Es ist wie mit allen sozialistischen Träumen...sie funktionieren in der Praxis nicht.

Silke, Samstag, 24.11.2018, 04:11 (vor 1982 Tagen) @ Phoenix55971 Views
bearbeitet von Silke, Samstag, 24.11.2018, 04:49

Lieber Phoenix5,

Man beachte was er hier sagt:
www.youtube.com/watch?v=QyDmIGVeDMU#t=14m16s

Das sollten sich jene Goldfans, die dem Gold einen "intrinsischen Wert"
zuschreiben, hinter die Ohren schreiben.

Er verortet den Wert in der Produktion und liegt damit genau so neben der debitistischen Weltsicht wie die Tauschtheoretiker und Goldbugs.

Und wenn man dann mal nachbohrt, warum in einem Abgabensystem die
Wirtschaft überhaupt stetig wächst

Weil Instanzen entstehen, die einer Vorfinanzierung bedürfen, die nicht machbar ist (vorher-nachher-Problem) und deshalb durch Aufschuldung simuliert werden muss.
Die Notwendigkeit der Bedienbarhaltung der Aufschuldung erzwingt das Wirtschaftswachstum.
Jedes Machtsystem braucht zu seiner Verteidigung mehr, als es auf Dauer aus den Bemächtigten und der Umwelt akquirieren kann – mehr Potential von den Mensch und, mehr Ressourcen von Fauna/Flora/Umwelt.

- schließlich wächst die Produktion
in einer Stammesgesellschaft eben NICHT,

Weil in ihnen was fehlt?
Zentralinstanzen die zur eigenen Verteidigung (Rechtsetzung, Wirtschaftsraum eröffnen, Abgabeerhebung), mehr verbrauchen müssen, als sie über die Ausrichtung der Systemelemente in der Masse verfügbar machen lassen können, weil sie dabei mit Zwang operieren müssen anstatt mit dem im Stamm üblichen Konsens auf der Basis von Costum=Gewohnheit.
Das ist der Preis den ein Zentralmachsystem mit all seinen Elementen dafür bezahlen muss, dass es im Vergleich zum Stamm viel komplexer werden kann und damit viel höhere Verschuldung stemmen kann um sich gegen Naturgewalten viel besser verteidigen zu können als Jäger- und Sammlerhorden oder segmentäre Gesellschaften.
Dabei denaturiert es aber wie Baudrillard schön beschrieben hat.

was diametral den Neoklassikern
widerspricht, die das Wirtschaftswachstum auf irgendwelche ungestillten
Bedürfnisse zurückführen

…die ja bekanntlich aus zwei Gründen entstehen:
1. weil die Abjagerei von Geldeinheiten zur Schuldentilgung in einer Eigentumsökonomie mit gesetztem Recht zu ewiger und immer dramatischerer Nachschuldnersuche führt und
2. weil die Menschen im System so entkernt werden, dass sie nur noch Ersatzbefriedigungen hinterher springen, weil sie den Kontakt zu sich selbst früh ausgetrieben bekommen und auf der Suche danach den verrücktesten Süchten frönen (Ausrichtung der Systemelemente durch das ZM-System).

- dann wagt man vielleicht auch einmal
den
Blick über den Tellerrand
der eigenen ökonomischen Lehre.

Ein sehr gelungener Artikel.
Du hast sehr schön herausgearbeitet, dass das Abgabemittel offensichtlich ein beliebiges Mittel ist, das nur eine wichtige Funktion erfüllen muss - den Machtkreislauf erhalten zu können indem Ansprüche auf Leistung kurant gemacht werden können, denn darum geht es ja in einem ZMS – von allen und von allem Leistung abfordern um das unter Schuldendruck/Wachstumszwang stehende System immer weiter (vor)finanzieren zu können (zumindest simuliert).
In diesem Sinne wird es von der Macht dekretiert.
Cave!
Das Silber selbst ist nicht das Abgabemittel (es bleibt nur Silber), sondern die ihm aufgetragene Funktion ist es (mittels dekretiertem Verhältnis zwischen Gewicht, später Nominal und entsprechenden Machteinheiten=Wert).

