Ich nehme mir Zeit für deinen Beitrag

Tochter von Elli, Freitag, 09.11.2018, 10:12 (vor 1967 Tagen) @ Phoenix53698 Views

Hallo Phoenix5,

dein Beitrag hat mich umgehauen. Ich habe ihn einmal kurz überflogen und dann ein zweites Mal intensiv gelesen (Ich liebe meine freien Freitage). Das Thema Histamin habe ich gedanklich auch schon öfter mal angeschnitten, aber nie weiter vertieft.
Ich möchte dir später in aller Ruhe antworten, da dein toller Beitrag das einfach verdient [[lach]] und er mich wirklich zum Nachdenken und forschen bringt. Ich bin einfach nur begeistert, wie ausführlich du deine Erfahrung teilst. Genau das hilft. Danke dafür! Ich melde mich später.

Liebe Grüße,
Ina

Hallo Ina,

ich hänge mich gleich an deinen Faden an. Ich litt 7 Jahre lang an einer
schweren Form des Seborrhoischen Ekzems und es wird langsam höchste Zeit
meine Erfahrungen zu teilen. Ist immerhin schon 8 Jahre her mittlerweile.

Auch bei mir war der Leidensdruck enorm (starker Befall von Gesicht,
Kopfhaut, Ohren, etc.). Dazu gesellte sich dann auch noch sehr rasch ein
starker Heuschnupfen – eine laufende Nase das ganze Jahr über,
ununterbrochen, 7 Jahre lang. Es war zum Verzweifeln. Ich konnte deshalb
oft monatelang nicht mehr klar denken.

Allergietests waren alle immer negativ. Der Ärztemarathon sinnlos, da
Hautärzte nix anderes kennen, als Kortison zu verschreiben. Mit diesem
Zeug schlug ich mich 7 Jahre lang durch (am Ende habe ich den Dreck auch
fleißig in die Nase geschnupft, nur um noch ein bisschen Lebensqualität
herauszuholen.)

Nachdem man die Schulmedizin in solchen Fällen schnell abschreiben kann,
habe ich mir in meiner Verzweiflung natürlich auch noch den Eso-Marathon
gegönnt. Nicht weil ich an irgendetwas davon glaubte, sondern weil man in
so einer Situation allen angekündigten Versprechungen eine Chance gibt.
Darunter war TCM, Säure-Basen-Ernährung, Enzym-Behandlung, hochdosierte
Calcium/Magnesium-Kuren, Brottrunk, Akupunktur, Anti-Candida-Therapien,
Handauflegen (ja, ich weiß! Das ging mir eh zu weit, hat sich aber damals
zufällig über eine Bekannte einer Freundin ergeben und ich musste nichts
zahlen), ja sogar Zapper, Silberkolloid usw. usf. Geholfen hat natürlich
nichts davon – gar nichts…obwohl…Doch! Eine supernatürliche,
chinesische Paste hat so gut geholfen, dass klar war, dass da Kortison drin
sein muss (ich kannte das typische Kortison-Feeling auf der Haut. Hatte
keinen Zweifel daran. Habe jetzt in diesem Moment aus Interesse gegoogelt.
Anscheinend haben die Behörden erst heuer, 2018, gecheckt, dass
da
tatsächlich Kortison drin ist
. Ups, hätte damals wohl meine
Vermutung kommunizieren sollen).

Machen wir´s kurz. Ich weiß nicht, warum ich nicht früher auf die Idee
gekommen bin, aber obwohl keine Allergie diagnostiziert werden konnte und
es mir auch die Ärzte nie vorschlugen, habe ich eines Tages auf eigene
Faust begonnen Antihistaminika gegen meinen Schnupfen zu nehmen
(Medikament: „Aerius“; 1 Tablette vor dem Schlafen gehen zeitigte bei
mir noch bessere Ergebnisse als die Einnahme in der Früh - warum auch
immer) und plötzlich geschah das Wunder: Nicht nur der Schnupfen stoppte,
sondern auch die Haut heilte innerhalb einer Woche vollständig aus. 7
Jahre lang hat mein Hautbild nicht so ausgesehen. Es war verblüffend. Gut,
dachte ich mir. Wenn Antihistaminika eine derartige Wirkung erzielen,
obwohl ich keine Allergie habe, könnte es dann nicht sein, dass ich direkt
auf Histamin in der Nahrung allergisch bin? Man kennt sie ja, die
Histaminintoleranten, die rot anlaufen und deren Nase zu laufen beginnt,
wenn sie Rotwein trinken, bloß: Ich hatte nie irgendwelche unmittelbaren
Symptomverschlimmerungen beim Genuss stark histaminhaltiger Nahrung. Ich
habe diesen Zusammenhang nur nie herstellen können, weil die Symptome mit
einer Verzögerung von 24-36 Stunden auftraten.

