Wissenschaftlichkeit

Nico, Montag, 12.08.2019, 17:08 (vor 1690 Tagen) @ Phoenix52582 Views
bearbeitet von unbekannt, Montag, 12.08.2019, 17:37

Subsistenzwirtschaft

Dass die Indianer bei ihrem Nachbarstamm mit netto-Geld als Tauschmittel
auf Einkaufstour gingen?

Zunächst einmal nur, dass das Gesetz der Urschuld auch für die Indianer gegolten hat.

Zu deinem anderen Posting:

Nun ist dottores Debitismus zuvor aber sehr gut ohne diese Machttheorie
ausgekommen, und für meine Begriffe wirft diese alles Vorherige auch

erst

wieder über den Haufen.


Im Gegenteil - es macht die Sache erst vollständig.

Das scheinst du halt zu glauben.

Schon richtig, nur wundere ich mich immer wieder darüber, dass nun

aber

ausgerechnet die (Neo-) Debitisten selbst das Konzept der
„Sicherheiten“ als angeblich essenziell für das Geld beschreiben.


Die erste Sicherheit, die man vor der Abtretung von Eigentum hinterlegt,
um an Geld zu kommen, ist der eigene Körper (Schuldknechtschaft).

Diese Formulierung wirft gleich ein Vielzahl von Fragen auf, welchen ich aber nicht weiter nachgehen möchte. Hier sei nur deine seltsame Vorliebe herausgestellt, die Schuldknechtschaft als eine Vorausetzung einer monetären Wirtschaft darzustellen. Hierzu darf ich mich auf den Hinweis beschränken, dass diese Annahme höchst abwegig ist, und bleibe damit keine weitere Erklärung schuldig, weil ich nämlich zuvor bereits die Wesentlichkeit von Sicherheiten allgemein in Frage gestellt habe.

Die Entstehung eines Goldstandards mag eine notwendige Vorstufe in der
Genese eines heutigen Fiat-Money bedeutet haben. Zweifelsohne ein

wichtiger

Fortschritt.


Die Golddeckung bremst das Kreditwachstum und läutet deshalb Krisen in
kürzeren Intervallen ein.

Ich habe mich ja selbst gegen eine Goldwährung, zugunsten eines Fiat Money ausgesprochen.

Papier gibt es so lange, wie es Nachschuldner
gibt.

Hier wird einmal mehr der Nachschuldner als eine begrenzte Resource suggeriert, welche sich mit der Zeit verbrauchen würde. Schulden machen in der Buchhaltung aber weder ärmer noch reicher, sondern nur Gewinne und Verluste, welche im Jahresabschluss ausgewiesen werden.

Mehr Unterschied gibt es da nicht.

Doch, ganz gewiss – aber diese sind an dieser Stelle nicht relevant.

Kommt es denn keinen Ökonomen seltsam vor, dass es in Stämmen so

gut

wie

keine Innovation und kein "Wirtschaftswachstum" über 300.000 Jahre

lang

gab und es plötzlich, just mit der Geburt des Staates, zu einer

Explosion

der Innovationskraft kam?


Weil Innovation und die s.g. „Geburt des Staates“ ohnehin eine
Tautologie bedeuten, und sich NICHT gegenseitig als Ursache und Wirkung
dienen.


Also ist der Staat eine freiwillige Übereinkunft von Menschen für
Menschen oder wie?

Der Staat ist der Ausdruck der kollektiven Sphäre einer Gesellschaft, und solche können mehr oder auch weniger frei sein. Eine Gesellschaft kann also demokratisch, diktatorisch, oder irgend etwas dazwischen sein, aber immer bedeutet sie einen Staat. Darum gibt es auch keine weißen Flecken auf der Weltkarte, weil da Menschen Leben, die keinen Staat haben wollen.

Wie nannte Uwe Wesel die Oppenheimersche
Unterwerfungstheorie: "Eine der ethnologisch am besten gesicherten
Erkenntnisse". Und selbst, wenn der Staat "freiwillig" entstanden wäre -
an ein Abgabensystem kommst du nicht herum, also an eine Kaste, die nicht
arbeitete, sondern sich bedienen ließ.