Ich meine, dass deine Denkkette noch nicht ganz stimmig ist…

"Was muss der Staat tun, um die Wirtschaft in Gang zu bringen? Er muss die Zügel langsam anziehen und über die Zeitachse hinweg MEHR abfordern, als er ausgegeben hat. Er muss mehr Silber erzwingen, als jedermann zum Steuertermin haben würde! Er muss irgendwann zu dem Punkt kommen, wo die Steuer mehr als 10 Unzen beträgt.“

Nein.
Er erhebt wie beim Tribut nach extern auch Steuern nach intern nicht „langsam“ sondern von Anfang an so hoch wie er ohne riskante Revolte irgend erheben kann und nicht weniger (Stöhnen, Jammern und beherrschbare Unruhen müssen in Kauf genommen werden).
Das ist immer mehr als er redistribuieren und in Machtpotential umsetzen kann da durch Machtverbrauch stets Machtverlust (Potentialverlust) entsteht.
Mit der Differenz muss er seine Machtstrukturen finanzieren (Rechts- und Handlungsräume für das Wirtschaften schaffen und verteidigen).
Ein Zentralmachtsystem ist weder gutmütig noch nachsichtig sondern effektiv, das es richtig schmerzt oder es geht unter.

Es muss ein Optimum beim Wegnehmen von den Systemelementen erreicht werden zwischen Rauben (Fremde), Besteuern (Eigene) und Aufschulden (Zukünftige).
Die Wirtschaft kommt zu Beginn eines debitistischen Zyklus wegen der drohenden (in den frühen Staaten und Imperien richtig schlimmen) Sanktionen bei Nichttilgung von Steuerschulden und der großen Chancen auf Machtabtretung bei erfolgreichen Geschäften von ganz allein und ganz, ganz schnell in die Gänge (z.B. königliche Händler und Lieferanten, sowie die Versorger von Söldnern und Beamten die alle den Sanktionen entgehen und von der Macht abhaben wollen usw.) zumal die Macht stets mit Kriegsführung, Prestige- und Großprojekten und Machtarchitektur verwoben war und ist.

Läuft der Machtkreislauf erst einmal, dann zwingt jede existierende Verschuldung immer mehr Verschuldung herbei, da sie bedienbar gehalten werden muss – aufrüsten Allerortens.
Habe ich ein Zelt, muss ich es verteidigen, habe ich ein stabileres und komfortableres Haus muss mehr verteidigt werden, habe ich einen einschüchternden Palast muss maximal verteidigt werden, habe ich ein sagenumwogenes Satrapiensystem mit mehreren Sitzen muss noch mehr verteidigt werden usw.

„Erst jetzt wächst die Wirtschaft, weil jeder Leistung erbringt (die Silbermine ebenso wie die Wirtschaftstreibenden, welche ihre Waren und Dienstleistungen gegen dieses Silber eintauschen), um an dieses Silber zu kommen (Knappheit!), um es zum Steuertermin abzuliefern, um der Sanktion zu entgehen.„

Berg- und Münzregal gehören zu den originären Machtmonopolen (Waffen, Abgabe, Geld, Handel, Informationen).
Silber als Träger des Abgabemittels gab es also nicht im Tausch zwischen Bergleuten/Händlern und anderen Wirtschaftsteilnehmern sondern wie heute auch nur von der Macht, die es vorher einzog, sich als Tribut geben ließ oder erbeutete (heute sind es beurkundete Geldeinheiten, die über die ZB per Hinterlegung von Leistungsversprechen in Umlauf kommen).
Ausgereicht wurde das Abgabemittel auf dem Träger Silber z.B. per Sold an Söldner, Beamte, Gefolgsleute (die eigenfinanziert alle für den Machterhalt nötigen Maßnahmen gegen Volk und Feind durchführten).