Jedenfalls änderte sich ab diesem Zeitpunkt mein Leben schlagartig. Ich
machte eine Kartoffel/Reis-Diät, um zu sehen, ob die Symptome ohne
Antihistaminika tatsächlich ausblieben und das taten sie. Fortan habe ich
histaminhaltige Speisen für viele Monate vermieden und immer nur punktuell
gesündigt, um auszutesten, wo die Schmerzgrenze lag. Obwohl Milch nicht
für ihren Histaminreichtum bekannt ist, waren auch dort die
Verschlechterung ähnlich schlimm wie bei
vergorenen/fermentierten/gereiften/lang gelagerten Lebensmittel. Auch auf
industriellen Fertigfraß muss man vorerst komplett verzichten - das sind
wahre Histamin-Bomben - und sich langsam annähern, was geht und was nicht.
Seither habe ich alles sehr gut unter Kontrolle.

Welche Erkenntnisse konnte ich noch gewinnen, die Betroffenen
weiterhelfen? Hat man dem Körper durch eine histaminarme Diät einmal für
längere Zeit eine Erholung gegönnt, kann man experimentieren. Ernährt
man sich z.B. stark gemüselastig (frisches Gemüse!) und lässt
Milchprodukte weg, kann man sich recht viele Sünden leisten, ohne dass die
Symptome überhand nehmen. Zumindest ist es bei mir so. Auch auf z.B.
frische Tomaten braucht man dann nicht zu verzichten. Gemüse macht das
Immunsystem wirklich fitt, aber Achtung: Es gibt auch Ausnahmen, die man
nur mit Maß und Ziel essen sollte, wie z.B. Avocados. Da muss man halt
schrittweise selbst dahinterkommen. Grundsätzlich gilt: Je frischer die
Lebensmittel, desto besser.

Haare waschen immer nur mit unparfümierten Shampoos, die wirklich nur die
Basics enthalten. Habe früher immer teure, aber sehr gute Shampoos in der
Apotheke gekauft („Viva Skin“), bis ich draufgekommen bin, dass
stinknormale Ultra-Sensitiv-Shampoos (z.B. Alverde Ultra Sensitiv bei DM)
ähnlich gut sind und nur ein Zehntel des Preises kosten.

Um ein Überhandnehmen der an und für sich natürlichen Pilzflora auf der
Kopfhaut einzudämmen und bakterielle Sekundärinfektionen zu vermeiden
(beide sorgen erst für die Rötungen und Entzündungen der beschädigten
Haut), genügt hie und da (also keine Dauerbehandlung!) Zitronensaft 1:1
verdünnt (ph-Wert-Senkung der Kopfhaut), mit dem man sich die Kopfhaut
einreibt (Achtung bei langen Haaren: Zitronensaft macht die Haare steif!
Eine Alternative, bei der das nicht passiert, ist Apfelessig. Allerdings
nur so lange es nicht regnet, denn dann beginnen die Haare plötzlich nach
Essig zu riechen, weshalb das für mich keine Option war)

Und zum Schluss das absolute Wundermittel, das ich meiner lieben Freundin
(eine Kräuterhexe) zu verdanken habe: Klettenwurzel-Öl! Kein anderes
natürliches Mittel kam der Wirkung von Kortison so nahe wie dieses. Am
besten die Klettenwurzeln aus der Apotheke besorgen und für mehrere Tage
in irgendein pflegendes Naturöl einlegen und damit die betroffenen
Hautstellen behandeln. Man wird überrascht sein.

Wie gesagt: Zitronensaft/Klettenwurzelöl/Spezialshampoos/etc. brauche ich
kaum mehr (und Kortison schon gar nicht) - ich reguliere das Problem nur
mehr durch die Nahrung, aber dafür ist dann schon einiges an Erfahrung
notwendig. Für die seltenen alkoholgeschwängerten Abende (vor allem bei
Bier und Wein!) habe ich schon noch immer eine Packung Aerius daheim, wo
ich mir rechtzeitig vor der Feier 1-2 Tabletten einwerfe, um die Symptome
danach in Schach zu halten. Außerdem ist der Kater danach viel angenehmer.
Früher dachte ich, es wäre normal nach einem Rausch im Wachkoma zu
liegen. Seit den Antihistaminika weiß ich, dass man Räusche auch ohne
Nahtod-Erlebnisse am nächsten Tag haben kann.

Beste Grüße
Phoenix5


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