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Naclador, Göttingen, Montag, 06.05.2019, 10:43 (vor 1811 Tagen) @ Nico2577 Views

Hallo Nico,

Weil ich zwischenzeitlich auch eine Anfrage per PN erhalten habe, möchte
ich hier noch einmal auf das Thema Staatsgeld eingehen, und erlaube mir
meine Antworten
an
@Naclador
hier in einen neuen Thread zu stellen.

Besten Dank dafür, ist ja so viel einfacher zu finden.

Als erstes scheint der Hinweis angebracht, dass der allgemeine Wohlstand
in einer Volkswirtschaft im Wesentlichen von einem einzigen Faktor
abhängt, und das ist die rein physische Produktivität der Bevölkerung.
Geld arbeitet nicht, es schraubt keine Autos zusammen, errichtet keine
Gebäude oder dergleichen. Das Geldsystem, welches im Kern das System der
Doppelten Buchführung ist, koordiniert diese Prozesse, aber natürlich
ohne dabei selbst Werte zu erzeugen.

Bis hier sind wir uns einig.

Wenn sich Volkswirtschaften hingegen schlecht entwickeln, dann könnten
vor allem schlechte Regierungen, schlechte Gesetze, schlechte Bildung oder
ein schlechter Einfluss von äußeren Kräften der Grund dafür sein.

Oder schlechtes Geld. Geld ist die Voraussetzung dafür, dass überhaupt gewirtschaftet wird.

Dass
ein Verfall einer Volkswirtschaft oft von Inflation begleitet wird, ist
schon richtig, und auch plausibel. Es bleibt aber die fehlende
Produktivität, oder vielleicht auch das Wirken von Handelsembargos, welche
nun zu einem Devisenabfluss führen und so nämlich die Importe verteuert,
womit die Inflation erst ins Land getragen wird.

Umgekehrt wird ein Schuh draus: Eine verfehlte Geldpolitik oder äußere Faktoren ruinieren die Währung, und infolgedessen bricht die Wirtschaft ein.

Es ist wohl der gute, alte
Geldschleier,
welcher den Blick verstellt, und zugleich die Sinne betört. Es kann aber
immer nur die Arbeit sein, welche dem Geld seinen Glanz verleiht. Das
berühmte Deutsche Wirtschaftswunder ereignete sich derweil unter heiterer
monetärer Inflation. Abgelöst wurde die Inflation dann von
Arbeitslosigkeit, aber die Ritter vom Orden der Geldwertstabilität kann
auch das nicht schrecken.

Das sehe ich inzwischen anders. Geld ist nicht nur ein Tauschvermittlungsmittel. Geld ist ein Anspruch auf Leistung. Es gibt keinen "Geldschleier", nur ein falsches Verständnis von Geld.

Nun aber zu deinen Fragen, lieber Naclador!

das musst Du uns jetzt aber bitte genauer erklären, warum irgend
jemand Dein "Staatsgeld" haben wollen sollte, wenn es doch keinen Termin
gibt, zu welchem er das Zeug haben muss.

Diese Frage ist doch empirisch klar beantwortet. Banknoten sind von ihrem
Wesen her Staatsgeld, was sich an dem Fehlen von Zins und Termin bereits
erkennen läst. Die Termine auf Seiten des Publikums sind eine andere Sache
und ergeben sich auf verschiedenste Weise – die zu bezahlende Miete zum
Beispiel.

Und warum ist die Miete zum Termin fällig? Weil der Hausbesitzer seinen Kredit zum Termin bedienen muss. Und warum will seine Bank zum Termin bezahlt werden? Weil sie sich zum Termin bei der Zentralbank refinanzieren muss. Und warum legt die Zentralbank einen Termin fest? Weil sie muss! Ohne Termin, kein Geld. Das Geld emittiert eine funktionierende ZB nur gegen vollstreckbare Titel als Sicherheit. Eine ZB, die Geld gegen gute Worte emittiert, ruiniert ihre Währung.

Und wenn es schon reicht, "Legal Tender" auf kleine bunte Zettel zu
drucken, warum macht man sich dann wohl die Mühe mit der Zentralbank?

Auch das ist keine wirkliche Frage, weil die ZB (als ein Staatsorgan)
zunächst einfach nur der Emittent der „kleinen bunten Zettel“ ist.
Dass die Emission anders geregelt sein sollte, sage ich doch selbst. Das
Konzept einer Zentralbank ist dabei auch das beste mir bekannte System.
Hier geht es nur um die Frage, warum die Zentralbank dem Staat nicht die
erforderliche Liquidität bereitstellt, und ihn stattdessen auf den
Privatsektor verweist. Das könnte grundsätzlich leicht geändert werden,
und mehr will ich in diesem Bereich auch nicht.