„Der Staat MUSS immer mehr einfordern als da ist – andersrum wäre die Steuer für ihn wertlos!“

Das Silber ist nicht das Steuerzahlungsmittel – es bleibt nur Silber.
Die Steuerzahlungsfunktion und das Verhältnis von Gewicht und Nominal wird dem Silber nur per Dekret vom Machthalter zugewiesen wie heute dem Papier, der Münze und der EDV-Einheit.
Daher kommt der Wert einer Geldeinheit…von der Zuweisung durch die Macht und von nichts anderem (Geldeinheiten=Machteinheiten, Geld=Macht).

„Dementsprechend muss der Staat auch ständig seine Steuern erhöhen, wenn der technologische Fortschritt dafür sorgt, dass die Abgabe – in unserem Fall Silber – schneller und kostengünstiger erwirtschaftet werden kann als zuvor.“

Nein, nicht deshalb, sondern weil er durch die Wegsimulierung der Vorfinanzierungslücken immer mehr Ausgaben als Einnahmen hat und seine immer höhere Aufschuldung immer mehr besichert werden muss (mit den Steuern).
Gewicht und Nominal des Abgabemittels werden ja fest dekretiert und ausgereicht wird nur durch die Macht über Besoldung und Bezahlung der Leistungserbringer (es geht immer um die mit diesem Mechanismus erzwingbare Leistung und nicht um den Träger des Abgabemittels, seit es nicht mehr Naturalien und Dienste sind).
Die Söldner, Beamten, Angestellten und Lieferanten erhalten für all das was sie leisten und beibringen für sie im Prinzip wertloses Zeug (wenn dieses nicht zum Abgabemittel dekretiert wäre und deshalb von allen im System gehabt werden muss und darum wie verrückt gesucht wird - und damit erst Wert hat).

„Plötzlich bezahlen die Menschen z.B. ihre 11 Unzen Silber mit Leichtigkeit, was die Steuer entwertet!“

Nein.
Das Abgabemittel wird nur von der Macht in Umlauf gebracht (im Silberstandard ging alles Silber zum Herrscher und wurde von diesem gegen Leistungen ausgereicht).
Da wird durch Fortschritt (der auch stets erst einmal vorfinanziert werden muss) überhaupt nichts leichter für die Steuerzahler, weil sie nach wie vor ein Höchstmas an Leistung erbringen müssen.

„Darauf muss der Staat mit Steuererhöhungen reagieren, um das Silber wieder knapp zu halten.“

Wenn der Träger des Abgabemittel auf einmal von außen rein flutet, wie Falschgeld werden die Wertverhältnisse gegen die, das Silber auch als Verrechnungeinheit akzeptierenden, Nachbarn verwässert wie nach der Entdeckung Amerikas mit riesigen Edelmetalllieferungen nach Europa.
Die den Markt flutenden Mächte können sich auf Kosten ihrer Nachbarn, die nicht fluten können, mit Leistungen (gegen das an sich wertlose Silber) eindecken (die Leistungserbringung seitens der Verwässerer erfolgt bei den Indios in Übersee).
Für die Bevölkerung gibt es keine Steuererleichterung, sondern nur einen Aufschwung, letztlich auf Kosten der Nachbarn und der Indios.

Und ja:

Hitler stand ökonomisch so weit links wie keine einzige Partei in der
Parteienlandschaft des Westens. Was er versuchte, war eine Synthese aus
Kapitalismus und Sozialismus. Hier beschreibt er sein Weltbild recht gut:

www.youtube.com/watch?v=qZE89phXgo4

Schönes Fundstück.
Klingt wie aus der linken Ecke links der Linken im Bundestag.
„Das Kapital ist für die Wirtschaft da und die Wirtschaft ist für das Volk da?
Mit anderen Worten: Das primäre ist das Volk, alles andere ist nur ein Mittel zum Zweck“
Auch Adolf hat es nicht gerafft...
Primär ist der Erhalt des Systems, ohne das das Volk samt seinen fleißigen braven Arbeitern nicht überleben könnten, weil die fleißigen braven Arbeiter nicht eine einzige Fabrik finanziert bekommen und die Unternehmer meist auch nicht.

Liebe Grüße
Silke


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