Ich hatte gehofft, mehr Menschen hier können so schöne Texte über sich schreiben,

Silke, Mittwoch, 12.06.2019, 22:37 (vor 1752 Tagen) @ Olivia3641 Views
bearbeitet von Silke, Mittwoch, 12.06.2019, 23:17

und dann darauf Stolz sein, egal was die anderen schreiben oder nicht schreiben. Und wer dann weiter stolz auf sich ist schreibt zukünftig positiver und macht die anderen stolz, dass sie in so einem Forum schreiben dürfen.

Liebe Olivia,

Das ist hier nicht irgendein Forum.
Hier sind richtig wichtige Darstellungen zusammengetragen worden, die so viele Sachverhalte, die den Menschen falsch gelehrt werden, richtig stellen, dass ich sehr stolz bin, mit lesen, mit verstehen (vieles zumindest) und mit schreiben zu dürfen (mal mehr, mal weniger verständlich).

Als ich deinen Text zunächst las, war ich irritiert. Warum? Weil ich mit
den von dir vorgestellten Texten zum Thema "Stolz" nichts anfangen konnte.

Ich habe keine Einführung geschrieben (das war ein impulsiv verfasstes Posting weil ich genervt war von der Traurigkeit mancher Leute hier).
Das macht es aber für jeden um so spannender für sich selbst.
Es ist wie mit den Kindern. Je mehr ich vor gebe und strukturiere, desto weniger richtig wichtige Sachen kommen vom Gegenüber.
Wenn jemand explodiert, hat er seinen Grund dafür - er kann sich mit seinem Impuls beschäftigen. Es steht ja nun hier schwarz auf weiss. Ich schreibe z.B. nicht positiv über Religionen, ein gläubiger Mensch wird Probleme mit diesem Standpunkt haben auch wenn ich die Bigotterie der Vorteilsnehmer in den Kirchenleitungen angreife und nicht die Gläubigen.
Wenn jemand noch Frust von früheren Diskussionen mit mir schleppt - ok.
Ich bitte ihn, diesen abzulegen, weil er weder ihm, noch mir hilft.
Wenn jemand aber richtig tolle Sachen rein bringt - Bingo!

Ich bin nicht "stolz" auf etwas, was andere gemacht haben. Aber wenn sie
gut, wichtig und anregend sind, dann freue ich mich darüber und bin
dankbar dafür, dass es solche Menschen gegeben hat und gibt.

Ich empfinde Stolz auf sie. Ich bin Stolz auf die Arbeit, die viele Foristen leisten. Es ist auch mit mein Forum.

Mir ist es
gleichgültig, aus welcher Kultur sie kommen. Als junger Mensch habe ich
mich intensiv mit asiatischen Kulturen beschäftigt. Sie haben mir geholfen
in meiner schwierigen Sturm- und Drang-Zeit, der Zeit der Selbstfindung.
Sie haben mir auch geholfen, zu begreifen, dass die Welt EINS und
grenzenlos ist. Und das, das macht mich glücklich.

Dann wäre ich stolz auf die.
Meine Erinnerungen an Jahre im Ausland sind bezüglich der Ausländer aus verschiedenen Ländern mehr positiv als negativ besetzt. Ich bin stolz darauf, wie diese Menschen mit mir als Mensch und als Deutsche umgegangen sind.

Aber zurück zum Wörtchen "Stolz". Ich bin auf einiges stolz, verbinde es
aber nicht mit "stolzgeschwellter Brust" und "angeben", sondern damit, dass
ich etwas geschafft habe, das sehr schwer war, all meine Kraft benötigte
und für das ich an meine Grenzen und teilweise über meine Grenzen hinaus
gehen mußte.

Im Forum wurde ja die These erarbeitet, dass unser gesamtes Agieren (aktiv) vom verliehenen Potential abhängt (passiv). Alles was wir geschafft und erreicht haben wurde uns ermöglicht (ausführliche Diskussion zwischen @Ashitaka und @Zara).

Hmm...ein anderer Mensch mit genau den gleichen Potentialverleihungen (Gene, Meme, Eltern/Grosseltern/Kinder/Verwandte, Peers, Freunde, Lebenspartner, äussere Umstände usw.) hätte genau das gleiche geschafft, das ich geschafft habe?
Ja. Hätte er wirklich.
Wo bleibt dann mein Wille, der zu meinem Können geworden ist?
Dass du kannst, was du kannst wurde dir vollumfänglich ermöglicht.
Dein Können ist Summe der Be- und Entmächtigungen deines Umfeldes und deiner inneren Anteile (wiederum Folge früherer Umfeldeinflüsse), auf die du bewusst herzlich wenig Einfluss hast.
"Herzlich wenig" heisst dann doch aber "mehr als nichts".
Das ist die Bifurkationsstory vom @Kurt.
Jede Entscheidung die ich treffe, die zu einer Handlung oder Nichthandlung führt, ist die Summe der Einwirkungen auf mich aus der Vergangenheit bis zum Bifurkationspunkt (Punkt höchster Sensibilität, in dem ein einziger Einfluss ausreicht, der vom Andromedanebel oder von einem Prozess in meinem Unterbewusstsein stammen kann) um die Entscheidung zu bewirken.
Trotzdem gibt es eigene Anteile in diesen ständigen Lawinen von Entscheidungsprozessen die wir "bewusst sein eigenes Leben leben" nennen auch wenn @Ashitaka richtig beschrieben hat: Wollen ≠ Können.

