Missverständnisse

Falkenauge, Dienstag, 26.02.2019, 16:26 (vor 1886 Tagen) @ Otto Lidenbrock4892 Views

Jetzt habe ich den Beitrag gelesen. Er handelt im Kern davon, dass statt
einer Regierung durch ein "Parlament von Dilettanten", diese durch eine
Selbstverwaltung durch "Fachleute vor Ort" ersetzt bzw. durch diese
ergänzt wird. Im Grunde eine Art "Subsidiaritätsprinzip", welches
Deutschland im Rahmen des Föderalismus prinzipiell ja schon besitzt. Die
Bundesländer regieren sich praktisch durch ihre Länderparlamente selbst,
wobei grundsätzlich Bundesrecht Landesrecht bricht.

Nein, kein Subsidiaritätsprinzip. Das staatliche Parlament wäre nur für das Rechtsleben zuständig und überhaupt nicht für die inhaltliche Gestaltung und Organsation des Geistes- und des Wirtschaftslebens, auch nicht subsidiär.

Die im Artikel vorgeschlagene Selbstverwaltung vor Ort bzw. das von
Steiner vorgeschlagene Prinzip der "Dreigliederung des sozialen Organismus"
wirkt auf mich sehr utopisch. Es erinnert ein wenig an die Zeit unmittelbar
nach der Februarrevolution in Russland 1917. Damals versuchte man dieses
Prinzip mit Hilfe der Räte darzustellen, die in den Fabriken und Dörfern
die "Fachleute vor Ort" waren.

Jedes Ideal, nach dem die Realität verändert werden soll, ist zunächst utopisch. Erinnerungen an die Februarrevolution und Räte trüben das angesprochene Ideal und haben nichts damit zu tun.

Wer schon einmal Parteiarbeit geleistet hat weiß, dass auch diese
Verlagerung der Entscheidungsgewalt prinzipiell kaum etwas ändert.

Es geht gar nicht um Entscheidungsgewalt im Wirtschafts- und im Geistesleben. Er dürfen hier keine vertikalen Regelungen von oben getroffen werden, die die Freiheit des Einzelnen ausschließen, sondern koordinierende Vereinbarungen, Verträge zwischen den freien Institutionen und Organisationen, die sich aufeinander abstimmen.

Der Egoismus des Menschen hat ihn zum erfolgreichen Eroberer der
Kontinente gemacht, schließt aber gleichzeitig ein harmonisches
Miteinander aus. Entscheidungen zum Wohle aller setzen grundsätzlich die
Bereitschaft voraus, auch im Sinne aller zu Denken. Diesen Altruismus
besitzen aber nur die wenigsten Menschen. Wenn es die Möglichkeit gibt,
die anderen zu übervorteilen, siegt bei den meisten die Gier über
irgendwelche Ideale.

Der Egoismus ist ja auch bis zu einem gewissen Grade notwendig. Er nimmt nur überhand, wenn die gesellschaftlichen Strukturen und Gesetze ihn begünstigen und fördern, anstatt ihm zugunsten des Gemeinwohls Grenzen zu setzen.


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