Ich sehe den Gläubiger anders, als du beschreibst. Ich hoffe ich irre damit nicht. :-)

Silke, Freitag, 16.08.2019, 22:33 (vor 1707 Tagen) @ Ashitaka4256 Views

Der Gläubiger scheidet aus

Das sehe ich nicht so.

Lieber Ashitaka,

danke für die Antwort. Sie ist wichtig für mich.
Ich kann deinen sehr gut verständlichen Gedanken zum Thema immer noch nicht zustimmen.
Ich bin verwundert, dass du die Verschuldung in diesem Kontext nicht so siehst, wie ich sie zu beschreiben versucht habe (in Anlehnung an @dottore).
Bisher hattest du ja immer alles zum Debitismus sehr richtig und gut nachvollziehbar dargestellt.

die Gemeinschaft muss sich im Gegensatz zur Gesellschaft nicht
verschulden, sondern sie muss finanziert werden.

Beides.
Sie muss ihre Urschuld "überleben müssen" bedienbar halten, wie jedes ihrer Elemente für sich selbst genommen auch, weil sie, wie ein ZMS auch ein debitistisches, ein lebendes System, eine dissipative Struktur ist.
Sie verschuldet sich, indem sie ihren Mitgliedern deren überleben bei Akzeptanz ihrer Regularien der Gewohnheit verspricht, was sie aber nicht immer halten kann.
Gerät sie dabei in Überschuldung wird falliert oder es entsteht ein ZMS.

Das ist nicht ein und dasselbe.

Das ist mir klar.

Die Finanzierung (vom lat. finis = Ende) ist die Dauer, über die
ein Vermögen (Aktiva) ausgeweitet oder bewahrt werden kann und somit der
Vermögende das Potential (die Möglichkeit, Passiva) einer Realisation
begründen kann.

Perfekt definiert.

Die einzelnen Mitglieder der Gemeinschaft halten keinen Anspruch, halten
und weiten keine Vermögensposition im Verhältnis zu einer Institution
aus.

Ich meine, doch.
Der Anspruch der Einzelnen Gemeinschaftsmitglieder an die nicht natürliche Person Gemeinschaft ist "Überleben können durch die höhere Potentialität der Gemeinschaft" im Gegensatz zu Minigruppen ohne jegliche Arbeitsteilung (bis auf Unterschiede zwischen Mann und Frau) oder gar den Einzelnen.
Die Urschuld eines Lebewesens ist "Überleben müssen" und nichts anderes.
Darauf ist der Zins zu zahlen, wenn dauernd Zeit vergeht - Alles in der Quantität und Qualität zu all den Terminen sich zu verschaffen, dass kein Unvermögen zur Tilgung der Urschuld (überleben müssen) am ständig neu eintretenden Termin entsteht, weil die Sanktion dann der Tod ist.

Das ist die Verschuldung der Gemeinschaft und der Anspruch des Einzelnen, die Hoffnung, das Selbstverständnis gegen die Gemeinschaft als ebenfalls nichtnatürliche Person (wie eine Zentralinstanz auch nur eben ohne Machtzentralisation sondern im Gegenteil, nach Uwe Wesel mit aktiver Bekämpfung jeglicher Zentralisationsbemühungen).
Und das ist genau der gleiche Anspruch, der von den Systemelementen gegenüber einem ZMS aufgebaut wir, bzw. das, womit sich der Zwingherr auch zuerst verschuldet "Ich werde für euer Überleben sorgen, wenn ihr mir nach meinem Recht folgt".
Das macht ja auch eine Elefantengemeinschaft, wenn, die der Funktionsautorität "Leitkuh" zur sehr weit entfernten Wasserstelle folgt und komplett falliert, wenn diese es vermasselt.

Das Nichtvorhandensein einer Sollstellenden Institution ist der
Knackpunkt.

In einer Gemeinschaft (das ist auch eine Art Institution, nur eben keine zentralisierte sondern eine auf wirklich alle Mitglieder verteilte) wird sehr wohl ein Soll gestellt: immer alles sich so zu verschaffen, damit es nie an einem überlebenswichtigen Termin dazu kommt, dass das "Soll" nicht zu "Haben" ist.

Somit verschuldet sich auch die Gemeinschaft nicht gegenüber
ihren Mitgliedern (kein Versprechen gegenüber den Mitgliedern, kein
Anspruch der Mitglieder, wird über die Zeit gehalten bzw. ausgeweitet).

Doch das tut sie.
Sie bietet das Versprechen, dass die Mitglieder, die sich den Sitten, Regel und Gebräuchen der Gemeinschaft unterwerfen - der Gewohnheit verschreiben, höhere Überlebenschancen haben als allein.
Das steht zwar jetzt nicht im Stammbuch, aber jedes Gemeinschaftsmitglied weiss es, weil es mit all diesen Memen sozialisiert wird und sehr versucht, einen Ausschluss aus der Gemeinschaft zu vermeiden.

