"Das Böse ist nur ein gedachtes Konzept ..."

Otto Lidenbrock @, Nordseeküste, Freitag, 17.08.2018, 08:56 vor 2082 Tagen 3657 Views

Wenn naive Gutmenschen auf die Wirklichkeit prallen, kann es böse enden. Auch hierzulande herrscht ja bei den Gesinnungsethikern ein Denken vor, das sich nur allzu weit vom wirklichen Leben entfernt hat und mehr von Träumen als von Erlebnissen geprägt wird. Zwei junge, amerikanische Gutmenschen, mit einem weitgehend sorgenfreien Leben in der westlichen Wertegemeinschaft beglückt, wollten auf einer Reise um die Welt beweisen, dass das Böse nur ein von Menschen entwickeltes Konzept darstelle, welches im menschlichen Zusammenleben nötig sei, um andere Menschen einordnen und klassifizieren zu können.

https://www.welt.de/vermischtes/article181202426/IS-ermordet-in-Tadschikistan-ein-US-Pa...

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"Eine Gesellschaft befindet sich im vorübergehenden oder finalen Verfall, wenn der gewöhnliche, gesunde Menschenverstand ungewöhnlich wird."

William Keith Chesterton

Dünn ist die Decke der Zivilisation

Sylvia @, Freitag, 17.08.2018, 09:19 vor 2082 Tagen @ Otto Lidenbrock 2706 Views

Einer der Nachteile von 70 Jahren "Frieden" in Europa ist, dass die Menschen hier vergessen haben wie dünn die Decke der Zivilisation ist.

Für viele wird das ein böses Erwachen geben.

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"Der Computer ist die logische Weiterentwicklung des Menschen: Intelligenz ohne Moral." (John Osborne)
"Der Gutmensch ist die logische Rückentwicklung des Menschen: Moral ohne Intelligenz." (unbekannt)

Buchtipp: Das Böse, die Trennung und der Tod: Eine Theorie des Bösen

Kontributor @, Freitag, 17.08.2018, 12:41 vor 2082 Tagen @ Otto Lidenbrock 2250 Views

Werner Ernst: Das Böse, die Trennung und der Tod: Eine Theorie des Bösen

Rezension:

"Dieses Buch birgt tatsächlich eine Theorie des Bösen. Es beschreibt nicht nur die Anwendung von Gewalt auf den verschiedensten Feldern, sondern gelangt analytisch zu einer Verallgemeinerungsform dieser Gewalten, welche wir "das Böse" nennen. Dieses "Böse" ist nicht mehr über "Disziplinen" allein zu verstehen. Vielmehr braucht man dazu eine Perspektive der "Prädiszplinarität". Ernst spricht auch vom "vorlaufenden Zusammenhang", der eben nicht aus einer nachträglichen "Zusammen-Setzung" besteht. Überhaupt bietet der Autor uns eine völlig neue, revolutionäre Art des Denkens, die auch aus der herkömmlichen Gegensatz-Form auszusteigen nahelegt - so auch aus der herkömmlichen Subjekt/Objekt-Beziehung. Gewiss verweist die Kritik des Bösen auch auf "das Gute". Doch darf dieses nicht als "vorausge-setzt" gedacht werden, wie überhaupt die Urteilsform des Setzens als anthropozentrischer Denkmodus fallengelassen werden soll. "Das Gute" ist nur der Abschnitt des Nicht-Bösen am Bösen, der zuerst einmal erarbeitet werden muss. Dieses Herausarbeiten des Guten ist also keine gegensätzliche Bestimmung. Der Autor versucht mit dem Begriff der "Anliebe" die "Ent-gegen-Setzung" zum Bösen, die von den Menschen meist als "Gegen-Gewalt" gerechtfertigt wird, zu überwinden. In dieser Welt des Bösen kann das Gute immer nur "Abmilderung" oder "Besänftigung" des Bösen heissen. Erst im Himmel bildet das vollkommene Gute die Grundlage zum Lobpreis Gottes.
Der Autor ist Sozialwissenschaftler und Philosoph. Doch führten ihn seine späteren Studien auch in Richtung Theologie. Er ist auch der Meinung, dass ohne Theologie "dem Bösen" nicht beizukommen ist. Meine persönliche Erkenntnis: Mithilfe der Ausführungen zur Theorie des Bösen verstehe ich außerthalb meines persönlichen Umfeldes die weltweiten Veränderungen der Werte, der gesellschaftlichen Strukturen, der ökonomischen Prozesse wie auch der geopolitischen Akzente in verschiedenen Systemen viel besser; in meinem persönlichen Verhalten und Umfeld kann ich aus dem gegebenen theoretischen Rahmen neue Leitlinien ("Anliebe", "vorlaufende Zusammenhänge" etc.) gewinnen, die mir helfen mein Gewissen zu stärken und meinen Verstand besser einzusetzen, um das Böse zu erkennen und überwinden zu helfen. Auch wenn das idealistisch klingt. "

