Wenn der Staat zum Zocker wird ...

CalBaer @, Montag, 27.08.2018, 01:01 vor 2070 Tagen 3001 Views

dann wird nicht gekleckert - 375 Millionen Schaden durch Derivate-Spekulation im hessischen Finanzministerium ...
https://www.merkur.de/politik/brisanter-bericht-hat-hessen-hunderte-millionen-steuergel...

Das Ende ist noch gar nicht absehbar, Milliardenverluste sollen drohen ...
https://www.welt.de/wirtschaft/article181299256/Zinsderivate-Hessen-verspekuliert-Hunde...

Es ist mir voellig unverstaendlich, dass der Staat mit Derivaten zocken darf, was ja ein Scheunentor zur Korruption oeffnet. Wenn da nicht sogar ein Berater, Mitarbeiter etc. des Finanzministeriums bewusst falsche Ratschlaege gegeben hat, damit jemand entsprechende Gegenposition im grossen Stil eingehen konnte? Das Geld ist ja nicht weg, es hat nur ein anderer. Mir schwant, da hat jemand den Steuerzahler gewaltig abgezockt.

--
Ein ueberragender Teil der Oekonomen, Politiker, Banker, Analysten und Journalisten ist einfach unfaehig, Bitcoin richtig zu verstehen, weil es so revolutionaer ist.
Info:
www.tinyurl.com/y97d87xk
www.tinyurl.com/yykr2zv2

... wurde er das?

paranoia @, Die durchschnittlichste Stadt im Norden, Montag, 27.08.2018, 15:49 vor 2070 Tagen @ CalBaer 1772 Views

Hallo CalBaer,

die letzten Jahre habe ich wieder große Spekulationsverluste erlitten, weil ich keinen Teilkaskoschaden hatte. [[lach]]
Jetzt ist die Kohle für die Police futsch![[ironie]]

Weizenhedge
Ein Bauer verkauft im Gegenwert seiner voraussichtlichen Weizenernte Terminkontrakte.
Ergebnis: Er sichert sich das im Terminkontrakt fixierte Preisniveau.

Verkaufte er seine Ernte am physischen Getreidemarkt für ein Almosen, entschädigt ihn der Terminkontrakt.

Explodieren die Weizenpreise, erlöst er sehr viel am Kassamarkt, kann die Terminkontrakte aber nur mit Verlust glattstellen*.

*Basisrisiko vorbehalten...

In der Summe hat er sich das Preisniveau zum Zeitpunkt seiner Sicherung abgeschlossen.


Zinshedge
Wenn ein Finanzminister sich das aktuelle Swapniveau absichert, indem er z.B. einen Forward Swap abschließt, bei dem er die feste Seite zahlt, dann tut er genau dasselbe. Er friert das Zinsniveau für seine zukünftige Anleiheemission ein.

Steigen die Zinsen, kompensiert ihn der Marktwert des Swaps, den er mit Gewinn auflösen kann, so dass er trotz gestiegener Zinsen in der Summe eine Finanzierung hat, die er beim alten Zinsniveau gehabt hätte.

Fallen die Zinsen, verliert über den negativen Marktwert des Swaps das, was er dadurch gewinnt, dass er sich billiger verschulden kann.

Ein solcher Swap ist keine Spekulation.

Nachher zu sagen, dass sei eine Spekulation, ist unredlich.
Umgekehrt würde man dem Finanzminister vorwerfen, wieso er das niedrige Zinsniveau nicht abgesichert hat, wenn die Zinsen später angestiegen sind.

dann wird nicht gekleckert - 375 Millionen Schaden durch
Derivate-Spekulation im hessischen Finanzministerium ...
https://www.merkur.de/politik/brisanter-bericht-hat-hessen-hunderte-millionen-steuergel...

Ein genauer Blick auf die Konditionen der abgeschlossenen Derivate würden offenbaren, ob es sich um eine Spekulation handelt, oder nicht.

Ohne nähere Informationen ist das eine billige Nummer, um das Sommerloch zu füllen.

Das Ende ist noch gar nicht absehbar, Milliardenverluste sollen drohen ...

https://www.welt.de/wirtschaft/article181299256/Zinsderivate-Hessen-verspekuliert-Hunde...

