Warum kann ich so etwas nicht einfach überlesen?

helmut-1, Siebenbürgen, Dienstag, 29.01.2019, 19:51 (vor 1885 Tagen) @ Sylvia6499 Views

Warum fiecht mich so etwas an, und provoziert, dass ich meine Tastatur malträtiere?

Egal, ich bin halt so. Ich hab der lieben Frau was auf ihr Bundestagsmail geschrieben. Irgendeine Aushilfskraft, die sie vielleicht in ihrem Büro beschäftigt hat, wird es wahrscheinlich lesen. Auf Antwort rechne ich nicht, - was soll sie auch darauf antworten?

Mein Mail:

Sehr geehrte Frau Esken,

wenn Sie der Meinung sind, dass "Rentner meist rechte Lügengeschichten verbreiten", dann ist das Ihre Sichtweise. Sie ignorieren dabei aber das Grundsätzliche:

Leute, die heute 60 und mehr Jahre alt sind, haben noch einen anderen Realitätsbezug zur Geschichte des 20. Jhdts. Im Gegensatz zur jungen Generation, die aufgrund der Geschichtsklitterung in Schule und Medien gar nicht mehr beurteilen können, wenn man ihnen Unsinn erzählt. Insofern ist diese Generation für die Politik leicht lenkbar, weil man dann die historischen Tatsachen ganz einfach als "fake-news" hinstellen kann.

Aufgrund dessen, dass mein Großvater im Widerstand umgekommen ist, habe ich mich eingehend mit der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts befasst. Ich verfüge nicht nur über eine umfangreiche Büchersammlung, überwiegend Originalausgaben, sowie Zeitungen und Tonträger aus dieser Zeit, sondern hatte zum Glück schon als 16-jähriger den Verstand und das Interesse, mich ausgiebig mit Zeitzeugen zu unterhalten, vom KZ-Insassen bis zum SS-Mitglied. Ich denke, von mir behaupten zu können, dass ich daher weiß, wovon ich spreche, wenns um die Vergangenheit geht.

Auch, wenn ich mittlerweile im Rentenalter bin, so muss ich Ihre Unterstellung auf das Schärfste zurückweisen. Dass ich auch heute noch im Arbeitsprozess stehe, habe ich - so wie viele andere auch - Ihrer Partei zu verdanken, das nur nebenbei.

Ich war zwei Jahrzehnte in der ehrenamtlichen Jugendarbeit tätig und kann mir aufs Panier schreiben, dass aus meinen Händen kein einziger Extremist hervorgegangen ist, weder links noch rechts. Dafür aber aufrechte Demokraten, - mit einer Einschränkung: es sind kritische Demokraten, keine ja-Sager.

Dass aufgrund des Schicksals meines Großvaters in meiner Familie traditionell immer "rot" gewählt wurde, war eine Folgeerscheinung. Allerdings verfügte die Partei damals noch über glaubwürdige Personen, - Renger, Wisnewski, Schmidt, usw. Das aber hat sich seit vielen Jahren schon geändert. Auch mein Vater, als er noch lebte, hat sich nach Jahrzehnten enttäuscht von der Partei abgewandt.

Viele sind darüber verbittert, was heute unter der Überschrift "Sozialdemokrate" serviert wird. Und gerade die Älteren, die mehr aus Tradition immer dieselbe Partei wählen, gerade die SPD, stossen Sie durch derartige Äußerungen vor den Kopf.

Ich beobachte die Umfrageergebnisse, - im Februar 2018 waren es 16,5% für die SPD, im Oktober nur noch 15%, die letzte Umfrage war bei 14%, - die Richtung geht auf die 5% zu. Natürlich wird immer wieder krampfhaft versucht, die Ursache dafür zu finden.

Die Antwort ist klar: Es ist eine Vielzahl von Punkten, die hier zusammenkommen, aber Äußerungen wie die Ihre im Twitter zählen eindeutig dazu.

Mit freundlichen Grüßen


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