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Real-Enzyklopädie (30): Der 'Zweck' des Geldes

Geschrieben von dottore am 08. August 2002 12:39:21


Guten Tag,

da es kaum noch zu interessieren scheint, was denn Geld ist, woher es gekommen ist, ob es als Aktivum oder Passivum durch die Gegend geistert und wie es heute über den ZB-Mechanismus wirkt, sondern viel mehr, was der Zweck des Geldes ist, so lässt sich dieser auch ganz einfach darstellen:

Der Zweck des Geldes ist in einer arbeitsteiligen Wirtschaft zweifelsfrei zunächst, eingegangene Kontrakte, die auf Geld lauten, zu erfüllen.

Die Arbeitsteilung und ihre unbestreitbaren Vorteile werden seit Adam Smith (Wealth of Nations I, 1) leider immer nur unter dem Aspekt der Realwirtschaft gesehen. Dass jede Arbeitsteilung jedoch auf Kontrakten basiert, ist der entscheidende Punkt. Je stärker die Arbeitsteilung voran schreitet, desto mehr einzelne Kontrakte, erfüllbar in Geld, müssen vereinbart werden.

Der Zweck des Geldes ist nicht, die Arbeitsteilung voranzutreiben, sondern die sich dabei ergebenden immer tiefer gestaffelten und spezialisierteren Arbeitsverträge in Geld zu erfüllen.

Selbst, wenn Geld verschenkt würde, ginge diesem Vorgang ein Schenkungsvertrag voraus, was sich schon daraus ergibt, dass der Schenker einen gesetzlich definierten Rückgabe- bzw. Rückzahlungsanspruch hat.

Auch der augenscheinliche Vorgang, dass mit Geld etwas "eingetauscht" wird, setzt einen Tauschkontrakt, Klartext: Kaufvertrag voraus, den beiden Seiten erfüllen müssen. Der Zweck des Geldes ist die Erfüllung des Vertrages, nichts weiter.

Dies gilt für alle "Transaktionen" (Geldher- oder -weitergaben):

Geld hat immer nur den Zweck, einen noch nicht erfüllten Kontrakt zu erfüllen.

Dies gilt selbstverständlich nicht nur in der Waren-, sondern auch in der Finanzsphäre (Aktien, Anleihen usw.).

Es gibt nichts, was Geld als Geld bewirken könnte. Entweder es dient dazu, Kontrakte zu erfüllen oder es ist nicht definierbar.

Sämtliche Vorstellungen, es gebe "zunächst mal" Geld und dann könne sich der Geld-Inhaber entscheiden, was er damit macht, übersehen, dass jedes Geld ausschließlich dazu dient, bereits existente, also noch nicht mit Geld bezahlte Kontrakte zu bedienen.

Daraus resultiert u.a. der Irrtum mit der "Liquiditätsprämie" (Keynes usw.). Sämtliche Kontrakte bedürfen zu ihrer Erfüllung der Liquidität. Werden sie nicht fristgerecht erfüllt, erleidet derjenige, der auf sein Geld wartet, einen Verlust, die derjenige, der die Liquidität hält, nicht als Gewinn bzw. "Prämie" verbuchen kann.

Denn wäre es so, würde jeder, der Liquidität hält, eine Gutschrift in Form zusätzlicher Liquidität erhalten, was erkennbar nicht der Fall ist.

Geld ist also immer bereits "fällig", sobald es existiert. Dass die Fristenkongruenz dabei auseinander klafft, ist selbstverständlich und führt zu den bekannten "Zahlungskrisen", die in immer größerer Intensität auftreten.

Geld kann natürlich auch vom Halter genutzt werden, um zusätzliche Kontrakte abzuschließen und zu bezahlen. Damit sind aber die bereits offenen sonstige Kontrakte nicht erledigt, sondern weiter offen und werden "drückender" für denjenigen, der aktuell Zahlung erwartet, aber nicht erhält.

Geld kann auch zusätzlich geschaffen werden, ob über ZB oder Banken spielt keine Rolle. Aber es kann niemals netto geschaffen werden. An die ZB muss es ebenso zurück (womit es wieder verschwindet) wie an die Bank, womit auf Geld lautende Guthaben der Bank gegenüber allen Inhabern von Geld ebenfalls wieder verschwinden.

