Türkei: Nächste Ausfahrt Schwarzer Schwan?

Ikonoklast @, Federal Bananarepublic Of Germoney, Sonntag, 27.05.2018, 07:39 vor 2164 Tagen 6152 Views

Guten Morgen Zusammen,

ich möchte wiederholt auf die wirtschaftlichen Probleme der Türkei hinweisen.

Mitte dieser Woche habe ich bereits auf den zunehmenden Wertverlust der Lira, trotz Anhebung des Leitzinses um 300 Basispunkte, hingewiesen. Nun erschien gestern ein Artikel auf zerohedge.com, worin sich die Türkei auf dem Weg in die Hyperinflation befindet. Erdogan rief seine Landsleute auf Dollar und Euros in Türkische Lira zu konvertieren um den Preisverfall zu stoppen.

Dies kann ich aus Erzählungen meines "Info-Türken" bestätigen, nur hat er mir davon ziemlich genau vor einem Jahr erzählt. Anscheinend waren Auslandstürken damals schon dazu aufgerufen ihre (meist) in Euro erarbeiteten Ersparnisse in Lira zu tauschen. Was meiner anscheinend gemacht hat, bei einem Verlust von aktuell über's Jahr gesehen fast 40% eine glorreiche Entscheidung... [[top]]

Als ich ihm vor einem Jahr sagte, lieber würde ich mit meinem Geld für eine Woche ein Freudenhaus in der Tschechei mieten und mich intravenös an einen Sildenafil-Tropf hängen, konnte er nur müde lächeln. Denn so erzählte er mir, die Auslandstürken haben Guthaben in der Größenordnung mehrerer Milliarden Euro konvertiert (an den genauen Betrag kann ich mich leider nicht mehr erinnern). Und eben dieser Betrag schützt die Türkei nun vor Angriffen von Spekulanten und dem Verfall der Lira. [[euklid]] Ich entgegnete nur, der Betrag sei zwar ganz "nett", aber niemals ausreichend um die Türkei aus der Schusslinie zu bringen.

Wie der Zufall es so will, kam ich letztens mal wieder in's Gespräch mit ihm. Nun von türkischem Übermut war keine Spur mehr zu erkennen, nur ein leises: "Du hattest wohl Recht mit deiner Aussage vor einem Jahr". Aber Erdogan hat bei einem Wahlkampfauftritt in Bosnien zum Weitermachen und Stärke zeigen aufgerufen. Alles in allem sei das nicht so schlimm, nach der Wahl nehme er sich dem Liraverfall an und stoppe ihn, so mein "Info-Türke".

Lange Rede kurzer Sinn, folgende Fragen drängen sich mir auf:

1. Wenn Türken in großem Stil ersparte (vielleicht sogar auf Kredit geliehene) Euros in Lira getauscht haben und wirklich eine Hyperinflation einsetzt, könnte es dann zu mehr Privatinsolvenzen bei den Auslandstürken kommen?

2. Da italienische und französische Banken anscheinend größere (Euro-)Kredite an türkische Unternehmen vergeben haben, könnte nicht nur Ungemach aus Italien sondern auch aus Frankreich (Bankensektor) drohen?

Zusätzliche Infos bzw. Gegenargumente zu meinem Post wie immer gern gesehen![[freude]]

P. S. Mein "Info-Türke" sprach auch von seinen regelmäßigen Moscheebesuchen, dass ihm in letzter Zeit eine Veränderung des Publikums auffalle, vermehrt Maximalpigmentierte seien zu sehen. Dies wundere ihn doch stark, da die Fluchtrouten doch geschlossen seien!?

P.P.S. Auf zerohedge.com finden sich vermehrt Artikel, dass wohl irgendwas größeres im Busch sei...

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Grüße

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Niemals haben wir "unser" Leben im Griff!

Die meisten von uns ziemlich gut, ohne es zu wissen.

Nachtrag: Aufgenommene und türkische Flüchtlinge

Ikonoklast @, Federal Bananarepublic Of Germoney, Sonntag, 27.05.2018, 09:25 vor 2164 Tagen @ Ikonoklast 4415 Views

Sollte die Türkei wirtschaftlich den Orkus hinunterschwimmen bzw. zu offenen Konflikten zwischen Erdogan-Befürwortern und -Gegner kommen, gibt es anscheinen innertürkische Rechnungen, dass sich zu den bereits aufgenommenen Flüchtlingen (2,9 Millionen / 2016) ca. 30 Millionen türkische Flüchtlinge auf den Weg in den Westen machen würden.
So mein "Info-Türke".

