IT-Sicherheit: Ladesäulen für E-Autos mit einfachsten Mitteln zu hacken...

smiths74 @, Donnerstag, 28.12.2017, 20:02 vor 2313 Tagen 2043 Views

Hallo Zusammen,

wie ihr wisst, bin ich ein großer Freund elektrischer Mobilität. Leider ist Deutschland eher ein Entwicklungsland auf diesem Gebiet – der deutschen Verbrenner-Lobby sei Dank.
Doch was jetzt auf den 34. Kongress des Chaos-Computer Clubs aufgedeckt wurde, dass schlägt dem Fass den Boden aus…
Mathias Dalheimer konnte zeigen, dass die typischen Ladesäulen, bei denen Wechselstrom genutzt wird, mit simpelsten Methoden gehackt werden können. Über 6.000 solcher Ladesäulen gibt es bereits in Deutschland.
Also, was ist genau das Problem?

1. Die verbaute Elektronik ist nur durch wenige Schrauben geschützt.
2. Die Authentifizierung des Nutzers über Ladekarten oder RFID-Token erfolgt komplett unverschlüsselt.
3. Der gesamte Datenverkehr zwischen Säule und Backend erfolgt unverschlüsselt im http-Format.
4. Auf dem Mainboard der Ladesäulen befindet sich ein USB-Port über den mit einfachsten Mitteln die Logdateien der Ladesäule ausgelesen werden können.
5. Es ist also mit einfachsten IT-Kenntnissen möglich, die User-ID von anderen Nutzern auszuspähen und dann eine eigene Ladekarte mit diesen Daten zu erstellen und fortan für locker einen Monat auf Kosten eines anderen Nutzers zu laden. Denn die Abrechnung erfolgt typischerweise nur monatlich.
6. So wie es aussieht, lassen sich sogar User-ID´s raten und das System würde die Ladesäule freigeben, obwohl der User gar nicht im System hinterlegt ist.

Simpelste IT-Richtlinien wurden hier grob missachtet! Es ist einfach nur unglaublich. Noch schlimmer ist, dass Herr Dalheimer keinen Ansprechpartner bzgl. dieser Problematik fand.

Bei allem Glauben an den technischen Fortschritt – so gibt das nix! Leider ist es in vielen Bereichen so, das IT-Sicherheit nicht von vorneherein im Projekt berücksichtigt wird, sondern oft erst dann, wenn das Projekt fast fertig ist. Denn IT-Sicherheit kostet Geld! Wenn aber die gesamte Architektur bereits fertig ist lassen sich Sicherheitsaspekte kaum noch berücksichtigen. Wenn dies bei Ladesäulen für mehrere tausend Euro pro Säule schon nicht beachtet wird, möchte ich mir lieber nicht vorstellen, was mit dem „Internet of things“ noch für nette Späße auf uns warten. Denn wenn Glühbirne, Heizung und Kühlschrank mit billigst programmierter Software mit dem nackten Ar… im Internet hängen und es sofort nach dem Kauf schon keine Updates mehr gibt, dann waren wannaCry und Co waren sicher nur der Anfang!

So wie es aussieht, sind die neuen CCS und CHAdeMO Ladesäulen nach einer gänzlich anderen Norm spezifiziert! Hoffen wir mal, dass Sicherheitsaspekte hier entsprechend berücksichtigt wurden.

Wen der Vortrag interessiert, hier der Link!

Viele Grüße und allen einen guten Rutsch!

smiths74

PS: Bevor die Rumhackerei auf Tesla wieder losgeht...Tesla gilt als absolut vorbildlich beim Thema IT-Sicherheit und hat ja, Gott sei Dank, ein eigenes Ladenetzwerk![[zwinker]]

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Optimismus ist Mangel an Information.
Pessimismus ist Mangel an Inspiration.

Nichts neues im Westen

Rainer ⌂ @, El Verger - Spanien, Freitag, 29.12.2017, 03:38 vor 2313 Tagen @ smiths74 1271 Views

Doch was jetzt auf den 34. Kongress des Chaos-Computer Clubs aufgedeckt
wurde, dass schlägt dem Fass den Boden aus…
Mathias Dalheimer konnte zeigen, dass die typischen Ladesäulen, bei denen
Wechselstrom genutzt wird, mit simpelsten Methoden gehackt werden können.
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Wen der Vortrag interessiert, hier der Link!

Vor 30 Jahren habe ich in einem großen Unternehmen der Kommunikationstechnik gearbeitet. Alle Anlagen in Deutschland konnten mit dem gleichen Passwort von außen gesteuert und bei Bedarf auch lahmgelegt werden. Ein Modem und ein Terminal waren die einzigen technischen Voraussetzungen. Die Liste der Einwahlnummern war frei zugänglich.

Eines Tages hat ein, mir persönlich bekannter, Kollege durchgedreht. An unseren Arbeitgeber schrieb er einen Erpresserbrief, dass er bei allen anwählbaren Anlagen die Festplatten löschen werde, wenn nicht eine Summe xxx gezahlt werde (Die Folgen kämen erst nach einem Stromausfall zutage). Gleichzeitig war der Kollege beim "Spiegel" vorstellig, um die Sicherheitsmängel bekannt zu machen.

Beim Spiegel hat niemand diese eklatanten Sicherheitsmängel geglaubt!

Bei meiner damaligen Firma hat man in einer mehrtägigen Tag und Nachtarbeit Passwörter geändert und die Anlagen bewacht, bei denen man befürchtete, der Kollege könnte vor Ort Sabotage betreiben (Da waren ein paar größere Krankenhäuser dabei). Zu einem Schaden ist es zum Glück nicht gekommen.

Das Ganze hat nach einem längeren Aufenthalt meines Kollegen in der Psychiatrie leider ein trauriges Ende gefunden.

Was ich damit sagen will. Bereits vor diesem Vorfall ist mir der völlig leichtsinnige Umgang der Technik im Bereich Sicherheit gegen den Strich gegangen. Nur durch solche Vorgänge hat überhaupt ein Umdenken stattgefunden.

Rainer

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