Es ist mir voellig unverstaendlich, dass der Staat mit Derivaten zocken
darf, was ja ein Scheunentor zur Korruption oeffnet. Wenn da nicht sogar

Hat der Staat spekuliert?!

CalBaer, bitte guck' Dir den Unterschied zwischen Spekulation und Hedging an.

Aus der Presseberichterstattung ist nicht ersichtlich, was der Staat gemacht hat.

Gruß
paranoia

--
Ich sage "Ja!" zu Alkohol und Hunden.

Danke fuer die Aufklaerung

CalBaer @, Montag, 27.08.2018, 19:24 vor 2070 Tagen @ paranoia 1352 Views

Das Problem was aber bleibt, ist die mangelnde Transparenz. Mit meinem eigenen Geld kann ich machen, was ich will, der Staat aber verwaltet nur das Geld der Steuerzahler, es ist nicht sein eigenes. Der Steuerzahler hat m.E. ein Recht darauf zu wissen, welche Risiken seine Regierung eingeht. Schiefgegangene Derivategeschaefte koennen den Staat auch in den Bankrott fuehren, in den USA ist das auf kommunaler Ebene bereits passiert. Dass sich die Regierungen so wenig mit Transparenz und Regulierung anfreunden koennen, ist daher sehr bedenklich - nicht nur unter dem Apsekt moeglicher Korruption.

Noch eine Anmerkung zur Spekulation. Jede Prognose der Zukunft ist Spekulation. Jede Versicherung ist es. Es wird nur staatlich reguliert und als Finanzprodukt von institionellen Einrichtungen unter anderen Namen vermarktet. Es ist und bleibt aber alles reine Spekulation.

--
Ein ueberragender Teil der Oekonomen, Politiker, Banker, Analysten und Journalisten ist einfach unfaehig, Bitcoin richtig zu verstehen, weil es so revolutionaer ist.
Info:
www.tinyurl.com/y97d87xk
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Spekulation versus Absicherung ("Hedging")

paranoia @, Die durchschnittlichste Stadt im Norden, Montag, 27.08.2018, 19:29 vor 2070 Tagen @ CalBaer 1341 Views

Hi CalBaer,

Das Problem was aber bleibt, ist die mangelnde Transparenz. Mit meinem
eigenen Geld kann ich machen, was ich will, der Staat aber verwaltet nur
das Geld der Steuerzahler, es ist nicht sein eigenes. Der Steuerzahler hat
m.E. ein Recht darauf zu wissen, welche Risiken seine Regierung eingeht.
Schiefgegangene Derivategeschaefte koennen den Staat auch in den Bankrott
fuehren, in den USA ist das auf kommunaler Ebene bereits passiert. Dass

Orange County. Die haben definitiv gezockt, das Derivat passte nicht zum Risiko, meine ich.

sich die Regierungen so wenig mit Transparenz und Regulierung anfreunden
koennen, ist daher sehr bedenklich - nicht nur unter dem Apsekt moeglicher
Korruption.

Ja, da gebe ich Dir Recht.


Noch eine Anmerkung zur Spekulation. Jede Prognose der Zukunft ist
Spekulation. Jede Versicherung ist es. Es wird nur staatlich reguliert und
als Finanzprodukt von institionellen Einrichtungen unter anderen Namen
vermarktet. Es ist und bleibt aber alles reine Spekulation.

Nein. Volatilitätsreduzierung ist Hedging, Volatilitätserhöhung ist Spekulation.

Billige Yen-Kredite für DEM-Häuslebauer mit Cash Flow in DEM sind klarerweise Spekulation.

Da stimmt die Lehrbuchdefinition.

Gruß
paranoia

--
Ich sage "Ja!" zu Alkohol und Hunden.

Das Land Hessen sollte nachweisen, dass die Einsparungen durch die niegdrigen Zinsen die Verluste der Optionsgeschäfte übertreffen

BerndBorchert @, Montag, 27.08.2018, 19:45 vor 2070 Tagen @ paranoia 1259 Views

Sonst war es keine Absicherung.

Dennoch ärgerlich für die Steuerzahler.

