Richtige Übersetzung?

Vanitas, Freitag, 28.02.2020, 12:28 (vor 1517 Tagen) @ Taurec1227 Views
bearbeitet von Vanitas, Freitag, 28.02.2020, 12:32

Hallo Taurec!

Erst mal vielen Dank für Deine profunde Vers-Auslegung und Kritik an der Meinigen in Bezug auf diesen Nostradamus-Quatrain. Ich schrieb ja schon, dass sehr vieles in den Nostradamus-Versen Auslegungssache ist, was natürlich andererseits der Spekulation ein breites Feld eröffnet.

Wenn man die Verse (nur) wort- und buchstabengetreu auslegt, kommt man imho nicht so recht weiter. Nostradamus hatte z.B. in seiner Zeit kein passendes Wort für Wirtschaft bzw. Ökonomie zur Hand, höchstens für Handel, aber die heutige Wirtschaft ist ja wesentlich breiter aufgestellt mit Rohstoffexploration, Förderung, Verarbeitung, arbeitsteiliger Produktion von Sachgütern, finanzieller Fundierung und schließlich und endlich Lagerung, Handel und Vertrieb.

Du schreibst richtig, dass lat. parcus = sparsam bzw. geizig bedeutet, aber das ist imho stellvertretend für die heutige Wirtschaftsweise, nämlich mit möglichst sparsamen Mitteln den maximalen Mehrwert zu erzeugen, also eine allegorische Annäherung von Nostradamus an das heutige globale Wirtschaftsprinzip.

Ebenso kann 'peste' als Abkürzung von 'pestilence' (sh. Presage 60, April oder Presage 125, Juli) imho nicht nur für Unheil, Verderben, sondern dem Wortsinn exakt für Seuche, wie die Pest eben, stehen. Übrigens verwendet de Fontbrune im Vers II, 65 die Bedeutung 'Unheil' für 'peste', wie Du ja insinuierst. Ich sehe halt noch die weitere Facette dahinter ...

Die letzte Zeile ist eben auch mehrdeutig interpretierbar. Ich sehe das astrologische 'en l'Arc Saturne' als Einschub und zeitliche Eingrenzung zwischen 'Mercure (=Handel)' und 'fenera'. Feneror heißt wohl übersetzt 'auf Zinsen ausleihen', aber eben auch 'Wucher treiben' und das ist eins wie das andere der Weg in den Ruin, dem letztendlichen Zahlungsausfall, wenn der Nachschuldner ausbleibt oder falliert. Übrigens ist der Saturn als "langsamer" Planet nicht allzu häufig im Sternzeichen Schütze, meines Wissens war das 86/87 das letzte Mal der Fall, wo es ja auch schon gewaltig im Finanzgebälk geknarzt hat.

Also, ein bisschen mehr als grob zurechtgebogene Wunschinterpretation halte ich mir doch zugute, wobei das damit inkludierte Unheil natürlich nicht mein Wunsch sein kann. Aber was die Unausweichlichkeit des Letzteren angeht, da liegen wir ja ziemlich nah beeinander.


Gruß Vanitas


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