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Grüße

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Die meisten von uns ziemlich gut, ohne es zu wissen.

Börse Istanbul

stokk, Sonntag, 27.05.2018, 10:12 vor 2164 Tagen @ Ikonoklast 4828 Views

bearbeitet von unbekannt, Sonntag, 27.05.2018, 10:16

Börsenampel: Gelb
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Gruß
stokk

Interessante Beobachtung

helmut-1 @, Siebenbürgen, Sonntag, 27.05.2018, 12:09 vor 2164 Tagen @ Ikonoklast 3971 Views

Bin natürlich kein Türkei-Experte, genauso habe ich mit Volkswirtschaft nichts am Hut. Meine Beobachtungen und Beurteilungen sind auf Basis des berühmten Otto Normalo.

Klar stellt sich die Frage, wie geht es dort weiter, und welche Auswirkungen kann das auf die EU, oder überhaupt Europa, haben.

Das Handelsblatt schreibt:

http://www.handelsblatt.com/finanzen/maerkte/devisen-rohstoffe/devisen-die-wichtigsten-...

Auch die anderen Wirtschaftsblätter stoßen ins selbe Horn:

https://www.focus.de/finanzen/boerse/tuerkische-wirtschaft-lira-crash-und-zinsangst-in-...

https://www.welt.de/wirtschaft/article176705544/Absturz-der-tuerkischen-Lira-Erdogan-ru...

Was mich wundert, ich habe nirgends (oder hab ich das was übersehen?) etwas über die politischen Auswirkungen gelesen, insbesonders das Verhältnis zu Russland. Wenn sich die Wirtschaft auf Talfahrt befindet, dann gibts auch Auswirkungen auf die politische Richtung. Erdogan wird nicht so schnell in die Wüste geschickt, - dafür hat er viel zu viel Rückhalt in der ländlichen Bevölkerung.

Wo resp. in wem sucht er nun eine Hand, die ihn aus dem Sumpf herauszieht? Das habe ich noch nicht gecheckt. Dazu stellt sich die Frage, was mit den Firmen passiert, die in der Türkei produzieren und deren Hauptsitze in der EU sind (D, A, etc.). Wie geht es denen und was haben die zu erwarten?

"Auslandstürken haben Guthaben in der Größenordnung mehrerer Milliarden Euro..."

sensortimecom ⌂ @, Sonntag, 27.05.2018, 14:42 vor 2164 Tagen @ Ikonoklast 3772 Views

bearbeitet von unbekannt, Sonntag, 27.05.2018, 14:52

Als ich ihm vor einem Jahr sagte, lieber würde ich mit meinem Geld für
eine Woche ein Freudenhaus in der Tschechei mieten und mich intravenös an
einen
Sildenafil-Tropf
hängen, konnte er nur müde lächeln. Denn so erzählte er mir, die
Auslandstürken haben Guthaben in der Größenordnung mehrerer Milliarden
Euro konvertiert (an den genauen Betrag kann ich mich leider nicht mehr
erinnern). Und eben dieser Betrag schützt die Türkei nun vor Angriffen
von Spekulanten und dem Verfall der Lira. [[euklid]] Ich entgegnete nur,
der Betrag sei zwar ganz
"nett",
aber niemals ausreichend um die Türkei aus der Schusslinie zu bringen.

Dürfte wohl so sein. Ich kann mir gut vorstellen, dass ein Großteil dieser Guthaben aus Dollar- oder Euro-Anleihen der Türkei besteht, die Renditen jenseits der 10% bringen. Ein (vermeintlich) gutes und sicheres Nebeneinkommen aus Zinsen für viele Türken. Wie z.B. diese:
https://www.finanzen.net/anleihen/451038-tuerkei-anleihe

Und solche Anleihen dürften auch von Europäern en masse geordert worden sein. Da floss unglaublich viel gutes Geld in die Türkei, das bei einer Pleite nicht mehr zurück kommt...

