Kommt der Krieg gegen China oder wie sind Trumps Handlungen sonst erklärbar?

Morpheus ⌂, Dienstag, 27.08.2019, 22:54 (vor 1675 Tagen)6449 Views

Entschuldigt bitte, wenn ich hier ab und zu nur mal so meine Gedanken absondere ohne sonst groß teilzunehmen. Was mich immer noch umtreibt ist die große Linie in der Trump-schen Politik. Man sollte rechtzeitig wissen was kommt, damit man seine eigenen Lebensplanungen nicht unter falschen Annahmen gestaltet.

Wie spielt das also zusammen was Trump so macht. Neulich hatte ich schon einmal einen Erklärungsversuch gemacht, aber der scheint klar falsch zu sein.

Nach wie vor treibt mich deshalb die Suche nach Washingtons Strategie um. Ich halte weder Trump für dumm noch die VS-Eliten für völlig neben der Spur. Irgendwie muss es einen Zusammenhang zwischen den vielen Handlungssträngen geben, der sich für uns (derzeit) nur noch nicht erschließt.

Die Entwicklungen der letzten Tage haben meine Phantasie wieder neu angeregt. Was wir in der Vergangenheit schon hatten, war der relativ schwach motivierte Druck auf Nordkorea, Iran und Venezuela. Diese Fronten sind vergleichsweise ruhig geworden. Der ständig eskalierende Handelskrieg mit China ist ein wichtiges Thema, das die Welt(-Wirtschaft) beherrscht. Ein Handelskrieg, der so nicht zu gewinnen ist, wie alle Ökonomen klar voraussagen. Denn die Zölle ausschließlich gegen China bringen die Industrie nicht in die VS zurück.

Im Zuge des G7-Treffens kam ein wichtiger neuer Aspekt an die Oberfläche. Russland wird plötzlich wieder umworben. Warum? Und wirklich lustig, Merkel und Makron sind dagegen. Auch kam der iranische Außenminister nach Frankreich, „nicht unerwartet, aber zu früh“ wie Trump sagte.

Aber was sagt uns das alles?

Innenpolitisch versucht Trump den Aktienmarkt „oben zu halten“ damit sein „Wirtschaftspolitik erfolgreich aussieht“ und die Verbraucher ihr Vertrauen nicht verlieren und schön brav weiter konsumieren. Was wohl entscheidend für seine Wiederwahl ist.
Um die Demokraten sorgt er sich nicht so sehr, die meint er mit den angekündigten FISA Veröffentlichungen „im Sack zu haben“, wobei der Zeitpunkt für die Bekanntgabe ständig näher an die eigentlichen Wahlen herangeschoben wird, damit die Wirkung nicht vorher verpufft ist.

Ich fürchte inzwischen, die VSA werden China direkt angreifen. Aber bevor sie das können, muss die VS-Wirtschaft von China unabhängig sein. Ohne diese Maßnahme würde die Versorgung des Landes bei einem chinesischen Lieferstopp zusammenbrechen. Also muss die gesamte Versorgung zunächst umgestellt werden. Dazu und nur dazu dient der Handelskrieg. Und letzte Woche hat Trump es sogar auf Twitter direkt ausgesprochen. „Die US-Firmen müssen China endlich verlassen“. Für den Kampf gegen China braucht der Westen alle Ressourcen. Deshalb wird auch Deutschland zur Aufrüstung genötigt. Und um diese Aufrüstung in Europa zu motivieren, muss Russland „böse sein“. Nur deshalb dieser ganze „Anti-Russland-Quatsch“, dessen Ursache ich bisher nie verstehen konnte. Die Rüstungsproduktion muss anlaufen.
Russlands Hinwendung zu China beginnt ein Problem zu werden. Deshalb beginnen die Amis ihre Russland Politik zu ändern. Deshalb die neuerliche Einladung Russlands zur G8 und andere positive Signale.

