Es war als hätt' der Rothschild den Oswald still geküßt

Tempranillo, Montag, 05.08.2019, 20:11 (vor 1717 Tagen) @ Taurec3792 Views

Hallo,

Dieser Forderung liegt bereits ein Miß-/Unverständnis zugrunde. Spengler
rühmt sich ja gerade, keine kausale Betrachtung der Geschichte
anzustellen, sondern eine schicksalhafte.

Sag ich doch. Spengler liefert Phrasendampf und Opium für die gebildeten Stände.

Kulturen gehen im
wesentlichen auf eine jeweils ihnen ureigene Idee zurück, die sie in allen
Aspekten triebhaft ausleben, worauf die Lebenskräfte mangels
hinreichend starken Restdranges nachlassen. Dem schließt sich die Phase
der reinen Zivilisation an, in der die fertig hingestellten Schöpfungen
der Kultur allmählich verfallen.

Oswald'sche Poesie. Kann man akzeptieren oder auch nicht.

Die schicksalhafte (metaphysische) schließt die kausale (profan und
"physikalisch" auf Ursache-Wirkung bezogene) Geschichtskonzeption nicht
aus. Sie begreift sie vielmehr ein und stellt einen übergeordneten Rahmen
dar. Die Kulturen als große Pflanzen, die sich nach für alle Lebensformen
gleich gültigen Gesetzmäßigkeiten entwicken, sind der Schauplatz für
alle innerhalb ihrer gefaßten Vorhaben der Einzelwesen, die einer Kultur
angehören. Was in einer bestimmten Zeit jeweils möglich und nötig ist,
ergibt sich aus den vorangegangenen Lebensphasen der Kultur, organisch auf
diesen aufbauend. Die Geschichte wird von den historischen Mächten
(Dynastien, Wirtschaftsmächte, Organisationen etc.) nach kausalen
Prinzipien und planvoll vorangetrieben, aber jeweils im Rahmen der
Möglichkeiten der Epoche.

Qualm, Weihrauch, Opiumdampf!

Wenn also in unserem Zeitalter (beginnend mit dem Vorlauf der
französischen und amerikanischen Revolutionen) über die Finanzmacht und
die Demokratie wirkende Mächte an der Zerstörung der Schöpfungen der
Kultur arbeiten, so ist dies eine Folge des vorangegangenen natürlichen
Endes der Kultur. Um im Bilde zu bleiben: Der Baum hat eine Höhe erreicht,
daß er von den äußersten, am feinsten herausgebildeten Zweigen her, die
kaum noch mit Saft versorgt werden konnten, abzusterben beginnt. Die Zeit
des Rokoko ist in allen Facetten bereits derart feinsinnig und bis in die
Spitzen ziseliert, daß es im Grunde schon durchscheinend wird und –
erkennbar am französischen Adel dieser Zeit – an Überlebensfähigkeit
einzubüßen beginnt. Immer größere Teile der Krone verdorren von da an
und werden brüchig, zunächst geistig ("Dekadenz"), schließlich
körperlich (u. a. Geburtenschwund) bis zur Basis der Bevölkerungspyramide
hinab.

Qualm, Weihrauch, Opiumdampf!

Erst in dieser Phase ist es bösartigen, zersetzenden Kräften möglich,
ihr Zerstörungswerk immer breiter und gründlicher durchzuführen. Es sind
die zu jeder Zeit vorhandenen Aasfresser, gegen die sich das nachlassende
Leben nicht mehr zur Wehr setzen kann. Hier finden alle freimaurerischen,
zionistischen, linken Organisationen, Verschwörungen und was es sonst noch
geben mag, ihren Platz. Wichtig ist aber, daß beides richtig ist: das
kausale, über auslösende Ereignisse, Actio-Reactio und durch umgesetzte
Pläne erfolgende Fortschreiten der Geschichte ebenso wie das
schicksalhafte. Es sind einander überlagernde Ebenen, die vexierbildartig
ineinandergreifen.

Qualm, Weihrauch, Opiumdampf! Ein Tännlein grünet wo, der Mond ist aufgegangen, es war als hätt' der Rothschild den Oswald still geküßt.

Wenn Du also ein Duell verlangst, um ein für alle Mal festzustellen, wer
recht hat, ist das fehlgeleitet. Wir würden zu keinem Ergebnis kommen,
weil wir auf unsere Art beide richtig liegen.

Io son uomo di pace, e duelli non fo, se non a mensa.