Die Frage ist, was der Staat der ZB im Gegenzug als Sicherheit anbietet. Bietet er nichts an, handelt es sich um reines Fiatgeld, eine Mickey-Maus-Währung. Damit lässt sich nicht wirtschaften. Bietet er Staatsanleihen o.ä. an, bist Du bei unserem heutigen System.

Und warum führt staatliche Geldschöpfung per Druckerpresse in 100%
der Fälle zu massiver Inflation?

Weil du die „staatliche Geldschöpfung per Druckerpresse“ auch nur an
der Inflation überhaupt erst diagnostizierst, mein Freund. Es ist nur dein
Hirngespinst, dass es dieses Staatsgeld (Druckerpresse) überhaupt nicht
gäbe, aber es gibt es überall und führt also nicht notwendigerweise zu
Inflation. Es gilt zwei verschiedene Formen der Inflation zu unterscheiden:
gleichbleibende Inflation (vielleicht ja 10% z.B.) und Inflation mit
steigenden Inflationsraten. Letzteres deutet klar auf einen Devisenabfluss
hin und dieser Devisenabfluss ist auch selbst das Problem. Es gibt also
Inflation, aber der Volkswirtschaft ginge es ohne diese Inflation auch
nicht besser.

Und hier bist Du aus meiner Sicht auf dem Holzweg. Wenn Du auf die von Dir vorgestellte Weise Geldschöpfung betreibst, dann gibt es keinerlei Mechanismus, der dafür sorgt, dass nur so viel Geld emittiert wird, wie es der Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft entspricht. Staatsausgaben entwickeln sich grundsätzlich immer nur ein eine Richtung: nach oben. Also wirfst Du jedes Jahr mehr Geld ins System, obwohl die Produktivität annähernd konstant bleibt. Daher kommt die Inflation, nicht vom Devisenabfluss. Und die wird sehr schnell das Prädikat "Hyper-" verliehen bekommen.

Die Inflation, von der du hier sprichst, resultiert aus dem Versuch, den
Devisenabfluss mittels Notenpresse zu stoppen. Dies ist aber grundsätzlich
zum Scheitern verurteilt, weil die eigene Währung im Ausland kein
Zahlungsmittel ist, also niemand dort damit seine Telefonrechnung bezahlen
kann.

Die Inflation resultiert daraus, dass der Staat mehr Leistungsversprechen emittiert, als Leistung realistisch erbracht werden kann. Wenn mehr Geld versucht, die gleiche Menge Arbeit zu kaufen, dann steigen logischerweise die Preise. Das wäre auch in einer isolierten Volkswirtschaft ganz genau so der Fall.


Oder kennst Du Gegenbeispiele?

Das oben bereits genannte Deutsche Wirtschaftswunder ist ein
Gegenbeispiel, aber deine Vorstellung von der Druckerpresse ist falsch. Im
Grunde gibt es kein Geld, sondern nur Angebot und Nachfrage.

Gänzlich falsch, ohne Geld gibt es nur Subsistenzwirtschaft, dann gibt es auch kein Angebot (Jeder verzehrt, was er produziert.) und keine Nachfrage (Jeder produziert, was er verzehrt.).

Bei Dir ist Wirtschaft einfach "irgendwie schon da", und dann muss mit den produzierten Waren und Dienstleistungen nur noch ein Markt veranstaltet werden, um Angebot und Nachfrage zu regeln. Dabei blendest Du völlig aus, warum Menschen überhaupt wirtschaften.

Angebot und
Nachfrage determinieren bekanntlich die Preise, also die Inflation. Die
zusätzliche Nachfrage endete, weil statt zinsfreier Banknoten verzinste
Staatsanleihen emittiert wurden. Nach und nach fraßen die Zinsen die
zusätzliche Nachfrage auf, weil die zusätzlichen Staatsanleihen nur noch
den Zins darstellen. Es gilt sich vor Augen zu führen, dass Geld nicht
kauft, sondern erst entsteht, wenn gekauft wird. Im Bankensystem kommt es
im Nachhinein zu Prozessen des Saldierens, was die Geldmenge wieder
reduziert.

Diese Vorstellung geht an der Realität vorbei. Die Staatsanleihen waren zwingend notwendig, weil das Geld mit irgend etwas besichert sein musste. Unbesichertes Geld ist wertlos.

Such mal nach alten Beiträgen von Ashitaka oder Silke, die beiden haben das bei verschiedenen Gelegenheiten bis ins Kleinste aufgedröselt.

Viele Grüße,
Naclador

--
"Nur die Lüge benötigt die Stütze der Staatsgewalt. Die Wahrheit steht von alleine aufrecht."
Thomas Jefferson


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