Dem schließe ich mich an!
Gruß
Kontributor

PS: Vielleicht kann man den Link zu amazon mit dem DGF verbinden und zu diesem Post ergänzen?

Gut ↔ Böse

Ostfriese @, Freitag, 17.08.2018, 15:32 vor 2081 Tagen @ Kontributor 2132 Views

Hallo Kontributor,

dem

..., die mir helfen mein Gewissen zu stärken
und meinen Verstand besser einzusetzen, um das Böse zu erkennen und
überwinden zu helfen.

stehen die Auffassungen von Jean Baudrillard, die ich schon Ende Dezember des letzten Jahres formuliert hatte, gegenüber. Ich erlaube mir, meine damaligen für mich weiter gültigen Ausführungen wiederzugeben:

Der Ausgangspunkt seiner Überlegungen zum Prinzip des Bösen – des Schlechten – ist das 'Theorem des verfemten Teils', das wohl auf Bataille zurückgeht. Darunter versteht er die Annahme der Unzertrennlichkeit von Gut und Böse. Die unversöhnlichen Gegensätze sind miteinander verkoppelt und aufeinander angewiesen. In 'Transparenz des Bösen' sagt er auf Seite 122: "Wer seinen verfemten Teil ausmerzt, besiegelt seinen eigenen Tod." Am Beispiel der berechtigten Menschenrechte als ein Ziel des Guten beschreibt er die Schwäche eines Diskurses, der voll und ganz auf einer Seite stattfindet. Anders formuliert: Die Menschenrechte sind für ihn illusorisch geworden, weil sich die Diskussionen nur auf der Seite des Guten entwickeln.

Baudrillard diskutiert intensiv in seinem späteren Werk das Verhältnis von Leben und – dem verfemten Teil – dem Tod. Seine Ideen zur Auffassung des Bösen erzeugen die Vorstellung eines Überganges, wie Bataille formuliert: "Sagen: 'Gott ist das Böse' bedeutet keineswegs das, was man sich vorstellt. Es ist eine zärtliche Wahrheit, etwas von der Freundschaft für den Tod, ein Gleiten ins Leere, in die Abwesenheit."

In den Worten von F. Blask (S. 108):

"Baudrillard vertritt diese Position vehement. Seine Abneigung gegen die Kommunikation, gegen die Dialektik, gegen das Subjekt, Übersignifikation, Sinn und Wahrheit scheinen bisweilen an den Zustand der Paranoia zu grenzen. Seine Hinwendung zu Alternativen der Simulation wie dem symbolischen Tausch, der Verführung, dem Objekt oder dem Bösen und dem Anderen gerät vor diesem Hintergrund beinahe zur Apotheose."

Gruß â€“ Ostfriese

An das Gute glauben

Otto Lidenbrock @, Nordseeküste, Freitag, 17.08.2018, 13:29 vor 2081 Tagen @ Otto Lidenbrock 2165 Views

Ob dieser bedauernswerte Arzt auch an das Gute geglaubt und deswegen eine der Systemparteien gewählt hat?

https://www.welt.de/vermischtes/article181199020/Offenburg-Arzt-erstochen-und-Helferin-...

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"Eine Gesellschaft befindet sich im vorübergehenden oder finalen Verfall, wenn der gewöhnliche, gesunde Menschenverstand ungewöhnlich wird."

William Keith Chesterton

Eine realistische Einschätzung der Situation

nemo, Freitag, 17.08.2018, 17:35 vor 2081 Tagen @ Otto Lidenbrock 2111 Views

„Ein Widerstand hat überhaupt dann erst Erfolg, wenn wir eine realistische
Einschätzung der Situation haben. Davor drücken wir uns.“

Prof. Rainer Mausfeld


Eine realistische Einschätzung beruht darauf, das Böse und Falsche
ebenso wie das Gute und Richtige zu sehen.