Es darf niemals der einzelne Inhaber von Geld mit allen Inhabern von Geld verwechselt werden. Diese Verwechslung ist der Grundirrtum aller ökonomischen Deutungsversuche.

Sub summa sind sämtliche auf Geld lautenden Forderungen immer gleich hoch sämtlichen auf Geld lautenden Schulden. Saldiert ergibt sich immer Null. Geben alle ihr Geld an die Banken zurück bzw. gleichen alle ihr Soll gegenüber den Banken aus, ergibt sich bei den Guthaben und Schulden zwangsläufig ein Saldo Null.

Danach hätten die Banken sämtliches Bargeld, was sie dann nach Ablauf der ZB-Fristen an diese zurückreichen, womit sich der Saldo zwischen ZB und Banken ebenfalls auf komplett Null stellt.

Nun wird gern zwischen Schuldgeld und Warengeld unterschieden.

Das Schuldgeld besteht auch aus einer Sache, nämlich dem Papier, auf dem das Geld gedruckt ist. Wird etwas mit Geld bezahlt, also ein vorher zwingend bestehender Bezahlungsgrund existiert, geschieht zweierlei:

Einmal wird das Eigentum an dem unverzinslichen Inhaberpapier (Banknote physisch) übertragen. Die ist ein sachenrechtlicher Vorgang.

Zum zweiten wird die auf dem Geldschein verbriefte Forderung, die auf die Herausgabe der dem Geldschein bei der ZB zu hinterlegenden Pfand (dieses heute wiederum ein Schuldtitel) zielt, zediert (abgetreten). Das ist ein schuldrechtlicher Vorgang.

Dieses ist sofort einsichtig, wenn die Bank, die bei der ZB ein Pfand hinterlegt hat, um an ZB-Geld zu kommen, dieses Pfand gegen die Rückgabe der Banknote wieder erhält.

Beim Warengeld ist es so:

Derjenige, der eine Ware zu Geld erklärt, kann dies nur tun, indem er diese Ware gleichzeitig als eine Ware erklärt, die an ihn als Abgabe zu leisten ist. Niemand kann Geld zu Geld erklären, wenn er es nicht selbst akzeptiert und zwar, um mit dem Geld jene Forderungen, die er geltend macht (Abgaben), begleichen zu können.

Es muss daher in diesem Fall immer zuerst ein Forderung aufgebaut werden (ex Besteuerungsrecht), bevor etwas zu dem erklärt werden kann, worin diese Forderung bezahlt oder getilgt werden kann.

Auch dem Warengeld muss also immer eine Forderung vorausgehen, die mit Hilfe dieses (dinglichen) Geldes zum Verschwinden gebracht werden kann.

Gibt es keine Forderung, kann es auch nichts geben, mit dessen Hilfe sie erfüllt werden könnte.

Geld, egal in welcher Form, hat also einzig und allein den Zweck, Forderungen zu erfüllen.

Der Staat hat kraft Machtmonopol des Recht, Forderungen aufzustellen und gleichzeitig des Recht, zu erklären, worin diese Forderung erfüllt werden soll (heute: "gesetzliches Zahlungsmittel"). Die Privaten haben sich dem zu unterwerfen, ob es ihnen passt oder nicht.

Wollte jemand Privatgeld schaffen, müsste er zunächst eine Forderung in die Welt setzen, bevor er Privatgeld in die Welt setzen kann.

Die Schaffung von Geld als solchem, mit dem Zweck, damit sozusagen bei Null zu starten, um dann so etwas wie einen "Geldbestand" zu haben, mit dem "gearbeitet" werden könnte, ist ganz und gar unmöglich.

Entweder das private Geld müsste dann zur Begleichung bereits bestehender Forderungen (privater und öffentlicher) verwendet werden, für die aber bereits vorher etwas zu Geld erklärt sein muss, in dem sie beglichen werden können. Eine Forderung, die auf nichts lautet, kann es per definitionem nicht geben.

Das worauf die Forderung lautet, ist Geld, wobei es keine Rolle spielt, ob das Geld stoffwerthaltig ist oder nicht.

Oder der private Geldschöpfer ist in der Lage, eine Forderung gegenüber anderen aus dem Hut zu zaubern. Das kann aber ein Privater nicht, weil er niemals Forderungen aus dem Nichts schaffen kann, was nur dem Staat bzw. der Macht vorbehalten ist.

