Die Leute mit den dunklen Brillen.

nereus, Dienstag, 21.01.2020, 07:48 (vor 1529 Tagen)3737 Views

Von denen, die ausziehen, weil sie die Besseren sein wollen.

NoViolet Bulawayo aus Simbabwe schreibt in ihrem Roman „Wir brauchen neue Namen“, Suhrkamp, 2016:

„Die NGO-Leute steigen aus, alle fünf. Es sind drei Weiße, zwei Frauen und ein Mann, denen sieht man gleich an, dass sie nicht von hier sind, und Sis Betty, die ist von hier. Sis Betty spricht unsere Sprachen, ich glaub, sie hat die Aufgabe, uns die Weißen zu erklären und die Weißen uns. Und der Fahrer ist wahrscheinlich auch von hier. Abgesehen davon, dass er fährt, sieht er nicht wichtig aus.

Außer ihm tragen alle Sonnenbrillen, Augen gucken uns an, und wir können sie nicht richtig sehen, weil sie sich hinter einer Wand aus schwarzem Glas verstecken...
Sobald wir sitzen, fängt der Mann mit seiner großen Kamera an zu fotografieren. Die machen einfach gern Fotos, diese NGO-Leute, wie echte Freunde und Verwandte irgendwie, die sich später zu Hause mit ihren anderen Freunden und Verwandten die Bilder angucken, auf uns zeigen und unsere Namen sagen.
Es schert sie nicht, dass der Dreck und die zerfetzten Kleider uns peinlich sind, dass es uns lieber wäre, wenn sie das sein lassen; sie knipsen trotzdem, knips knips knips.

Wir meckern nicht, weil wir wissen, dass nach dem Knipsen die Geschenke dran sind... Jeder von uns kriegt ein Spielzeuggewehr, ein paar Süßigkeiten und was zum Anziehen; ich krieg ein T-Shirt mit dem Wort Google vorne drauf und ein rotes Kleid, das unter den Achseln kneift...

Viel danke, sag ich zu der hübschen Frau, die mir meine Sachen gibt, um ihr zu zeigen, dass ich Englisch kann.
Sie sagt nichts zurück, als hätte ich irgendwie nur gebellt...
Los wir spielen Krieg, und schon laufen wir und legen uns gegenseitig um mit unsere nagelneuen Spielzeuggewehren aus Amerika. (Seiten 51-56)

Quelle: https://www.achgut.com/artikel/gute_taten_oder_besser_mal_den_mund_halten

Und wozu das alles?

„Messbar ist (dagegen) der Nutzen, den Gruppenfotos mit afrikanischen Kindern prominenten Künstlern einbringen. Man bleibt im Gespräch und ziert Titelblätter.
Ein Schauspieler erzählte uns von einer prominenten Kollegin, die von ihrer Agentin einen Katalog diverser Hilfsorganisationen vorgelegt bekam. Mit der dringenden Bitte, sich endlich eine passende auszusuchen.
Es ginge nicht, in der Öffentlichkeit ohne karitatives Engagement dazustehen.
Wohltätigkeit und eine tadellose Gesinnung gehören zum unverzichtbaren Zubehör. Sie haben Pelzmantel, roten Porsche und die Villa in Malibu abgelöst.
Ohne ein afrikanisches Waisenkind auf dem Arm ist man heute nicht mehr gesellschaftsfähig.“

Das erinnert an die Klimakirche, wo Kinder aus besserem Haus etwas tun müssen, um in Wahrheit nur ihr beschissenes Ego aufzumöbeln.

mfG
nereus


gesamter Thread:

RSS-Feed dieser Diskussion

Werbung