Wer fragt, dem werde geantwortet.

Naclador, Göttingen, Montag, 23.09.2019, 12:45 (vor 1677 Tagen) @ Waldläufer2081 Views

Hallo Waldläufer,

Ich hätte z.B. nicht gedacht, dass das so einfach mit einer Gleichung

auszurechnen wäre, weil es in meinen Augen mehrere Dinge gibt, die ich
nicht berücksichtigt sehe in der Rechnung.

Und da liegst Du völlig richtig. Klima ist höllisch kompliziert, weil komplex. Solche Überschlagsrechnungen können aber trotzdem gewisse Zusammenhänge aufzeigen.

Es gefriert im Herbst bei den ersten Nachtfrösten nie in der Nähe der
Regentonne oder des Hauses. Das ist klar, diese Dinge fungieren als
Wärmespeicher. Wie ist das großflächig bei einem Planet? Das hat mit der
Atmosphäre nichts zu tun aber beeinflusst schon die Temperatur.

Das spielt alles eine Rolle bei Temperaturveränderungen im Tagesverlauf, hat aber keine Auswirkungen auf die mittlere globale Oberflächentemperatur. Selbstverständlich wirkt auch der Planet als Ganzes als Wärmespeicher, ist aber dabei extrem träge. Die Erde als Ganzes kühlt sich langsam ab, aus dem Feuerball vom Anfang hat sich eine Art planetare "Rocher-Kugel" gebildet, mit fester Kruste außen, zähflüssigem Nougatmantel aus Magma innen und einer festen byzantiner Königsnuss aus hochverdichteten Schwermetallen in der Mitte. Aber dieser Abkühlungsprozess läuft so langsam, dank des extrem großen Volumen-zu-Oberfläche-Verhältnisses der Erde, dass wir ihn für Klimafragen vernachlässigen können.

Dafür ist nur die jährliche Strahlungsbilanz entscheidend: Wieviel Strahlung wird von der Sonne eingetragen, wieviel wird ins All abgestrahlt?

-Oder aber dunkle Dinge heizen sich deutlich mehr auf als helle Dinge.

Das muss in der Tat berücksichtigt werden und wird auch berücksichtigt. Die Größe, die darüber etwas aussagt, nennt sich \"Albedo\", zu deutsch etwa \"Weißheit\". Sie gibt an, welcher Anteil des Sonnenlichtes direkt wieder reflektiert wird. Für die Erde wird eine Albedo von 0,306 angenommen, für den Mars 0,25. Das sollte man bei der Überschlagsrechnung berücksichtigen.

-Oder die Wüste Sahara. Dort sind es tagsüber sicher auch mal 50 Grad
Celsius, aber nachts gibt es Fröste. (Klar, es fehlen die Wolken.) Warum
gibt es aber bei uns keine Fröste im Sommer, wenn es wolkenlos ist?

Das liegt an der Trockenheit von Luft und Boden in der Sahara. Kalter Quarzsand hat eine wesentlich geringere Wärmekapazität als feuchter Boden. Bei hoher Luftfeuchte, zum Beispiel nach einem warmen Sommertag in unseren Breiten, schlägt sich darüber hinaus Tau nieder und gibt dabei Wärme ab. Beide Effekte sind für die globale Durchschnittstemperatur unbedeutend.

Theoretisch müsste man solche Überlegungen auch bei einem fremden
Planeten machen, wenn man die Tempersturen berechnen möchte, oder mache
ich da einen Denkfehler?

Für lokale Temperaturen ja, für die globale Durchschnittstemperatur nicht.

Wenn Wolken am Himmel sind, lassen sie die Sonnenstrahlen/ Wärme nicht so
gut durch, klar, dann wird es tags nicht so warm und nachts kühlt es nicht
so ab. Da ist voll logisch. Warum aber lassen dann die CO2 Atome die
Wärmestrahlen auf die Erde durch und sie nicht wieder weg?

Das können die CO2-Moleküle tatsächlich nicht unterscheiden. Aber die Sonne strahlt schwerpunktmäßig im sichtbaren Spektralbereich, weil sie sehr heiß ist. Solche Wellenlängen kann CO2 nicht absorbieren (daher ist es farblos).

Die Erde dagegen ist sehr viel kühler als die Sonne, daher strahlt sie schwerpunktmäßig im Infrarot. Und dort absorbieren CO2 und Wasserdampf ganz prächtig.

Den Zusammenhang zwischen Temperatur und Strahlungsspektrum beschreibt die Plancksche Strahlungsformel. Wenn es nur um das Intensitätsmaximum geht, greift man zum Wienschen Verschiebungsgesetz.

Bezüglich der Mars-Atmosphäre: zu beachten ist, dass der mittlere Atmosphärendruck auf der Marsoberfläche nur ca. 6 mbar beträgt (auf der Erde ca 1000 mbar). Das bedeutet, an der Oberfläche ist die CO2-Konzentration auf dem Mars "nur" 15x so hoch wie auf der Erde. Zudem fällt der Luftdruck auf dem Mars mit steigender Höhe schneller als bei uns, weil der Mars kleiner und leichter als die Erde ist.

Trotzdem enthält die Marsatmosphäre absolut etwa zehnmal so viel CO2 wie die Erdatmosphäre. Man sollte also einen ausgeprägten Treibhauseffekt erwarten, wenn die Treibhaustheorie stimmt.

Viele Grüße,
Naclador

--
"Nur die Lüge benötigt die Stütze der Staatsgewalt. Die Wahrheit steht von alleine aufrecht."
Thomas Jefferson


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