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Re: Es ist k e i n Emmentaler! SEHR WICHTIG!

Geschrieben von dottore am 03. Oktober 2001 12:48:07


Als Antwort auf: Hallo Baldur geschrieben von Galiani am 02. Oktober 2001 09:10:30:

>Diese prinzipielle Frage ist die, die Jochen mit seinem Marx-Zitat beleuchtet: "Wie kann nun die ganze Kapitalistenklasse beständig 600€ (Reminiszenz an heutige Verhältnisse...) aus der Circulation herausziehen, wenn sie beständig nur 500€ hineinwirft?" >Du gehst bei Deiner Betrachtung davon aus, daß sich der Gewinn des Produzenten einfach "irgendwie"(?) von vornherein als Geldbetrag in den Händen des Käufers befindet und letzterer diesen Geldbetrag beim Kauf auch ausgeben kann. Die Frage ist aber: "Woher hat der Käufer dieses Geld?" Und wenn er es geerbt hat, hilft das auch nicht weiter. Denn woher hat der Erblasser das Geld? Und so weiter!

Das Problem, das hier nicht erkannt wird, ist immer das selbe: ich kann sowohl mit vorhandenem Geld kaufen als auch mit noch nicht vorhandenem.

Das zweite ist KREDIT, der immer ex nihilo entsteht. Einfaches Beispiel: Verkäufer stundet den Kaufpreis. Um stunden zu können, muss sich der Verkäufer nirgends Geld besorgen, um es an sich (!) zu bezahlen.

Die Vorstellung, dass immer nur Geld als etwas bereits Vorhandenes gespart und verliehen werden kann, ist falsch. Da vorhandenes Geld immer bereits vorhandenen Schulden (!) entspricht, ist es ein Schuldenderivat, also als Banknote ein Schuldschein.

Der Banknoteninhaber ist über den Schuldschein "Banknote", die auf dem Schuldtitel "hinterlegtes Pfand" basiert und ohne diesen Schuldtitel (z.B. Grundpfandbrief, Staatspapier usw.) niemals (!) ex Notenbank in Erscheinung treten kann, immer ein Gläubiger. Wenn er seine Banknote weitergibt, zediert er als Gläubiger eine Schuld, die dann ein anderer als neuer Gläubiger hat.

Mit oder in Form von Schulden kann ich aber niemals sparen, da Schulden immer ein Passivum sind. Schulden (Pfandbrief ---> Banknote) können immer nur zediert (abgetreten) werden. Gläubigerzession, die das also ist, bedarf keiner Zustimmung des Schuldner (im Gegensatz zur Schuldnerzession, der der Gläubiger zustimmen muss).

Das erste Geld stammt im Kreditgeldsystem aus schon dem ersten Geld vorangegangenen Verschuldungen bzw. der vorangegangenen Hinterlegung der Verschuldungstitel bei der Notenbank. Beweis:

Die Banken haben heute (Ultimo 2000) bei der Bundesbank in derem Pfandpool für über 400 Mrd € Pfänder hinterlegt, aber nicht in gleicher Höhe Bundesbank-Geld abgefordert. Banknotenumlauf ca. 134 Mrd. €, ZB-Guthaben der Banken 47 Mrd. €.

Einzige Ausnahme dieses Vorher/Nachher: Währungsreform 1948, als die Pfänder, deren Wert in neuer Währung noch nicht bekannt sein konnte, da die Umstellungsquote noch nicht vorher bekannt gegeben werden konnte, sofort "nachgeliefert" werden mussten (oft genug gepostet, ebenso das mit dem "Kopfgeld", das bis heute in der Bundesbankbilanz steht mit 4,44 Mrd. € und das mit 1 % p.a. verzinst wird).

Geld ist und war also immer verzinslich unterwegs!

Siehe dazu nochmals den heutigen Notenbankmechanismus: die Pfänder, die dort liegen, sind ausschließlich verzinsliche Pfänder mit Restlaufzeit.