Spenglers Verdienst ist es, die metaphysische Dimension in die
Geschichtsbetrachtung eingeführt oder zumindest gestärkt zu haben.

Darin besteht Spenglers kerndeutsche Verlogenheit, dort, wo sehr genaue Interessen vorliegen, metaphysischen Qualm geliefert zu haben.

Seine
Konzeption erscheint eben unwiderlegbar, weil ihre Gegner im Unverständnis
dessen, was seine Philosophie im Kern ausmacht, mit kausalen Argumenten
dagegen angehen.

Spenglers Konzeption mag als Auswuchs metaphysischen Denkens unwiderlegbar sein, zugestanden, viel wichtiger ist, daß sie wertlos ist. Ein Fall für die Tonne.

So versuchen sie etwa, ihn zu widerlegen, indem sie
dezidiert die Machenschaften der Hintergrundmächte als Alleinerklärung
für die Geschichte ausbreiten, wobei sie nicht erkennen, daß dies eine
ganz andere Erklärungsebene ist.

Meine Erklärung hat den gigantischen Vorzug, falsifizierbar zu sein, also wissenschaftlichen Kriterien zu genügen, wogegen Spengler mehr in den Bereich der historischen Po-esie gehört

Sie kommen also sozusagen mit einem
Messer zu einer Schießerei. [[zwinker]] Auf diese Weise findet man noch
nicht mal den richtigen Angriffspunkt, an dem man theoretisch ansetzen
müßte, um ihn zu Fall zu bringen.

Niemand will Spengler zu Fall bringen, höchstens sagen, daß sein Geschmiere völlig wertlos ist, abgesehen davon, die Leser in eine bestimmte gehobene Stimmung zu versetzen.

Zur Erkenntnis, was die Welt im Innersten zusammenhält, halte ich
Spenglers Idee für einen unerläßlichen Baustein. Er schlägt einen
Pflock in weitgehend unvermessenes Gelände, von dem aus man mit weiteren
Überlegungen fortschreiten kann.

Welche Idee bitte? Spengler serviert doch nur banalen Mist: alles, was ist, entsteht, wächst und vergeht. Für diese Erkenntnis brauche ich keinen Spengler.

Daneben ist er meines Erachtens ein
Gegengift gegen kausale Alleinerklärungsmodelle, die in abstruse
Verschwörungstheorien münden, weil den Leuten ohne eine echte
metaphysische Perspektive völlig unerklärlich ist, warum die moderne Welt
in solche finsteren Abgründe mündet.

Die kausalen Alleinerklärungsmodelle sind eine Unterstellung, die nur vorbringen kann, wer die überragend gehaltvolle Literatur nicht kennt.

Dann erscheinen die abstrusesten
Postulate plausibel, für die es keinerlei belastbare Belege gibt, derer
eine kausale Erklärung allerdings bedarf.

Belastbare Belege gibt es zum Saufuattern. Nur werden sie vom lügenden Labersack Spengler unterschlagen.

Wenn es noch andere, ältere und bessere gäbe, wäre das um so mehr zu
begrüßen und würde an Spengler überhaupt nicht kratzen, sondern seine
Aussagen stützen, verbessern und ergänzen.

Welche Aussagen gibt es denn bei Spengler, außer solchen, die wir eh schon gewußt haben?

Solche Absätze sind im Grunde ein Zirkelschluß, mit dem Du Dich selbst
an der Nase herumführst, um zu Deinem Wunschergebnis zu kommen.

Wo ist der Zirkelschluß? Wo setze ich voraus, was zu behaupten wäre?

Ich frage
mich, ob Du Dich in Verbitterung über die Zustände, Haß auf die
entartete deutsche Gesellschaft und persönlicher Kränkung (alles keine
Vorwürfe, sondern verständliche Affekte) bereits so in Dein
Hypothesengebäude eingesponnen hast, daß Du Dir einen unbefangenen Zugang
zu anderen Betrachtungen verbaust.

Ich bin für alle Betrachtungen offen, sofern sie meinen Horizont erweitern und sich als überprüfbar erweisen.

Beides ist bei Spengler nicht der Fall.

Tempranillo

PS
Ad Hominems kann ich auch. Ein paar mal lasse ich es mir gefallen, schief angemacht zu werden, aber irgendwann ziehe ich die Glacéhandschuhe aus.

--
*Die Demokratie bildet die spanische Wand, hinter der sie ihre Ausbeutungsmethode verbergen, und in ihr finden sie das beste Verteidigungsmittel gegen eine etwaige Empörung des Volkes*, (Francis Delaisi).


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