass Deine Worte weiter getragen werden, (in) so weit sie sich tragen lassen.

Muss erst mal alles erfassen, was Du schreibst.

Eine kleine Beichte vorab noch:

In einem anderen Forum, welches nicht so anspruchsvoll ist wie das Gelbe, (nach zu Lesen zur Erholung, feix) seit Jahren (wenn Zeit) als "Debitist".

Und als Signatur dort eine der m.E. konsequentesten Aussagen von Dr. Paul C. Martin.


Es ist mir eine Ehre
D-Marker

Dazu meine Meinung.

aprilzi @, tiefster Balkan, Sonntag, 10.05.2020, 22:33 vor 1444 Tagen @ Diogenes Lampe 11543 Views

bearbeitet von Kleine Rechtschreibkorrektur, Montag, 11.05.2020, 10:07

Hi,

Zur Türkei:
Die Jungtürken hatten großen Anteil am Sturz des Sultans. Sie wollten eine moderne Türkei aufbauen, was ihnen ja auch gelang. Allerdings brachte der Erfolg neue Probleme. Die Türkei hatte ein großes Bevölkerungswachstum, aber fast keine Rohstoffe. Gegenwärtig leben 83 Mio. Türken, mit einem hohen Anteil an jungen Türken.

In Syrien hatte die Türkei versucht, mit ihrer Flusswasser-Politik Syrien zu destabilisieren.

Nur ans gewünschte Rohöl sind sie damit doch nicht gekommen. Die Türkei braucht eine Idee: die EU will sie nicht aufnehmen, da bleibt nur der Islam - die Moslembrueder sind da der Strohhalm.

Dass die Türkei sich mit den Russen wegen dem Bosporus anlegen will, glaube ich nicht. Das ist ein alter Traum der Briten, nur sehen die Türken darin keinen Vorteil für sich. Istanbul ist eine 15 Mio.-Stadt, die keiner so leicht einnehmen kann, die Russen erst recht nicht.
Nur die Griechen glauben an diese Übernahme, von Griechen selbstverständlich. [[lach]]

Die Überheblichkeit der Griechen ärgert die Türken. Die Russen als Schutzmacht Griechenlands darzustellen ist falsch. Die Griechen suchen sich, wie Israel, den besten Wirt, um sich an ihm sattzufressen. Dazu taugen die Russen nicht. Was Griechenland macht, wenn der Tourismus nicht funktioniert, ist das große Problem auf dem Balkan. Bei einem Krieg zwischen Griechenland und der Türkei gibt es nur die Türkei als Sieger.
Das deutet die Türkei mit den Migranten an, die auf die griechischen Inseln eindringen. Das ist eine Vorstufe zum bevorstehenden Krieg. Und in diesem Krieg wird Griechenland alleine sein. Kein Balkanland wird den Finger krumm machen für Griechenland. Es bleibt einzig die Hoffnung auf die Amerikaner, die aber, wie es aussieht, pleite sind.

Und Rom hat auf dem Balkan noch nie was zu sagen gehabt. Die Russen versuchen, den Vatikan zu imitieren, sind aber, wegen ihrer bisherigen despotischen Herrschaftsweise, schon in der Ukraine kläglich gescheitert.

Gruß

Frieden für Istanbul - wie es gehen könnte

Diogenes Lampe @, Montag, 11.05.2020, 21:27 vor 1443 Tagen @ aprilzi 9802 Views

Hallo aprilzi,

Dass die Türkei sich mit den Russen wegen dem Bosporus anlegen will, glaube ich nicht. Das ist ein alter Traum der Briten, nur sehen die Türken darin keinen Vorteil für sich. Istanbul ist eine 15 Mio.-Stadt, die keiner so leicht einnehmen kann, die Russen erst recht nicht.

Ich schrieb ja von der Internationalisierung Istanbuls, nicht davon, die Stadt einzunehmen; oder gar, dass sich die Türken mit den Russen anlegen wollen oder umgekehrt. Auch wird es dabei keine ethnischen Säuberungen geben. Das Problem wird dann gewiss nicht auf der untersten und am wenigsten effektiven Ebene der konzeptionellen Steuerung gelöst, also der militärischen, sondern der effektivsten, der der friedlichen Weltanschauung.

Es geht um den freien Zugang aller Religionen. Konstantinopel ist für die Ostkirchen noch immer von großer Bedeutung. Aber der Islam hat dort das alleinige Sagen und das kann nicht so bleiben, da sonst keine friedliche Entwicklung unter den Völkern möglich ist. Da sollten die Religionen also überhaupt keine politische Rolle spielen.

Die letzten Bürgermeisterwahlen haben ja bereits die Muslimbrüder Erdogans von diesem Posten verdrängt. Die sekularen Türken haben wieder Aufwind und ich könnte mir vorstellen, dass Trump, Putin und Xi sie unterstützen. Das Problem Erdogan muss letztlich über Wahlen gelöst werden, sonst droht der Bürgerkrieg. Da wurde also schon für einen friedlichen Wechsel vorgearbeitet, denke ich.

Istanbul, das alte Konstantinopel, ist für Russland seit Jahrhunderten ein strategisches begehrtes Zielobjekt gewesen. Da nun aber in der neuen Trilateralen Weltordnung Russland für diesen Weltbereich als Garantiemacht für Frieden und Sicherheit zuständig sein wird, und das dann auch von der Türkei akzeptiert werden wird, gibt es keine militärische Notwendigkeit einer russischen Eroberung oder Besatzung. Das wäre dann so sinnvoll, wie die Besetzung von Varna durch Regierungstruppen aus Sofia.

Wenn das Territorium der Stadt dann nicht mehr zum Staat Türkei gehört, dann gehört es aber auch nicht zum Staat Griechenland -was aber auch nichts anderes bedeutet, als dass diese Staaten für diese Großstadt keine Verantwortung tragen müssen; jedoch freien Zugang haben, was für beide Staaten als Wirtschaftsmärkte betrachtet, viele Vorteile bringt. Und mit dem friedlichen Handel kommt die Versöhnung von ganz allein. Die trägt dann ein Gremium der neuen Trilateralen Weltordnung und Russland als zuständige Großmacht garantiert hierfür. Für alle eine win-win-Situation.

Nur die Griechen glauben an diese Übernahme, von Griechen selbstverständlich. [[lach]]

Die werden die oben beschriebene Lösung sicher genauso akzeptieren. Denn letztlich wollen die auch nur Frieden und Wohlstand.


Die Überheblichkeit der Griechen ärgert die Türken. Die Russen als Schutzmacht Griechenlands darzustellen ist falsch. Die Griechen suchen sich, wie Israel, den besten Wirt, um sich an ihm sattzufressen. Dazu taugen die Russen nicht.

Sie sehen die ganze Situation noch immer unter geopolitischen Aspekten, also mit der britischen Brille. Die Russen sind eben perspektivisch nicht nur die Schutzmacht der Griechen, sondern auch der Türken. Solange, bis durch Handel und Wandel diese Schutzmachtfunktion gar nicht mehr nötig sein wird, weil alle im Wohlstand leben können.

Was Griechenland macht, wenn der Tourismus nicht funktioniert, ist das große Problem auf dem Balkan. Bei einem Krieg zwischen Griechenland und der Türkei gibt es nur die Türkei als Sieger.

Wie gesagt: Dazu wird es nicht kommen. Die Staaten auf dem Balkan müssen natürlich wieder so konsolidiert werden, dass der Tourismus ökonomisch nur das Sahnehäubchen oben drauf ist und nicht die ganze Wirtschaftsbasis, wie heute. Wenn man dann auch noch das Seidenstraßenprojekt mit in die Betrachtung einbezieht, gäbe es sicher viele wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten für alle Länder dieser Großraumregion, die einem einfallen könnten.

Das deutet die Türkei mit den Migranten an, die auf die griechischen Inseln eindringen. Das ist eine Vorstufe zum bevorstehenden Krieg. Und in diesem Krieg wird Griechenland alleine sein. Kein Balkanland wird den Finger krumm machen für Griechenland. Es bleibt einzig die Hoffnung auf die Amerikaner, die aber, wie es aussieht, pleite sind.

Was Erdogan da gerade an der griechischen Grenze veranstaltet hat, war eine Verzweiflungstat und somit eine Riesendummheit, in die ihn sein Lavieren zwischen Russland, EU und Trump getrieben hat. Sie glauben doch nicht im Ernst, dass Trump, Putin und Xi einen solchen Krieg dulden würden? Weder Griechenland noch die Türkei haben die Ressourcen dafür. Und auch die Lufthoheit haben sie nicht.

Was sich da jetzt an kleinen Scharmützeln ereignen mag, wird eher die friedliche Lösung - gerade auch die des Migrantenproblems - vorbereiten.


Und Rom hat auf dem Balkan noch nie was zu sagen gehabt.

Vielleicht sollten Sie da doch nochmal in die Geschichtsbücher schauen...?

Die Russen versuchen, den Vatikan zu imitieren, sind aber, wegen ihrer bisherigen despotischen Herrschaftsweise, schon in der Ukraine kläglich gescheitert.

Da muss mir was entgangen sein. Ihnen aber womöglich auch. Also beobachten wir weiter die Geschehnisse. Mal sehen, was hinten raus kommt. [[zwinker]]

Gruß zurück
DL

Von Frieden halte ich nichts.

aprilzi @, tiefster Balkan, Montag, 11.05.2020, 21:53 vor 1443 Tagen @ Diogenes Lampe 9428 Views

Hi,

Der Türkei ging es immer dann gut, wenn es im Vorwärtslauf andere Länder besiegte und unterjochte. Da waren die Osmanen erfolgreicher als Hitler. Dazu verhalf ihnen auch die Pest im Mittelalter.
Die junge Türkei braucht Siege und keinen Frieden, sonst knallen Kurden und Türken aufeinander zusammen. Erdogan weiß was seine Türken wollen, sie alle wollen Krieg, wer was anderes denkt, kennt die Türken nicht. Sie haben die Armenier massakriert und werden es wieder tun.

Zum Konstantinopel und der orthodoxen Kirche kann ich nur sagen, dass das formale Oberhaupt der Orthodoxie nur eine Funktion hat, die restlichen orthodoxen Kirchen gegeneinander auszuspielen, damit die Türkei schließlich von dem Zwist profitieren kann.

Wobei in diesem Spiel auch die griechisch-orthodoxe Kirche mitmischt. Die Zukunft wird es bald zeigen.

Gruß


P.S. hier kam eine Information auf, dass Hitler die Juden deshalb ermorden ließ, weil die Juden die Pest verbreitet haben sollen. Pest und Kriege aber scheinen sich magisch anzuziehen.

Schlecht gelaunt?

Diogenes Lampe @, Montag, 11.05.2020, 23:23 vor 1443 Tagen @ aprilzi 9632 Views

Lieber aprilzi,

ich habe von Ihnen schon so viele interessante Beiträge gelesen, dass ich fürchte, dass Ihnen gerade eine Laus über die Leber gelaufen sein muss, wie wir hier auf deutsch sagen.

Ich möchte mir nicht anmaßen, Ihnen ungefragt Ratschläge zu geben, aber ich bin sicher, sie würden entspannter auf die politischen Probleme schauen, wenn sie auch mal die Möglichkeit wenigstens in Betracht ziehen könnten, dass trotz all der schlimmen Vergangenheit Frieden unter den Völkern möglich sein könnte, sofern man den Frieden in sich selbst beginnen läßt. Dabei bräuchten Sie erstmal gar nicht von Ihrem Standpunkt abgehen, aber könnten ihn womöglich besser dahingehend abwägen, ob seine strikte Beibehaltung ihre Lebensqualität eher steigert oder nicht. Mit solchen Resentiments kommt man in der Zukunft jedenfalls weltpolitisch nicht sehr weit, fürchte ich; auch nicht in Bulgarien. Da müssen dann wohl besonnenere Köpfe ran.

Aprilzi hat recht! Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass mir diese Vorkommnisse weitgehend unbekannt waren, obwohl ich so gut wie jeden der erwähnten Orte kenne

Mephistopheles, Dienstag, 12.05.2020, 20:19 vor 1442 Tagen @ Diogenes Lampe 8597 Views

https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_auf_dem_Lechfeld

https://de.wikipedia.org/wiki/Schanze_Wagesenberg

Das ist bald 1100 Jahre her. Seit dieser Zeit gab es niemals eine so lange Friedenszeit in Deutschland wie die letztem 70 Jahre.

Wie sagt Oswald Spengler:

"Einen langen Krieg ertragen wenige, ohne seelisch zu verderben; einen langen Frieden erträgt niemand."

Gruß Mephistopheles

Spenglers Satz ist so richtig was zum Nachplappern

Diogenes Lampe @, Donnerstag, 14.05.2020, 01:49 vor 1441 Tagen @ Mephistopheles 9121 Views

bearbeitet von Diogenes Lampe, Donnerstag, 14.05.2020, 01:59

Wie sagt Oswald Spengler:
"Einen langen Krieg ertragen wenige, ohne seelisch zu verderben; einen langen Frieden > erträgt niemand."
Gruß Mephistopheles

Spenglers Satz ist so richtig was zum Nachplappern, mit fremden Federn geistreich zu wirken, ohne wirklich selbst Geist aufgewendet zu haben. Ist es nicht so, lieber Mephistopheles?

Wenden wir mal ein bischen davon auf. Gehen wir das Axiom mal konkret durch: Der erste Teil des Satzes ist empirisch und bezieht sich auf den einzelnen Menschen. Er bleibt bezüglich seiner Richtigkeit mit "wenige" im Ungefähren. Kann also sein, kann auch nicht sein. Aber ja, kann sehr gut möglich sein. Von mir aus... Der Nachsatz ist dagegen eine Behauptung, deren Absolutheitsanspruch nicht aus der individuellen Erfahrung geschlossen -und somit durch keinen stichhaltigen Beweis untermauert werden kann. Er ist spekulativ. Man kann ihn glauben, aber nicht wissen. Einige mögen keinen langen Frieden ertragen können. Einige aber schon. Für beides gibt es jedenfalls viele empirische Gegenargumente. Zumal die einen Menschen mehr ertragen können als die anderen. Auf Mehrheitsverhältnisse kommt es aufgrund der Verabsolutierung dagegen nicht an. Aber niemand hat alle gefragt.

Der Umkehrschluss im Nachsatz heißt: Alle brauchen den Krieg, um ihr Leben zu ertragen und seelisch nicht zu verderben. D.h., "alle", also die Gesellschaft, die Menschheit. Das ist dann aber die kollektive oder gleich universale Ebene. Das Individuum geht hier bei Spengler stillschweigend im metaphysischen Kollektiv auf; besser, im kollektiven Willen als Naturwillen, dessen Motto für Spengler lautet: Der Frieden verdirbt sie Seele. Darauf will er hinaus, denn seine Schlüsse müssen ja in seine morphologische Zyklentheorie passen, wie der Zyklus Krieg-Frieden-Krieg als soziologische Beschreibung der aufgrund einer Kampfmoral entstehenden und vergehenden und dann wiederkehrenden Kulturen, die in unserem Beispielsatz im Wort "ertragen" mitschwingt.

Den ersten Teil kann jeder nachvollziehen, zum zweiten wird er verführt, indem der erste Teil, den man innerlich sofort bejat hat, vom Umkehrschluss ablenkt, den man erst einmal aus dem zweiten Teil gedanklich ziehen müsste. Aber die Mühe machen sich wenige, denn das Ja auf den ersten Teil schafft Vertrauen für die Richtigkeit des zweiten gleich mit. Die beste Lüge fängt mit einer überzeugenden Wahrheit an. In der Komödie funktioniert der Satz. Da denken viele sofort an den Hausfrieden. Es könnte somit auch ein Aphorismus von Plautius oder Oskar Wilde sein. Dann könnte man wenigstens darüber schmunzeln.