Kann noch lustig werden.

Schwarzer Schwan?

Heinz @, Sonntag, 27.05.2018, 19:01 vor 2164 Tagen @ Ikonoklast 3278 Views

Eher nicht. Was ist seit Jahrtausenden immer das Ergebnis eines verlorenen Krieges? Und die Türken sollen froh sein, wenn es "nur" eine Hyperinflation ist. Nun, den Ausgang eines Krieges kann ich nicht gut vorhersagen aber wenn eine Hyperinflation auftritt, weiß ich es.

--
Tyger Tyger, burning bright,
In the forests of the night;
What immortal hand or eye,
Dare frame thy fearful symmetry?

Regimechange in der Türkei?

Vatapitta @, Montag, 28.05.2018, 04:41 vor 2163 Tagen @ Ikonoklast 2524 Views

bearbeitet von unbekannt, Montag, 28.05.2018, 09:01

[Wörtliche Textauszüge wurden von mir kursiv gestellt. HM]

Moin moin,

Erdogan spielt ein gefährliches Spiel. Die Türkei und die USA haben teilweise differierende Interessen.
Die USA haben illegale Stützpunkte in Syrien in ölreichen Regionen und sollen bestrebt sein Syrien zu spalten und einen Kurdenstaat einzurichten. Das gefällt Erdogan gar nicht und deshalb seine Annäherung an Russland.

Die Türkei und türkische Unternehmen sind hoch in Dollaranleihen verschuldet, so dass anziehende US Zinsen und ein dadurch steigender US$ die in türkischen Lira zu verdienenden Zinsen und Tilgung blähen und für viele Schuldner unbezahlbar machen. Das Ergebnis der Zinsanhebungen der FED war somit absehbar. Amerikanische Unternehmen mit überhöhten Dollarschulden tragen kein Währungsrisiko und können die Zinserhöhungen besser überstehen.

«Die Insolvenz der Türkei ist keine Frage der Zeit mehr - der Anfang ist schon gemacht» - NZZ

"Zweitens können mehrere türkische Firmen ihre Schulden nicht mehr bedienen, vor allem die in fremden Währungen. International tätige Finanzinstitute, die der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich ihre Positionen melden, weisen Gegenparteirisiken von mehr als 400 Mrd. $ mit Bezug zur Türkei aus...

Sie fürchten die Insolvenz der Türkei?

Diese findet doch gerade statt. Ich kann Ihnen mehrere Firmen nennen, welche ihren finanziellen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen. Ein Beispiel ist die Telekom-Holding Otas, ein weiteres das Konglomerat Dogus, das seine Verbindlichkeiten restrukturieren musste. Es ist keine Frage der Zeit mehr, bis es so weit kommt, sondern der Anfang ist schon gemacht. Letztlich wird der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan in meinen Augen nicht darum herumkommen, Kapitalverkehrskontrollen einzuführen, um Wirtschaftswachstum bei gleichzeitig tiefen Zinsen zu erzielen. Das wäre die De-facto-Insolvenz, weil viele Firmen ihre Auslandsverbindlichkeiten aus juristischen Gründen nicht mehr bedienen könnten...

Auf was ist in nächster Zeit zu achten?

Offensichtlich auf die Wahlen am 24. Juni in der Türkei. Die entscheidende Frage ist, ob das Land den Wechselkurs bis dahin auf einem Niveau halten kann, das den Eindruck vermittelt, es sei noch zahlungsfähig. Spätestens danach aber wird eine massive Abwertung der türkischen Währung unumgänglich werden, die wiederum zu einer kleinen Kreditkrise in Frankreich und Italien führen wird. Dann muss die EZB einmal mehr alles tun, was nötig ist, um dort die Banken zu stabilisieren..."
[/i]

Dass die hinter der FED steckende Bankenmafia zusammen mit dem militärisch-industriellen Komplex gegen die Interessen der Regierung Trump agiert oder zumindest unabhängig davon ihren eigenen Interessen folgt sagte Christian Vartian auf der Metallwoche.


VG Vatapitta

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Chronisch sind die Schmerzen dann, wenn der Doktor sie nicht heilen kann. http://www.liebscher-bracht.com/

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