Bernd Borchert

Deine Meinung zum Thema Absicherungsgeschäfte

paranoia @, Die durchschnittlichste Stadt im Norden, Montag, 27.08.2018, 19:57 vor 2070 Tagen @ BerndBorchert 1305 Views

Hallo BerndBorchert,

von Optionsgeschäften ist nirgendwo die Rede.
Es handelt sich um Swaps, typischerweise symmetrisches Risikoprofil.

Sonst war es keine Absicherung.

Falsch.


Dennoch ärgerlich für die Steuerzahler.

Ja, mit "hindsight bias". [[top]]

Bernd Borchert

Bitte nochmal den Unterschied zwischen symmetrischen und asymmetrischen Derivaten nachlesen.

Gruß
paranoia

--
Ich sage "Ja!" zu Alkohol und Hunden.

Also ich als Steuerzahler würde von einem Absicherungsgeschäft gegen steigende Zinsen erwarten, dass

BerndBorchert @, Montag, 27.08.2018, 20:13 vor 2070 Tagen @ paranoia 1243 Views

bearbeitet von unbekannt, Montag, 27.08.2018, 20:17

zwar im Falle von gleichbleibenden Zinsen insgesamt Kosten anfallen ("Versicherungsgebühr"). Wenn aber die Zinsen deutlich fallen, sollte davon insgesamt profitiert werden (natürlich etwas weniger als wenn man sich gar nicht abgesichert hätte).

Bitte nochmal den Unterschied zwischen symmetrischen und asymmetrischen
Derivaten nachlesen.

Dann hätte man also was Asymmetrisches einsetzen sollen?

Wenn man es nicht getan hat, dann würde ich es Spekulation (oder Inkompetenz oder Korruption) nennen, und als Fall für die Finanzaufsicht vorschlagen (und für den Wahlkampf).

Bernd Borchert

Deine Meinung zum Thema Absicherungsgeschäfte

paranoia @, Die durchschnittlichste Stadt im Norden, Montag, 27.08.2018, 20:19 vor 2070 Tagen @ BerndBorchert 1264 Views

natürlich im Falle von gleichbleibenden Zinsen insgesamt Kosten anfallen
("Versicherungsgebühr").

Wenn aber die Zinsen deutlich fallen, sollte davon insgesamt profitiert
werden (natürlich etwas weniger als wenn man sich gar nicht abgesichert
hätte).

Bitte nochmal den Unterschied zwischen symmetrischen und asymmetrischen
Derivaten nachlesen.


Dann hätte man also was Asymmetrische einsetzen sollen?

Nein. Mit asymmetrischen Derivaten frierst Du den Status Quo ein.
Was Hessen an den Derivaten verloren hat, hat Hessen an Finanzierungsvorteil gewonnen.

Wenn Du ein Wahlrecht ausüben können willst, musst Du einem Stillhalter Prämie zahlen. Da gibt es keine objektiven Kriterien, wann sich die Prämie lohnen könnte. Da könnte man Deiner Argumentation folgend immer mosern.

Wenn man es nicht getan hat, dann würde ich es Spekulation nennen, und
als Fall für die Finanzaufsicht vorschlagen (und für den Wahlkampf).

Du spekulierst über Vorgänge und mit Begriffen, die eindeutig besetzt sind.
Du solltest Dich wirklich mit Derivaten auseinandersetzen.

Gruß
paranoia

--
Ich sage "Ja!" zu Alkohol und Hunden.

Schön, dass Du Dich auskennst

BerndBorchert @, Montag, 27.08.2018, 20:39 vor 2070 Tagen @ paranoia 1249 Views

aber kein Grund andere abzukanzeln.

natürlich im Falle von gleichbleibenden Zinsen insgesamt Kosten

anfallen

("Versicherungsgebühr").

Wenn aber die Zinsen deutlich fallen, sollte davon insgesamt profitiert
werden (natürlich etwas weniger als wenn man sich gar nicht

abgesichert

hätte).

So ein Absicherungsgeschäft müsste man doch hinkriegen, wenn nicht mit swaps, dann anders.

Wichtigere Frage: An wen gehen eigentlich die Verluste Hessens? an Wallstreet Firmen wie Goldmann Sachs, die die Gegenseite dargestellt haben?

