Klare und vor allem richtige Analyse

helmut-1, Siebenbürgen, Samstag, 04.05.2019, 22:47 (vor 1790 Tagen) @ Falkenauge2313 Views

Den noch in der Politpubertät befindlichen Kevin mit seinen Phantastereien lassen wir mal auf der Seite. Kommt für mich ziemlich nahe in die Gegend von dem Film aus 1990: Kevin allein zu Haus.

Aber die Sache mit den Mietwohnungen, resp. den oftmals schon unbezahlbaren, oder nicht mehr zu kriegenden, - das geht schon ans Eingemachte. Du hast es vortrefflich im Kratzer beschrieben.

Tja, was soll man dazu sagen? Klar hast Du recht. Aber gehen wir mal um einige Jahrhunderte zurück. Da gabs Landesherren (Fürsten, Grafen, etc.) die bestimmten, welche Religion in ihrem Ländle erlaubt war. Nun gabs da auch Andersdenkende, denen diese Zustände nicht gefallen haben und die das auch nicht akzeptieren wollten.

Was haben die gemacht? Sie haben nicht versucht, den Fürst abzumurksen, oder mit Demos auf der Straße auf ihr Problem hinzuweisen, das wäre ja vergebene Liebesmüh gewesen, die sehr wahrscheinlich auch ins Aug gegangen wäre. Im wahrsten Sinne des Wortes. Sie sind ausgewandert, haben sich was gesucht, wo sie eben in ihrer Facon selig werden konnten, wo man ihre Religion akzeptiert hat.

Es war ja in erster Linie nach dem Auftreten Luthers, als sich das Problem gestellt hat. Viele von diesen Leuten sind damals auch nach Siebenbürgen gekommen, sofern sie eben den evangelischen Glauben vorgezogen haben. Das waren Kärtner, Oberösterreicher, usw. Die Nachfahren dieser Leute sind immer noch hier in Siebenbürgen, bewahren ihre Traditionen, und man nennt sie die "Landler".

Warum erzähle ich das aber so dezidiert: Ich bin in den 70ern nach Deutschland umgesiedelt, aus den verschiedensten Gründen. Klar habe ich da anfangs zur Miete gewohnt. Dann hat es sich ergeben, dass ich eine Familie gegründet habe, und da wurden die Ansprüche dann höher geschraubt. Aus dem 1-Zimmer-Appartement wurde eine 2-Zimmer-Küche Wohnung, das hat sich dann nach zwei Kindern bis zur Anmietung eines Reihenhauses gesteigert.

Schön. Aber es war immer noch - im Vergleich mit meinem Einkommen - finanzierbar. Was aber war es, was mich gestört hat? Ich wills verraten: Da hatten wir mit dem Eigentümer des Reihenhauses so ein gutes Verhältnis, so manche Flasche Wein hatten wir zusammen geleert, und auch andere Gemeinsamkeiten gefunden. Auch sein Sohn war dabei. Immer war die Rede davon, auch von seinem Sohn, dass wir uns niemals Sorgen zu machen brauchen, wir können hier immer wohnen, Mietsteigerungen allenfalls mit der Anpassung des Lebenshaltungsindex.

Plötzlich und unerwartet stirbt der Alte. Er war noch gar nicht richtig unter der Erde, da hatten wir schon die Kündigung im Haus. Und das war nicht nur einmal der Fall. O.k., damals gings auch aus anderen Gründen mit der Ehe schief, - mit meiner jetzigen Frau lebte ich aber auch weiter in Miete. Gut, das war am Schluss eine Ausnahmesituation, - auch ein hervorragendes Verhältnis mit den Vermietern. Die Ausnahme bestand darin, dass es ein Geben und Nehmen war, - es war ein Architekturbüro und wir arbeiteten oft für sie.

Trotzdem, - wie soll man denn einem Kind ein sicheres Zuhause bieten, wenn sich die Uhren - aus welchem Grund auch immer - plötzlich anders drehen? Dann haben wir gerechnet. Hat man nichts geerbt oder im Lotto gewonnen, dann kann man sich zwar mit der Bank auf ein Eigenheim einigen, sofern man sich dessen bewusst ist, dass man sich bis ins Rentenalter verschuldet. Es ist eben nicht mehr der Vermieter, an den man zahlt, es ist dann die Bank.

Als der Eiserne Vorhang fiel, stellte sich manches anders dar. Dazu kamen noch andere - für mich gravierende - Dinge, die ich im Auge hatte. In erster Linie die Möglichkeit, das nun neugeborene Kind so zu erziehen, wie es sich wir als Eltern vorstellen. Ich hatte meine Erfahrungen mit meinen beiden aus der ersten Ehe, - ich hätte das mit dem Neuankömmling nicht geschafft, - zumindest nicht in Deutschland, in dieser verschrobenen Welt.

Noch mehrere Dinge sind dazugekommen, - und was habe ich gemacht? Ich machte es wie die Landler. Suchte mir was, wo ich in meiner Facon selig werden konnte, - und fands in Siebenbürgen, der Heimat meiner Frau. Nicht alleine, - diese Entscheidung habe ich zusammen mit meiner Frau getroffen. Und ich habs richtig gemacht, wie die Zeit gezeigt hat. Lassen wir mal die Wertsteigerung auf der Seite, geht auch niemanden was an, mit welchem Geld ich das Haus im Zentrum damals gekauft habe und was der heutige Schätzwert ist. Würden so manchem die Tränen der Rührung kommen.

Es geht mir um was ganz anderes: unser Sohn ist in einem Heim aufgewachsen, mit dem er sich identifizieren konnte. Es ist sein Elternhaus, und er hat dazu eine ganz intensive Bindung. Er ist nicht in der Angst groß geworden, dass er möglicherweise mithelfen muss, die Koffer und Kartons zu packen. Das war unser Wunsch, - und diese Rechnung ist aufgegangen.

Wir sind sicher nicht auf Rosen gebettet, haben keine Reichtümer erwirtschaftet, - die Lehmann-Brothers habens damals verbockt. Aber wird sind zufrieden und wollen auch irgendwann hier begraben werden. Letzteres ist der einzige eindeutige Beweis, dass man einen Schritt, in ein anderes Land zu ziehen, nicht bereut hat.

Gut, - lassen wir mal meine Lebensgeschichte. Vergleichen wir die Zeit nach Luther und die Zeit heute. Wenn man keine Möglichkeit sieht, das zu erreichen, was man für seine Familie will, - wer zwingt einen denn, im Land zu bleiben? Die Bequemlichkeit? Die Angst vor dem Unbekannten?

Das System mit Grundkapital und Miete wird sich in den nächsten 100 Jahren nicht so schnell ändern, - es sei denn, es kommt ein neuer Krieg, den wir alle nicht wollen. Wer geht denn wg. sowas auf die Straße? Sieht man seine Visage im TV, dann kann er sicher sein, dass er wahrscheinlich kaum mehr eine Möglichkeit haben wird, was zu mieten. Es sei denn, der potentielle Vermieter hat seinen Fernseher verkauft.

Ich hab es in meinem Leben immer mit dem Gebet des Franz v. Assisi gehalten, das sichtbar an der Wand über unserm Esstisch hängt, damit ichs niemals vergesse:

„Herr, gib mir die Kraft, die Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
Herr, gib mir die Geduld, die Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
Herr gib mir die Weisheit, das eine vom andern zu unterscheiden."

Ehrlich gesagt, ich bin ganz gut damit gefahren. Bis jetzt zumindest.


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