Wie fügen sich aber nun der Iran, Venezuela und Nordkorea in das Bild ein und warum war der iranische Außenminister „zu früh“ in Biarritz?
Also mein Gedanke: die Öl-Produzenten müssen im entscheidenden Moment, wenn es gegen China losgeht, unter Kontrolle gehalten werden und zwar ohne Ressourcen zu binden. Das geht in dem die Sanktionen „mit maximalem Druck“ dann aufgehoben werden, wenn das Land sich loyal an die Seite der USA stellt oder wenigstens neutral verhält - aber in jedem Fall gegen und nicht für China. Um diese Loyalität zu erreichen, müssen die Regierungen dieser kritischen Staaten, die jetzt anders als geplant (s.u.) nicht von den VS beherrscht werden eine Gegenleistung bekommen. Eine Gegenleistung welche die jeweilige Regierung an die eigene Bevölkerung weitergeben kann. Mit Auflösung der Sanktionen werden die Länder genug motiviert sein, auch ein paar „kleine Zugeständnisse“ zu machen. Das war wahrscheinlich seitens der VS auch für Russland so gedacht. Läuft aber gerade mit der relativen Stärke Russlands trotz der Sanktionen etwas aus dem Ruder. Deshalb fängt Trump an die Strategie zu wechseln. Ein Krieg gegen den Iran, um China parallel oder später anzugreifen, würde zu viele Ressourcen binden, die dringend gegen China direkt benötigt werden. Das hatte ich bei meiner letzten Analyse noch klar falsch eingeschätzt. Die Trump-Aussage für ein Treffen mit dem Iran „sei es noch zu früh“, gibt hier einen zusätzlichen Hinweis.
Seine Freund Kim braucht Trump, um im entscheidenden Moment auch von dort gegen China aufzumarschieren, ohne einen zusätzlichen Gegner zu haben, der den „Brückenkopf Südkorea“ gefährdet.

Das größte Problem der VSA ist Zeit. Denn China hat eine Gegenstrategie entwickelt. Es arbeitet mit seiner „Einbindung in die Welt“, der „Belt and Road Initiative“, erfolgreich gegen die geplante Isolierung an. Ferner bekämpfen sie die VSA mit einem Drogenkrieg, der ein Spiegel zu den gegen China im 19. Jahrhundert angewendeten Drogen-Einsatz darstellt. Und in den letzten Jahren wird ganz offen auch die militärische Aufrüstung betrieben.

Geplant war alles ganz anders. Das Scheitern der Strategie „7 Länder in 5 Jahren“ bindet nach wie vor wichtige Ressourcen, die längst wieder frei sein sollten. Obama hat auf diese Veränderungen einfach überhaupt nicht reagiert. Trump strebt aktuell einen „eiligen“ Rückzug aus Afghanistan und Syrien an. Die Ressourcen müssen freigemacht werden, nur die öffentliche Wahrnehmung muss stimmen. Und weil die ursprüngliche Strategie gescheitert ist, musste eine neue Strategie her, insbesondere gegen den Iran, der militärisch nicht zu angemessenen Kosten besiegbar war und ist. Damit der Iran nicht auf der Seite von China steht, wie oben dargestellt, kamen die Sanktionen und der „maximale Druck“, der im Falle des Konflikts als Geschenk, ohne jegliche Kosten, aufgehoben werden kann.

China hätte nach den ursprünglichen Plänen wahrscheinlich spätestens 2015, vielleicht sogar schon 2012, angegriffen werden sollen. Schon in diesem Zeitrahmen war China kein einfacher Gegner mehr. Aber in 2019 sieht es langsam wirklich hoffnungslos aus für die VSA. Die engen Verflechtungen der beiden Wirtschaftssysteme sind dabei ein Thema, was schnell aufgelöst werden muss.
Sie waren bisher notwendig und geeignet China in Sicherheit zu wähnen. Trump setzt eine Verschleierungstaktik ein, um diese aufzulösen. Genauso hinderlich für einen Angriff auf China waren die Rüstungskontroll-Verträge, die eine für jeden Angriff auf China wichtige Waffen-Kategorien verboten hatten, ohne China ebenfalls zu begrenzen. Auch diese Verträge wurden mit offensichtlich vorgeschobenen Gründen gekündigt.