Die Zinsen der Sicherheiten streicht nach wie vor die das Pfand bei der Notenbank hinterlegende Bank ein; um an Bargeld - Banknoten, ZB-Guthaben - zu kommen, muss die Bank den der Notenbank ihren Satz bezahlen (kein Zins, sondern eine Monopolprämie, resultierend aus dem Banknoten-Monopol, bzw. dem Monopol als einzige Stelle "gesetzliche Zahlungsmittel" ausgeben zu dürfen!).

Der Bank bleibt also immer die Differenz, bei Notenbank-Nullsatz (siehe Japan) bekommt sie den Zins der Pfänder netto, bei Notenbank-Minussatz kriegt sie von der Notenbank gesetzliche Zahlungsmittel geschenkt, in Höhe des Minussatzes mal Summe der hinterlegten Pfänder.

>Man muß sich eben klar machen, daß (bei statischer Betrachtung) höchstens soviel Geld für die Nachfrage zur Verfügung stehen kann, wie zuvor als Kosten für die Güterproduktion ausgegeben wurde; demnach wäre es ausgeschlossen, daß der Käufer jemals die 200 Euro besitzt, die Du ihm zubilligst, und damit wäre auch ausgeschlossen, daß der Produzent jemals einen Gewinn macht. OK?

>Heinson und Steiger beantworten die Frage, wieso es dennoch zu Gewinnen kommt, offenbar damit, daß Gewinne nur durch irgendwelche Verschuldungsprozesse möglich seien.

Mit Verlaub (ich hatte es schon gepostet): Dies wurde nicht von Heinsohn/Steiger, sondern von mir entwickelt (Der Kapitalismus, 1986).

>Dem widerspreche ich, gestützt auf die unerschütterlichen theoretischen Erkenntnisse der sog. österreichischen Schule der Nationalökonomie, insbesondere auf die von Böhm-Bawerk ausgearbeitete Kapitaltheorie, die bis heute unwidersprochen ist, und auf v. Hayeks monetäre Produktions- und Krisentheorie (mit der sich Heinson und Steiger offenbar nicht genügend befaßt haben).

Die monetäre (also auf Geld = "moneta" abstellende) Krisentheorie ist falsch. Produktionen sind nur mit Hilfe von Kreditvorgängen möglich, wobei es keinerlei "ersten Geldes" bedarf (in Kreditgeldsystemen; auch das "Kopfgeld" 1948 war kein "erstes Geld", da es nicht etwa verschenkt, sondern gegen Reichsbanknoten ausgegeben wurde, die ihrerseits auf vorher bei der Reichsbank abgelieferten Pfändern erschienen waren).

Beim Goldstandard, und Böhm-Bawerk hat seine Theorie im klassischen Goldstandard entwickelt ("Kapital und Kapitalzins" 1884), Hayek im Gold-Devisenstandard ("The Pure Theory of Capital" 1941), liegen die Dinge anders, weil Banknoten gegen das unverzinsliche Pfand Gold herausgegeben werden konnten und Gold selbst als Tauschgegenstand (niemals Tauschmittel!) unter dem Label "gesetzliches Zahlungsmittel" lief (Goldmünzen).

Gold war damit bereits Kapital wie ein Grundstück. Und der Kauf eines Grundstück mit Gold war so etwas wie ein "like kind exchange", also nichts anderes als ein Tausch Haus gegen Haus, wobei das mobile Kapital Gold gegenüber dem immobilen Kapital Haus schon mal im Vorteil ist.

Hat jemand in Gold gespart (genau der selbe Vorgang wie der Bau eines Hauses, wobei die Produktionskosten einander "entsprechen" mussten, diese wiederum auf die jeweils auzuwendenden Lohnkosten reduzierbar) und dieses Gold deponiert (wobei sich der Zins aus dem Optionscharakter des Goldes selbst ergibt, zu errrechnen aus den Verfallskurven der Güter im Durchschnitt zur konstanten Nichtverfallskurve des Goldes) hatte der Gold-"Sparer" wiederum eine Forderung in Form einer Note (Depositenschein), die er zedieren konnte.

Die "Produktionstheorie" der österreichischen Schule hatte diesen Sachverhalt nicht erkannt (Produktion = immer Vorfinanzierung als ein von Krediten begleiteter Umstand) und die "Krisentheorie" der österreichischen Schule ist eindeutig eine Kreditkrisentheorie, d.h. es kommt zu "Stockungen" (siehe Spiethoff, Machlup, Haberler usw.), wenn es bei den Krediten hapert: die alten werden nicht bedient bzw. es werden keine neuen gegeben oder genommen.