Was immer ich getan habe, es war die Summe der externen und internen Gegebenheiten. Wenn ich dabei etwas richtig oder falsch gemacht habe (wobei das nie so einfach zu definieren ist wie das Trolleyproblem deutlich macht) hängt das im Wesentlichen von meinem Lebensweg bis genau zu diesem Bifurkationspunkt und von der Summe der gerade in diesem Moment verfügbaren Potentiale (Möglichkeiten die ich nutzen kann oder nicht) ab.
Egal, wie viel Mist ich angestellt, wie viele Heldentaten ich begangen habe (und die hat beide jeder hier begangen - das ist menschlich) ich habe doch Grund genug, auf mich Stolz zu sein, auf irgendetwas von mir.

Wenn diese Anstrengung dann "erfolgreich" war, dann bin ich
stolz darauf, dass ich es "geschafft" habe. Die großen Anstrengungen waren
nicht umsonst.

Kein Mensch ist immer erfolgreich und fehlerfrei.
Trotzdem hat er Grund genug, stolz auf sich zu sein und zwar nicht nur auf seine vermeintlichen Erfolge (die größtenteils von aussen definiert werden weil wir Gemeinschaftswesen sind, die spiegeln müsse und Anerkennung und Zuwendung brauchen, um nicht zu sterben).
Das gleiche müsste doch aber auch für mein soziales Umfeld bis hin zur Nationalität gelten dürfen, die sich den anderen Menschen auf der Welt als Gesamtheit mit "typischen Wertvorstellungen und Umsetzung derselben" darstellt (Anerkennung für deutsche Autos, Maschinen usw. an denen viele hier irgendwie mitwirken).

Aber: Es hätte auch anders ausgehen können. Die Dinge
liegen nicht immer und komplett in der eigenen Hand.

Ich behaupte mal, das wenigste liegt in meiner Hand.
Kann ich noch nicht schwimmen, dann hat das einen sehr wichtigen Grund.

Der Stolz beruht daher
mehr darauf, dass ich mich nicht habe ABBRINGEN lassen und nicht aufggeben
habe.

Und wer sollte das nicht von sich behaupten dürfen?
Der Ex-Raucher, der nach einem Jahr wieder anfängt?
Er hat ein ganzes Jahr lang durchgehalten.

Stolz bin ich darauf, dass meine große Anstrengung mit dazu geführt hat,
dass meine Tochter ein selbständiger, selbstbewußter und verantwortlicher
Mensch geworden ist, der seinen eigenen Weg geht.

Wer mit der richtigen Einstellung auf seine Kinder blickt - kann der überhaupt nicht stolz sein?
Wenn sie Sachen machen, die ich nicht befürworte hat das schwerwiegende Gründe.

Ich bin unendlich
glücklich, dass das gelungen ist, gegen sehr viele Widerstände.

Kinder kindgerecht zu begleiten in dieser Welt, ohne sie so zu schädigen, dass sie irgendwann ihren Platz in der Welt doch finden ist die absolute Härte.
Viele hier haben eigene Kinder. Viele haben sich bestimmt irgendwie für andere eingesetzt.
Da darf man doch stolz sein.

Stolz bin
ich auch darauf, dass ich meine neue Hündin aus dem Tierschutz (5 Jahre
alt) nicht entnervt habe Reture gehen lassen, sondern mit unendlicher
Geduld, das halbwilde Tierchen "integriert" habe. In beiden von uns ist ein
Staunen und eine Ehrfurcht darüber, wenn wir uns anschauen. Und natürlich
ist das etwas, was glücklich macht.

Es gibt doch auch keinen Unterschied zwischen nahen Menschen und nahen Tieren und zwischen Menschen und Tieren sowieso.

Ich freue mich darüber, dass ich die Möglichkeiten habe, so viele Dinge
auszutesten, obwohl ich bis zum Hals mit Problemen, die ich lösen und
Dingen, die ich tun muss, eingedeckt bin.

Auch das müssen alle hier bewältigen bis hin zu schweren Schicksalsschlägen.
Da kann man doch auf jede halbwegs gute Minute stolz sein in so einem System.