Der Kulturmorphologe hat sich da aber auch zu einem politischen Axiom hinreißen lassen, das zwischen Individuum und Gesellschaft keinen Unterschied macht. Auf der individuellen Ebene hat er recht. Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf, besagt die Ironie des Plautius sicher nicht zuunrecht. Genau deshalb aber haben sich die Menschen zur Bildung von Staaten entschlossen, also gesellschaftlichen Strukturen, die sicherstellen, dass das Recht des Stärkeren, ein Naturrecht, bei der Staatsgewalt hinterlegt wird. Denn es ist ebenso ein Naturrecht, dass jeder Mensch, ob stark ob schwach, die Mittel zu seinem Überleben hat. Genauso ist sein Streben nach Glück und das Vermeiden von Leid sein Naturrecht. Und diese Naturrechte streiten miteinander in Permanenz; im Individuum selbst und zwischen den Individuen; den starken wie den schwachen.

Der Staat ist daher das Mittel, diesen Streit zu schlichten, Recht und Gewalt in eine Hand zu legen, um die Voraussetzung für eine funktionierende Zivilisationsordnung zu schaffen. Er garantiert mit seinem Gewaltmonopol im Innern Frieden zwischen seinen Bürgern, die dafür bürgen, dass sie auf gegenseitige Gewalt verzichten. Somit kann er dann auch die Verteidigung gegen innere und äußere Feinde sicherstellen. Frieden zu ermöglichen, heißt, Gewalt und Recht durch eine übergeordnete Institution in Balance resp. Rahmen zu halten. Das ist der Grund, der Sinn, die eigentliche Legitimation des Staates und seines Gewaltmonopols. Egal jetzt, um welche Staatsform es sich handelt. Für das Recht des Stärkeren braucht es keinen Staat. Nur eine Mafia, Räuberbande, Piraten.

Wenn also Staaten fallen und entstehen, dann geht es immer um diese Balance zwischen Recht und Gewalt; dem Gewaltmonopol, das für alle gilt, also dem Staatsrecht, und dem Recht des Stärkeren, die beim Fallen sich als instabil -und beim Entstehen sich als notwendig erwiesen hat; warum auch immer; nicht darum, ob die jeweiligen Gewalten den Frieden, also das Recht, schon zulange ertragen haben. Und somit kann man auch nicht von diesem kollektiven Balanceakt schließen, dass kein Individuum einen langen Frieden ertragen kann. Sonst hätten sich wohl nie Individuen zu einem Staat zusammenschließen wollen. Ein langer Frieden muss also irgendwie im Menschen als Wille zum Frieden angelegt sein. Denn in seinem Streben nach Glück ermöglicht ihm nur der Frieden Lebensgenuß. Nur ist die Vorstellung vom Lebensgenuß, wie vom Frieden, unterschiedlich, eben individuell; und so sind es auch die Motive des Handelns, die das eigene Wohl mit dem Wohl des anderen abwägen muss, will es kein Wohl auf Kosten des anderen suchen. Wenn doch, was bekanntlich nicht selten vorkommt, dann muss das Recht die Gewalt in die Schranken weisen.

Als Kulturkritiker finde ich Spengler teilweise brillant. Als Philosophen eher oberflächlich. Als Zyklenhistoriker fragwürdig.

Könnte man es eventuell auch so lesen?

Oblomow, Donnerstag, 14.05.2020, 09:01 vor 1441 Tagen @ Diogenes Lampe 8116 Views

bearbeitet von Oblomow, Donnerstag, 14.05.2020, 09:33

Wie sagt Oswald Spengler:
"Einen langen Krieg ertragen wenige, ohne seelisch zu verderben; einen langen Frieden > erträgt niemand."
Gruß Mephistopheles


Spenglers Satz ist so richtig was zum Nachplappern, mit fremden Federn geistreich zu wirken, ohne wirklich selbst Geist aufgewendet zu haben. Ist es nicht so, lieber Mephistopheles?

Also @Meph scheint mir nicht einer zu sein, der nachplappert oder einer zu sein, der sich mit fremden Feder schmückt, ohne wirklich selbst Geist zu haben. Kann mich ooch irren.[[euklid]]

Könnte man die Sätze nicht um das "seelisch zu verderben" kreisen lassen? In einem Krieg verderben fast alle Seelen, während in einem langen Frieden alle Seelen sukzessive verderben. insofern müsste wir den Satz selbst komplettierten: Einen langen Frieden erträgt niemand, ohne seelisch zu verderben. Das ist aber eine aphoristisch zugespitze Überlegung, die mehr in die Psychologie reicht als in Überlegungen von Recht und Staat. "Alles in der Welt läßt sich ertragen, Nur nicht eine Reihe von schönen Tagen." muss ich jetzt mal Goethe nachplappern, ohne wirklich selbst Geist aufgewendet zu haben. Ich vermute sogar, dass sich Spengler dort "bedient" hat, ohne wirklich selbst Geist aufgewendet zu haben. Dazu noch ein Schuss Nietzsche (Peng!) und Degeneration und fettisch ist die Laube.

Ich lese Spengler auch eher unwillig, denn ein paar Gedanken auf Hunderte von Seiten aufzupumpen, ist einfach unanständig und als jemand, der Schopi schätzt, lehne ich Geschichtsmodelle ab. Für Geschichtsfreunde: Egon Friedell z.B. kann man jeden Abschnitt lesen, ohne gleich immer belehrt zu werden und der Mann hat Humor. Da lese ich gerne 1000 Seiten.

Philosophisch und damit staatstheoretisch müsste man in diesem Zusammenhang natürlich auf Heraklit zu sprechen kommen, was ich aber lasse, denn mit fremden Federn geistreich zu wirken, ohne wirklich selbst Geist aufgewendet zu haben ... usw.etc.pp

Herzlich
Oblomow

das geht sogar noch besser

Diogenes Lampe @, Donnerstag, 14.05.2020, 20:36 vor 1440 Tagen @ Oblomow 8242 Views

Also @Meph scheint mir nicht einer zu sein, der nachplappert oder einer zu sein, der sich mit
fremden Feder schmückt, ohne wirklich selbst Geist zu haben. Kann mich ooch irren.

Da bin ich ganz Ihrer Meinung. Ich bezog meine Aussage und Frage denn auch nicht, wie unschwer zu erkennen ist, als Unterstellung auf Mephistopheles, sondern fragte ihn, ob es sich auch bei ihm so verhält. Die Antwort steht noch aus, also will ich darüber nicht spekulieren.

Mir ging es da um etwas anderes: D.h., er reagierte auf meinen Kommentar zu aprilzi mit dem mir einfach so hingeworfenen Zitat wie ein typischer Scholastiker. Diese oder jene Autorität hat dieses oder jenes dazu gesagt. Basta! "Rom hat gesprochen! Der Fall ist erledigt. Ich habe recht!" Und da reizte es mich natürlich, die "Autorität" Spengler der Autorität Mephistopheles auseinanderzunehmen. Diese geistige Auseinandersetzung hätte ich wohl kaum unternommen, wenn ich davon ausgegangen wäre, dass ausgerechnet Mephistopheles keinen Geist hat.

Könnte man die Sätze nicht um das "seelisch zu verderben" kreisen lassen? In einem Krieg verderben fast alle Seelen, während in einem langen Frieden alle Seelen sukzessive verderben. insofern müsste wir den Satz selbst komplettierten: Einen langen Frieden erträgt niemand, ohne seelisch zu verderben.

Was ist daran komplettieren? Sie tauschen zwischen den beiden Teilen des Satzes dann ja nur die Wort aus. Sie legen "Frieden" und "niemand" in den ersten Teil. Zusammen mit dem Individuellen, während das Absolute in den zweiten Teil verschoben wird. "Einen langen Krieg ertragen wenige" müsste man dann eigentlich komplettieren. Genau das habe ich ja auf den Punkt gebracht, als ich Spenglers Zitat auf den Zynismus zurückführte: "Der Frieden verdirbt sie Seele". Wenn es der lange tut, kann es auch der kurze, denn lang oder kurz sind relative Eigenschaften.

Prüfe ich den Umkehrschluss auf Ihren Vorschlag, kommt sowas heraus wie: "Der Krieg ist das beste Mittel, seelisch nicht zu verderben". Also Raub und Mord, Zerstörung und Vergewaltigung und all die schönen Dinge, die den Krieg ausmachen, sind gut für unsere seelische Gesundheit, unser seelisches Gleichgewicht. Denn dem verleihen sie Mut und Tapferkeit, Durchhaltewillen und noch so manche Ritterlichkeiten. Dann sind die "wenigen" aus dem ersten Teil des Satzes aber bloß noch unerfrischte, ja kranke Jammerlappenseelen. Schließe ich: "Der Krieg macht die Seele stark", dann sind die, welche ihre Seele durch den Frieden stärken wollen, verweichlicht und dekadent. Genau den Einwand erhebt unser Taurec.

Krieg ist Stärke. Frieden ist Schwäche. Krieg ist Frieden. Frieden ist Krieg. Willkommen in der Welt von Orwell!

Das ist aber eine aphoristisch zugespitze Überlegung, die mehr in die Psychologie reicht als in Überlegungen von Recht und Staat.

Ganz genau! So sehe ich das auch. Wenn wir beide das jetzt auf die Spitze treiben würden, könnten wir Spenglers ganze Kulturmorphologie imgrunde in den Bereich der Psychologie verweisen.

"Alles in der Welt läßt sich ertragen, Nur nicht eine Reihe von schönen Tagen." muss ich jetzt mal Goethe nachplappern, ohne wirklich selbst Geist aufgewendet zu haben.

Hier muss ich widersprechen: Sie haben da sicher nicht viel von Ihrem Geist aufwenden müssen, aber wenigstens etwas, denn bei Ihrem Zitat haben Sie nicht bloß nachgeplappert, sondern es klar in einen Zusammenhang mit Ihren Gedankengängen gestellt, und somit Geist aufgewendet. Und da Sie ein geistvoller Mensch sind, taten sie dies mit Ihrer typischen Leichtigkeit und Treffsicherheit. Und so kann ich dann auch mit Ihnen disputieren und muss es nicht mit einem toten Spengler bzw. unsterblichen Goethe tun.

Ich vermute sogar, dass sich Spengler dort "bedient" hat, ohne wirklich selbst Geist aufgewendet zu haben.

Wenn Ihre Vermutung zutrifft, dann allerdings. Bei Goethe ergibt sich nämlich ein völlig anderer Sinn, der auf den wirklichen Kern der Sache geht, und das aus zweierlei Aussagen: 1. Die Menschen sind nie zufrieden mit dem, was sie genießen können. 2. Wenn sie aber nicht zu genießen verstehen, sondern sich auf viel essen, trinken und Müßiggang beschränken, dann ist die Folge, Übersättigung, Trägheit, schlechte Laune und Übermut, Aggression usw.. - bis hin zum Krieg. Das ist nicht nur eine empirische Wahrheit, sondern - da haben Sie völlig recht - eine psychologische und somit eine das Individuum angehende. Und in Bezug auf unseren Mephistopheles eine entlarvende, denn sie führt zum größten Problem der meisten Menschen, dass sie sich nur selten eingestehen; -den unerträglichsten Schmerz: Die Langeweile.

Dazu noch ein Schuss Nietzsche (Peng!) und Degeneration und fettisch ist die Laube.

Prima! Das wäre dann nur noch menschlich-allzumenschlich, wenn ich daraufhin postuliere: Der Frieden führt beim Menschen zur Langeweile und die Langeweile, die er nicht ertragen kann, weil er sich selbst nicht erträgt, zum Krieg. Der Krieg wäre also ein Produkt der Langeweile des Menschen. Oder Caesar parodierend: "Willst du den Frieden, bereite dich auf die Langeweile vor! Dann ist dir der nächste Krieg sicher." Da ist viel Wahres dran! Vor allem ist es ehrlicher, denn es zeigt, dass es gar nicht darum geht, abstrakt den Frieden zu ertragen, sondern konkret die Langeweile. Dass nicht der Frieden uns dekadent macht, sondern sie. Hier kommen wir jetzt zum Kern der Sache! Vor allem aber kommen wir wieder aus den Wolken und auf uns selbst zurück.

Es sind die Gelangweilten, die den Krieg wollen. Denn Langeweile ist der schlimmste psychische Schmerz. Er wirft das Individuum ganz auf sich selbst zurück. Wenn das nun aber an sich selbst nichts hat und deshalb nach Macht, Besitz, Ruhm und Ehre und die Abhängigkeit davon streben muss, dann können nur diese ihm die Langeweile vertreiben und ihn von diesem Schmerz erlösen. Aber auch nur vorübergehend, da jeder erfüllte Wunsch ja bekanntlich den nächsten gebiert. Und so komme ich zu dem Schluss: Wer den Frieden will, muss die Langeweile besiegen. Denn sie allein ist der Quell alles Unnötigen und Überflüssigen und damit jeder Dekadenz. Der muss erkennen, dass am meisten zu seinem Glück beiträgt, was er für sich selbst sein kann und an sich selbst hat; nicht aber, was er darüber hinaus an äußerem Besitz sein eigen nennt oder gar die Vorstellung, die andere von ihm haben.

Ich lese Spengler auch eher unwillig, denn ein paar Gedanken auf Hunderte von Seiten aufzupumpen, ist einfach unanständig und als jemand, der Schopi schätzt, lehne ich Geschichtsmodelle ab. Für Geschichtsfreunde: Egon Friedell z.B. kann man jeden Abschnitt lesen, ohne gleich immer belehrt zu werden und der Mann hat Humor. Da lese ich gerne 1000 Seiten.

Dieses "Unanständige", mit dem Spengler seine Gedanken aufpumpt, ist aber wenigstens für mich nie wirklich langweilig. Esprit hat er auf alle Fälle. Man darf sich davon nur nicht so beeindrucken lassen, dass man die Fährte verliert. Ich kenne kaum eine Pedanterie, die mit soviel Originalität vorgetragen wurde. Ich lese das Meiste von ihm durchaus mit Vergnügen. Denn er regt als spitzer Beobachter seiner Zeit meine Gedanken durchaus mehr an als uff. Schon wegen der Parallelen zur Gegenwart.

Philosophisch und damit staatstheoretisch müsste man in diesem Zusammenhang natürlich auf Heraklit zu sprechen kommen, was ich aber lasse, denn mit fremden Federn geistreich zu wirken, ohne wirklich selbst Geist aufgewendet zu haben ... usw.etc.pp

Und ich stelle mir jetzt auf gar keinen Fall einen Blauen Elefanten im Raum vor.

Also gut: Verkürzt sagt Heraklit: Der Krieg ist der Vater aller Dinge. Überliefert ist der Spruch etwas ausführlicher: „Krieg ist Vater von allen, König von allen. Die einen macht er zu Göttern, die anderen zu Menschen, die einen zu Sklaven, die anderen zu Freien.“

Nimmt man diese Aussage aus dem ideengeschichtlichen Zusammenhang, weil man nicht mehr Geist daran verschwenden will, dann scheint er Spengler zu bestätigen. Dabei bestätigt er viel mehr die psychologische Sicht von Oblomow. Aber eigentlich handelt es sich um die kosmologische Analogie der Gegensätze und ihrer Dynamik. Bei Heraklit, dem großen Philosophen der Gegensätze, der uns ja leider nur in Bruchstücken überliefert ist, müsste man eigentlich immer nach dem Gegenpol fragen, so wie er das tut: "Götter-Menschen", "Sklaven-Freie" usw.. Wenn der Krieg also Vater von allen ist, wer ist dann die Mutter von allen? Wenn er der König ist, wer ist dann die Königin?

Heraklit denkt immer in Polaritäten, wobei der eine Pol nicht ohne den anderen denkbar ist. So gehen sie ineinander über, heben sich dabei auf und bleiben dennoch zugleich bestehen; wie Zeit und Raum, Substanz und Form, Tod und Leben, Krankheit und Gesundheit, Götter und Menschen, Mutter und Vater, Krieg und Frieden usw.. Das eine schlägt in das andere um und das andere wieder in das eine. Der Gegensatz ist also nur Ausdruck der dynamischen Einheit des Zusammengehörigen im Spannungsfeld des Verschiedenen. Das Auseinanderstrebende erzeugt die Spannungskräfte in der Einheit allen Seins. Die Götter sind hier nur Aggregatzustände.

