Ich bitte um Entschuldigung!

Diogenes Lampe, Donnerstag, 05.09.2019, 18:33 (vor 1688 Tagen) @ Olivia8592 Views

Hallo Olivia,

ich bitte um Ihr Nachsehen, wenn ich aus ihren Einwänden die falschen Schlussfolgerungen bezüglich Ihrer umfangreichen China-Kenntnisse gezogen habe.

Ihre neuen Einwände aber zeigen mir, worauf Sie eigentlich hinaus wollen. Vielem würde ich zustimmen. Manchem aber durchaus nicht. Sie haben völlig recht: Es geht auch um Machtkonstellationen! Und es ist wirklich wichtig für uns, China zu verstehen und somit auch die Gefahren, auf die wir achten müssen, um uns mental und wirtschaftlich darauf einzustellen. In diesem Sinne geht es auch nicht darum, sich von Chinas Vergangenheit beeindrucken zu lassen, wie sie zurecht bemerken, sondern sie zu Rate zu ziehen, um uns mental und wirtschaftlich darauf einzustellen.

Wenn Sie hierbei Falun Gong und die Verfolgung seiner Anhänger erwähnen, dann geht es aber innerchinesisch auch um die drei großen Lehren Chinas; den Konfuzianismus, den Taoismus und den Buddhismus. Falun Gong stammt aus der Tradition der beiden Letzteren, wobei die Buddhistische Weltkonferenz Falun Gong nicht anerkennt.

Der Gegensatz zwischen Konfuzianismus und Taoismus aber wäre im Westen in etwa mit der scharfen Trennung zwischen Aristotelismus und Platonismus, Katholizismus und Protestantismus, Kommunismus und Kapitalismus oder dem zwischen Reiner Vernunft und Praktischer Vernunft zu vergleichen und somit auch mit den jahrhundertelangen Auseinandersetzungen der Anhänger beider Pole in Europa.

Der Kommunismus ist dem Konfuzianismus, dem Aristotelismus und dem Konzept der Reinen Vernunft - kurz, der Ideologie auf Kosten der natürlichen Individualität der Menschen näher. Falun Gong betont letztere und auch die Polaritätslehren, die wir nicht nur im Ying und Yang, Dao und De des Taoismus finden, sondern auch im Platonismus und im Konzept der Praktischen Vernunft, das uns Kant mit seinem Kategorischen Imperativ als Goldene Regel nahe gelegt hat.

Ich denke, wir beide sind uns da völlig einig, wenn unsere Sympathien eher den taoistischen und buddhistischen Traditionen gehören als der chinesischen KP. Dennoch dürfen wir aber nicht das Kind mit dem Bad ausschütten und naiv verkennen, dass der Buddhismus-Taoismus in Form der Falun Gong Bewegung, die mir in ihrer Gutmenschen-Moralität durchaus auch gefährlich sektenartig vorkommt, als Einfallstor des weströmischen Neoliberalismus wie Jesuitismus, der China von innen zerstören will, von der KP so radikal bekämpft wird. Da geht es ja nicht nur um morgendliches Schattenboxem im Park.

Ich persönlich halte den Gründer von Falun Gong, Li Hongzhi, jedenfalls für genau so einen dem Westen höchst willkommenen moralinsauren Schwindler wie den Dalai Lhama und die meisten indischen Gurus, die aus der buddhistischen bzw. taoistischen Polaritätenlehre eine von Gut und Böse gemacht -und sie so ins Gegenteil verkehrt haben. Gerade auch die spirituelle Überhöhung des Geistigen, aus dem die Moral abstrahiert wird, macht mir Falun Gong sehr suspekt. Sie steht im diametralen Gegensatz zur Lehre Buddhas.


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