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OT: Das ist Evolution

Geschrieben von Popeye am 27. Februar 2005 11:12:56

Das Buch verstaubte bereits seit über einem Jahr auf dem hohen Stapel „ungelesen“, als der Tod des Autors Ernst Mayr Anfang Feb. dieses Jahres (wenige Monate nach seinem 100. Geburtstag) zum Anlass wurde, das Buch endlich zu lesen.

Mayr ist einer der ganz großen der Evolutionsbiologie und dies war sein letztes Buch (erschienen 2003) unter dem Titel Das ist Evolution.

Für jemanden wie mich, dessen letzte Biologiestunde viele Jahrzehnte zurückliegt und der mit molekularbiologischen Themen in seinem Berufsleben nur sehr selektiv zu tun hatte, ist das Buch ein Geschenk, weil es die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte in der Evolutionsbiologie und der Genetik verbindend präsentiert.

Warum das Buch ein Vorwort von Jared Diamond (Geograph und Physiologe) hat, dessen letztes Buch, vorgestellt hier in meinen Augen ein großes Ärgernis ist, verstellt sich meiner Einsicht, tut aber dem Inhalt keinen Abbruch.

Das Buch ist zwar für Laien - wie mich – geschrieben, stellt aber trotzdem einige Ansprüche bezüglich der Begriffswelt von Biologen und ich musste viele Male im Internet nach einfacheren Erläuterungen und Erklärungen von Fachausdrücken suchen. Dies, obwohl das Buch nicht an graphischen Darstellungen geizt und darüber hinaus Kernbegriffe und Kernzusammenhänge in abgesetzten kastenförmigen Einschüben erläutert. Hier ein Beispiel:

Kasten 5.4 Meiose
Als Meiose bezeichnet man zwei aufeinander folgende Zellteilungen, die der Entstehung der haploiden Keimzellen (Gameten) vorausgehen. Bei der ersten Teilung heften sich die Schwesterchromatiden homologer Chromosomen aneinander. Nun kann das Crossing-over stattfinden: Die Chromatiden brechen an Stellen, an denen sie sich überlappen, und verbinden sich über Kreuz mit den Bruchstücken des Schwesterchromatids, sodass ein neu zusammengesetztes Chromosom entsteht. Bei der nachfolgenden zweiten Zellteilung, die man auch Reduktionsteilung nennt, wandern die homologen Chromosomen nach dem Zufallsprinzip zu den beiden Zellpolen, sodass sich dort völlig neu zusammengesetzte Chromosomensätze bilden. Durch das Crossing-over und die zufällige Wanderung der Chromosomen zu den Zellpolen bilden sich also in den beiden Schritten der Meiose völlig neue Kombinationen der elterlichen Genotypen.

Die bei der Meiose entstehenden Keimzellen (Ei- und Samenzellen) sind haploid, bei der Befruchtung wird dann aber der diploide Zustand wieder hergestellt. Eine detailliertere Darstellung dieses komplizierten Vorganges findet sich in jedem Lehrbuch der Biologie.


Aber wer sich die Mühe macht, solche Erläuterungen so gut wie möglich selbst nachzuvollziehen wird reich belohnt. Das was wir schlampig als „survival of the fittest“ aus dem Biologieunterricht ins Alltagesleben hinübergerettet haben, wird geduldig auf vielen Ebenen zu einem grandiosen Gesamtbild ausgebreitet.

Ein Genuß und Leseabenteuer der ganz besonderen Art, das auch die letzten Skeptiker überzeugen dürfte.