Die 4 Szenarien

HansMuc, Dienstag, 02.07.2019, 01:26 (vor 1732 Tagen) @ Silke5012 Views

Lieber HansMuc,

Wenn 2 Fallschirmspringer während des freien Falls sich so nahe
beieinander
befinden, dass sie sich mit den Händen berühren können, dann können
sich diese
2 Fallschirmspringer auch gegenseitig abstoßen.


Das stimmt.
Sie hängen nicht hilflos aneinander.
Aber die Erklärung für das [b"]warum"[/b] ist verschieden.

Diese Abstoßung hat zur
Folge,
dass sich die beiden Fallschirmspringer voneinander entfernen werden.


Hallo liebe Silke,

Die Bewegung der beiden ist Folge der Krafteinwirkungen im gesamten zu
betrachtenden System
.
Habe ich keine Stützmasse (Gegenkraft), kann ich auch nichts stützen
(Kraft entfalten).

Zur "Stützmasse":
Zuerst einmal eine Anmerkung zum Begriff der "Stützmasse". Meiner Meinung
nach ist dieser Name für die aus einem Raketenmotor ausgetretene Masse welche
den Schub liefert, missverständlich.

Denn diese "Stützmasse" stützt sich nirgendwo in der Umgebung der Rakete ab.
Diese Masse "stützt" im übertragenen Sinn durch ihre Masseträgheit den
Raketenmotor und sorgt dafür, dass beim Austritt der Masse aus der Düse eine
Vorschubkraft erzeugt wird. Sobald die Masse aus der Düse ausgetreten ist,
besteht keinerlei mechanische Verbindung mehr zwischen "Stützmasse" und
Raketenmotor. Ebenso besteht keine mechanische Verbindung zwischen
ausgetretener Masse und Umgebung.

Zu den Fallschirmspringern:
Nehmen wir an, dass die beiden Fallschirmspringer A und B zur gleichen Zeit
aus dem Flugzeug gesprungen sind und sich dabei festgehalten haben. Beim Fall
sind die beiden also in gleicher Höhe und in weniger als Armlänge voneinander
entfernt.

Die beiden Fallschirmspringer A und B bilden ein Gesamtsystem. Nennen wir das
Gesamtsystem AB. Dieses Gesamtsystem besteht aus 2 Teilsystemen, nämlich den
Fallschirmspringern A und B.

Um das Experiment zu vereinfachen, betrachten wir nur den Impuls in der
horizontalen Ebene. Der Impuls definiert sich als

p = Masse * Geschwindigkeit mit der Einheit [kg * m/s]

Wenn beide Fallschirmspringer nicht durch spezielle Körperhaltungen eine
Bewegung in der horizontalen Ebene erzeugen (Annäherung oder Entfernung
voneinander), dann ist der Impuls des Gesamtsystems in horizontaler Richtung
konstant, nämlich

MasseA [kg] * 0 [m/s] + MasseB [kg] * 0 [m/s] = 0 [kg*m/s]

Selbstverständlich können sich A und B aber voneinander abstoßen. Dadurch
werden sich A und B voneinander entfernen. Nehmen wir der Einfachheit halber
an, dass A und B die gleiche Masse von 75 kg haben (sie sind "gleich schwer",
wie man sagt).

Stößt sich nun A von B mit einer gewissen Armkraft ab, so dass beide
Fallschirmspringer sich jeweils mit 1 Meter pro Sekunde voneinander
entfernen, dann hat A einen horizontalen Impuls von 75 kg * 1 m/s = 75
kg*m/s. Fallschirmspringer B, der sich in Gegenrichtung entfernt, hat den
Impuls 75 kg * (-1) m/s = -75 kg*m/s.

Und der horizontale Gesamtimpuls des Systems AB ist immer noch:

75 kg*m/s - 75 kg*m/s = 0 = const.

Denn in einem geschlossenen System gilt der Impuls Erhaltungssatz:

p_gesamt = const

Kann ich mit einer Explosion im UH-Vakuum und bei sehr geringer
Schwerkraft eine Stützmasse für einen zu beschleunigenden tonnenschweren
Körper aufbauen, von der sich jener dann mittels immer weiterer
Explosionen abstützen kann, ohne dass alles in das Vakuum verpufft?