Das Vermögen bietet im Gegensatz zu einer Zwingmacht der Gesellschaft der
Lebensraum selbst, die Umgebung (Natur), ohne dass es dabei zu einem
bewussten Verschuldungsakt kommt.

Debitistische Zwänge bedürfen keiner Bewusstheit für ihre Existenz.
Es sind Naturgesetze.
Wer sie kennt, kann sie nur besser für sich nutzen
Was lebt ist urschuldig (muss sich also darum bemühen, dass es immer weiter überlebt), egal ob es das nun weiss oder will oder nicht.
Es muss diese Urschuld bedienbar halten.
Es bekommt Hunger und Durst, es friert oder überhitzt und muss sich um seinen Schutz kümmern und es muss sich um Nachwuchs kümmern.
Es kann diese Schuld zwar ablehnen, muss dann aber die Sanktion zum Termin erleiden – den Tod.

Das Vermögen/Potential wird nicht von
extern verliehen, auch wenn wir dies gerne umgangsprachlich so beschreiben,
sondern es wird zu jeder Zeit ohne Rückforderungsanspruch (Habenstellung)
gegeben oder nicht gegeben.

Das Potential wird vom Umfeld (in Zeit und Raum) der Lebewesens bereit gestellt (Natur und Gemeinschaft und innere Potentialität, die mit jeder weiteren Potentialverleihung wächst), aber gleichzeitig damit auch der Zwang, dass es in irgendeiner Weise genutzt werden muss, entweder so, oder so oder im Extremfall eben nicht (Verweigerung) - der Akteur muss sich ununterbrochen zu irgendetwas entscheiden.
Er kann nicht einfach prokrastinieren sondern wird vor unzählige Termine gestellt und muss bedienen oder fallieren - weil eben Zeit vergeht ununterbrochen und meist mit schwerwiegenden Konsequenzen (ja ich weiss, Zeit ist nur eine Illusion, aber Termine nicht).
Im Paradies wäre das etwas anderes, aber Paradies war ja nie.

Die Gemeinschaft muss sich das Notwendige nicht "schuldig gegenüber einer
Zwingmacht" verschaffen, sondern sie will es sich aus der Gewohnheit, dass
dies die Vermögens-/Potentialseite eines jeden Mitglieds am besten
stärkt.

Zwingmacht ist die Natur im weitesten Sinne mit all ihren Terminen.
Die Gemeinschaft muss z.B. sammeln und jagen wenn es hell ist und nicht im Dunkeln, weil Augen und Gehör untauglich sind und dann Predatoren jagen.
Sie muss der Nahrung folgen und alle möglichen Schwankungen kennen und händeln können.
Kommt eine neue und unbekannte Schwankkung mit entsprechenden Terminierungen dazu war es das, wenn keiner aus der Gemeinschaft so etwas schon einmal durchgemacht und dank eines ganz persönlichen besonderen angeeigneten Vermögens überlebt hatte.

Nichts "muss" hier aufgrund von Zwängen geschehen und erfordert
zur Besicherung einer Zwingmacht-Verschuldung und demgegenüber stehenden
Vermögensposition der Untertanen eine Abgabe des Einzelnen.

Die Natur ermöglicht den Lebewesen, zu leben, setzt ihnen aber gleichzeitig unglaublich strenge Termine mit harten Sanktionen.
Das ist doch kein Spiel sondern Überleben ohne Netz und doppelten Boden und ohne mehrere Versuche, wie bei in der Spielbank.

Die
Gemeinschaft "kann" und begründet aus der Gewohnheit des Einzelnen (dem
Vertrauen) die Hingabe.

Sie kann nur das, wozu sie sich bisher entsprechendes Vermögen aneignen konnte.
Die Umwelt ändert sich aber dauern, kontinuierlich, uzyklisch, periodisch, unregelmässig und singulär. Die Gemeinschaft braucht immer wieder zusätzlich ein noch nicht bei allen verfügbares Vermögen.
Wehe, wenn es keine Funktionsautorität gibt, die sich damit anbieten kann.

Die Urschuld des Einzelnen (ich muss bis zum Termin, um zu leben!) müssen
wir hier klar von einer nicht vorhandenen und über die Zeit sich
nicht ausweitenden Schuld der Gemeinschaft gegenüber der Natur abgrenzen.

