Da muss man dazu aber auch die Eigenheiten dieses Volkes kennen

helmut-1, Siebenbürgen, Samstag, 01.06.2019, 17:11 (vor 1784 Tagen) @ Reffke1280 Views

Hallo, Reffke,

ist ja schon beeindruckend, der Film, der von Selbstmitleid strotzt. Um das zu beurteilen, muss man mit und zwischen diesen Leuten leben. Dann kann man den Vergleich zu unsereinen ziehen.

Was meine ich damit:
Der Cortorar ist zwar um einige Stufen höher anzusiedeln als der "gemeine Roma", trotzdem aber hat auch er die typischen Merkmale dieser Ethnie.

Wodurch unterscheiden sie sich grundsätzlich von anderen:

Der Deutsche: lebt, um zu arbeiten
Der Rumäne: arbeitet, um überleben zu können
Der Zigeuner: versucht, in seiner Philosophie das Wort Arbeit, so weit es nur geht, auszuklammern

Um bei letzterem zu bleiben:
Er kann nicht planen, - sich ein Ziel setzen und das Ganze Stein auf Stein wie ein Haus aufzubauen. Das, was ihm nicht quasi über Nacht gelingt, das ist nichts für ihn. Deshalb gehen auch die meisten Förderprogramme des Staates (handwerkliche Unterweisungen für Roma in Kursen) in die Hose.

Er ist nicht flexibel, was seine Tätigkeit betrifft, die er beherrscht. Natürlich sind die Cortorar, die sich in einem Dorf direkt neben einer Stadt aufhalten, wesentlich besser dran. Da kommen die Touristen in diese Stadt, und beim Besuch der nächsten Stadt fahren sie genau durch dieses Dorf, und aufgefädelt an der Straße, stehen 30 Stk. Cortorar (oder deren Frauen) und bieten die Souvenirs in kupfernem Kunsthandwerk an. Während die Touristen das eine oder andere bestaunen und sich dabei finanziell über den Tisch ziehen lassen, bekommt der Busfahrer, der ja extra dort stehen bleibt, in "intimem Einverständnis" von einem der Cortorar etwas zugesteckt, und dann gehts wieder weiter.

Wenn man natürlich in so einem entlegenen Dorf lebt wie in dem Film, dann gibts die Möglichkeit nicht. Der dort lebende Cortorar ist aber auch nicht in der Lage, seine Chancen in RO auszuloten und evtl. in eine andere Gegend zu ziehen. Woanders hinzugehen, kommt für ihn nicht in Frage, - dann geht er schon eher ganz aus dem Land heraus.

Die wenigen Geschäftstüchtigen unter ihnen wissen, wie man aus "wenig" "mehr" macht. Autohandel, Handel mit alten Möbeln, Pferde, etc. Entweder der junge Cortorar hat da Verbindung mit so jemanden und er wächst in die Sache hinein, kann dadurch leben und vor allem überleben, und hat die Aussicht, mal später das Ganze selbst zu übernehmen, - dann geht das. Aber ohne Connections sich selbst was aufzubauen oder eine Idee zu entwickeln, - das ist nicht.

Dazu kommen noch andere Eigenheiten, z.B. Ordnung halten, Geräte und Werkzeuge pflegen und ständig verwendbar aufzubewahren, - das geht nicht in seinen Kopf hinein. Bei mir im Betrieb sind die Regale sowie die dort herrschende Ordnung so eingerichtet, dass ich auch bei Dunkelheit und Stromausfall alles finde, was ich im Moment holen will.

Wenn einer meiner Zigeuner die Flex aus dem Regal holt, wo nur die verschiedenen Flex nebeneinander liegen, dann kann man sicher sein, dass er sie ins Regal darunter zurücklegt, wo die Bohrmaschinen nebeneinander liegen. Ich hab alles probiert, auch mit Geld, - man kriegt das bei denen nicht hinein. Insofern fehlts dann bei denen, wenn sie irgendwas reparieren wollen, weil die Hilfsmittel irgendwo draußen im Dreck herumliegen und vergammeln.

Wenns aber darum geht, die Feiertage "richtig" zu genießen, dann haut er richtig rein. Da wird sich verschuldet, und es ist dann egal, wie lange und für welche Konditionen er dann bei dem Bauern arbeiten muss, bis er seine Schulden zurückbezahlt hat. Sich nach der Decke zu strecken, - das kennt er nicht. Ganz typisch ist für den Roma, sich vor Weihnachten auf Schulden eine Musikanlage zu kaufen, damit er über die Feiertage (das geht von Weihnachten so ca. bis 7. Januar) so richtig in seinem Element ist. Danach, im Januar, da gibts weder bei den Bauern oder z.B. auf dem Bau Arbeit, da wird die Musikanlage wieder verkauft, natürlich mit Verlust, damit der Schuldbetrag nicht mehr so hoch ist.

Die örtlichen Geldverleiherfirmen profitieren davon, es werden Zinsen zwischen 60% und 100% p.a. verlangt, und das ist alles legitim. Es gibt in RO keinen Wucherparagrafen (freie Marktwirtschaft).

Man könnte noch vieles anführen, - aber ich will damit nur sagen, dass jeder seines Glückes Schmied ist. Und wenn das ins Lebenskonzept eines Cortorar eben nicht so hineinpasst, dann muss er halt jammern.

Trotzdem soll man nicht übersehen, dass es einen ganz geringen Prozentsatz gibt, der was aus sich macht. Nicht nur das Mädchen mit dem Gesangstalent, das ich benannt habe, sondern auch diejenigen, die Universitätsabschlüsse erfolgreich hinlegen. Einer meiner Roma ist ein armer Hund, weil er zwar arbeitet wie ein Blöder, aber seine Familie hilft da kaum mit, die profitieren nur von ihm. Sein Junge aber ist der beste in der Volksschulklasse, was den Notendurchschnitt betrifft.


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