Ich kenne keine der genannten Personen aber das hier zitierte scheint weniger für diese Gelehrten zu sprechen. Wenn die Freiheit der gesetzte Anspruch sein soll, dann muss diese sowohl das Individuum, wie auch das Kollektiv betreffen. Diese Freiheiten schränken sich aber gegenseitig ein, und wer die absolute Freiheit für das Individuum einfordert, ist entweder ein Heuchler, oder ein Dummkopf.

Kommt es keinen Ökonomen seltsam vor, dass Stämme angeblich Geld

benutzt

haben sollen, obwohl es dort keine Überschussproduktion gibt, die

man

damit kaufen kann?


Siehe oben. Von „Überschüssen“ kann so wie so nur aus einem
bestimmten Blickwinkel überhaupt gesprochen werden. In einem absoluten
Sinne würden Überschüsse aber Erzeugnisse bedeuten, die nicht
nachgefragt werden und liegenbleiben. Solche Überschüsse werden aber
allgemein nach Kräften vermieden.


Das ist ja der Clou im Kapitalismus: Bedürfnisse wecken, die zuvor noch
nicht existiert haben. Wie sonst sollen Nachschuldner gefunden werden?

In der Betriebswirtschaftslehre wird übriegens seit eh und je zwischen Bedürfnissen und Bedarf unterschieden. Ich bin wohl der letzte, der die Bedürfnisse der Menschen selbstgerecht abqualifiziert. Vielleicht verstricke ich mich so auch weniger in Widersprüche, wie du mein Freund, oder wie kann denn eigentlich etwas „geweckt“ werden (Bedürfnisse), was gar nicht „existiert“?

Der ursprüngliche Debitismus beschrieb das Wirtschaften noch aus den
Prinzipien des Lebens heraus – Urschuld, Schuld, Kontraktschuld. Es

ist

der Neo-Debitismus, der in genau die selbe infantile Micky

Maus-Ökonomie

zurückfällt, welche vom Debitismus seiner Zeit noch belächelt wurde.

So

wie die Tauschökonomen das Geld in die Tauschwirtschaft erst

einführen,

so führen die Neo-Debitisten nun den Staat in eine angebliche
„Subsistenzwirtschaft“ ein.


Angeblich? Wo gab es denn Geld in Stämmen?

Ist wohl wieder eine Frage des rechten Blickwinkels. Subsistenz bedeutet so viel wie Selbsterhaltung, und im Grunde genommen ließe sich auch eine Volkswirtschaft westlicher Prägung als eine Subsistenzwirtschaft betrachten, weil diese sich auch selbst erhält (es zumindest könnte). Ob aber der Indianer in seinem Stamm sich auch selbst erhält, scheint mir doch recht fraglich. Wir gehen aber noch weiter auf diese Frage ein.

PCM, der Mickey Maus-Ökonom?

Eine akkurate Geldtheorie muss zugleich auch eine Staatstheorie bedeuten. Letzteres ist m. E. bei PCM zu kurz gekommen. PCM hat auf die Prinzipien des Geldes zurückgeführt, aber er hat den Fehler begangen den Staat nur als Konstrukt zu behandeln, nicht aber auch als Prinzip.

Wenn Stämme Forderungen und Verbindlichkeiten im Form von Geld Ausdruck
verliehen hätten (Forderung: Stamm A schuldet B ein Schwein,
Verbindlichkeit: B greift nicht an, wenn das Schwein zeitgerecht
zurückgegeben wird), was hätte Stamm B mit diesem ausgestellten
Schuldschein tun können?

Immerhin sagst du hier selbst, dass Forderungen und Verbindlichkeiten wohl auch bei den Indianern existierten, aber nur nicht in Form von Geld ausgedrückt wurden. Wir könnten uns vielleicht darauf einigen, dass sich die ewigen Prinzipien des Wirtschaftens ab einem gewissen Grad an Wissenschaftlichkeit als Geld manifestieren. Für mich beginnt Geld eigentlich mit der Einführung der Doppelten Buchhaltung. Historisch waren es nun mal die Europäer, welche diese zivilisatorische Hürde als erstes genommen haben, und nun die ganze restliche Welt auf diese Stufe geführt haben.¹

Zum Stamm C laufen, denen den Schuldschein geben
und dafür etwas eintauschen, das dem Schwein fast gleichwertig ist
(natürlich nicht ganz, denn Diskont muss ja sein). Und Stamm B bürgt als
Indossant für den Schuldschein, indem er Stamm A angreift, wenn dieser
Stamm C nicht das Schwein gibt? So in etwa? Ernsthaft: Wie stellst du dir
das vor? Ohne Recht, ohne Haftung,...

