zur Sammlungsübersicht

Re: Make love, not war - Caral und der ewige Traum der Menschen vom Frieden

Geschrieben von dottore am 18. April 2005 14:53:43


Als Antwort auf: Re: Es gab und gibt kein Tausch"mittel". - Jükü geschrieben von nereus am 17. April 2005 22:34:55

Hi nereus,

>Kürzlich kam auf Phoenix ein Bericht über die Pyramiden von Caral.

Ja. Damit man sich ein Bild machen kann, zunächst die Lage dieser Traum-Stadt:

Ca. 180 km nördlich Lima und 23 km von der an der Küste verlaufenden Panamericana entfernt.

Es ist eine Tempel- und/oder Pyramidenanlage:

Der Kapitalkoeffizient dieser öffentlichen Investition war immens, wobei an den klassischen Satz von Rose (Wachstumstheorie) zu erinnern sei:

"Ein großer Kapitalkoeffizient bedeutet, daß eine gegebene Nettoinvestition nur einen kleinen Zuwachs zur potentiellen Produktion bewirkt."

Das treibt mich bei der Beurteilung dieser Megalith- und/oder Großtempel-Bauten schon seit jeher um: Kann es sein, dass sich diese "Kulturen", die in der Regel "plötzlich" und "rätselhaft" verschwanden, schlicht über-investiert hatten - unabhängig davon, wer jeweils zum Malochen gezwungen wurde und womit.

Soeben in Huf, Bibelrätsel zu lesen (175): "Die drückende Last der Fronarbeit auf den königlichen Baustellen, zu der (Salomon) auch die Stämme des Nordens heranzieht, bringen das Volk gegen den König auf. Die ohnehin schwache Union ... droht zu zerfallen. In der Tat wird sie Salomo nicht überleben."

Den "freien Lohnarbeiter" gab es damals nicht. Solche Klamotten sind ziemlich schwierig zu transportieren.

Besonders beachtlich ist diese Rotunde, über deren Zweck nur gemutmaßt werden kann. Am unwahrscheinlichsten: Ein "Versammlungsplatz" von Freien und Gleichen. Dazu hätte man das Geviert zwischen den Tempeln gehabt.

Wird schon klug vermarktet (son et lumière) - wozu da ins hohe, kalte Cuzco klettern?

>Das ist eine "versunkene" Stadt in Peru die über 4.600 Jahre alt sein soll.

Das Areal liegt auf einer Anhöhe über dem Fluß (s.unten) und kann das dortige Geschehen gut beobachten/überwachen.

>Dort sollen 30.000 Menschen gelebt haben und man fand weder Befestigungsanlagen noch Waffen.

Zu den "Befestigungsanlagen": Zum einen mögen sie mangels einer "Gegenstadt" überflüssig gewesen sein. Die älteste Anlage ("oldest city in the New World") wäre dann die erste gewesen; diese Form der "unbefestigten" Tempelstadt finden wir in Lateinamerika zuhauf, d.h. mindestens ebenso oft wie die der "befestigten" Anlage. Zum dritten sind die Ausgrabungen (seit den 1990ern) noch nicht abgeschlossen, d.h. es kann sich noch herausstellen, dass Spuren der bekannten hölzernen Palisaden gefunden werden, wie sie jüngst erst für das Tal von Oaxaca mit Mühe gefunden wurden (vgl. die früheren Debatten über "Origin of War").

Zu den "Waffen" daselbst, siehe weiter unten.

Dass es innerhalb so schiedlich-friedlich zugegangen ist, wird ua. vom renommierten Smithonian-Institut bestritten, das den Inhalt der berühmten (s. ebenfalls auch unten) "Kinderbegräbnisstätte" eindeutig als Ergebnis eines Ritualmordes rekonstruiert:

>Ein zu Hilfe gerufener amerikanischer Historiker/Archäologe war völlig konsterniert und hat überall nach Kriegsgerät gesucht .. aber leider nichts gefunden.

Dazu unten.

