Da stellen sich mehrere Fragen, auch mehrere Problempunkte

helmut-1, Siebenbürgen, Samstag, 29.06.2019, 06:47 (vor 1735 Tagen) @ Zweistein3973 Views
bearbeitet von unbekannt, Samstag, 29.06.2019, 07:12

Ich kann Deinen Frust sehr gut verstehen, obwohl ich kein Börseninteressierter bin. Dieses Forum hat eine große Bandbreite von Interessen und soll es auch weiterhin haben. Stellt sich die Frage, woran es liegen kann, dass das Thema Börse hier rückläufig ist.

Wie Du selbst festgestellt hast, wird das mit den Zinsen immer schwieriger, - resp. Erträge auf Sparguthaben sind gleich Null. Ich bin kein Finanzmensch, aber dadurch zu erwarten, dass, wenn das Eine hinuntergeht (Erträge bei Guthaben) dann das Andere (Anlagen an der Börse) automatisch hinaufgeht, ich denke, das ist ein Trugschluss. Dafür müssten nämlich die Randbedingungen vorhanden sein, - sprich eine gewisse Sicherheit in die Wirtschaft. Frage: Siehst Du da eine Sicherheit, was die Zukunft betrifft?

Deutlich sieht man es ja am Wohnungsmarkt. Warum fehlen so viele Wohnungen, warum steigen die Mieten so extrem? Der Markt formiert sich durch Angebot und Nachfrage. Wenn weniger Eigenheime gebaut werden als Wohnraum benötigt wird, dann kommt das eben so.

Wenn man so herumfragt, warum baust Du denn nicht selbst, etc. , dann wird wieder eines transparent: Ohne Eigenkapital geht erst mal gar nichts. Wer nicht im Lotto gewonnen oder was Kräftiges geerbt hat, der hat als Otto Normalo halt Schwierigkeiten, an dieses Kapital zu kommen. Hat man das aber – wie auch immer – geschafft, dann kommt der Bankkredit. Sich bis ins Rentenalter zu verschulden, das ist nicht jedermanns Sache. Zumal noch die Unsicherheit der Zinsen dazukommt.

Derzeit sind diese extrem niedrig. Aber das kann sich ganz schnell ändern. Welche Bank gibt denn eine feste Zinsgarantie auf die gesamte Laufzeit des Kredites? Dazu kommt die Unsicherheit des Arbeitsplatzes. Was passiert, wenn die Firma das Zeitliche segnet? Wenn die Gefahr besteht, dass man aufgrund fehlender Arbeitsplatzangebote in H4 abrutscht? Was passiert, wenn man einen Job 300 km weiter entfernt bekommt, und man wegziehen müsste? Was passiert, wenn man im Alter zum Pflegefall wird und die Immobilie dafür herhalten muss?

Immer, wenn ich in Deutschland bin, unterhalte ich mich mit den Leuten. Mit den verschiedensten. Unternehmern, Angestellten, Rentnern, usw. Das letzte Gespräch in einer Cafe-Konditorei hat mir zu denken gegeben. Eine einfache Angestellte hinterm Tresen, so ca. 35 Jahre alt, meinte: Nun, ich werde wahrscheinlich noch meine Rente bekommen. Wie es für meinen kleinen Sohn mal aussehen wird, - ich weiß es nicht. Alles wird enger, insbesondere mein finanzieller Spielraum. Aber wir sind zu klein und zu schwach, um hier dagegen zu halten. Wir warten ab. Wir warten auf den großen Knall.

Der große Knall. Und da meinst Du, dass jemand auf die Börse vertraut? O.k., es soll Leute geben, bei denen es nicht ins Gewicht fällt, wenn sie Teile ihres Vermögens verlieren. Aber ich erinnere mich gut an die Lehmann-Brothers in den Jahren 2007/2008 und an die Folgen. Auch ich habe damals Kredite für die Firma benötigt, dachte, ich wäre so gescheit, habe auch manche davon in SFR abgeschlossen, und auch in anderen Währungen. Der Schuss ist nach hinten losgegangen. Nur über findige Anwälte konnte ich den Banken Unregelmäßigkeiten beim Vertragsabschluss nachweisen und bei Gericht damit gewinnen. Dadurch konnte man gewisse Uhren wieder zurückstellen, - manche Banken sind auch dabei hops gegangen, mein Glück.

Auch mein großer Sohn meinte, dass sein Bankberater ein gewiefter Mann wäre, und er in einem Mischpaket der Anlagen an der Börse bessere Renditen erwirtschaften könne. Ich habe ihm davon abgeraten. Klar ist er auch dabei auf die Schnauze gefallen, wie so viele andere auch. Einem Bankberater zu glauben, das ist so ähnlich wie bei der Hellseherin mit der Glaskugel. Solange da nicht die Einsicht eingekehrt ist, dass man sein Erspartes in sichere Werte steckt, steht auch keines meiner Kinder im Testament drinnen.

Was meine ich mit sicher: Ich habs ja hier schon einmal ausgebreitet. Immobilien, - vor allem Grundstücke, - aber nicht jedes. Dafür braucht man eine Nase. Die aber kann man sich zulegen, man kann sich über die Ausdehnung der Städte und Gemeinden informieren, man kann eigene Recherchen anstellen. Der Haken: Das geht nicht über Nacht. Da muss man in Dekaden von Jahren seine Rechnung aufmachen.

An der Börse oder im Casino kanns auch über Nacht gehen. Aber nur mit Risiko. Wer sich dieses Risiko nicht erlauben kann oder will, der muss eben andere Wege gehen. Börse und Casino kann zur Folge haben, dass man über Nacht alles verliert. Bei Grundstücken kann man nicht verlieren, es sei denn, es kippt das politische System und man wird enteignet.

Mein Großer hat seit einiger Zeit bereits damit begonnen, umzudenken. Sein Fokus liegt nun auf interessanten Immobilien. Um günstig weiter zu verkaufen, oder um zu vermieten oder zu verpachten, - seine Sache. Aber für diese Denke muss man halt erst mal dem 4er vorm Alter schreiben. Der Jüngste ist noch nicht soweit, aber der ist erst Mitte 20.

Klar kann nicht jeder so eine Nase haben wie ich. Grundstücke vor 30 Jahren für 300 DM/ha gekauft, und nun werden sie als Bauland für 15€/m² angeboten. Es geht niemanden was an, um wie viele ha es sich hier dreht. Aber mit dem kleinen Erlös werde ich zukünftig mein karges Leben fristen. Nicht von meiner Rente, die ohnehin eine Lachplatte ist. Aber das war eine sichere Anlage, bereits zu Beginn.

Warum schreibe ich das so detailliert und gebe diese vielen Beispiele? Es geht um die zentrale Frage im Hauptbeitrag: Warum gehen die börsenrelevanten Themen im Gelben zurück.

Nach Lehmann-Brothers, nach genügenden Beispielen wie Manfred Krug und die Telekomaktie, nach Bayer und Monsanto, nach Bankenpleiten, nach den beschriebenen Unsicherheiten, usw. usw. – wen wunderts, dass dabei das Interesse an diesem Metier zurückgeht?

Mich nicht. Aber vielleicht liege ich falsch. Das ist halt meine persönliche Sichtweise zu dem Thema.


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