Heraklits Zeitgenosse Empedokles bezog dann diese Gegensatzdynamik auf die gesamte Schöpfung, die für ihn und seine Anhänger - z.B. Epikur und Lukrez - aus dem Gegensatzpaar Liebe und Streit hervorging. Wobei die Liebe das Primäre ist und der Streit das Sekundäre. Denn die Liebe ist der Weltwille und somit offenbart er sich in der Anziehungskraft, dem dynamischen Ursprung aller Materie, d.i. aller Erscheinung. Will sagen: Durch die Liebe tritt der Weltwille in die Erscheinung.

Deshalb symbolisiert Aphrodite/Venus die Schöpfungskraft und ist somit die höchste Göttin in der griechisch römischen Kosmologie. Sie ist die Tochter von Uranus und Gaia, also vom durch die Zeit (Kronos) kastrierten Himmel (Raum, Uranos) und der diese Kastration anstiftende Erde (Gaia). Somit steht sie als schöpferische Urgöttin, als "Schaumgeborene" durch ihre Wirkungskraft in allen Erscheinungen vor Zeus/Hera. Sie ist auch nicht mit deren Lieblingssohn als ihrem Gegensatz, also der Abstoßungskraft Ares/Mars, verheiratet, sondern mit dessem Bruder, dem missgebildeten Feuergott Hephaistos/Vulkan und bildet mit ihm das Gegensatzpaar Wasser und Feuer. Diese mythologischen Erzählungen der alten Griechen und Römer gehen als Metaphern womöglich auf die Schmiedekunst im Nachklang der Eisenzeit zurück.

Zwar zieht Venus den Kriegsgott Mars an, der in ihren Armen ruhen muss und so zeugt er mit ihr dann Harmonia/Concordia. Doch die Ehe mit Hephaistos/Vulkan, dem Waffenschmied, ist die zwischen Wasser und Feuer und wird dann auch von Zeus geschieden, da Wasser (Venus) dem Feuer (Vulkan) beim Schmieden des glühenden Eisens (Mars) nicht treu bleiben kann. Das von Vulkan zum Glühen gebrachte Eisen wird nämlich flüssig. Mars und Venus, Eisen und Wasser, befinden sich somit im selben Aggregatzustand. Der eifersüchtige Vulkan (die Eruption) vereint beide Flüssigkeiten jedoch, wobei die kalte (das Wasser) in der Hitze explosionsartig verzischt und verdampft, die heiße (das verflüssigte Eisen) dagegen hart wird. Venus und Mars sind daraufhin wieder in die unterschiedlichen Aggregatzustände - gasförmig und fest - geschieden. Die kalte Venus opfert sich also dem glühenden Mars. Es erfolgt die Eruption. Er wird kalt und sie heiß. Fazit danach: Frauen und Männer passsen mal wieder nicht zusammen. Doch aus dem Unförmigen (z.B. das Eisenerz) wurde die Form (Waffe, Pflug oder im menschlichen Liebesakt das Kind.).

Insofern ist der Krieg also auch für die Griechen und Römer zwar Vater aller Dinge; doch der Frieden, die Liebe, die Mutter ist die primäre Kraft, welche alle Materie durch ihre Anziehung formt. Venus ist die mächtigste Göttin Roms, nicht Jupiter; weshalb das Herrschergeschlecht der Julier seine Genialogie auch auf sie zurückführt; ebenso der römische Staatsmythos: Die Aeneis.

Diese oder jene Autorität

Mephistopheles, Donnerstag, 14.05.2020, 21:37 vor 1440 Tagen @ Diogenes Lampe 7919 Views

Also @Meph scheint mir nicht einer zu sein, der nachplappert oder einer zu sein, der sich mit
fremden Feder schmückt, ohne wirklich selbst Geist zu haben. Kann mich ooch irren.


Da bin ich ganz Ihrer Meinung. Ich bezog meine Aussage und Frage denn auch nicht, wie unschwer zu erkennen ist, als Unterstellung auf Mephistopheles, sondern fragte ihn, ob es sich auch bei ihm so verhält. Die Antwort steht noch aus, also will ich darüber nicht spekulieren.

Antwort kommt noch.

Diese oder jene Autorität war Heraklit:

Πόλεμος πάντων μὲν πατήρ ἐστι.

Oswald Spengler hat selber abgeschrieben, sich auch nie als den Urheber ausgegeben. Aber wegen der bereits zu seiner Zeit zunehmenden Verblödung (= Beweis seiner These vom Untergang des Abendlandes) hat er dies des öfteren betont. Tatsächlich ist jede Kultur ohne Krieg undenkbar, wie auch in diesem Forum aus der Theorie des Debitismus herausgearbeitet wurde.

Wer gegen Krieg ist, schafft diesen damit keineswegs ab, sondern kann als Erfolg lediglich die Zerstörung jedweder Kultur, vorzugsweise der eigenen, verbuchen.

Gruß Mephistopheles

Teilantwort

Oblomow, Donnerstag, 14.05.2020, 22:46 vor 1440 Tagen @ Diogenes Lampe 7769 Views

bearbeitet von Oblomow, Donnerstag, 14.05.2020, 22:55

Könnte man die Sätze nicht um das "seelisch zu verderben" kreisen lassen? In einem Krieg verderben fast alle Seelen, während in einem langen Frieden alle Seelen sukzessive verderben. insofern müsste wir den Satz selbst komplettierten: Einen langen Frieden erträgt niemand, ohne seelisch zu verderben.


Was ist daran komplettieren? Sie tauschen zwischen den beiden Teilen des Satzes dann ja nur die Wort aus. Sie legen "Frieden" und "niemand" in den ersten Teil. Zusammen mit dem Individuellen, während das Absolute in den zweiten Teil verschoben wird. "Einen langen Krieg ertragen wenige" müsste man dann eigentlich komplettieren. Genau das habe ich ja auf den Punkt gebracht, als ich Spenglers Zitat auf den Zynismus zurückführte: "Der Frieden verdirbt sie Seele". Wenn es der lange tut, kann es auch der kurze, denn lang oder kurz sind relative Eigenschaften.

Das steht nicht bei Spengler. Es geht um "fast alle" und um "niemand". In einem Krieg verderben eben manche nicht, während in einem langen Frieden eben alle seelisch verderben. Man könnt es auch phänomenologisch deuten. Dass ein Krieg gut ist, ist damit noch nicht gesagt, sondern er konstatiert einen Zusammenhang. Den Überbringer eines unbequemen Gedanken als zynisch zu beurteilen, scheint mir etwas eindimensional. Machiavelli, z.B. ist so auch diskreditiert worden.

Prüfe ich den Umkehrschluss auf Ihren Vorschlag, kommt sowas heraus wie: "Der Krieg ist das beste Mittel, seelisch nicht zu verderben".

Das gilt für manche, eben nicht für alle, während für alle gilt, dass sie bei einem langen Frieden seelisch verkommen.

Also Raub und Mord, Zerstörung und Vergewaltigung und all die schönen Dinge, die den Krieg ausmachen, sind gut für unsere seelische Gesundheit, unser seelisches Gleichgewicht. Denn dem verleihen sie Mut und Tapferkeit, Durchhaltewillen und noch so manche Ritterlichkeiten. Dann sind die "wenigen" aus dem ersten Teil des Satzes aber bloß noch unerfrischte, ja kranke Jammerlappenseelen. Schließe ich: "Der Krieg macht die Seele stark", dann sind die, welche ihre Seele durch den Frieden stärken wollen, verweichlicht und dekadent.

Alle können eben in einem langen Frieden und es geht nicht um den Frieden per se, sondern um den langen Frieden nicht verhindern, seelisch auf den Hund zu kommen. Der Krieg macht auch nicht alle Seelen stark, sondern eben nur manche. Ich wünsche mir auch eine azephale Gemeinschaft, doch es ist eben nicht Wünschdirwas.

Was Sie über Heraklit und Empedokles und dann Schluss schreiben, das ist schön und darüber denke ich jetzt nach. Ich danke Ihnen. Auch Ihre Gedanken zur Langeweile teile ich. Es gäbe da viel von Pascal, Hamann, Kierkegaard und Schopi zu zitieren, aber fremde Federn, Sie wissen schon...

Herzlich
Oblomow

Das furchtbare Fruchtbare

Langmut @, Donnerstag, 14.05.2020, 23:23 vor 1440 Tagen @ Oblomow 7839 Views

Hallo in die Runde,

musste erst einmal "azephal" ergoogeln.

Nun bin ich etwas schlauer, fühle mich in den Beiträgen dieses Fadens aber vollkommen verloren.

Das Geschichtswissen aus Friedell zu extrahieren, ist zweifellos bekömmlicher als sich Spengler anzutun.

Für völkisches Bewusstsein empfehle ich noch Gregor von Rezzoris Bücher (der wäre gestern 106 Jahre alt geworden, aber wer kennt den noch?).

Corona wird uns alle geistig beschädigen - das ist das Hauptübel.

Gruß
Langmut

--
Ich bin recht und das ist auch gut so.

Der Unterschied zwischen schlau und dumm.
Ein schlauer Mensch kann sich dumm stellen.

Arbeit finde ich gut, da könnte ich anderen stundenlang zuschauen. (Diogenes von Sinope)

"Corona wird uns alle geistig beschädigen - das ist das Hauptübel."

Oblomow, Freitag, 15.05.2020, 09:15 vor 1440 Tagen @ Langmut 7914 Views

Guten Morgen lieber Langmut!

Da bin ich garnicht sicher. Da die meisten geistig laengst beschaedigt sind, bleibt fuer die Gruppe alles beim Alten.

Manche aber werden in der Zeit jetzt durchaus zu neuem geistigen Leben erwachen.

Dieser Gedanke ist doch ein passabler Bogen zum Spenglerzitat.

Und dass Du jetzt endlich weisst was azephal ist, wo Du doch Fussball mit den kleinen azephalen Gemeinschaften so magst, ist doch schoen.

Dieses Woertchen war in Diskursen hier durchaus mal von Bedeutung. Vermutlich lief da gerade die WM. Just teasing.

Danke fuer den Rezzoritipp.

Herzlich
Oblomow

Spengler, Krieg und Frieden

Taurec ⌂ @, München, Donnerstag, 14.05.2020, 10:55 vor 1440 Tagen @ Diogenes Lampe 8102 Views

bearbeitet von Taurec, Donnerstag, 14.05.2020, 11:00

Hallo!

Der Frieden verdirbt sie Seele.

Die Rede ist nicht von "Frieden", sondern von einem "langen Frieden". Du vereinfachst Spengler, um ihn dann plakativ aufziehen zu können, was jedoch an seiner Aussage vorbeigeht, die man zudem im Zusammenhang betrachten sollte, statt den Satz isoliert zu betrachten, um ihn zu verallgemeinern.

Spengler bezog sich auf die von 1870 bis 1914 in Europa herrschende Friedenszeit, welche die Völker so verdorben habe, daß es in der Gegenwart von 1933 nicht mehr möglich sei, Politik zu machen, ohne dem Drängen nach Wiederherstellung dieses "verlorenen Paradieses" der "guten alten Zeit" Rechnung zu tragen.

"Diese Friedenszeit von 1870 bis 1917 und die Erinnerung an sie hat alle weißen Menschen satt, begehrlich, urteilslos und unfähig gemacht, Unglück zu ertragen: die Folge sehen wir in den utopischen Vorstellungen und Forderungen, mit denen heute jeder Demagoge auftritt, Forderungen an die Zeit, die Staaten, die Parteien, vor allem 'die anderen', ohne an die Grenzen des Möglichen, an Pflichten, Leistungen und Entsagung auch nur zu erinnern.
Dieser allzulange Friede über dem vor wachsender Erregung zitternden Boden ist eine furchtbare Erbschaft. Kein Staatsmann, keine Partei, kaum ein politischer Denker steht heute sicher genug, um die Wahrheit zu sagen. Sie lügen alle, sie stimmen alle in den Chorus der verwöhnten und unwissenden Menge ein, die es morgen so und noch besser haben will wie einst, obwohl die Staatsmänner und Wirtschaftsführer die furchtbare Wirklichkeit besser kennen sollten."

Spengler schrieb, dergleichen werde nie wiederkommen. Damit lag er falsch. Die Friedenszeit seit 1945 hat sich noch viel verheerender ausgewirkt. Seine folgenden Sätze lassen sich aber sinngemäß auf die BRD-Zeit übertragen, was bedeutet, daß er im Grunde recht hatte und es tatsächlich ein Verhältnis zwischen Frieden und Dekadenz gibt.

"Aber was für Führer haben wir heute in der Welt! Dieser feige und unehrliche Optimismus kündet jeden Monat einmal die 'wiederkehrende' Konjunktur und prosperity an, sobald ein paar Haussespekulanten die Kurse flüchtig steigen lassen; das Ende der Arbeitslosigkeit, sobald irgendwo 100 Mann eingestellt werden, und vor allem die erreichte 'Verständigung' der Völker, sobald der Völkerbund, dieser Schwarm von Sommerfrischlern, die am Genfer See schmarotzen, irgend einen Entschluß faßt. Und in allen Versammlungen und Zeitungen hallt das Wort Krise wider als der Ausdruck für eine vorübergehende Störung des Behagens, mit dem man sich über die Tatsache belügt, daß es sich um eine Katastrophe von unabsehbaren Ausmaßen handelt, die normale Form, in der sich die großen Wendungen der Geschichte vollziehen."

Bei Spengler ist es übrigens wenig zielführend, seine pathetisch-poetische Sprache zu zerstückeln, um (auf Grundlage der eigenen Wertvorstellungen, nicht Spenglers!) ihm vermeintliche Irrtümer nachzuweisen. Der Sinn schwingt in der Gesamtheit einer Passage. Gleichwohl ist sein Stil geeignet, einprägsame Einzelsätze für Zitatesammlungen zu liefern oder um in Diskussionen zu glänzen, was wohl mitursächlich für die häufigen Mißverständnisse ist. Viele hängen sich nämlich an diesen Sätzen auf, ohne in die Tiefe der spengler'schen Philosophie zu dringen (was man häufig gar nicht will, sonst hätte man ihn ja gelesen).

Darauf will er hinaus, denn seine Schlüsse müssen ja in seine morphologische Zyklentheorie passen, wie der Zyklus Krieg-Frieden-Krieg als soziologische Beschreibung der aufgrund einer Kampfmoral entstehenden und vergehenden und dann wiederkehrenden Kulturen, die in unserem Beispielsatz im Wort "ertragen" mitschwingt.

Kulturen kehren bei Spengler nicht wieder. Die Zyklen sind einmalig. Sie entstehen auch nicht aufgrund einer "Kampfmoral", sondern organisch und unbeabsichtigt aufgrund einer Lebenshaltung, die eine "innere Wahrheit" verwirklicht haben will (meine Worte). Moralen sind lediglich Form und Folge dieses Dranges, aber nicht Ursache.
Krieg gehört hier notwendig dazu. Die mittelhochdeutsche Bedeutung des Wortes (Anstrengung, Bemühen, Hartnäckigkeit, Streben, Streit) zeichnet die Tatsachen noch klarer, weil die Begrifflichkeiten noch nicht durch die modernen Moralismen verdorben waren, welche die Wörter mit emotionalisierenden Wertungen aufladen. Der Drang nach seelischer Selbstverwirklichung, der die Kulturen hervortreibt, entspricht zunächst ein innerlicher Kampf, ein Ringen mit sich selbst, um Altes zu überwinden. Dazu tritt der äußerliche Kampf, wo Lebenseinheiten aufeinandertreffen und das Platz- und Ressourcenangebot begrenzt ist. Daß es hierbei schlicht, wie beim Verdrängungsprozeß von Pflanzen im Walde, um die unbedingte Durchsetzung des Eigenen geht, ohne die sentimentale Bemitleidung und Überbewertung des Fremden, ist eine Tatsache des Lebens und der Geschichte, die anzuerkennen und zu ertragen ist. Der Krieg (beinhaltend Wachstum, Aneignung von Ressourcen, Verdrängung) ist die Grundtatsache des Lebens. "Frieden" ist da nur eine andere Form des Krieges, die am ehesten mit der Ruhezeit zwischen Wachstumsperioden zu vergleichen wäre. Erst in unserer Epoche, die auch schon Spenglers Epoche war, wird der Frieden (der Winter des Lebens) zu einem Wert an sich erhoben, was aber nichts weiter als das Ende des Lebens markiert, wenn er dauerhaft wird.
Deine Ableitung, der Frieden verderbe die Seele, ist mit Spenglers Philosophie eigentlich nicht vereinbar. Sie müßte eher lauten: Verdirbt die Seele, herrscht Frieden.