Bernd Borchert

Deine Meinung zum Thema Absicherungsgeschäfte III

paranoia @, Die durchschnittlichste Stadt im Norden, Montag, 27.08.2018, 20:48 vor 2070 Tagen @ BerndBorchert 1260 Views

bearbeitet von unbekannt, Montag, 27.08.2018, 20:51

aber kein Grund andere abzukanzeln.

Was Du sagst, ist leider auf unqualifiziertem Stammtischniveau.
Lies "Basisinformationen über Börsentermingeschäfte", das gibt es kostenlos bei Deiner Bank.
Fahr in die Staaten und besuch eine Terminbörse - mir ist nicht bekannt, dass die Eurex ein ähnlich gutes Bildungsangebot für private Interessierte hat.
Besuch eine Agrarbörse, das ist am plastischsten. Ich weiß nicht, ob es überhaupt noch Parketthandel bei Derivatebörsen gibt. Die haben meist eine reichhaltig ausgestattete Besuchergalerie.

natürlich im Falle von gleichbleibenden Zinsen insgesamt Kosten

anfallen

("Versicherungsgebühr").

Wenn aber die Zinsen deutlich fallen, sollte davon insgesamt

profitiert

werden (natürlich etwas weniger als wenn man sich gar nicht

abgesichert

hätte).


So ein Absicherungsgeschäft müsste man doch hinkriegen, wenn nicht mit
swaps, dann anders.

Wenn nicht symmetrisch, dann asymmetrisch, wie ich schon schrieb.
Das kostet Geld wenn Du long oder netto long bist.
Du suchst die Quadratur des Kreises.

DT hat kürzlich mal was zur Währungsabsicherung gefragt. Da war ihm die Optionsprämie dann zu teuer. [[lach]]

Wichtigere Frage: An wen gehen eigentlich die Verluste Hessens? an

An Hessen.

Wallstreet Firmen wie Goldmann Sachs, die die Gegenseite dargestellt
haben?

Bei der Größenordnung würde ich bei der Gegenseite von mehreren nationalen und internationalen Banken ausgehen.

Gruß
paranoia

--
Ich sage "Ja!" zu Alkohol und Hunden.

Wo willst Du da die Grenze ziehen?

CalBaer @, Montag, 27.08.2018, 21:07 vor 2070 Tagen @ paranoia 1263 Views

Die haben definitiv gezockt, das Derivat passte nicht zum
Risiko, meine ich.

Ab wann ist es Hedging, ab wann Spekulation? Man weiss es immer erst hinterher. In jedem Fall wettet man darauf, dass es das System nicht zerreisst. CDS z.B. galten vor Lehman als sinnvolles, risikominimierendes Hedging, hinterher als "Financial Weapons of Mass Destruction". Es gleicht einem Ritt auf dem Pulverfass, bei der naechsten Finanzkrise fliegt das Zeug wieder allen um die Ohren.

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www.tinyurl.com/y97d87xk
www.tinyurl.com/yykr2zv2

Spekulation versus Absicherung ("Hedging")

paranoia @, Die durchschnittlichste Stadt im Norden, Montag, 27.08.2018, 21:12 vor 2070 Tagen @ CalBaer 1287 Views

Hallo CalBaer,

Die haben definitiv gezockt, das Derivat passte nicht zum
Risiko, meine ich.


Ab wann ist es Hedging, ab wann Spekulation? Man weiss es immer erst
hinterher. In jedem Fall wettet man darauf, dass es das System nicht
zerreisst.

Ja, Kontrahentenrisiko, heutzutage gemindert durch Clearinghäuser.

CDS z.B. galten vor Lehman als sinnvolles, risikominimierendes
Hedging, hinterher als "Financial Weapons of Mass Destruction". Es ist ein

Nein, CDS sind weder gut noch schlecht. Es hängt davon ab, wofür man sie einsetzt, ob sie risikomehrend oder risikomindernd wirken.

Ritt auf dem Pulverfass, bei der naechsten Finanzkrise fliegt das Zeug
wieder allen um die Ohren.

Am besten lässt sich das Thema an einem konkreten Einzelfall diskutieren.

Gruß
paranoia

--
Ich sage "Ja!" zu Alkohol und Hunden.

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