Chinas größter strategischer Fehler war es, rückblickend gesehen, Russland nicht klar genug zur Seite zu springen, als die amerikanischen Attacken zwecks Ablenkung gegen Russland gerichtet wurden. Der Versuch die eigene Bevölkerung so aus der Schusslinie zu halten, kann jetzt umgekehrt und moralisch nicht angreifbar von Russland gespiegelt werden. Hätte China sich aktiv mit Russland verbündet, als selbiges noch relativ schwach war, könnte deren heutige militärtechnische Stärke China jetzt retten. China wird für die Loyalität Russlands jetzt einen deutlich höheren Preis zahlen müssen und Russland könnte den Verlauf des Konflikts zunächst abwarten wollen.

Moralisch ist Russland weder dem Westen noch China verpflichtet und das wirkt sich aus.
Sollten die VSA in dem Konflikt absehbar gewinnen, können die Russen gewiss sein, dass die VSA sie als nächstes angreifen werden. Sollten die VSA jedoch verlieren, wäre es keinesfalls ungünstig auf der Seite des Gewinners gekämpft zu haben. Eine Taktik, die die VSA in beiden Weltkriegen erfolgreich angewendet hatten. Im Zeitalter der strategischen Atomwaffen sieht diese Rechnung für Russland aber durchaus differenzierter aus. Der absehbare Verlierer des Konflikts könnte am Ende den auf der Gewinnerstraße befindlichen Gegner durch den Einsatz strategischer Atomwaffen mit in den Abgrund reißen wollen. Um von diesem Risiko zumindest nicht primär betroffen zu sein, könnte Russland versuchen den Chinesen allenfalls verdeckt Hilfe zu gewähren. Russland könnte so den Sieg der VSA vermeiden, ohne eine Atomwaffen-Angriff auf sein Territorium zu provozieren.

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Zu viele aktuelle Handlungen der VSA stellen sich nach den „offiziellen“ oder mir bislang bekannten Analysen als unmotiviert, halbherzig oder sogar schlecht bis völlig dämlich oder einfach trumpelig durchgeführt dar. Ist die einzig verbleibende Supermacht wirklich schon so korrupt und schlecht, oder sind es nur die veröffentlichten Analysen, die uns bewusst oder aus anderen Gründen in die Irre führen.
Meine Erfahrung sagt mir, es gibt bei der Machtausübung keine unmotivierten Handlungen. Erst Recht nicht, wenn selbige einen nicht unerheblichen Ressourcen-Einsatz erfordern und Korruption eigentlich nicht erkennbar ist. Meine Analyse führt mich deshalb dazu, es wird innerhalb von etwa ein bis drei Jahren zu einem vom Westen gestarteten Krieg gegen China kommen. Nur so bekommen die Handlungen der VSA eine gemeinsame Motivation und eine relativ klare Linie bei der Ausführung.

Vielleicht liege ich ja völlig falsch. Aber jeder Firmen-Chef mit einem starken China-Geschäft sollte sich so seine Gedanken machen. Könnte man doch denken, jetzt investiere ich erst Recht in den chinesischen Markt. So kann ich doch günstig die Marktanteile der US-Firmen übernehmen. Könnte sich als die Fehlinvestition schlechthin erweisen.
Jede Kriegsprognose ist fürchterlich. Aber für Europa wäre es Glück im Unglück, denn dieser Weltkrieg wäre wenigstens weiter weg.

Für abweichende Ideen, das Aufzeigen von Denkfehlern in meiner Argumentation oder andere Kommentare bin ich wie immer dankbar. Leider habe ich wahrscheinlich zu wenig Zeit, um aktiv mit/weiter zu diskutieren.

Allen „Gelben“ und den Lesern wünsche ich Glück und Erfolg.
Grüße
Morpheus

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Wir - für die unbeschränkbare Freiheit.


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