Heute fragte mich eine Freundin: Aber warum bist du so fröhlich, wenn du
so viele..... Meine Antwort ist nur: Wieso sollte ich mich grämen? Dadurch
wird es nicht besser, also genieße ich das, was ich habe und kann. WIR
ALLE sind in einer privilegierten Situation, gemessen an großen Teilen der
Menschheit. WIR haben keinen wirklichen Grund, uns zu beklagen. WIR jammern
auf hohem Niveau.

Vielleicht machen das zukünftig weniger Leute aus dem DGF weil sie Stolz für sich entwickeln, auch wenn es schlechte Zeiten geben mag?
Die durchschnittliche Versorgungssituation nutzt dem Einzelnen in seinem Tal der Tränen ja nicht so viel, wie jeder weiss, der schon einmal Liebeskummer, Mobbing, Schicksalsschläge u.a. durchgemacht hat.

Glücklich und dankbar bin ich, dass ich vor 30 Jahren meiner Neugier
nachgegeben habe und in die "Computerbranche" eingestiegen bin. Mit allen
Risiken. Und, dass ich "heil" wieder aus meinen Verpflichtungen raus
gekommen bin. :-)). Aber Stolz wäre ich darauf nie. Es hat einfach Spaß
gemacht und war ein gefundenes Fressen für einen geborenen Workoholic.

Das verstehe ich eben nicht, wieso man nicht stolz sein darf, wenn man seinen Beitrag zu irgendwas leistet oder geleistet hat, egal, wie gross das nun ist.

Glücklich bin ich, wenn ich die Gartentüre aufmache und sehe, wie alles
wächst und blüht. Die Natur macht alles alleine, wenn man sie nicht allzu
sehr stört. Und glücklich bin ich darüber, dass ich in einem so schönen
Land leben darf, das eine solche Natur hervorbringt. Aber stolz wäre ich
darauf nicht. Ich habe es nicht gemacht.

Du hast entweder Anteil an der Schönheit oder es zumindest nicht hässlich gemacht, indem du z.B. nicht deinen Müll in die Gegend geworfen hast, während das andere tun.

Ich genieße es als etwas, was mir
"geschenkt" wird. ich genieße auch das Wetter, das sich ständig ändert
und unkalkulierbar ist. Wenn man einige Zeit in einem Land gelebt hat, wo
es IMMER Sonne gab, dann lernt man die Jahreszeiten zu schätzen.

"Geschenkt" ist im debitistischen Denken nicht der richtige Ausdruck.
Du musst dich in irgendeiner Form kümmern (Urschuld bedienen).
Das fordert die Menschen heraus so oder so.
Alles was du hast, was du bist und was dich umgibt fordert dich, sonst verlierst du es.

Von Stolz kann ich nur sprechen, wenn ich etwas getan habe, was ich für
richtig hielt und trotz allen möglichen Widerständen dabei geblieben bin.
Wenn das dann positiv ausging, dann bin ich stolz und dankbar und froh.

Das dürfte sich doch jeder irgendwie vorweisen können (nur darum geht es doch, dass man sich selbst gegenüber ein "Du bist gut, so wie du bist mit deinen Stärken und Schwächen" einräumt, so wie man das gegenüber jedem Kind spiegeln muss).

Eine stolzgeschwellte Parade würde ich dafür aber nicht besuchen oder
betreiben.

Das war ja auch nicht meine Intention.
Es können aber neben allen "das ist Mist und jenes ist dumm, falsch, schlimm usw." doch auch mal genau so viele Postings mit "coole Sache, super Ding, wow" geschrieben werden. Es kann doch wohl nicht sein, dass bei allen hier so viel schief geht, so viel so unerträglich schlimm ist, dass der Lebensmut so sehr schwindet, dass nur noch negative Sachen besprochen werden.
Ich habe auch schlechte Zeiten und verunglückte Postings, aber ich versuche in meinem eigenen Interesse immer wieder neu Konstruktivität zu pflegen, anstatt mich der Destruktivität auszuliefern.

ALLES in der Welt hängt auch in einem unendlichen Ausmaße vom
Zufall ab. Das sollte jeder wissen. Daher ist DANKBARKEIT wohl eher das
richtige Wort

Ich meine, dass man dankbar und stolz gleichzeitig sein kann.

Liebe Grüsse
Silke

PS. Ein "Ihr" gibt es in einer globalisierten Welt nicht mehr. Wenn wir gehen, gehen wir alle gemeinsam über die Wupper, die einen nur schneller, die anderen langsamer.
Bei aller Traurigkeit über systemische Zwänge oder Einzelschläge - wer nicht jeden Tag wieder aufsteht bleibt jeden Tag ein bisschen mehr liegen, stirbt jeden Tag ein bisschen mehr.
Nur Begeisterung und positive Emotionen bieten dem Gehirn die Chance, resilent gegen demenziell-depressive Entwicklungen zu werden.


gesamter Thread:

RSS-Feed dieser Diskussion

Werbung