>Trotzdem ist offenbar ein intensiver Handel betrieben worden.

>Es wurde Fisch vom Meer verspeist und Caral lieferte die benötigten Baumwollnetze dafür.

Dieses hat sich inzwischen als Märchen herausgestellt. Die "Netze" dienten dem Transport von Steinen, wie sich aus diesen Caral-Darstellungen bzw. -Rekonstruktionen ergibt:

Im übrigen sei nochmals auf die Nähe zum Meer verwiesen. Es war für die geübten Geher und Läufer aus Caral ein Leichtes, innerhalb eines halben Tages vom Meer zur Tempelanlage (Tempelstadt) zu gelangen. Warum man dazu den "Handel" bemühen muss, erschließt sich mir nicht. Die Azteken-Herrscher in Tenotchtitlan (Mexiko City) genossen sogar Schnee vom Popocatepepel, der nicht "ertauscht" oder "erhandelt", sondern von ihren Läufern gebracht und dann gesüsst serviert wurde.

Die Lage Carals war erheblich günstiger:

>Ausgeklügelte Bewässerungssysteme machten aus der öden Wüstengegend ein kleines Paradies.

Der Fluss lag direkt vor der Haustür und wurde an Ort und Stelle für Bewässerungen genutzt. Das Naß- bzw. Schwemmland ist bis heute gut zu sehen:

Etwelche "Wüstenbewässerungen" (Wüste wäre hinter dem Tempelberg zum Betrachter hin) wurden nicht festgestellt, was außerdem Wasser-Hub-Mechanismen erfordert hätte.

>Wer zwang da wen mit welcher Waffengewalt zum Handel oder zur Anwendung von GZ?

>Vielleicht ist eben doch nicht der Krieg der "Vater aller Dinge".

Dann zu den Waffen (von der Caral-Seite). Dass damit nur artig Holz gefällt oder Tiere gejagt wurden, ist vor allem in Bezug auf Letzteres eher unwahrscheinlich. Das Fehlen von jagdbarem "Großwild" als Eiweiß-Lieferant ist für Südamerika notorisch.

Die Caral-Entdeckung und -ausgrabung ist vor allem Verdienst dieser Frau:

Dazu steht auf einer Caral-Seite:

"When archaeologist Ruth Shady [Solis] discovered her 5,000 year old city of pyramids in the Peruvian desert, all eyes were on the New World. Ruth's extraordinary city, known as Caral, is so much older than anything else in South America that it is a clear candidate to be the mother city.

[Woher die Caral-esen gekommen sein mögen, ist nicht klar: Über das polynesische Island-Hopping dürfte ausgeschlossen werden, über die Anden sowieso. Also bliebe der Klassiker Beringstraße. Dafür spricht auch, dass sie das Tempel-, Megalith- bzw. Pyramiden-"System" hatten, das wir auch in China und Zentralasien nachweisen können.

Dass die Anlage von Caral z.B. der von Monte Alban ähnelt:

wirft weitere Fragen, etwa nach der Anciennität auf]

It also is in pristine condition. Nothing has been built on it at all. Instead laid out before the world is an elaborate complex of pyramids, temples, an amphitheatre and ordinary houses.

Make love not war

[Hier haben wir das Bekenntnis von Frau Ruth]

Crucially, there is not the faintest trace of warfare at Caral; no battlements, no weapons, no mutilated bodies.

[Falsch!]

Instead, Ruth's findings suggest it was a gentle society, built on commerce

[Ohne Beweis, siehe oben die "Netze"]

and pleasure. In one of the pyramids they uncovered beautiful flutes made from condor and pelican bones.

[Richtig, sehr schöne Instrumente:

They have also found evidence of a culture that took drugs and perhaps aphrodisiacs.

(Von Herzen gegönnt]

Most stunning of all, they have found the remains of a baby, lovingly wrapped and buried with a precious necklace made of stone beads.

[Liebevoll geopfert]

Einstweilen würde ich diesen Caral-Hype (love not war!) mit distanzierter Vorsicht genießen.

Gruß!