Der Zusammenbruch der Swissair (heute im Kreditgeldsystem) entspricht haargenau dem Zusammenbruch der Eisenbahnkönige im 19. / frühen 20. Jh. (Goldwährung).

>Um es nochmals kurz zusammenzufassen: Man muß zu einer dynamischen Betrachtung übergehen. >Dabei zeigt sich dann, daß der Konsument bei gleichbleibendem Realertrag der Produktion und gleichbleibenden Preisniveau tatsächlich nur dann mehr ausgeben kann als er an Löhnen erhalten hat, wenn er sich verschuldet. (Hier muß ich allerdings eine wichtige Fußnote einschieben!) >Sinkt jedoch das Preisniveau bei gleichem oder sogar höherem Realertrag der Produktion - wie das ja bei kapitalistischer Produktionsweise die Regel ist - , dann schaut die Sache ganz anders aus: Dann kann der Konsument in Periode 1 sehr wohl Ersparnisse bilden, mit denen er dann in der nächsten Periode als Nachfrager von Produkten am Markt auftreten kann, die ihrem Fabrikanten Gewinn bringen.

Abgesehen davon, dass dann der Markt in Periode 1 niemals geräumt werden kann, da ja die Kosten (= Auszahlungen) von Periode 1 nicht zu Nachfrage (= Einzahlungen) in Periode 1 werden (es vergeht Zeit zwischen Einzahlung als "Ersparnis" und Auszahlung als "Kredit" usw.), ist dann der Zins, der sich auf die Ersparnisse von Periode 1 in Periode 2 nicht darstellbar (als Auszahlung an die Sparer). Woher sollte das Geld kommen, um den Zins zu bezahlen?

>Diese "kapitalistische Produktionsweise" unterscheidet sich von der normalen Produktion im einfachsten Fall durch größere Arbeitsteilung (das Beispiel von der Stecknadel-Produktion bei Adam Smith)

Das Stecknadelbeispiel hatte ich schon behandelt (siehe früheres Posting): Wenn die Arbeiter mit dem Lohn, die sie für 12 Stecknadeln erhalten, nur eine Stecknadel kaufen, weil sie jetzt billiger ist, bleibt der Fabrikant auf 11 Stecknadeln sitzen - es sei denn andere Arbeiter nehmen ihre bei anderen Produktionen ausgezahlten Löhne her, um diese zu kaufen, womit dann die anderen Produzenten auf ihren Produkten sitzen bleiben, da ihre Ausdzahlungen (Löhne) nicht wieder als Einzahlungen (= Kauf ihrer Produkte) zu ihnen zurückkehren.

Es sei denn die Nachfrage, die bei der Stecknadelproduktion in Form von dort ausgezahlten Löhnen angefallen ist, geht sofort als Nachfrage zu den Produkten der anderen Produzenten.

Da dies nicht gleichzeitig geschehen kann (und alle mainstream-Wirtschaftsmodelle gehen grundsätzlich von nicht ablaufender Zeit aus), ergibt sich der Zwang die nicht sofort nach der Produktion auch abgesetzte Produktion zu finanzieren (die allseits bekannte Umlaufsmittel- bzw. Betriebsmittelfinanzierung, Klartext: die Finanzierung von noch nicht verkaufter bzw. von verkaufter, aber noch nicht bezahlter Produktion).

Sub summa aller Betriebe muss immer die Zeit zwischen Produktion und Absatz finanziert werden, woraus sich das bekannte Skonto-Phänomen erklärt. Skonto ist nichts anderes als der Ausdruck dafür, dass der Produzent den Zins, den er für die Zeit zwischen Absatz und Eingang der Zahlung dafür selbst bezahlt und nicht seine Kreditlinie bei seiner Bank in Anspruch nimmt, für die er einen höheren Zins bezahlen müsste als den Skonto.

Gerade das Stecknadelbeispiel beweist, dass es ohne zusätzliche Nachfrage in Form von zusätzlichen Krediten nie und nimmer funktionieren kann.