Den ersten Teil kann jeder nachvollziehen

Das wundert mich. "Einen langen Krieg ertragen wenige, ohne seelisch zu verderben", ist wohl der Teil, der am wenigstens oder gar nicht auf Erfahrung basiert. Wie lange muß denn ein Krieg sein, um seelisch unerträglich zu werden? Vier Jahre, dreißig Jahre? Mich dünkt, dem Dreißigjährigen Kriege folgte in Deutschland ein ungeahnter kultureller Aufschwung, von dem wir noch heute zehren.
Spengler, der selbst ohne Kriegserfahrung war, hat hier wohl in der Tat nur eine haltlose Behauptung aufgestellt, um einen stilistischen Gegensatz zu seiner eigentliche Aussage zu schaffen, einen langen Frieden ertrage niemand, ohne seelisch zu verderben.
Warum ist dies so? "Verderben" kommt von "darben", was im Gotischen/Germanischen mit "þarba" ("Mangel") verwandt ist. Der Mangel an Krieg sorgt für den seelischen Untergang derjenigen, die eigentlich noch lebensfähig wären, aber unter der Dampfglocke der Zivilisation keine Möglichkeit mehr finden, sich selbst zu verwirklichen.

zum zweiten wird er verführt, indem der erste Teil, den man innerlich sofort bejat hat,...

Den Du sofort bejahst, weil er zu Deiner pazifistischen Grundstimmung paßt (die ja nichts weiter ist als die Grundstimmung unserer Zeit, also nicht eigentlich Deine).

..., vom Umkehrschluss ablenkt, den man erst einmal aus dem zweiten Teil gedanklich ziehen müsste. Aber die Mühe machen sich wenige, denn das Ja auf den ersten Teil schafft Vertrauen für die Richtigkeit des zweiten gleich mit.

Das ist unsinnig und obsolet. Der zweite Teil ist die eigentliche Aussage, die in einer Linie mit der gesamten Textpassage liegt und darin weiter ausgearbeitet wird. Der erste Halbsatz ist nur der stilistische Aufbau, der der ein packendes Antitheton zur eigentlichen Aussage darstellen soll, die Du natürlich auf Anhieb ablehnst und nicht verstehst, weil Dir das zugrundeliegende Denken fremd ist. Allein das spricht aber noch nicht gegen Spenglers Denkweise.
(Eigentlich bestätigt es sogar Spengler, der das Auftreten sophistischer Pazifisten, also "Friedensdenker" als Niedergangssymptom in der Zivilisation ausdrücklich beschreibt.)

Der Kulturmorphologe hat sich da aber auch zu einem politischen Axiom hinreißen lassen, das zwischen Individuum und Gesellschaft keinen Unterschied macht.

Das war auch gar nicht Sinn der Aussage. Spengler hat seinem poetischen Stil entsprechend "gezeichnet", sich aber ausdrücklich nicht auf Einzelne, sondern die Gesamtheit bezogen. ("Diese Friedenszeit [...] hat alle weißen Menschen satt, begehrlich, urteilslos [...] gemacht.") Gäbe es keine Einzelnen, die anders wären, hätte er sein Buch "Jahre der Entscheidung", dem das Zitat entstammt, gar nicht schreiben können und müssen, da es keinen verständigen Adressaten gefunden hätte.

Auf der individuellen Ebene hat er recht. Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf, besagt die Ironie des Plautius sicher nicht zuunrecht. Genau deshalb aber haben sich die Menschen zur Bildung von Staaten entschlossen, also gesellschaftlichen Strukturen, die sicherstellen, dass das Recht des Stärkeren, ein Naturrecht, bei der Staatsgewalt hinterlegt wird.

Nein, das ist nicht der Grundimpuls der Staatenbildung. Das ist das Axiom, von dem die modernen Staaten ausgehen, nämlich "Einhegung des Krieges".
Der Staatenbildung lag ursprünglich auch kein "Entschluß" zugrunde. Das ist spät (moderne Denkweise) und ahistorisch. Der Staat in der Hochkultur ist ein organisch sich entwickelndes Gebilde, an dessen Ursprung alles andere, aber kein Entschluß liegt. Der Staat ist die Form, welche die Lebensäußerungen eines Volkes annehmen, das sich in diesem Staat selbst ein Recht gibt und zwar vermittels der Stärkeren in diesem Volke, die pars pro toto die Gewalt für alle ausüben. Dabei werden aber nur längst herrschende Rechtsgewohnheiten in eine institutionell höhere Form gebracht. Der Bruch findet erst mit den modernen Republiken statt, die tatsächlich auf einem Entschlusse basieren müssen, weil sie aus der Abschaffung und Negierung der alten gewachsenen Ordnung hervorgingen. Diese Staaten sind, von den Werten der Zivilisation ausgehend, ausdrückliche "Antikriegsstaaten", die den Krieg nicht nur in eine kulturell höhere und reifere Form bringen ("einhegen"), sondern ihn ein für allemal abschaffen wollen. Damit können sie sich freilich nicht der Grundtatsache des Lebens entziehen, weswegen die Befriedung der Welt durch die Demokratie nur kriegerisch möglich ist und im Inneren zum Absterben auch der restlichen Lebenskräfte führt.

Denn es ist ebenso ein Naturrecht, dass jeder Mensch, ob stark ob schwach, die Mittel zu seinem Überleben hat. Genauso ist sein Streben nach Glück und das Vermeiden von Leid sein Naturrecht. Und diese Naturrechte streiten miteinander in Permanenz; im Individuum selbst und zwischen den Individuen; den starken wie den schwachen.

Man sollte das Wort "Recht" hier nicht pathetisch überstrapazieren in dem Sinne, daß das Naturrecht etwas Heiliges und Unantastbares sei. Natürlich wird es derart von den Rechtsdenkern der Republik gerne verstanden, weil sie andernfalls überhaupt keine höhere Grundlage zur Rechtfertigung ihrer als Antithese zur Geschichte konstruierten Staatswesen hätten.
Die Mittel zum eigenen Überleben zu haben, ist wohl kaum ein Naturrecht, wenn man den Begriff als aus der übergeordneten Natur sich ableitend begreift. Die Naturbeobachtung zeigt, daß immer wieder Lebewesen geboren werden, die nicht die Mittel zum eigenen Überleben haben. Wer aber nicht aus sich heraus überlebensfähig bzw. dieser Mittel aneignungsfähig (also kriegsfähig) ist, geht in der Natur einfach zugrunde. Erst Naturrechtler leiten eine Existenzberechtigung schlicht daraus ab, daß jemand da ist, und entfernen somit den Lebenskampf aus ihrer dekadenten Philosophie.
"Streben nach Glück" und "Vermeidung des Leides" sind ebenfalls nicht mit der Natur kompatibel. Ersteres ist eine hohle Floskel, die aber gut klingt, weil sie dem subjektiven Wohlbefinden schmeichelt. Letzteres widerspricht der Beobachtung der Natur, in der alles Lebendige zu einem gewissen Grade auch leidet.

Der Staat ist daher das Mittel, diesen Streit zu schlichten, Recht und Gewalt in eine Hand zu legen, um die Voraussetzung für eine funktionierende Zivilisationsordnung zu schaffen. Er garantiert mit seinem Gewaltmonopol im Innern Frieden zwischen seinen Bürgern, die dafür bürgen, dass sie auf gegenseitige Gewalt verzichten.

Ja, eine "Zivilisationsordnung"! [[top]]
Die Zivilisation zeichnet sich allerdings dadurch aus, daß die Bürger im Inneren mehrheitlich seelisch gar nicht mehr fähig sind, aneinander Gewalt auszuüben. Diese Übertragung auf den Staat ist ein abstraktes, rechtsphilosophisches Dogma, dem aber keine historische Realität mehr gegenübersteht, auf die es sich gründen und die Notwendigkeit des Staates begründen könnte. Der Staat der modernen Zivilisation ist eigentlich ein Antistaat, der sich als Negativ in einer entstandenen Leere gebildet hat.
Ein kleinerer Teil der Menschen, die noch zur Gewalt fähig sind, wendet diese auch trotz des Staates oder geradezu mit Deckung des Staates bzw. durch Nutzung seiner Institutionen zu seinen Zwecken an. Damit wird der Rest der Gewaltfähigen, die nicht mit der herrschenden Ordnung übereinstimmen, unterdrückt. Die Masse läuft nebenher, nimmt davon nicht richtig Notiz und versucht, mit rechtlichen Mitteln (zahnlos) sich ihr Recht zu erstreiten. Das ist die "Zivilisationsordnung", die in der Tat eine funktionierende ist, aber unter der Decke anders aussieht, als es sich der weltfremde Rechtsphilosoph vorstellen kann.

Somit kann er dann auch die Verteidigung gegen innere und äußere Feinde sicherstellen. Frieden zu ermöglichen, heißt, Gewalt und Recht durch eine übergeordnete Institution in Balance resp. Rahmen zu halten.

Der eigentliche Sinn des Staates im Inneren, z. B. noch des Deutschen Reiches bis 1918, war nicht, im Inneren "Frieden" zu schaffen, sondern die widerstreitenden Teile des deutschen Volkes in einem Rahmen miteinander umgehen zu lassen. Was Du "Frieden" nennst, ist lediglich eine Form, den Krieg im Inneren einzuhegen und fortdauern zu lassen, so daß er sich für die große Lebenseinheit "deutsches Volk" nicht schädlich, sondern förderlich auswirkt, nämlich im Rahmen des "großen Krieges" im Äußeren. Spengler hat nichts weiter beklagt, als daß dieser große Krieg im Äußeren nicht oder zu spät stattfand, so daß das Volk seelisch verdarb.
Wir sollten anerkennen, daß mit "Frieden" auf Grundlage der modernen, demokratischen Moralismen etwas ganz anderes gemeint ist, als das Wort im Laufe der Geschichte eigentlich bedeutete, nämlich eher einen "stabilen Kriegszustand".

Für das Recht des Stärkeren braucht es keinen Staat. Nur eine Mafia, Räuberbande, Piraten.

Letzteres sind in der Regel die Ausdrücke und "Kampfbegriffe" der Machtlosen für diejenigen, die einen Staat bestimmen. Eine Reflektion der eigenen Machtlosigkeit, aber keine belastbare absolute Wertung. Die Bösen sind stete jene, die nicht im eigenen Sinne wirken.

Noch zum "Recht des Stärkeren": Dieses wird häufig als Antithese und Begründung für die Existenz des modernen Staates angeführt. Die Wahrheit ist, daß es eher um die "Gesinnung des Stärkeren" gehen sollte. Handelt er, wie es dem ritterlichen Ethos entspricht, stellvertretend für die Schwächeren, die nicht zu einem Rechte kommen, oder handelt der Stärkere nur für sich selbst? Zieht er die Linie des Eigenen nur um die eigene Person oder begreift er andere mit ein, die von seiner Art sind und deren Gedeihen er mit seinem eigenen verbindet?
Das Recht des Stärkeren ist wohl das eigentliche und einzige Naturrecht. Man sollte es adäquat ausformen und nicht von Vornherein ablehnen.

Wenn also Staaten fallen und entstehen, dann geht es immer um diese Balance zwischen Recht und Gewalt; dem Gewaltmonopol, das für alle gilt, also dem Staatsrecht, und dem Recht des Stärkeren, die beim Fallen sich als instabil -und beim Entstehen sich als notwendig erwiesen hat;

Recht und Gewalt sind keine Gegensätze, sondern nahezu deckungsgleich. Auch "Gewalt" ist wie das Wort "Krieg" durch die modernen Moralismen entwertet und vernegativiert worden. "Gewalt" von "walten" ist schlicht die Fähigkeit, etwas zu tun, und es auch zu tun. Recht und Gewalt sind immer in Balance, weil sie identisch sind. Die Frage ist allein, ob die "Rechteinhaber" und Gewaltausübenden im Sinne des Volkes handeln. Dessen können sie aber nicht (nachträglich) gelehrt werden. Es muß ihnen als Teil der Prägung in der Kultur, durch Tradition und Erziehung in dieser Tradition von Kindesbeinen an beigebracht werden. Sollten heute noch solche Menschen vorhanden sein, müssen sich auch diese, wie es die herrschenden Usurpatoren taten, den Staat erst gewaltsam, durch Ausübung ihres Naturrechts des Stärkeren, aneignen, um dann für das Volk, dem sie sich verpflichtet fühlen, Recht zu setzen. Sollten die neuen Herrscher ebenfalls entarten, hat das Volk keine andere Möglichkeit, als aus sich heraus eine neue Elite zu bilden und die Herrscher gewaltsam zu entthronen.

Und somit kann man auch nicht von diesem kollektiven Balanceakt schließen, dass kein Individuum einen langen Frieden ertragen kann. Sonst hätten sich wohl nie Individuen zu einem Staat zusammenschließen wollen. Ein langer Frieden muss also irgendwie im Menschen als Wille zum Frieden angelegt sein. Denn in seinem Streben nach Glück ermöglicht ihm nur der Frieden Lebensgenuß. Nur ist die Vorstellung vom Lebensgenuß, wie vom Frieden, unterschiedlich, eben individuell; und so sind es auch die Motive des Handelns, die das eigene Wohl mit dem Wohl des anderen abwägen muss, will es kein Wohl auf Kosten des anderen suchen. Wenn doch, was bekanntlich nicht selten vorkommt, dann muss das Recht die Gewalt in die Schranken weisen.

Ich meine, es hinreichend dargelegt zu haben. Hier nochmal kondensiert:

1. Der "kollektive Balanceakt" ist keiner, sondern spielt sich nur in den Gehirnen der modernen Rechtsphilosophen ab, die vor dem (von ihnen nicht erkannten) Problem stehen, daß die herrschende Ordnung aus sich heraus unmoralisch ist und nicht von einer edelen Elite getragen wird. Nur mit diesem Ausgangpunkte ist es überhaupt notwendig, Gewalt auszugleichen.

2. Spengler ging es in seiner Ausführung gar nicht um das Individuum, sondern um den "Geist der Zeit" bzw. die Seele des Volkes, die durch lange Zeiten ohne Anstrengung (eine ursprüngliche Bedeutung des Wortes "Krieg") verdorben wurde.

3. Was Du unter "Frieden" verstehst, ist eigentlich das Ende allen Lebens. Aus Sicht des aktiven Lebens ist "Frieden" ein "Krieg mit anderen Mitteln", eine Ruhephase, die lediglich der Vorbereitung neuer Wachstums- und Kriegsphasen dient. Dieser Frieden wird dann schädlich, wenn er nicht oder zu spät wieder in Krieg übergeht.

4. "Streben nach Glück" ist eine emotionalisierende Hohlfloskel, die nur den lebensmüden und des Lebenskampfes überdrüssigen Zivilisten als Grundimpuls beeindrucken kann. Aus Sicht des wahren Lebens ist nicht selten Krieg die eigentliche Erfüllung und das wahre Glück und Lebensgenuß. Dies wird durch die Kriegstagebücher junger Kriegsteilnehmer (man denke etwa an Ernst Jünger) eindrucksvoll untermauert.