So fällt auch an dieser Stelle wieder auf, dass die Neo-Debitisten immer wieder von Eigentum und Sicherheiten reden, aber nie von der Doppelten Buchführung.

Übriegens wird auch die Durchsetzbarkeit von Kontrakten für die Entstehung einer monetären Wirtschaft stets überschetzt. Die erste Konsequenz eines Vertragsbruchs ist aber der Abbruch einer Geschäftsbeziehung und zugleich die Schädigung des Rufs als Handelspartner. Daraus ergeben sich längst hinreichende Motive für eine allgemeine Vertragstreue als Grundlage für einen weiteren Ausbau der Volkswirtschaft. Auch an dieser Stelle zeigt sich die deutliche Neigung, monetäres Wirtschaften als im Grunde barbarisch darzustellen.

Und all diese Stämme haben Überschüsse erwirtschaftet, damit sie für
den Fall, dass Käufer kommen, auch etwas anzubieten haben? So in etwa?
Oder bist du gedanklich doch wieder in der Tauschmittel-Fraktion?

Die immer wieder als fragwürdig angesprochenen Überschüsse sind eigentlich fast schon selbsterklärend. Auch der Ärmste hat Dinge, welche er akut mehr und akut weniger braucht. Des weiteren liegt es in der Natur der Dinge, dass die unvermeidliche Produktion von Gütern um so effektiver wird, je mehr produziert wird. Das gilt auch für primitive Ökonomienen, und wieder ist es nur der Grad an Wissenschaftlichkeit, welcher den Unterschied macht.

Was es gab, war Buchführung in Form von Muscheln (wenn ich mich recht
erinnere): A schuldet B ein Schwein...statt es aufzuschreiben (Schrift
gab´s ja nicht), hat man sich daran erinnert, indem der Gläubigerstamm
ein paar Muscheln weglegte. Die wurden aber nicht wiederverausgabt und man
konnte damit auch nichts kaufen. Es war ein Abakus - mehr nicht.
Alles andere ist Mickey Mouse.

So solltest du hier selbst erkennen, dass den archaischen Stämmen die Wissenschaftlichkeit fehlte (keine Schrift), um eine monetäre Ökonomie zu errichten. PCM hat dabei seiner Zeit selbst auf genau diese Entwiklung Hinweis gegeben, und diese aber auch aus den prinzipiellen Zwängen des Daseins (Urschuld) heraus erklärt. Jetzt auf einmal müssen die armen Menschen aber erst auf den „Zwingherr“ warten, damit sie endlich mit dem Wirtschaften beginnen dürfen. Es muss wohl auch genau dieser Unhold gewesen sein, der die Schrift erst selbst erfand und die Menschen mit Gewalt dazu zwang, diese auch zu lernen. So hat er wohl weit vorausgeplant, um den Menschen unter dem Vorwand, beleuchtete Straßen zu errichten, das von ihm erfundene Geld heimtückisch abzupressen. Sollte es sich bei euren Zwingherren vielleicht um Außerirdische handeln, dann sagt es nur – ich wäre der letzte, der darüber lachen würde. Wir hätten dann allenfalls noch zu besprechen, wie die eigentlich ihre Zivilisation aufgebaut haben könnten.

Gruß
Phoenix5

Schöne Grüße

¹
Gunnar Heinsohn spricht an dieser Stelle von der angeblichen Erfindung des Eigentums. Das ist Unsinn und er hat diesen Gegenstand seiner Betrachtung auch nie verstanden.

--
... in Wirklichkeit ist ... immer alles ganz anders, als es ... in Wirklichkeit ist ...


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