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Zum Regierungswechsel: Ist Intelligenz ‚normalverteilt’?

Geschrieben von Popeye am 06. November 2005 13:21:01

Zunächst meine Entschuldigung für den irreführenden Aufmacher – zum Regierungswechsel steht hier leider nichts, war nur ein kleines Späßchen.
Ohne große Anstrengung könnte ohnehin jeder die beiden Themen verbinden.

Aber zur Entwicklung der Großhirnrinde und zur Intelligenz und zu zwei wissenschaftlichen Veröffentlichungen, deren Ergebnisse in der ‚politisch korrekten’ Welt der Forschung für Unruhe gesorgt haben, steht hier was – wer also weiterlesen will, bitte:

Beide Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Intelligenz nicht ‚normalverteilt’ ist. Deshalb auch die Aufregung.

Im Juni dieses Jahres veröffentlichte die online Ausgabe des renommierten „Journal of Biosocial Science“ (Cambridge, UK) einen Aufsatz mit dem Titel:
“Natural History of Ashkenazi Intelligence”. Autoren sind drei eher reputierliche Wissenschaftler: Gregory M. Cochran sowie Jason Hardy und Henry Harpending beide von der University of Utah. Der Artikel ist hier als pdf-Datei im Netz verfügbar. (Nur am Rande sei vermerkt, dass Cochran schon früher mit seinen Thesen zur Homosexualität aufgefallen ist.)

Kurz und knapp: Ashkenasische Juden sind durchschnittlich intelligenter als der Rest der Bevölkerung und auch als ihre Glaubensbrüder, die sefardischen Juden. Gemessen am sog. IQ-Test erzielen die ashkenasischen Juden durchschnittlich einen um 12-15 höheren Punktewert als die Norm vom 100. Gleichzeitig weisen die ashkenasischen Juden eine höhere Anfälligkeit für eine Reihe von (vererblichen) Krankheiten auf (Nähres in diesem Link unter „Population genetics“ etwa mittig).

Genetische Isolation über lange Zeiträume wird als Ursache für beide Phänomene angenommen. (Siehe dazu aber auch diesen Beitrag von @Theo.)
Ähnliches ist übrigens aus Afrika bekannt Sichelzellenanämie und Resistenz gegen Malaria.

Die zweite „politisch inkorrekte“ Veröfftlichung unter dem Monstertitel : Microcephalin, a Gene Regulating Brain Size, Continues to Evolve Adaptively in Humans hat 9 Autoren und erschien im September dieses Jahres in „Sience“. Prominentester der 9 Autoren ist Bruce T. Lahn, aus dessen Stall (in Chicago) die Forschungsergebnisse im Wesentlichen kommen. Tatsächlich sind es auch zwei Aufsätze - "Ongoing Adaptive Evolution of ASPM, a Brain Size Determinant in Homo sapiens“ titelt der zweite, aber ich behandele beide in einem Aufwasch, da Bruce Lahn auch den zweiten verantwortet.

Kurz und knapp: An zwei bestimmten Chromosomenenabschnitten sollen vor ca. 37.000 Jahren bzw. vor ca. 5.800 Jahren Veränderungen aufgetreten sein, die nach Ansicht der Forscher das Wachstum unserer Großhirnrinde stimuliert haben – und noch weiter wirken.

Die vor 37.000 Jahren entstandene Genvariante „Microcephalin“ ebenso wie die vor ca. 5.800 Jahren entstandene Genvariante „ASPM“ sollen also entscheidend für die geistige ‚Optimierung’ des homo sapiens gewesen sein. Vorsicht ist (noch?) geboten, weil die bisherigen Untersuchungsgruppen noch keine statistisch zuverlässigen Aussagen zulassen.

Aber: Die Zeiträume für diese Genänderungen – könnten passen – Stichworte Höhlenmalerei, Bronzezeit etc.
Politisch brisant ist darüber hinaus die Verteilung beider Mutationen in der Weltbevölkerung:
Microcephalin konnte in ca. 70 Prozent der Weltbevölkerung nachgewiesen werden (vorläufige Ergebnisse!). ASPM hingegen ist nur in 25 Prozent der Weltbevölkerung nachweisbar - mit Schwerpunkten im Nahen Osten und Europa! In Afrika sind beide Mutationen am spärlichsten anzutreffen, was ein weiterer Beweis für die „Out of Africa-These“ sein könnte.

Gegen die aufbrausende Kritik hat sich Bruce Lahn gewappnet – eine Untersuchung über die mit den Mutationen korrespondierenden Intelligenzquotienten liegt bereits bei Science zum „peer-review“. Wir dürfen also gespannt bleiben.

Einen schönen Sonntag allerseits!