5. Leben ist immer Leben auf Kosten anderer. Ich meine, dieses Axiom steckt auch in den Fundamenten der debitistischen Lehre. Es ist der Ursprung des Schuldbegriffs.
Sein Wohl nicht auf Kosten anderer suchen zu wollen, ist nichts weiter als ein utopisches Hirngespinst, das schön und moralisch hochwertig klingt, aber nur lebens- und wirklichkeitsfremd ist. Das Recht dient eigentlich nicht dazu, diesen Vorgang zu beschränken, sondern zu kodifizieren.
Selbst die Beobachtung der heutigen Staaten, die eigentlich diese "Gewaltbeschränkung zum Wohle aller" widerspiegeln sollten, zeigt, daß sie in der Tat nur eine komplexe Ausgestaltung des Rechts des Stärkeren sind, deren Ziel nicht der Schutz, sondern die Unterdrückung und Ausplünderung der Bevölkerung ist, die erst in dem demokratischen Staaten entrechtet wurde. Die Alternative heißt nicht, das Recht des Stärkeren (diesmal wirklich) abzuschaffen, sondern es so auszugestalten, daß das Leben nicht auf Kosten des eigenen, aber anderer Völker stattfindet. Irgend jemand muß immer leiden. Das wird sich erst ändern, wenn dieser Planet eine karge Wüste ist, worauf unsere Zivilisation unter dem Gesetze, nach dem sie angetreten, auch hinarbeitet.

Als Kulturkritiker finde ich Spengler teilweise brillant. Als Philosophen eher oberflächlich. Als Zyklenhistoriker fragwürdig.

Ich vermute ein (wie so häufig) nur oberflächliches Durchdringen der spengler'schen Philosophie. Andernfalls hättest Du auch nicht von "vergehenden und dann wiederkehrenden Kulturen" geschrieben, was auf ein Mißverständnis seiner Zyklenhistorie hinweist.

Gruß
Taurec

--
„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh’ zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“


Weltenwende

Verantwortungsvolle Gewalt und verantwortungslose Gewalt

Mephistopheles, Donnerstag, 14.05.2020, 22:51 vor 1440 Tagen @ Taurec 7823 Views

bearbeitet von Mephistopheles, Donnerstag, 14.05.2020, 22:56

Wenn also Staaten fallen und entstehen, dann geht es immer um diese Balance zwischen Recht und Gewalt; dem Gewaltmonopol, das für alle gilt, also dem Staatsrecht, und dem Recht des Stärkeren, die beim Fallen sich als instabil -und beim Entstehen sich als notwendig erwiesen hat;

Gewalt ist der einzige Grund (im Sinne von Ursache) und Begründung für das Recht. Ohne vorausgehende Gewalt kein Recht. Gibt es einfach nicht. Nirgendwo.

Es existiert nun die verantwortungsvolle Gewalt und die verantwortungslose Gewalt. Verantwortungsvolle Gewalt ist jede Gewalt, die der Gewalttätige auf eigenes Risiko anwendet (Skin in the game würde Nassim Taleb sagen). Verantwortungslose Gewalt ist jede Gewalt die einer im Auftrag anwendet. Und nur darum geht es bei beim Rechtsstaat: Man möchte die verantwortungslose Gewalt eindämmen.

Recht und Gewalt sind keine Gegensätze, sondern nahezu deckungsgleich. Auch "Gewalt" ist wie das Wort "Krieg" durch die modernen Moralismen entwertet und vernegativiert worden. "Gewalt" von "walten" ist schlicht die Fähigkeit, etwas zu tun, und es auch zu tun. Recht und Gewalt sind immer in Balance, weil sie identisch sind. Die Frage ist allein, ob die "Rechteinhaber" und Gewaltausübenden im Sinne des Volkes handeln. Dessen können sie aber nicht (nachträglich) gelehrt werden. Es muß ihnen als Teil der Prägung in der Kultur, durch Tradition und Erziehung in dieser Tradition von Kindesbeinen an beigebracht werden. Sollten heute noch solche Menschen vorhanden sein, müssen sich auch diese, wie es die herrschenden Usurpatoren taten, den Staat erst gewaltsam, durch Ausübung ihres Naturrechts des Stärkeren, aneignen, um dann für das Volk, dem sie sich verpflichtet fühlen, Recht zu setzen. Sollten die neuen Herrscher ebenfalls entarten, hat das Volk keine andere Möglichkeit, als aus sich heraus eine neue Elite zu bilden und die Herrscher gewaltsam zu entthronen.

Und somit kann man auch nicht von diesem kollektiven Balanceakt schließen, dass kein Individuum einen langen Frieden ertragen kann. Sonst hätten sich wohl nie Individuen zu einem Staat zusammenschließen wollen. Ein langer Frieden muss also irgendwie im Menschen als Wille zum Frieden angelegt sein. Denn in seinem Streben nach Glück ermöglicht ihm nur der Frieden Lebensgenuß. Nur ist die Vorstellung vom Lebensgenuß, wie vom Frieden, unterschiedlich, eben individuell; und so sind es auch die Motive des Handelns, die das eigene Wohl mit dem Wohl des anderen abwägen muss, will es kein Wohl auf Kosten des anderen suchen. Wenn doch, was bekanntlich nicht selten vorkommt, dann muss das Recht die Gewalt in die Schranken weisen.


Ich meine, es hinreichend dargelegt zu haben. Hier nochmal kondensiert:

1. Der "kollektive Balanceakt" ist keiner, sondern spielt sich nur in den Gehirnen der modernen Rechtsphilosophen ab, die vor dem (von ihnen nicht erkannten) Problem stehen, daß die herrschende Ordnung aus sich heraus unmoralisch ist und nicht von einer edelen Elite getragen wird. Nur mit diesem Ausgangpunkte ist es überhaupt notwendig, Gewalt auszugleichen.

2. Spengler ging es in seiner Ausführung gar nicht um das Individuum, sondern um den "Geist der Zeit" bzw. die Seele des Volkes, die durch lange Zeiten ohne Anstrengung (eine ursprüngliche Bedeutung des Wortes "Krieg") verdorben wurde.

3. Was Du unter "Frieden" verstehst, ist eigentlich das Ende allen Lebens. Aus Sicht des aktiven Lebens ist "Frieden" ein "Krieg mit anderen Mitteln", eine Ruhephase, die lediglich der Vorbereitung neuer Wachstums- und Kriegsphasen dient. Dieser Frieden wird dann schädlich, wenn er nicht oder zu spät wieder in Krieg übergeht.

4. "Streben nach Glück" ist eine emotionalisierende Hohlfloskel, die nur den lebensmüden und des Lebenskampfes überdrüssigen Zivilisten als Grundimpuls beeindrucken kann. Aus Sicht des wahren Lebens ist nicht selten Krieg die eigentliche Erfüllung und das wahre Glück und Lebensgenuß. Dies wird durch die Kriegstagebücher junger Kriegsteilnehmer (man denke etwa an Ernst Jünger) eindrucksvoll untermauert.

5. Leben ist immer Leben auf Kosten anderer. Ich meine, dieses Axiom steckt auch in den Fundamenten der debitistischen Lehre. Es ist der Ursprung des Schuldbegriffs.
Sein Wohl nicht auf Kosten anderer suchen zu wollen, ist nichts weiter als ein utopisches Hirngespinst, das schön und moralisch hochwertig klingt, aber nur lebens- und wirklichkeitsfremd ist. Das Recht dient eigentlich nicht dazu, diesen Vorgang zu beschränken, sondern zu kodifizieren.
Selbst die Beobachtung der heutigen Staaten, die eigentlich diese "Gewaltbeschränkung zum Wohle aller" widerspiegeln sollten, zeigt, daß sie in der Tat nur eine komplexe Ausgestaltung des Rechts des Stärkeren sind, deren Ziel nicht der Schutz, sondern die Unterdrückung und Ausplünderung der Bevölkerung ist, die erst in dem demokratischen Staaten entrechtet wurde. Die Alternative heißt nicht, das Recht des Stärkeren (diesmal wirklich) abzuschaffen, sondern es so auszugestalten, daß das Leben nicht auf Kosten des eigenen, aber anderer Völker stattfindet. Irgend jemand muß immer leiden. Das wird sich erst ändern, wenn dieser Planet eine karge Wüste ist, worauf unsere Zivilisation unter dem Gesetze, nach dem sie angetreten, auch hinarbeitet.

Das Recht des Stärkeren ist das einzig moralisch zu rechtfertigende Recht. Das Leben kennt nur das Recht des Stärkeren. Alles andere ist das Recht des Schwächeren und damit lebensfeindlich, weil es bestrebt ist, das Starke und Gesunde auszumerzen um der eigenen Schwäche und Kränklichkeit willen. Man lässt die Pflänzchen stehen, die sich kräftig und gerade entwicfkeln und reißt die kümmerlichen raus.

Als Kulturkritiker finde ich Spengler teilweise brillant. Als Philosophen eher oberflächlich. Als Zyklenhistoriker fragwürdig.

Als Kulturkritiker finde ich Jesus teilweise brillant. Als Philosophen eher oberflächlich. Als Zyklenhistoriker fragwürdig.

Ich habe deinen Text nur ein wenig zur Kenntlichkeit entstellt.

Spengler ist weder von Beruf Kulturkritiker noch Philosoph noch Zyklenhistoriker, sondern Wissenschaftler. Und das Kriterium für Wisssenschaft ist nun einmal, ob seine Voraussagen eintreffen. Bei Spengler tun sie das - und das macht ihn so faszinierend für die, die sich mit ihm beschäftigen - in frappanter Weise.

Gruß Mephistopheles

@Diogenes Lampe: BMI-Leak und Seehofer

Konjunktion ⌂ @, Irgendwo und Nirgendwo, Montag, 11.05.2020, 15:08 vor 1443 Tagen @ Diogenes Lampe 11956 Views

Lieber Diogenes Lampe,

in Ihren detailreichen und tiefgehenden Analysen, die ich immer sehr gerne lese, haben Sie in den letzten Jahren oftmals von Herrn Seehofer als "heimlichen Kanzler" geschrieben, der die eigentliche Macht in D in Händen hält.

Wäre es angesichts des Leaks aus dem BMI jetzt nicht die Gelegenheit schlechthin Angela Merkel aus dem Amt zu drängen? Oder würde er sich dabei selber zu stark schädigen - als Hausherr und Hauptverantwortlicher und Minister des BMI?

Würde mich sehr über eine kurze Analyse dazu Ihrerseits freuen.

BG, Konjunktion

--
Als Konjunktion wird in der Logik eine bestimmte Verknüpfung zweier Aussagen oder Aussagefunktionen bezeichnet.

Die bisherige Beurteilung Seehofers ist auch für mich eine Art blinde Stelle im sonst so klaren Lampenglas(oT)

Odysseus @, Montag, 11.05.2020, 17:49 vor 1443 Tagen @ Konjunktion 9453 Views

bearbeitet von Odysseus, Montag, 11.05.2020, 18:36

Seehofer zwischen zwei Stühlen

Diogenes Lampe @, Montag, 11.05.2020, 19:19 vor 1443 Tagen @ Konjunktion 11914 Views

bearbeitet von Diogenes Lampe, Montag, 11.05.2020, 19:24

Lieber Diogenes Lampe,

in Ihren detailreichen und tiefgehenden Analysen, die ich immer sehr gerne lese, haben Sie in den letzten Jahren oftmals von Herrn Seehofer als "heimlichen Kanzler" geschrieben, der die eigentliche Macht in D in Händen hält.

Wäre es angesichts des Leaks aus dem BMI jetzt nicht die Gelegenheit schlechthin Angela Merkel aus dem Amt zu drängen? Oder würde er sich dabei selber zu stark schädigen - als Hausherr und Hauptverantwortlicher und Minister des BMI?

Würde mich sehr über eine kurze Analyse dazu Ihrerseits freuen.

BG, Konjunktion

Liebe Konjunktion,

Seehofer hat das entscheidende Ministerium inne, das Innenministerium der BRD, das über den staatlichen Sicherheitsapparat verfügt. Die Macht hat letztlich immer der, der die Gewehre hat. Dieses Ministerium ist aber ebensowenig souverän wie die BRD. Es steht immer an der Grenze zwischen der BRiD, also dem Wirtschaftsunternehmen, und der Staatssimulation BRD. Der Innenminister führt die Befehle der US-Besatzer und deren Bosse aus und muss daher lavieren, weil die im Zuge der Abwicklung des Transatlantischen Imperiums und der Errichtung der Trilateralen Weltordnung natürlich ihre Deutschlandpolitik taktisch ständig neu anpassen müssen.

Die amerikanischen Besatzer sind ja seit Trumps Eroberung des Weißen Hauses in zwei unversöhnliche Lager gespalten, also dem Trumps und dem des Tiefen Staates des Transatlantischen Imperiums inklusive EU und NATO. Trump wird aber immer mächtiger und der Tiefe Staat immer schwächer. Und so gerät die Bundesregierung immer mehr in Widersprüchlichkeiten und schließlich bis zur Unregierbarkeit ins Chaos, ohne etwas dagegen tun zu können. Sie treibt nicht, sie ist eine Getriebene zweier feindlicher Lager. Das erkennt man auch leicht an der Macht eines Bill Gates über den Gesundheitsminister Spahn, mit dem dieser steht und fällt.

Marionette Merkel ist machtpolitisch also längst so weg vom Fenster, wie ihre Herren und Meister, die an ihren Fäden ziehen. Sie ist aber auch die Gallionsfigur der Transatlantiker in der EU. Und jedem ist klar, wenn Merkel nun auch offiziell und sichtbar aus dem Spiel genommen wird, dann bricht nicht nur die BRD zusammen, sondern auch EU, NATO, EZB und sogar die UNO fallen. Die können alle ohne das Geld aus Germoney nicht überleben. Das sollen sie ja nach dem Willen Trumps, Putins und XIs auch nicht, aber so ein gigantischer Fall solch mächtiger Organisationen mit zahllosen Verflechtungen in allerlei globalen Netzwerken muss kontrolliert erfolgen. Das ist keine bloß innerdeutsche Angelegenheit.

Mit den Leaks aus dem BIM wird jedoch klar, dass Trump und Putin inzwischen soweit vorangekommen sind bei der Abwicklung von EU und NATO, die ja dazu da sind, Deutschland unten zu halten, dass Merkel nun auch äußerlich vorsichtig von der bloß noch sichtbaren Machtposition entfernt werden kann. Da die Leaks aber aus dem Innenministerium kommen, heißt das auch, dass der Merkelregierung die Kontrolle über Polizei und Geheimdienste entzogen wird. Aber diese "Entziehung" muss auch wieder behutsam gelenkt werden.

Hier steht nun längst der Ex-Verfassungsschutzchef Maaßen bereit, den Seehofer mit der Chemnitzaffäre als sowas wie einen Widerstandskämpfer gegen das Merkelregime eingeführt hat. Der hat natürlich weiterhin seine Leute in den Geheimdienstbehörden, die nur darauf warten, die Merkelei zu beenden. Und der amerikanische Botschafter in der BRD, Richard Grenell, ist gegenwärtig auch Chef aller US-Geheimdienste und somit auch der der BRD. Ohne ihn kann also im BIM nichts mehr entschieden werden.

Die Leaks, von denen ich annehme, dass es sehr demnächst noch mehr werden, sind für das von den Medien in völliger Ahnungslosigkeit gehaltene Volk da. Es glaubt ja an eine bestimmte Erzählung von einer freien und souveränen BRD, die es aber nie gab. Es glaubt an eine souveräne Bundesregierung, die es nie gab und braucht also eine neue Erzählung, die ihr das erzählt. Denn Völker werden über Erzählungen regiert. Diese sind die Grundlagen jeder Machtlegitimation. Daher müssen die Regierungsleute erst einmal ordentlich diskreditiert werden, bevor man sie endgültig stürzen kann und dem Volk neue Protagonisten mit einer neuen Erzählung vorsetzen kann; wie z.B. den Herrn Maaßen.

Auch durch die sogenannte Coronakrise haben sich enorme Möglichkeiten für Trump, Putin und Xi ergeben, neue Machtnarrative auszugeben und die Transatlantiker zu diskreditieren. Diskreditieren ist hier als völlig neutrale Machttechnik gemeint, nicht im Sinne von "Verleumdung", sondern "Bloßstellung", die den fraglichen Personen den Kredit nimmt, den sie vor dem Volk durch all die Medien-Propaganda - also auch nur Erzählungen - sich erschlichen haben.