Das sehe ich entschieden anders.
Auch Gemeinschaften sind ständig im Fluss, müssen komplexer werden, vermögender und damit auch an Kritikalität zunehmen, weil sie sonst bei irgendeiner neuen Schwankung einfach aussterben. Das geht bei ihnen nur alles viel langsamer weil sie sich territorial ausdehnen können und damit keine Existenzdruckpotenzierung erfolgt.
Sobald alles ergiebige Land bewohnt ist und nicht händelbare Klimaschwankungen hinzu kommen kommen ZMS und Krieg oder Flucht und Aussterben ins Spiel.
Nicht umsonst erfolgen Segmentationen, und dann ein ständiger Wettkampf der nebenher bestehender Segmente, die sowohl in Verbindung bleiben als auch kooperieren und konkurrieren.
Ohne diese Mechanismen könnten sie kaum Zuwachs an Wissen und Können entwickeln, speichern und verbreiten (genau das, was Leben andauern erfolgreich machen muss um ZU ÜBERLEBEN).
Wenn eine Spezies nicht so ein effektives Mit-und-Gegen-einander betreiben kann bleibt sie wie Bonobos und Schimpansen nahezu stationär und damit - eine auf lange Sicht aussterbende Art.

Die Mitgliedschaft in der Gemeinschaft "muss nicht sein", basiert nicht auf
einer befähigenden Zwingmacht,

Doch.
Wer nicht Mitglied ist, ist des Todes.
Es ist nur eine Frage der Zeit.

sondern auf dem ungezwungenen Vertrauen des
Einzelnen darin (der Gewohnheit), dass die Ohnmachtposition des Einzelnen
gegenüber der Natur durch Hingabe in eine zeitlich befristete
Machtposition umgekehrt wird.

Die Ohnmachtsposition wird in Gemeinschaft geschwächt, bzw die Machtposition gestärkt, weil das sich gegen die Natur erwehren besser gelingt als Einzelgängern (Vorteil aus der Überbrückbarkeit größerer Abschnitte von Zeit und Raum).
Mir ist nicht klar, warum du auf den Begriff HINGABE hinaus willst, der in das debitistische Erklärungskonzept von Lebewesen nicht gut passt.
Die Freiwilligkeit ist mehr eine Einsicht in die Notwendigkeit.
Die Abgabe wird mit hoher Identifikation geleistet.
Es gibt in BRD auch Leute die zahlen mit Hingabe Steuern (ohne Quatsch).
Wer in Gemeinschaft lebt muss dies und jenes tun, ob es ihm nun passt oder nicht.
Alternative ist nur das Verlassen der Gemeinschaft und damit der absehbare persönliche Untergang.

Die Vorstellung eines in "wunderschönem Geschenkpapier" verpackten Zwangs
(Simulationskraft) vergisst, dass in der Gemeinschaft keine bewusste
Zwingmacht vorhanden ist, die ein aufwertendes Geschenkpapier herstellen
und als Gläubigerposition die Mitglieder mit Gewaltandrohung in die
Schuldhaftigkeit zwingen kann.

Die Natur.
Sie schenkt dir die Einmaligkeit, ein Leben führen zu dürfen aber im Kleingedruckten steht dann superhartes Zeug wie:
Du musst um dein Überleben kämpfen (Urschuld).
Du musst immer rechtzeitig und genug essen trinken, dich um Kälte/Wärme Schutz usw. und dann auch noch um Nachwuchs kümmern (Zins auf Urschuld im Zeitablauf).
Du kannst gar nichts dagegen tun.
Als junger Mensch hast du fast nur Sex im Kopf und fast jeder Schuss ist ein Treffer.
Und schon kommt ein Kind und nach drei Jahren das nächste usw. und du kannst nichts gegen deine Liebe zu den Kindern tun, wenn du einigermassen gesund bist - du gibst alles für ihre Zukunft und viel für die Gemeinschaft.
Das ist doch alles nicht freiwillig (auch wenn es sehr, sehr schön ist - aber du musst.
Die Urschuld "Überleben müssen" beeinhaltet auch eine ausreichend kompetente Vermehrung.

Die einzige, immer wiederkeherende Machtposition ist die nicht
körperhafte (in Einheiten fassende) Gesamtheit der Natur selbst. Sie
basiert aber, und das ist für die Sollstellungen bzw. den Debitismus
unabdingbar - mangels Einheit - auf keinem Bewusstsein, welches zur
Begründung einer Schuldhaftigkeit (Debit, Sollstellung) notwendig ist.

Meine Überzeugung ist, wie geschrieben, dass ich auch schuldig bin, wenn ich nichts davon weiss.

Herzlichst aus Kanada grüßend,

Erhole dich gut. Wir werden es brauchen
Mit dem Thema sind wir noch nicht durch, oder ich haue völlig daneben, was ich aber bisher zumindest in Bezug auf die Urschuld überhaupt noch nicht sehe.[[herz]]

Liebe Grüsse
Silke


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