Das Böse und Falsche wird jedoch ignoriert, obwohl es einen
großen Teil unseres Lebens ausmacht. Oder sogar den größten Teil.

Das Bösee und Falsche wird als notwendiges Übel betrachtet, ohne
dabei jedoch zu erkennen, was die Ursache dieses Übels ist.
Im Menschen selbst befindet sich das Übel und nur dort kann es
erkannt und verworfen werden.

Ein Denker oder Philosoph, der die Übel dieser Gesellschaft aufzeigt,
redet sich um Kopf und Kragen und wird letztlich von der Masse
getötet, wie Platon sagt: „Wer in der Demokratie die Wahrheit sagt,
wird von der Masse getötet.“

Die Masse, der ein Spiegel vorgehalten wird, erkennt in diesem Bild,
dass sie nicht nur das Falsche und Böse toleriert, sondern auch,
dass es in jedem selbst existiert und dort seine Ursache hat.

Die Masse will nicht mit dem Falschen und Bösen in sich selbst
konfrontiert werden. Denn das würde bedeuten, dass sie sich darüber
klar wird, dass sie in der Vergangenheit selbst dieses Übel
geschaffen und sich über seine Existent getäuscht hat.

Eine realistische Einschätzung der Situation ist nicht möglich,
weil der Wille fehlt, die Situation realistisch zu sehen und das
was falsch läuft, als solches zu erkennen. Das kollektive Unbewusste
ist ein Schutzmechanismus, der die Menschen vor unangenehmen
Erkenntnissen und Wahrheiten abschirmt. Denn wenn das Übel dieser
Gesellschaft wirklich erkannt würde, wäre es dem Menschen kaum
möglich, so weiter zu leben wie bisher.

Gruß
nemo

Darwin

Rotti @, Pampa, Freitag, 17.08.2018, 18:04 vor 2081 Tagen @ Otto Lidenbrock 1793 Views

Servus Otto Lidenbrock!
Eigentlich lohnt so ein Thema nicht. Mir fällt zu dem Pärchen nicht viel ein, außer, selten dämlich und gutmenschlich. Die natürliche Auslese hat begonnen, Gutmenschen werden aussortiert.

M.f.G.
Rotti

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Ich esse und trinke, also bin ich.

Hohn ist eventuell fehl am Platz

Oblomow, Freitag, 17.08.2018, 19:13 vor 2081 Tagen @ Otto Lidenbrock 1776 Views

Das Böse kommt, wann, wo es will. Mit Verschulden hat es nichts tu tun. Sogar in Dir selbst kommt es, wann und wo es will. Die armen Trottels sind nicht am Bösen zugrunde gegangen, sondern am eigenen Trotteltum. Aber auch wenn Du kein Trottel bist, nichts schützt Dich. Das ist es ja eben.

Herzlich
Oblomow

Gutmenschentum als Voodoo-Kult

Otto Lidenbrock @, Nordseeküste, Freitag, 17.08.2018, 19:55 vor 2081 Tagen @ Oblomow 1785 Views

Das Böse kommt, wann, wo es will. Mit Verschulden hat es nichts tu tun.
Sogar in Dir selbst kommt es, wann und wo es will. Die armen Trottels sind
nicht am Bösen zugrunde gegangen, sondern am eigenen Trotteltum. Aber auch
wenn Du kein Trottel bist, nichts schützt Dich. Das ist es ja eben.

Selbstverständlich kann dich das Böse unvermittelt an jedem Ort der Welt treffen, keine Frage. Aber man darf mit Fug und Recht sagen, dass die beiden ihr Schicksal herausgefordert haben und ein Sprichwort lautet: "Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um." Zwei naive Gutmenschen sind ihrem blinden Glauben zum Opfer gefallen. Natürlich hätte es auch gut gehen können und sie wären anschließend in ihrem Glauben bestärkt worden. Schützen kannst du dich nur selbst, indem du unnötige Risiken vermeidest. In diesem Fall habe ich den Eindruck, diese Menschen tragen ihr Gutmenschentum als Schutz vor sich her und glauben an dessen Wirkung, wie sich Anhänger eines Voodoo-Kults für unverletzbar halten, wenn sie vom Zauberer verhext werden.

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"Eine Gesellschaft befindet sich im vorübergehenden oder finalen Verfall, wenn der gewöhnliche, gesunde Menschenverstand ungewöhnlich wird."

William Keith Chesterton

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