Wenn Merkel also noch nicht weg ist, dann sollte uns das gar nicht mehr groß kümmern. Defacto ist sie längst nicht mehr an den Hebeln der Macht. Und wenn Seehofer sie lobt, dann wollen seine amerikanischen Befehlshaber und Auftraggeber, dass sie aus welchen europapolitischen Gründen auch immer, als scheinbare Machtpolitikerin für wen auch immer in dieser oder jener Angelegenheit noch als deutsche Kanzlerin sichtbar bleibt. Denn was würde z.B. mit der EZB passieren, wenn Merkel unkontrolliert zurückgetreten wird? Das muss man also alles mitdenken, um solche Leaks und den Zeitpunkt ihrer Veröffentlichungen richtig zu bewerten. Und natürlich auch die Rolle von Seehofer.

Zur sogenannten Corona-Krise.

aprilzi @, tiefster Balkan, Montag, 11.05.2020, 20:22 vor 1443 Tagen @ Diogenes Lampe 9781 Views

bearbeitet von aprilzi, Montag, 11.05.2020, 20:37

Hi,

schreibe es hier runter, da der Schweden-Thread zu lang ist.
Nun hier kam im Fernsehen das zu Schweden raus. Obwohl ich nur ein Bruchteil davon mir gemerkt habe.

Zwei Drittel der Toten in Schweden sind Ausländer bzw. Migranten. Während die Schweden die Empfehlungen ihrer Regierung befolgen, tun das die Migranten nicht und leben in größeren Clans zusammen.
Während die Schweden zu 53% in Einzelhaushalte leben. Also die Maßnahmen haben rassenmässig schon einen Sinn.
Dann ist der Verkehr in Schweden zu 30% zurückgegangen, der Fußgängerverkehr zu 50%.
Der Reiseverkehr zu fast 90%. Und die Wirtschaft hat über 100000 neue Arbeitslose, obwohl 50% der Schweden von zu Hause aus arbeiten.
Die Schweden haben 27 Mrd. Euro in ihrer Wirtschaft gesteckt, um den Schweden die Schließung der Fabriken zu überbrücken, denn Schweden ist ein Exportland und da das Ausland zu ist, geht der Export nicht.

Soviel zum Modell Schweden. Daraus spinne ich die Verschwörungstheorie, dass anhand dem schwedischen Fake-News Modell, der Rest der Welt animiert werden soll, ins offene Messer zu rennen, die Maßnahmen zu lockern und sich selbst zu töten.
Die Schweden sind sowieso ein Land des genderischen Abschaums. Und gerade diese Kinderficker als Vorbild zu nehmen, war mir schon verdächtig.


Gruß

Herzlichen Dank....

Konjunktion ⌂ @, Irgendwo und Nirgendwo, Dienstag, 12.05.2020, 07:40 vor 1443 Tagen @ Diogenes Lampe 9100 Views

...für Ihre Ausführungen.

VG, Konjunktion

--
Als Konjunktion wird in der Logik eine bestimmte Verknüpfung zweier Aussagen oder Aussagefunktionen bezeichnet.

Ups. Was ist denn da los? Grenell zurückgetreten

Mephistopheles, Dienstag, 02.06.2020, 19:29 vor 1421 Tagen @ Diogenes Lampe 7301 Views

bearbeitet von Mephistopheles, Dienstag, 02.06.2020, 19:33

Hier steht nun längst der Ex-Verfassungsschutzchef Maaßen bereit, den Seehofer mit der Chemnitzaffäre als sowas wie einen Widerstandskämpfer gegen das Merkelregime eingeführt hat. Der hat natürlich weiterhin seine Leute in den Geheimdienstbehörden, die nur darauf warten, die Merkelei zu beenden. Und der amerikanische Botschafter in der BRD, Richard Grenell, ist gegenwärtig auch Chef aller US-Geheimdienste und somit auch der der BRD. Ohne ihn kann also im BIM nichts mehr entschieden werden.


https://www.handelsblatt.com/politik/international/usa-richard-grenell-tritt-als-us-bot...
Die Posaunen tröten über den Rücktritt. Was ist denn da los? Hat einer Hintergrundinformationen?

Gruß Mephistopheles

Wenn die Währungen wieder auf Gold und Wirtschaftsleistung umgestellt sind

Sligo @, Dienstag, 12.05.2020, 01:21 vor 1443 Tagen @ Diogenes Lampe 9677 Views

Hallo zusammen,

Wie wird sich das auf die jetzigen Währungen x.B. Irak, Saudi usw. auswirken?

Währungsreform?

Hier wird bereits kräftig spekuliert.

‘ What does it mean to "invest" in the Iraqi dinar? In simple terms, it's conducted in the same fashion as any currency investment. You purchase ‘x’ amount of Iraqi dinar (IQD) by paying ‘y’ amount of U.S. dollars (USD). As with buying stocks, bonds, or other currency, you purchase dinar at a given price and then expect the price to rise. The real question, though, is not just "can" you invest in this particular currency, but rather "should" you invest....’

https://www.investopedia.com/articles/forex/081314/iraqi-dinar-investment-wise-investme...

Euere Meinungen, bitte.

Gruss aus der Corona-Abteilung unseres Hospitals. Test negativ aber Lunge kollabiert.

Sligo

Zu Ihrer Frage

Diogenes Lampe @, Mittwoch, 13.05.2020, 00:24 vor 1442 Tagen @ Sligo 9076 Views

Hallo zusammen,

Wie wird sich das auf die jetzigen Währungen x.B. Irak, Saudi usw. auswirken?

Währungsreform?

Hier wird bereits kräftig spekuliert.

‘ What does it mean to "invest" in the Iraqi dinar? In simple terms, it's conducted in the same fashion as any currency investment. You purchase ‘x’ amount of Iraqi dinar (IQD) by paying ‘y’ amount of U.S. dollars (USD). As with buying stocks, bonds, or other currency, you purchase dinar at a given price and then expect the price to rise. The real question, though, is not just "can" you invest in this particular currency, but rather "should" you invest....’

https://www.investopedia.com/articles/forex/081314/iraqi-dinar-investment-wise-investme...

Euere Meinungen, bitte.

Gruss aus der Corona-Abteilung unseres Hospitals. Test negativ aber Lunge kollabiert.

Sligo

Hallo Sligo,

erst einmal gute Besserung!

Das wird keine Währungsreform, sondern eine Währungsumstellung. Das ganze alte Weltwährungssystem wird ja sehr demnächst durch ein neues ersetzt werden müssen. Natürlich wird in solchen Übergangszeiten nochmal heftig mit den alten Scheinen spekuliert. Wohin mit der Kohle? Es gibt zuviel davon. Doch die Realwerte, in die man im Irak, bei den Saudis usw. damit noch flüchten könnte, sind schon verteilt und der Rest ist zu gering. Import-Export-Aussichten sind durch Corona mehr als schlecht. Die Baubranche ist auch kein Investitionshit mehr. Was bleibt, ist, wie Ihr Beispiel zeigt, der alte Kapitalmarkt, der Handel der eigenen Währung mit dem alten FED-Dollar, also mit Luftgeld der FED, das Trump gerade an die eigene Bevölkerung verteilt und mit dem er große Unternehmen verstaatlicht. Wenn also die Iraker oder Saudis Dollar für ihr Geld kaufen wollen, bitte! Trump hat da sicher nichts dagegen. Wenn man in den Golfstaaten jetzt also seine Dollarbestände aufstockt, die in China und Russland auch schon lange keiner mehr haben will, dann kann das eigentlich nicht sehr zukunftsträchtig sein, denke ich mir da als blutiger Laie.

Andererseits könnten die Gekrönten auch umgekehrt ihre Dollarbestände loswerden wollen, weil Trump seine auch loswerden will, und sie in die eigenen Währungen investieren. Aber auch das wäre wohl ähnlich sinnlos. Es sieht also so aus, als ob der Kapitalmarkt da nur noch als obsoleter Währungsmarkt mit sich selbst spielen kann. Da wird nur noch schlechtes Geld schlechtem Geld hinterhergeschmissen.Und auch gar nicht investieren, hilft den Königen, Scheichs und ihren Öl-Milliardären nicht, um ihr Geld zu retten. Was sie auch tun, es geht zuende. Nur Realwerte und wirtschaftlicher Ertrag helfen nach der Umstellung, wieder an Geld zu kommen und Gewinn zu machen. Da werden dann die Karten auf den Tisch gelegt und manche Hose wird runtergelassen. Das ist wenigstens meine Sicht der Dinge.

Nochmals beste Genesungswünsche

DL

PS: Kann mich ooch irren...(geklaut von oblomow)

Kopie meiner Antwort an Mephistopheles

Diogenes Lampe @, Donnerstag, 21.05.2020, 19:12 vor 1433 Tagen @ Diogenes Lampe 7819 Views

Ich bin gebeten worden, meine ausführliche Antwort an Mephistopheles, die ich ihm unter seinem neuen Hauptfaden gegeben habe, wegen der besseren Auffindbarkeit noch einmal unter meinem eigenen Text hier reinzusetzen. Das tue ich gerne.

Eine gefaßte Hypothese giebt uns Luchsaugen für alles sie Bestätigende, und macht uns blind für alles ihr Widersprechende. Schopenhauer

Ich stelle diesen Aphorismus meiner ausführlichen Antwort voran, um uns beide wie unsere Leser zu ermutigen, unsere Argumente mit offenen Augen, also wachen Verstand zu prüfen. Nicht, um über geborgte Axiome das Recht des geistig Stärkeren für mich zu reklamieren.

Tatsächlich ist jede Kultur ohne Krieg undenkbar, wie auch in diesem Forum aus der Theorie des Debitismus herausgearbeitet wurde.

Leben bedeutet primär Leiden. Die Freude im Leben ist sekundär, da sie vom Maß des Leidens abhängt. Keiner kann diese Erfahrung vermeiden. Sowenig wie den Tod. Schuldverhältnisse tragen sicher dazu bei, mal an ihnen zu leiden und sich mal an ihnen zu erfreuen. Ansonsten sehe ich hier keinen Zusammenhang mit der Theorie des Debitismus, außer vielleicht noch den Bezug auf die Abgabenschuld, welche das Gewaltmonopol des Staates voraussetzt.

Kultur ohne Krieg ist durchaus denkbar. Ich wünschte manchmal wie Sie, das wäre undenkbar, denn dann würden uns manche Religionen und Ideologien erspart bleiben.

Bedingt - also was die Beschaffenheit der Majorität der Menschheit betrifft - gebe ich Ihnen recht: Denn die Mehrheit unserer Spezies befindet sich ständig im Krieg mit sich selbst und mit dem Umfeld. Daran wird kein Krieg oder Frieden und keine Kultur etwas ändern. Sowenig, wie es ein Paradies auf Erden geben -oder man aus der Hölle ein Paradies machen kann; es sei denn, man hat eine sehr bescheidene Vorstellung von beiden.

Mir geht es also nicht um Änderung der menschlichen Natur, in der Liebe und Streit bis in den Geschlechtsakt hinein nunmal angelegt sind. Mir geht es überhaupt nicht um Änderung, sondern um verstehen, dass es im Leben nicht darauf ankommt, alles zu tun, um nicht zu kurz zu kommen. Denn das vergrößert die Leiden und mindert sie nicht. Sondern darauf, möglichst komfortabel davonzukommen und seelenruhig mit Friedrich dem Großen einzusehen: "Der glücklichste Tag im Leben ist der, an dem man es verläßt." Bis dahin bringt einem Lebensweisheit nicht viel ein, aber sie erspart einem viel. Ich denke, da hat widerum Schopenhauer recht.

Wir müssen daher das Thema nicht auf der Wolkenebene von Kriegs -und Friedensoptimismus bearbeiten. Wer mich also als Pazifisten im Sinne von Friedensoptimisten missversteht, weil er auf einer dieser Wolken sitzt, kann schlecht verstehen, was ich meine.

Kultur und Krieg bedingen einander? Wenn ja, sind dann aber auch die Kulturen entsprechend. Keine Kultur kann einen Zustand des ewigen Friedens herstellen, doch stets Mittel und Wege finden, die Leiden zu mindern und die Freuden zu mehren. Doch genau das funktioniert mit Krieg nicht. Die meiste Freude hat ohnehin der, der sie gar nicht bemerkt. Denn Freude bemerkt man immer nur als Komplementär des Leidens, dem sie gerade abhelfen soll. z.B. dem der Langeweile. Ich verweise darüber hinaus auf den Geschlechtsakt als solchen, wo es den Teilnehmern in ihrer Lust, von der sie ergriffen werden, doch letztlich - also in letzter Konsequenz - nur auf Entspannung jener Spannung ankommt, in die uns die Anziehungskraft treibt, die keine vernünftigen Gründe zuläßt.

Um dieses Ziel geht es im Geschlechterkampf auf der natürlichen Willensebene; die kulturelle Willensebene ist dagegen die, welche aus ihm heraus Kriege anzettelt; egal, was die Geistesebene dazu noch so alles an Reizstimulationen erdenkt und an Aufwand betreibt. Der Homerische Mythos versinnbildlicht das sehr schön mit Eris, Aphrodite, Hera, Athena, Paris und Helena und dem Goldenen Apfel, den der Prinz nicht der Eitelkeit (Hera) oder der Vernunft (Athena) schenkt, sondern der fruchtbaren Schönheit (Aphrodite). Er kann nicht anders, als der Anziehungskraft zu gehorchen.

Das ist die natürliche Vorgeschichte des Trojanischen Krieges als Vorspiel des universalen Geschlechterkampfs, den Paris (der Sterbliche, der Mann, das primäre Geschlecht) mit seinem Urteil entscheidet. In seiner Folge beginnt dann durch den Raub der Helena, der Gattin des Menelaos, der kulturelle Kampf der Griechen gegen Troja, in dem die Götter (die versinnbildlichte menschliche Natur, die eine vom Welteros Getriebene ist und keine treibende) ständig mitmischen. Das soll alles nur in die große Entspannung (Eroberung und Zerstörung Trojas, Wiederherstellung der Ehre des Menelaos, Ruhm für die Griechen und Heimkehr des Odysseus) führen, in der wir unsere Wünsche erfüllt sehen; also endlich frei von ihnen sind. Deshalb wurde z.B. auch der Orgasmus wie der Schlaf kleiner Bruder des Todes genannt. Denn Aphrodite/Venus ist eine grausame Göttin. Solange wir lieben, leiden wir auch. Solange wir leiden, suchen wir Erlösung. Denn die Liebe ist keine freie Entscheidung, sondern eine göttliche, will sagen, notwendige. Es geht bei Homer also nicht um die Abwägung von Krieg und Romantik, sondern von Natur und Kultur.

Überwiegen die Leiden, muss sich die jeweilige Kultur ändern und das tut sie dann auch. Wie sie das tut, hängt von der Macht des Stärkeren ab. Denn der ist der Eigentümer der Ressourcen, von denen nicht nur er selbst abhängt, sondern auch die Schwächeren, die sie ihm verschaffen, um seinen Schutz zu genießen. Troja galt als uneinnehmbar. Seine Ressourcen schützte Priamos durch eine dicke Mauer. Als sie durch die List des Odysseus überwunden wurde, war es mit der Macht des Königs von Troja vorbei. Doch das Königsgeschlecht lebte in Aeneas weiter, dem Sohn des Anchises und der Aphrodite/Venus und aus dessen Ehe mit Lavinia stammt das ganze römische Königsgeschlecht ab. So will es der Mythos jedenfalls.

Wer gegen Krieg ist, schafft diesen damit keineswegs ab, sondern kann als Erfolg lediglich die Zerstörung jedweder Kultur, vorzugsweise der eigenen, verbuchen.

Die eigene ist in den letzten hundert Jahren verschwunden. Sie kommt auch nicht wieder. Wir können nur auf dem aufbauen, was sie uns innerlich und äußerlich noch da gelassen hat.