Womit sich der Kreis schließt: Geld setzt immer Forderungen voraus, und sein Zweck ist es, diese Forderungen zu erfüllen. Alle privaten Forderungen resultieren aus Verträgen, die abgeschlossen sein müssen, weil sonst nicht gefordert werden kann (weder Waren oder Leistungen auf der einen noch Geld auf der anderen Seite).

Der Zweck des Geldes im "alltäglichen Geschäft" ist dabei, mit Hilfe von Zession (!) desselben diese Verträge zu erfüllen. Damit lassen sich sämtliche privaten Verträge erledigen.

Was jedoch immer offen bleibt, ist die Forderung desjenigen (Staat, Macht), die nicht auf Kontrakt beruht. Es gibt keinen Vertrag, der zwischen Steuerbürger und Staat abgeschlossen wäre und der sich auf eine konkrete Leistung und eine konkrete Gegenleistung bezieht, was private Verträge immer vorsehen.

Der Zweck des Geldes bezogen auf das Verhältnis zwischen Staat und Bürger, besteht ausschließlich darin, die vom Staat kraft Staatsmacht in die Welt gesetzte Forderung, nämlich die auf Entrichtung von Abgaben zu erfüllen.

Das Geld ist durchaus ein "Geschöpf der Rechtsordnung" (Knapp), aber es handelt sich dabei nicht um eine privatrechtliche Rechtsordnung, sondern um eine öffentlich-rechtliche. Der Kern jedes öffentlichen Rechts ist das Machtmonopol, aus diesem abgeleitet das Steuer- und Abgabenmonopol und aus diesem abgeleitet das Geldmonopol.

Der Zweck des Geldes war und ist also, diese drei Ur-Monopole der Macht, zu erhalten.

Man kann es also drehen und wenden wie man will: Geld ist niemals ein Aktivum, es ist auch nicht "neutral", sondern stets, sowohl in Waren- als auch Schuldgeldsystemen ein Passivum.

Geld kann für einzelne einen Zweck haben (Wertaufbewahrung), aber niemals für alle. Denn würden es alle aufbewahren, würden sämtliche auf Geld lautenden Forderungen kollabieren. Geld kann auch kein "Tauschmittel" sein, da es nicht als mehr oder minder stoffwerthaltige Sache getauscht, sondern als Schuldtitel zediert wird.

Sobald Geld erscheint, ist es jemand schuldig. Zwischen dem Zeitpunkt des Erscheinens von Geld und dem Zeitpunkt seiner Rückkehr zum Geld-Emittenten verstreicht zwangsläufig Zeit, da das Geld nicht gleichzeitig emittiert und wieder zurück beordert werden kann.

In diesem Zeitraum findet alles Statt, was private Tätigkeit ausmacht. Doch selbst das großartigste private Treiben kann nicht darüber hinweg täuschen, dass jedes Geld letztlich an den Emittenten zurück kehren muss. In den modernen Schuldgeldsystemen muss nicht nur dieses Geld an den Emittenten zurück, sondern es muss noch zusätzliches, nicht von den Privaten erstellbares Geld an den Emittenten zurück (Notenbank-"Zins").

Keine ZB der Welt lässt sich mit Buchgeldforderungen gegenüber Banken oder Privaten abspeisen! Keine ZB der Welt hält entsprechende Forderungen in ihrer Bilanz. Was die ZB als "Forderungen" gegenüber Kreditinstituten hält (siehe Buba, Position 5 der Aktivseite) sind "Forderungen aus geldpolitischen Operationen", deren Mechanismus hier bereits lang und breit erklärt wurde.

Einen Zweck des Geldes betreffend die ZB gibt es nur als Zweck, der ZB, im Rahmen der üblichen Prolongationen das von ihr geschaffene Geld zurückzureichen und sich bei ihr jenes Geld zusätzlich zu beschaffen, das von ihr aufgrund der "geldpolitischen Operationen" gefordert wird.

Dass eine Ware (Sache), aus der das Geld besteht, gemessen in anderen Sachen einen "Wert" haben kann, ist unerheblich. Dann haben wir einen Zweck der Sache selbst, der sich in nichts von den Zwecken anderer Waren oder Leistungen unterscheidet: entweder sie werden als einem Zwecke dienlich anerkannt oder nicht.

Aus ihrem relativen Zweck als Sache lässt sich kein absoluter Zweck als Geld ableiten.

Gruß!