Bei neuen Produkten (ex technischer Fortschritt usw.) besteht zunächst ein extrem unvollkommener Markt (es dauert eben, bis alle potenziellen Marktteilnehmer über das neue Produkt informiert sind, was ganz nebenbei das Phänomen der WERBUNG für "neue" Produkte erklärt!), der nichts anderes besagt als dass zunächst mehr Zeit verstreicht als bei bisheriger Produktion und bisherigem Absatz der Produktion.

>und im weiteren durch den Einsatz von Maschinen, Intelligenz (in Form gut ausgebildeter Partner und Mitarbeiter) und Kapitalgütern wie PC's u. dgl. m.; - also durch sog. "Produktionsumwege": Der Zeitraum zwischen dem erstmaligen Einsatz von Arbeit und Rohstoffen bis zum fertigen Konsumgut wird immer länger! Die Sache ist sehr anschaulich beschrieben in v.Hayek's "Preise und Produktion", Wien 1931.

Und weil eben der "Zeitraum" immer länger (!) wird, muss immer mehr kreditiert werden, um diesen Zeitraum zu überbrücken (Zeit kostet immer Zins!).

>Fazit: Unsere Wirtschaft kann sehr wohl funktionieren und Gewinne machen, auch ohne daß Gewinne grundsätzlich nur durch Verschuldungsprozesse entstehen!

Kann nur für einzelne Unternehmer gelten, die Gewinne machen, aber niemals für alle.

>Grüße nach Triesenberg >G. > >Die Fußnote: >Sowohl Marx als auch Heinson und Steiger haben hier jedoch einen blinden Fleck! Denn woher nähme denn der erste Produzent sein Kapital, um Mitarbeiter zu beschäftigen und Löhne zu zahlen??????

Im Goldstandard wie beschrieben (letztlich muss aber auch die Goldproduktion vorfinanziert werden, Stichwort Produktionsumwege, Goldgewinnung wird immer kapitalintensiver).

Im Kreditgeldsystem (heute) können zusätzliche Arbeitskräfte nur eingestellt werden, indem sich die Unternehmer zunächst verschulden, um die Löhne vorfinanzieren zu können. Die Unternehmer (alle, sub summa!) haben keine Truhe im Keller, in die sie greifen könnten, um die Löhne zu bezahlen und nur zu verstockt sind, es zu tun und um endlich Vollbeschäftigung zu erreichen.

Jedes Kreditgeldsystem ist ex definitione ein tendenziell implosives System, das just dann implodiert, wenn keine "new credits" (Greenspan) erscheinen. Wir werden diese Implosion über kurz oder lang erleben und zwar in einer noch nie da gewesenen Form! Ein nicht bedienter (d.h. durch zusätzliche Verschuldung abgewickelter) Kredit reißt den nächsten Kredit ein, und so immer weiter.

Die Swissair hat eine Passivlage von ca. 7 Milliarden Franken (hatte ich schon vor längerem gepostet). Das Ausbuchen dieser Schulden (abzüglich Konkursquote) wird jede Menge anderer Kredite notleidend machen, usw.

>Durch Verschuldung? Aber bei wem sollte er sich denn verschulden?

Jeder kann sich bei jedem verschulden und zwar ohne dass dabei Geld erscheint!

Beweis: Ich verlege Ihr nächstes Buch (Sie haben die Leistung erbracht, vielen Dank!) und zahle Ihnen keine Tantiemen. Die Käufer des Buches bleiben den Kaufpreis bei ihren Buchhändlern auch schuldig, ich als Verleger die Produktionskosten bei der Druckerei, diese die Papierkosten beim Lieferanten, usw.

So kann ein Buchumsatz von Summa 10 Millionen entstehen, ohne dass auch nur ein einziger müder Geldbetrag (Banknote z.B.) erschienen ist. Die 10 Millionen sind ex nihilo entstandener Kredit. Von tatsächlich erfolgten Ein- oder Auszahlungen ist nirgends etwas zu sehen.

>Die ganze Theorie ist meiner Ansicht nach löchrig wie ein Emmentaler Käse!

Ich halte nichts von solchen vorschnellen Urteilen und Vergleichen.

Gruß

d.