Bei der Explosion von Dynamit (Nitroglyzerin + Kieselgur) verwandelt sich das
Nitroglyzerin in Gasmoleküle. Kieselgur (eine saugfähige weißliche und
pulverförmige Substanz, die hauptsächlich aus den Schalen fossiler
Kieselalgen besteht), wird durch die Explosion in feinste Staubteilchen
zerkleinert.

Diese Gasmoleküle und Staubteilchen werden durch die Explosion vom Zentrum
der Explosion in alle Richtungen mit sehr hoher Geschwindigkeit davon
geschleudert. Wenn diese Gasmoleküle und Staubteilchen nun auf einen
tonnenschweren Körper treffen, dann werden sie vom Körper abprallen und dabei
einen Teil ihres Bewegungsimpulses

Masse_(Gas+Partikel) * Geschwindigkeit

auf den Körper übertragen. Der tonnenschwere Körper wird dadurch in Richtung
des Gas/Partikelstrahls beschleunigt.

Eine Stange Dynamit, gezündet in ein paar Metern Höhe, macht überhaupt
nichts an Kraftentfaltung, ausser einem Knall. Was macht sie im UH-Vakuum?

Eine Stange Dynamit, welche in ein paar Metern Höhe über dem Boden gezündet
wird, wird zusätzlich zu den Explosionsprodukten noch Luftmoleküle in
Richtung Körper schleudern. Der Explosions Effekt und damit die
Impulsübertragung auf den Körper ist also noch stärker als im Vakuum.

Diese Abstoßung hat zur
Folge,
dass sich die beiden Fallschirmspringer voneinander entfernen werden.


Ja.
Was passiert bei folgenden Szenarien:

Szenario 1:
Zwei Menschen mit gleichem Körpergewicht stossen sich unter Wasser
schwebend voneinander ab.

Beide entfernen sich mit gleicher Geschwindigkeit voneinander. Wobei die
Geschwindigkeit durch die Reibungskräfte des Wassers sehr schnell gegen Null
gehen wird.

Szenario 2:
Zwei Menschen mit gleichem Körpergewicht stossen sich vom 10er springend
voneinander ab.

Wenn sich beide bei der Abstoßung auf gleicher Höhe befinden und sie sich
horizontal abstoßen, dann werden sich beide voneinander horizontal entfernen,
während sie mit zunehmender Vertikal-Geschwindigkeit dem Wasser entgegen
fallen. Ihre horizontalen Geschwindigkeiten werden dabei durch die
Luftreibung abnehmen. Diese Abnahme ist aber bei einer Fallhöhe von 10 m
vernachlässigbar gering (die Dauer des Falls beträgt nämlich nur
SQRT( 2 * 10 / 9,81 ) = 1,43 Sekunden, wenn man die Luftreibung während des
vertikalen Falls vernachlässigt).

Szenario 3:
Zwei Menschen mit gleichem Körpergewicht stossen sich in 10-5 km Höhe
voneinander ab.

Wie Szenario 2. Die beiden werden sich jedoch bis zum Auftreffen auf der
Erdoberfläche weiter voneinander entfernt haben. Wegen der längeren Zeitdauer
des Falls werden außerdem die horizontalen Geschwindigkeiten durch die
Luftreibung stärker zurückgehen, als bei dem 10 m Brett.

Szenario 4:
Zwei Menschen mit gleichem Körpergewicht stossen sich im UH-Vakuum bei
sehr geringer Schwerkraft voneinander ab.

Wenn die von außen wirkende Schwerkraft vernachlässigbar gering ist, dann
werden sich beide Körper immer weiter mit konstanter Geschwindigkeit
voneinander entfernen.

Wenn die von außen wirkenden Schwerkraft nicht vernachlässigbar ist, dann
wird diese von außen wirkende Schwerkraft die Flugbahnen der beiden Körper
beeinflussen.


Wer von den Lesern hat schon einmal einen "Schwerelos-Flug" mit gemacht?

Leider noch nicht. Nur im Flugzeug beim Sturzflug -> ein bisschen ähnlich.


Liebe Grüße
Silke


Grüße
HansMuc


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