Es kommt übrigens nicht darauf an, ob man für oder gegen den Krieg ist. Das wäre so töricht, wie wenn man für oder gegen die Schwerkraft wäre. Es kommt hier auf Kräfteverhältnisse und die Kausalität an, d.h., auf Grund, Ursache und Folge resp. Wirkung.

Gewalt ist der einzige Grund (im Sinne von Ursache) und Begründung für das Recht. Ohne vorausgehende Gewalt kein Recht. Gibt es einfach nicht. Nirgendwo.

Damit sagen sie imgrunde: "Gewalt ist der einzige Grund für Gewalt und Begründung für Gewalt." Das Recht ist nämlich nicht dazu da, die Gewalt abzuschaffen. Denn das Recht ist auch nur eine Gewalt. Es geht also bei der Balance von Recht und Gewalt, die der Staat vornimmt, darum, dass zwei Gewalten ausbalanciert werden: Das Naturrecht des Stärkeren und das Naturrecht des Schwächeren. Das Wohl des Einzelnen und das Gemeinwohl. Denn das Stärkere akkumuliert alles Starke, so dass es am Ende dazu kommt, dass es nur noch einen Starken gibt, weil alle anderen Starken sich als schwächer erwiesen haben. Tun die sich dann zusammen, um den Stärksten gemeinsam zu besiegen, dann wird einer von ihnen irgendwann der Stärkste und das ganze geht von vorne los. Deshalb ist auch keine absolute Herrschaft von Dauer.

Eine solche Gesellschaft aber wäre so mit diesen Kämpfen um die Gewalt beschäftigt, dass sie für Kultur gar keine Kräfte mehr übrig hätte, um die nötigen Ressourcen dafür sicherzustellen; so, wie heute die US-Amerikaner, die als Stärkste mit ihrem Militär die Welt regieren wollten, sich auch als solche zu erkennen gaben, daraufhin zwei schwächere Starke (Russland und China) sich zusammentaten, um den Stärksten mit ihren Ressourcen so zu schwächen, dass er nicht mehr der Stärkste sein -und folglich auch nicht mehr das Recht des Stärkeren ausüben konnte.

Die Trilaterale Weltordnung ist gerade auch deshalb die wirksamste Friedensordnung, weil, sobald einer von den Dreien der Stärkste sein -und das Recht des Stärksten ausüben will, sich die beiden anderen zusammentun können, um ihn durch ihr Übergewicht in seine Schranken zu weisen. Diese neue Weltordnung leugnet nicht die Gewalt, sie geht nur mit ihr so um, dass keine einzelne Macht mehr die Stärkste sein kann. Sie balanciert also diese drei Gewalten aus, indem sich alle drei Mächte gegenseitig kontrollieren. Bei einer vierten Großmacht im Spiel würde das nicht mehr funktionieren, da sich dann nicht automatisch nur zwei gegen zwei zusammentun können, sondern sich auch drei gegen eine. Deshalb werden Trump, Putin und Xi auch keine EU als Vierte im Bunde dulden können, oder Frankreich und Großbritannien als vierte und fünfte.

Auf der staatlichen Ebene funktioniert deshalb auch nur die dreiteilige Gewaltenteilung, keine vierteilige oder fünfteilige: Legislative (das Volk als Gesetzgeber, vertreten durch ein Parlament), Exekutive (die Regierung und ihre Organe als Ausführende des Gesetzes), die Judikative (die die Ausführung des Rechts im Volk wie in der Regierung kontrolliert). Alle drei Gewalten - Parlament, Regierung, Oberster Gerichtshof - sind gewählte und kontrollieren einander.

Die Medien (Presse, Fernsehen usw.) als vierte Gewalt zu bezeichnen, ist nicht nur falsch, sondern eine bewußte Irreführung. Sie unterbinden nämlich die Kontrolle der Gewalten, indem sie sich beliebig auf eine Seite schlagen -und somit das Gleichgewicht zwischen Volk, Regierung und Gesetzesgewalt durch die Herstellung eines Übergewichts zerstören können. Sie sind auch nicht gewählt. Die sogenannte "Pressefreiheit" sorgt dann, indem sie durch ihre umfassend angemaßte Repräsentanz des Volkswillens die allgemeine Meinungsfreiheit usurpiert, dafür, dass die Besitzer der Medien - oft nicht einmal dem Staat als Bürger zugehörig - freie Hand haben, das Volk aufzuhetzen, Regierungen zu stürzen oder Gesetze bzw. deren Interpretationen zu erzwingen. Kurz: Den Staat zu zerstören. Sie können das Volk gegen die Regierung und die Richter aufhetzen, die Regierung gegen das Volk und die Richter, die Richter gegen Regierung und Volk. Genau das erleben wir gerade als Staatszerfall.

Es existiert nun die verantwortungsvolle Gewalt und die verantwortungslose Gewalt. Verantwortungsvolle Gewalt ist jede Gewalt, die der Gewalttätige auf eigenes Risiko anwendet (Skin in the game würde Nassim Taleb sagen). Verantwortungslose Gewalt ist jede Gewalt die einer im Auftrag anwendet. Und nur darum geht es bei beim Rechtsstaat: Man möchte die verantwortungslose Gewalt eindämmen.

Das ist mit Verlaub so nicht ganz richtig. Verantwortungsvolle Gewalt sieht auf ihre Folgen, legt über sich Rechenschaft ab, belohnt und bestraft ggf.. In den Folgen und ihrer Abwägung steckt das Risiko für den Staat wie für den Einzelnen. Insofern wäre auch im Auftrag angewendete Gewalt verantwortungsvoll. Deswegen ist das Recht verantwortungsvolle Gewalt. Oder ist z.B. Polizeigewalt im Staat grundsätzlich verantwortungslos? Der einzelne Polizist handelt schließlich im Auftrag, aber er trägt ebenso die Folgen auf eigenes Risiko; z.B. die für die eigene Gesundheit und ggf. die des Bürgers, wenn seine Gewalt verantwortungslos angewendet wurde, also ohne die Folgen zu berücksichtigen. Verantwortungslose Gewalt kümmert sich dagegen nicht um die Folgen, kann also unmöglich eine Auftragsgewalt sein, da der Auftrag die Folgen impliziert. Natürlich will man die in einem Rechtsstaat eindämmen. Der hat es aber genau deshalb auf die verantwortungsvolle Gewalt abgesehen, welche die verantwortungslose einzudämmen versucht.

Das Recht des Stärkeren ist das einzig moralisch zu rechtfertigende Recht. Das Leben kennt nur das Recht des Stärkeren. Alles andere ist das Recht des Schwächeren und damit lebensfeindlich, weil es bestrebt ist, das Starke und Gesunde auszumerzen um der eigenen Schwäche und Kränklichkeit willen.

Das Recht des Stärkeren ergibt sich aus seiner Stärke und nicht aus der Moral. Es sei denn, Sie setzen Stärke und Moral gleich, wie die Sozialdarwinisten. Das Leben ist das Leben und kein Lebewesen, das irgend etwas "kennt". Aber ist das Leben denn nur das Leben des Stärkeren? Natürlich nicht, denn dann gäbe es ja nur die Stärkeren. Das aber ist unmöglich, weil es nur da Stärkere geben kann, wo es Schwächere gibt. Oder nicht?

Sie setzen dann auch noch den Stärkeren mit lebensbejahend gleich und den Schwächeren mit lebensverneinend und somit lebensfeindlich, nur, weil sich Ihrer Ansicht nach das Stärkere durchzusetzen hat und das moralisch zu rechtfertigen suchen, indem sie dem Schwächeren wegen seiner Schwäche Lebensfeindlichkeit attestieren; oder eben der Natur selbst, die diesen "Lebensfeindlichen" hervorbrachte. Nur, weil der Schwächere des Stärkeren Feind sein könnte (noch nicht einmal sein muss), heißt das doch nicht, das er lebensfeindlich ist. Wie kommen Sie darauf? Was ist denn für Sie das Leben an sich? Kann es sich selbst feindlich gesinnt sein? Ist es nicht, wenn schon, dann ein Wechselspiel zwischen Kräften, wobei stark und schwach nur wechselnde Attribute dieser Kräfte sind?

Man lässt die Pflänzchen stehen, die sich kräftig und gerade entwicfkeln und reißt die kümmerlichen raus.

Wer ist in diesem Falle "man"? Der Stärkere? Die Natur selbst? Oder bloß ein Bauer, der seinen Ertrag steigern will, den er der Natur abtrotzt? Vergleichen Sie hier Äpfel mit Birnen? Oder verwechseln Sie hier nicht sogar Kultur und Natur? Unterschieben sie da womöglich der Natur nur Ihre Kulturauffassung?

Als Kulturkritiker finde ich Jesus teilweise brillant. Als Philosophen eher oberflächlich. Als Zyklenhistoriker fragwürdig.
Ich habe deinen Text nur ein wenig zur Kenntlichkeit entstellt.

Nein, Sie haben meine - für jeden Verständigen leicht als subjektiv zu erkennende - Kritik an Spengler nicht als meine Meinung gelten lassen wollen, wenn Sie ehrlich sind.

Spengler ist weder von Beruf Kulturkritiker noch Philosoph noch Zyklenhistoriker, sondern Wissenschaftler.

Kann man so sehen, muss man aber nicht.

Und das Kriterium für Wisssenschaft ist nun einmal, ob seine Voraussagen eintreffen.

Ihr Kriterium für Wissenschaft wäre genauso eines für Propheten.

Bei Spengler tun sie das - und das macht ihn so faszinierend für die, die sich mit ihm beschäftigen - in frappanter Weise.

Auch hier unterstellen Sie, dass alle, die sich mit ihm beschäftigen, von seiner divinatorischen Wissenschaft genauso überrascht oder verblüfft zu sein haben wie Sie. Da ich mich selbst viel mit Spengler beschäftigt habe, kann ihre Verabsolutierung schon mal nicht stimmen. Es sei denn, bei Ihrer Aussage schwingt gleich mit, dass ich oder die, welche, wie ich, es wagen, ihn zu relativieren, ihn nicht verstanden haben; entweder, weil wir zu blöd sind oder uns nicht genug anstrengten.

Bei dem Leben handelt es sich um ein Geschenk, es ist aber nicht umsonst. Das Leben, einmal bekommen, muss sprichwörtlich zeitlebens erhalten werden. Da gibt es Krankheitserreger, andere Arten, in Konkurrenz zu denen es durchgesetzt werden muss und bei Menschen kommt noch erschwerend hinzu, dass der Mensch als Einzellebewesen nur in einer Kultur lebensfähig ist. Das alles will erhalten werden, sowohl das Individuum als auch die Kultur. Ein Mensch ohne Kultur ist nicht überlebensfähig.

Das sind 4 Axiome in 5 Sätzen, die weder einzeln noch im Zusammenhang objektiv plausibel sind. Subjektiv schon. Wenn Sie also davon ausgehen, dass es da eine Instanz gibt, die uns unser Leben zum Geschenk macht und dann noch nicht mal umsonst (ist es dann überhaupt ein Geschenk?), dann könnte das aber auch eher so ein Geschenk sein, wie das Trojanische Pferd. Ist doch möglich, oder? Zumal, wenn dann gemäß Ihrem Bilde, sobald man es aufmacht, lauter Lebenskonkurrenz sich auf uns stürzt, der wir uns dann als Einzellebewesen nicht ohne entsprechend bewaffnete Kultur erwehren können. Von wegen: Alles fließt, - Alles steht; -nein! -Alles kämpft! -hätten Heraklit bzw. Parmenides feststellen müssen. Kann man so sehen. Muss man aber nicht. Empedokles, Epikur und Lukrez hätten dann auch - und sogar mit viel mehr Recht sagen können: "Alles liebt, wenn es streitet!" oder "Alles streitet, weil es liebt."

Geht man vom Grund des Begriffs "Kultur" aus, dann ist Kultur erst einmal nur der Gegensatz von Natur. D.h., wir Menschen haben die Natur nicht erschaffen, nicht mal die eigene, wir können sie aber buchstäblich begreifen, in ihr etwas hervorbringen, gestalten, um uns das Leben als möglichst komfortables Überleben zu ermöglichen; also unserem Mangel durch Fülle abhelfen. Doch nicht das Überleben ist Kultur. Das ist nur ihr Grundmotiv. Kultur ist Erschaffen, Gestalten, Hervorbringen aus der Natur, der eigenen wie der, in die man hineingeboren wurde. Weil das, was in uns will, überleben will.

Der "Lebenskampf" ist dennoch keine Realität in der Natur, sondern eine Metapher des menschlichen Geistes, der sie für sich als feindlich interpretiert, weil seine eigene Natur instinktiv überleben will, die Lust bejaht und den Schmerz meidet, also das Leben als Fülle bejaht und den Tod als Folge des Mangels, des Schmerzes verneint. Jedes menschliche Lebewesen fürchtet den Mangel, den Schmerz, nimmt sich vor ihm in Acht und sorgt sich deshalb ständig. Buchstäblich mit jedem Atemzug. Lebenskampf wäre also, wenn, dann ein Kampf mit der eigenen Natur als solcher, also konsequenterweise ein Kampf mit sich selbst; nicht selten auch ein Kampf mit Windmühlen oder ein Spiegelgefecht. Ein innerer Kampf, den wir als Ursprung aller Krankheiten in der Psyche ausmachen können. Astmatiker halten bekanntlich schon das Atmen für einen Lebenskampf.

Das hat zur Folge, dass der Kämpfer sich über seine Aggressionen einen Zustand verschaffen will, in dem kein Mangel mehr droht und er sich nicht mehr sorgen muss. Die Sorge, satt zu werden, sich kleiden zu können, ein Dach über den Kopf zu haben (das wären jetzt nur die Grundsorgen); kurz, in der Natur, in die das menschliche Individuum geworfen ist, zu überleben, ist deshalb aber auch die Geburtsstätte unserer Krankheiten, Zweckgemeinschaften und Wünsche, die uns mit ihnen ein Optimum an Sorgenfreiheit versprechen. Was ist übrigens Freiheit anderes als Sorgenfreiheit? Was ist Krankheit anderes, als Krieg mit sich selbst; als der vom Individuum unwillentlich, unwillkürlich vollzogene Versuch der eigenen Natur, innere wie äußere Konflikte auf der körperlichen, seelischen und geistigen Ebene zu beenden? Waren nicht viele große Feldherren Epileptiker? Z.B. Caesar?

Dieses Bejahen und Verneinen ist aber, wie die Krankheit zeigt, nicht in unsere freie Entscheidung gelegt, sondern kommt aus dem Willen zum Leben, der nicht der freie Wille des einzelnen Menschen ist, sondern der Weltwille, von dem er nur eine Erscheinung ist. Denn das einzelne Individuum kann genausowenig geboren werden wollen wie nicht sterben wollen. Nicht krank werden wollen, erfordert dagegen inneren Ausgleich, also inneren Frieden, den man mit sich und der Welt gemacht oder eben nicht gemacht hat. Geborenwerden und Sterben hängen nicht von uns selbst ab sondern von einem Willen, der weit über den Eigenwillen hinausgeht. Es ist der Weltwille, wenn man so will; und was der ist und will, weiß nur der Liebe Gott; -aber auch nur, wenn man will, dass es ihn gibt.

Übrigens kann es deshalb auch von daher keinen "Freien Willen" geben. Denn ohne Sorge keine Freiheit. Der Wille bleibt stets an sie gebunden.

Wenn das Immunsystem versagt, dann stirbt der Mensch, wenn in der Kultur die Produktion der nötigen Lebensmittel (ein Individuum kann das nicht, auch Robinson Crusoe hätte das nicht gekonnt, wenn nicht Seefahrer vor ihm auf der Insel, wo er strandete, Ziegen, von denen er sich ernähren konnte, ausgesetzt hätten und wenn er keine Waffen gehabt hätte) nicht stattfindet, dann gibt es nichts zu essen.

