OT | No. 1 Deutsche Gedichte | Andreas Grypius: Es ist alles eitel

Oblomow, Dienstag, 17.09.2019, 23:06 (vor 1677 Tagen)7312 Views
bearbeitet von Oblomow, Dienstag, 17.09.2019, 23:15

Ich werde jetzt jeden Tag ein deutsches Gedicht oder einen kleinen deutschen Text hier reinstellen. Mir egal, ob das jemand gut findet. Das folgt keinen System, sondern nur spontanen Eingebungen. Es geht mir einzig darum, in Zeiten der Verblödung daran zu erinnern, wie schön die deutsche Sprache ist.

Herzlich
Oblomow


Andreas Gryphius: Es ist alles eitel

Du sihst/ wohin du sihst nur Eitelkeit auff Erden.
Was dieser heute baut/ reist jener morgen ein:
Wo itzund Städte stehn/ wird eine Wiesen seyn/
Auff der ein Schäfers-Kind wird spielen mit den Herden.

Was itzund prächtig blüht/ sol bald zutretten werden.
Was itzt so pocht vnd trotzt ist morgen Asch vnd Bein/
Nichts ist/ das ewig sey/ kein Ertz/ kein Marmorstein.
Itzt lacht das Glück vns an/ bald donnern die Beschwerden.

Der hohen Thaten Ruhm muß wie ein Traum vergehn.
Soll denn das Spiel der Zeit/ der leichte Mensch bestehn?
Ach! was ist alles diß/ was wir vor köstlich achten/

Als schlechte Nichtigkeit/ als Schatten/ Staub vnd Wind;
Als eine Wiesen-Blum/ die man nicht wider find’t.
Noch wil was ewig ist/ kein einig Mensch betrachten!


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