Du verwechselst Freuds Heilungsversprechen mit der gesamten Psychoanalyse

Phoenix5, Mittwoch, 20.03.2019, 19:42 (vor 1856 Tagen) @ Mephistopheles1566 Views
bearbeitet von unbekannt, Mittwoch, 20.03.2019, 20:11

Die ganze Geschichte hat nurr einen kleinen Haken: Die Naturwissenschaften
mit ihren abartigen Ideen und Theorieen funktionieren mit ausreichender
Zuverlässigkeit (>99,9999999999999999%); die Psychoanalyse funktioniert
dagegen in keinem einzigen Fall.

Das ist Unsinn. Sie hilft, aber sie hilft nicht aufgrund des Modells. Die Psychoanalyse (in allen Varianten) hat sehr viel mit systemischen Denken zu tun. Schon allein, wenn ein Kind das Licht der Welt erblickt und man sich erklärt wie es langsam zwischen seinem Körper und dem der Mutter unterscheidet bzw. zwischen Körper und Umwelt. Wie es sich zuerst auf die Mutter fixiert und anhand ihrer Reaktion die Gegenwart beurteilt. Wie es von der Mutter ein paar Schritte wegläuft, um sein langsam aufkeimendes Ich zu erfahren, schließlich wieder hinläuft aus Angst sie zu verlieren und wieder wegläuft aus Angst seine Individualität zu verlieren (wieder mit der Mutter zu verschmelzen). Wie es sich von der Mutter löst, um einer anderen Bezugsperson nachzueifern (Vater) usw. Das alles ist im Modell der Psychoanalyse integriert. Was du zurecht kritisierst, waren die teilweise seltsamen Vorstellungen Freuds (Penisneid, Kastrationsangst, etc.), aber das Eis zu solchen Erkenntnissen hat ER gebrochen. Hinter der Psychoanalyse steckt viel viel mehr (und viel mehr als Freud) als dass man hier einzelne kuriose Artefakte der Geschichte herausnehmen könnte, um sie lächerlich zu machen.

PS: Natürlich ist es möglich, dass die Psychoanalyse einmal richtige
Voraussagen trifft.

Die Psychoanalyse und alle von ihr hervorgegangenen Spielarten sagen gar nichts voraus. Sie versuchen die Entwicklung des Menschen vom Baby bis zum Erwachsenen zu modellieren, ergo zu rationalisieren. Sie ganz abzuschreiben hieße, die Prozesse nur noch auf atomarer, molekularer, zellulärer oder evolutionärer Ebene zu erklären, aber die ICH-Werdung nicht mehr in Worte fassen zu dürfen. Zumindest für mich wäre das ein äußerst dürftiges Weltbild, wo die gesamte andere Hälfte der Anschauungsmöglichkeiten, fernab materialistischer Wissenschaft, völlig fehlt. Dabei waren diese Modelle überhaupt erst das Grundgerüst, das zu wissenschaftlicher Forschung verleitete (Entwicklungspsychologie) und so das Sinnvolle vom Unsinnigen schied. Die gesamte Psychologie ist ja letztendlich ein Wechselspiel aus Modell und wissenschaftlicher Forschung anhand des Modells mit anschließender Modifizierung des Modells. Dass Freud damals weit übers Ziel hinausgeschossen ist und die Freudianer am liebsten vieles, das ihr Meister gesagt aber auch verbrochen hat, unter den Teppich kehren würden, streite ich gar nicht ab, aber die Dinge haben sich weiterentwickelt und manche firmieren heute nicht mehr unter dem Banner "Psychoanalyse". Ihren Ursprung haben sie trotzdem dort.


Beste Grüße
Phoenix5


gesamter Thread:

RSS-Feed dieser Diskussion

Werbung