Das ist so nicht ganz richtig. Wenn das Immunsystem versagt, dann stirbt der Mensch zwar, doch eben deshalb, weil seine Abwehrkraft seinem unwillkürlichen Abwehrwillen nicht mehr gewachsen ist. Produktion von Lebensmitteln findet nicht innerhalb der Kultur statt; es ist Kultur.

Zu Robinson will ich jetzt nicht Adam und Eva bemühen, aber es gibt in der Natur durchaus Lebensmittel, die das Individuum nicht erst produzieren muss. Dass es seinen Apfelbaum, seine Ziege u.U. auch verteidigen muss, ist dann auch nur der Sorge desjenigen geschuldet, der angreift; der also einen Grund hat, sich mit aller Gewalt, die ihm zur Verfügung steht, freien Zugriff auf diese fruchtige bzw. fleischige Ressource zu schaffen, weil er sie frei vom Einspruch des Besitzers genießen will, ohne ein Recht darauf zu haben, außer das des Stärkeren.

Der Angreifer hätte aber auch fragen können, ob Teilen eine Möglichkeit wäre. Ebenso hätte der Besitzer sie ihm anbieten können, um dem Angriff das Motiv zu nehmen. Hier käme dann die Kernfrage ins Spiel: Die Sorge um den anderen, den Mitmenschen. Und mit ihr die jedem Individuum natürlich einwohnende Goldene Regel, die einzige natürliche Moral, die in allen Religionen dieser Welt - außer im Satanismus - den richtigen Umgang mit Gewalt rät: Tue niemanden etwas an, von dem du nicht willst, dass es dir angetan wird.

Die Kultur stirbt, wenn sie sich nicht verteidigt wie das Einzellebewesen ohne Immunsystem. Die Verteidigung einer Kultur nennt man Krieg.

Nein; man nennt Verteidigung Erhaltung einer Kultur. Die Eroberung, Zerstörung einer Kultur durch eine andere nennt man Krieg. Und weil das Böse, also das Gute, was man läßt, sich für einen Herrscher nicht gut macht, will er das Volk, aus lauter Individuen bestehend, zum Krieg bewegen, also zum Schmerz, zum Sterben. Es hat deshalb noch jeder Herrscher in jeder sogenannten Hochkultur von sich behauptet, nur seine Ehre oder was auch immer zu verteidigen, wenn er sich auf seinen Raubzug begab. Falls er selbst schon nicht gut ist resp. seine Motive es nicht sind, muss er immer als gut und seine Absichten als lauter und rein, kurz, berechtigt, erscheinen. Denn jede Legitimation von Herrschaft ist die Gerechtigkeit, also die Balance zwischen Gewalt und Recht, also der Gewalt als Recht des Stärkeren und dem Recht als staatliche Gewalt, in der die Rechte der Schwächeren subsummiert sind. Um ihren Schein des Guten zu wahren und um dieses Wahren des Scheins zu optimieren, erfanden die Herrscher schließlich die religiöse, also moralische Propaganda.

Damit das aber möglich ist, muss es geübt und praktisch von Jugend an an angewendet werden. Das ist der Hintergrund von Spenglers Satz: einen langen Frieden erträgt niemand, ohne seelisch zu verderben.

Eben! Das ist tatsächlich ein hintergründiger Satz, der das Vordergründige verschleiern will. Er ist moralische Propaganda. Nichts weiter! Hab ich ja beschrieben.

Das Problem; eigentlich kein Problem, sondern ein Beweis der Wahrheit dieses Satzes sind die, die das nicht unmittelbar verstehen. Sie beweisen damit ihre Verdorbenheit.

Und Sie beweisen damit eindrucksvoll, dass dieser Satz letztlich nichts als Propaganda ist und Sie in diesem Fall der Chefinquisitor: Wer den "Beweis der Wahrheit" nicht glauben will, der ist ein Ketzer! -eine faule Frucht, verdorben halt, oder ein Geschwür am Volkskörper usw.usf... Und sie demonstrieren als mittelalterlicher Scholastiker, dass Spengler auch nur ein Ideologe, ein politischer Theologe und Propagandist seiner Zeit gewesen ist, der auf Ideologen von heute noch immer viel Eindruck macht.

Zu Ihren Eskimos, afrikanischen Jägern und Sammlern und indogermanischen Männern: Da will ich Ihnen nicht widersprechen, aber so ist Kultur eben. Sie kommt und geht, bleibt und verändert sich und richtet sich dabei ganz natürlich nach ihren unmittelbaren Bedürfnissen aus, die Sorgen zu mindern, die Sorglosigkeit als Freiheit anzustreben und möglichst auch noch die Lust zu mehren.

Ich werte das nicht, man kann das gut oder schlecht finden oder einfach nur neutral anschauen; aber zumindest ich stelle fest, dass sich Eskimos, Neger und Bleichgesichter in dieser Hinsicht trotz unterschiedlichster Kulturen nicht wirklich unterscheiden; und dass es nicht immer Klugheit und Weisheit sein müssen, welche die Geschichte der Völker schreiben, sondern letztlich das unmittelbare Bedürfnis, das jetzt und gleich befriedigt werden will, dies in der Regel tut. Diese Geschichte steht dann natürlich so nicht in den Geschichtsbüchern oder Handbüchern für Generäle. Die wäre zu prosaisch.

Wo sind denn die Erbauer der Pyramiden und der Sphinx?

Die sind wohl dem "Alles fließt" hinterher. Vermissen Sie die? Brauchen wir heute wieder Pyramiden, Sphinxen und Keilschriften, gar Pharaonen? Diese Altägypter haben gelebt, uns beeindruckende Zeugnisse hinterlassen; -man mag auch die eigene Gegenwart bedauern, die sowas nicht mehr zustande bringt, weil sie nicht will, warum auch immer: Aber als Mahnmal einer Kultur des Krieges können wir sie auch nicht sehr zuverlässig deuten, da wir über die Erbauer eigentlich nur soviel wirklich sicher wissen, dass sie in ihrer Nebenbeschäftigung dem Nil ihr Überleben abgetrotzt haben. Und mit Voltaire vielleicht noch, dass die Religion begann, als der erste Priester auf den ersten Narren traf.

So komme ich wieder zum Anfang zurück: Kultur ist das, was die Menschen der Natur auf welche Art auch immer abtrotzen; nicht dem Mitmenschen stehlen. Auch der eigenen, manchmal zweifellos wilden Natur. Kultur bedeutet aber nicht, dem Mitmenschen das Überleben streitig machen. Das einander Streitigmachen - nicht die friedliche Vermischung, die lediglich einen Kulturwandel darstellt - ist der Zeitpunkt, wo eine spezifische Kultur - die angegriffene wie die, die sich verteidigt - ihrem Untergang entgegen sieht, um schließlich als solche aufzuhören und doch schon im Übergang in eine neue überzugehen. Ihr Beispiel Eskimo, Afrikaner oder Weißer beweist aber allenfalls die antike Lehre, dass die Welt aus Liebe und Streit hervorgeht. Das, was der Feind, mit dem man sich streitet, im Falle seines Sieges als Eroberer einem an Informationen, technischen Errungenschaften ect. bringt, um die Sorgen zu mindern und die Lust zu steigern, wird immer geliebt. Dieses Phänomen an den amerikanisierten Deutschen nach 45 zu beobachten, fällt wohl heute jedem leicht. Sie reagierten imgrunde wie die Indianer, die sie belächeln, weil sie Gold für bunte Perlen und Alkohol hingaben.

Kultur an sich hört nie auf, solange es Menschen auf der Welt gibt, die sich ernähren und kleiden, warmhalten und sich ein Dach über dem Kopf bauen müssen. Nur bestimmte, an ihre Zeit und ihren Raum gebundene Kulturen enden, wenn sie ihre Funktion nicht mehr erfüllen können und somit die Ressourcen knapp werden; während das Begehren der Früchte in Nachbars Garten kriegerisch an Fahrt gewinnt.

Insofern gebe ich Ihnen recht: Wollen wir über den Staat als solchen diskutieren, weil wir nach Ideen für einen uns zuträglicheren Ausschau halten, dann muss die Gewalt als Recht des Stärkeren neben dem Recht als Gewalt des Schwächeren im Zentrum unserer Überlegungen stehen. Denn die Gewalt ist die Substanz des Staates, der ihr lediglich die Form liefert. Doch wie Stark und Schwach kann man sie nur zusammen denken. Staat ist immer Staatsgewalt. Sie ist die Gewalt des Schwächeren, die die Gewalt des Stärkeren begrenzt und somit in das Gemeinwohl integriert; also auch dem Recht des Stärkeren nützt.

Denn nochmal: Der Stärkere akkumuliert immer weiter Stärke, bis es keine Schwächeren mehr gibt, die ihm Ressourcen schaffen können. Das Recht des Stärkeren macht ohne Recht des Schwächeren keinen Sinn. Das können Sie auch aus der Theorie des Debitismus sehr schön herleiten. Wenn einer am Ende alle Schulden akkumuliert hat, wenn er stirbt, also die Urschuld, die religiöse Schuld, die Kontraktschuld und die Abgabenschuld, hat er gewonnen. Denn alle anderen sind schon vorher tot. Fazit: Das Recht des Stärkeren ist also ohne sein Komplimentär vollkommen sinnlos.

Teilantwort an Diogenes Lampe

Mephistopheles, Donnerstag, 21.05.2020, 21:21 vor 1433 Tagen @ Diogenes Lampe 7749 Views

bearbeitet von Mephistopheles, Donnerstag, 21.05.2020, 21:28

Ich habe nur eine Teilantwort geschrieben, weil damit aus meiner Meinung des Wesentlichste gesagt ist. Der letzte Satz ist der Wichtigste.

Ich habe aus Diogenes Lampes Antwort nur einige Merksätze herausgegriffen, dass das ganze nicht zu unübersichtlich wird. Wenn er meint, ich hätte ein wesentliches Argument übersehen, dann bitte ich dartum, mich darauf hinzuweisen.


Diogenes Lampe
1. Mir geht es also nicht um Änderung der menschlichen Natur, in der Liebe und Streit bis in den Geschlechtsakt hinein nunmal angelegt sind. Mir geht es überhaupt nicht um Änderung, sondern um verstehen, dass es im Leben nicht darauf ankommt, alles zu tun, um nicht zu kurz zu kommen.

Mephistopheles
Ja, aber anders. Bei einer (Hoch)kultur geht es darum, alles aus sich (bzw. dem Potential der eigenen Kultur) herauszuholen, um im Leben nicht zu kurz zu kommen. Um es in einen Satz zu fassen: Der Wille zur Macht. Geschlechtsakt ist sekundär und die Belohnung für den erfolgreichen Willen zur Macht.


Diogenes Lampe
2. Keine Kultur kann einen Zustand des ewigen Friedens herstellen, doch stets Mittel und Wege finden, die Leiden zu mindern und die Freuden zu mehren.

Mephistopheles
ad 2. Ja, durch Kräfte dieser Kultur, indem sie aus sich herausholt, so viel möglich. Freud und Leiden sind nur Folgen des Willens zur Macht, niemals Antriebskräfte


Diogenes Lampe
3. Doch genau das funktioniert mit Krieg nicht. Die meiste Freude hat ohnehin der, der sie gar nicht bemerkt. Denn Freude bemerkt man immer nur als Komplementär des Leidens, dem sie gerade abhelfen soll. z.B. dem der Langeweile.

Mephistopheles
ad 3. Es geht im Leben weder darum, Leid zu vermeiden noch Freude zu erleben, sondern ausschließlich um 1). Freude und Leid haben ihren Sinn nicht in sich selbst, sondern sind nur Mittel, um 1) zu erreichen


Diogenes Lampe
4. die kulturelle Willensebene ist dagegen die, welche aus ihm heraus Kriege anzettelt; egal, was die Geistesebene dazu noch so alles an Reizstimulationen erdenkt

Mephistopheles
ad 4. Kriege werden nicht angezettelt, somndern sind die Form, mit welcher die Kultur ihre Fitnes erhält (==> in dem Sinne: fit bleibt)


Diogenes Lampe
5. Der Homerische Mythos versinnbildlicht das sehr schön mit Eris, Aphrodite, Hera, Athena, Paris und Helena und dem Goldenen Apfel, den der Prinz nicht der Eitelkeit (Hera) oder der Vernunft (Athena) schenkt, sondern der fruchtbaren Schönheit (Aphrodite). Er kann nicht anders, als der Anziehungskraft zu gehorchen.

Mephistopheles
ad 5. Du weißt schon, welche Folgen die Wahl hatte und wie sie im Urteil der Geschichte besteht? Oswald Spengler sieht das aber genau andersrum, nämlich dass die Wahl des Paris notwenidig war, damit die Griechen sich zu einer Kultur und im weiteren Verlauf zu einer Hochkultur formen konnten. Primär also der Wille und die Vorstellung der eigenen Kultur, sekundär die Mittel, um zu einer solchen zu werden.


Diogenes Lampe
6. der kulturelle Kampf der Griechen gegen Troja,

Mephistopheles
ad 6. War es nicht. Die Griechen führten keinen Kampf kulturellen Kampf gegen Troja, sondern einen Kampf für die Werdung der eigenen Kultur. Wäre es ein Kampf gegen Troja gewesen, so wäre das nur einer der unzähligen Scharmützel der Menschheitsgeschichte gewesen und wie so viele andere längst in Vergessenheit geraten. Genau so wenig wie die Europäer, leider nur ein Teil von ihnen, was bis heute als ein Fluch auf der europäischen Kultur liegt, mit den Kreuzzügen keinen Kampf gegen die Araber führten, sondern einen Kampf für die Entstehung der eigenen Kultur.
Die Römer als Nachfahren der Trojaner betrachteten sich übrigens keineswegs als kulturelle Gegner der Hellenen, sondern als Erben derselben Kultur.


Diogenes Lampe
7. Es geht bei Homer also nicht um die Abwägung von Krieg und Romantik, sondern von Natur und Kultur.

Mephistopheles
ad 7. Nein und doppelt nein. Es geht bei Homer um den Kulturwerdungsprozess. Deswegen endet die Odysseee mit der Eroberung Trojas und die Odyssee mit dem Tod der Freier. Gewonnen ist nichts, aber jetzt kann Kultur werden.


Diogenes Lampe
8. Damit sagen sie imgrunde: "Gewalt ist der einzige Grund für Gewalt und Begründung für Gewalt." Das Recht ist nämlich nicht dazu da, die Gewalt abzuschaffen. Denn das Recht ist auch nur eine Gewalt.

Mephistopheles
ad 8. Nein, ich sage im Grunde, Gewalt ist 8für Menschen) die einzige Möglichkeit (in einer Kultur) zu leben. Andere Möglichkeiten endeten, je nach Definition von Kultur, vor mehreren 1.000 bzw. 100.000 Jahren.
Ich würde einer Definition zustimmen, die besagt, man kann erst dann von Menschen sprechen, wenn man anerkennt, dass ihr Dasein auf Ausübung von Gewalt beruhte.

Ich würde sogar noch weiter gehen: Man kann nur von Menschen sprechen, so lange sie in der Lage sind, Kriege zu führen. Das Ende dieser Fähigkeit bedeutet das Ende der Menschheit.

Verschiedentlich wurde die Befürchtung geäussert, die Menschheit werde durch Kriege ausgerottet. Das ist abwegig. Die Menschheit hat schon so viele Kriege geführt (und, aus gegebenen Anlass, Virenepidemien überlebt), dass eine Ausrottung der Menschheit durch Kriege (Virenepidemien) nicht zu befürchten ist. Wir wissen aber von ehemaligen Kulturen, die die Fähigkeit verloren haben, Kriege zu führen. Die sind samt und sonders klanglos von diesem Planeten verschwunden.

Bei der Frage Krieg und Frieden geht es um nicht weniger als Sein oder Nichtsein der Menschheit. Bei negativer Antwort werden wir zu Affen degenerieren.

Gruß Mephistopheles

PS: Zum Schluss noch ein Wort in eigener Sache:
Jeder Mensch hat etwas Teuflisches in sich. Gehört zum Menschsein. Meph

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