Weisheit

Ashitaka, Samstag, 19.01.2019, 12:20 (vor 1896 Tagen) @ nemo5872 Views

Hallo nemo,

Deine Beispiele zeigen nur die herrschaftlichen Mittel, um regieren zu
können:

Nicht nur Mittel um regieren zu können. Das Wort ist die Quelle der die Menschen in ihren aktiven Potenzen (Handlungen) begrenzenden und die Umgebung schaffenden Potentialstruktur (Handlungsmöglichkeiten, Ordnung).

Es existiert jenseits dieser Deutung jedoch eine andere Form von Sprache.
Diese Sprache beruht auf Erkenntnis, Verstehen, Sinn und Erfahrung.

Diese Art der Sprache wird nur von jenen verstanden und gesprochen,
deren Mittelpunkt nicht das Wort ist, sondern die Abwesenheit von Worten
– die Stille, die direkte Wahrnehmung ermöglicht.

Ich verstehe dich schon. Aber für dieses tiefergehende Verständnis der Zusammenhänge durch die eigene Erfahrung (Weisheit) gibt es Abseits unserer Sehnsucht nach einem Weg dorthin keine Sprache, kein System der Kommunikation. Über Weisheit lässt sich nicht sprechen, sie lässt sich nur durch die eigene Erfahrung gewinnen.

Es ist unmöglich einen einzelnen Menschen von etwas zu überzeugen, ohne
dass sich dieser Mensch überzeugen lassen will. Es ist jedoch einfach,
hunderttausende Menschen von etwas zu überzeugen, weil der Mensch
sich als soziales Wesen gerne der Mehrheit anschließt.
Das Übel der Identifikation. Bis heute.

Den Willen der "hunderttausenden Menschen" gibt es nicht. Die Masse will mangels Bewusstsein nichts. Es ist immer nur das einzelne Bewusstsein, dass etwas will und sich im Falle des von dir gedachten "Anschließens an die Mehrheit" durch Worte in die Simulation eines über die Einheit hinaus "mehrheitlichen Wollens" ziehen lässt. Mehr als die einzelen Einheit kann nichts wollen. Wir simulieren uns ein wollendes Wesen, dass es nicht gibt.

Kommen wir wieder zum Regenwald-Indianer. Weder Identifikation, noch
Beeinflussung oder Versprechungen konnten diesen Menschen von etwas
überzeugen. Deshalb blieb nur die Gewalt und der Zwang. Das haben
die meisten dieser Völker nicht überlebt.

Gewalt und Zwang. Beides evolviert aus einer durch das Wort, d.h. der Sinngebung ohne notwendiger Erfahrbarkeit, geschaffenen Ordnung. Gewalt und Zwang sind Folgen des Wortes, die aus der Notwendigkeit, die zeitlichen Grenzen der Vorfinanzierbarkeit und Besicherbarkeit weiter auszudehnen (Debitismus), erwachsen.

Man kann keinen Menschen gegen seinen Willen von etwas überzeugen.
Man kann ihn aber mit Gewalt zwingen.

Jeder Wille kann über die Zeit mangels Erfahrbarkeit durch das Wort gebrochen werden. So funktioniert die Welt im Innersten. Das was für den Menschen gegenwärtig nicht erfahrbar ist (z.B. die Raumfahrt), kann durch die Ordnung des Wortes, ohne dass es jemals jemand erfahren muss, akzeptiert (gewollt) und dadurch real werden.

Wenn der Mensch ohne Furcht ist, ist er gefährlich für die Herrschaft,
denn nur der Furchtsame wird sich durch Identifikation, Beeinflussung
oder Drohung einer Meinung anschließen, die nicht seine eigene ist.

Da bin ich bei dir. Wenn jeder die Weisheit hätte, dass es die Welt über seine eigene Erfahrung hinaus unaufhörlich aus der Realität in eine auf der Ordnung des Wortes basierenden Simulation des Nichterfahrbaren zieht, wäre sofort schluss.

Die Herrschenden wissen das und deshalb wird mit der Beeinflussung
schon im Kindergarten begonnen und geht dann weiter bis zum
Studium und zum Berufsleben.

Ob sie es wissen wage ich zu bezweifeln. "Die Herrschenden" gibt es schon lange nicht mehr. Wir simulieren uns meiner Ansicht nach nur noch diese Spitzen. Wer sich z.B. bewusst macht, dass die unsere Bildung und Erziehung betreffenden Gesetzentwürfe, ebenso wie alle anderen Entwürfe nicht mehr von Regierungen auserdacht, auf die Auswirkungen hin überprüft und verfasst werden, sondern von einer Hand voll Großkanzleien und Beratungsgesellschaften mangels Big Data und eigener Expertise der scheinbar Herrschenden auferlegt werden, bekommt ein völlig anderes Bild über die Herrschaft. Das Gelbe Forum unterhält sich dahingehend meistens über völlig unbedeutenden Stuss. Als wenn die höchsten Amtsträger etwas am Lauf der Dinge durch ihr eigentliches Nichtmitwirken (es ist nur noch ein Vortragen) ändern könnten. Ein völlig entspannter Job, von termin zu Termin und zu jeder Zeit durch die Hände der Berater geführt.

Meine Sichtweise ist sowohl politisch als auch spirituell. Es kann
dort keine Trennung geben. Die Spiritualität verlangt, die Welt
selbst zu verstehen. Die Politik verlangt Konformität. Wir sind als
Zivilsationsmenschen solange Sklaven von Deutungssystemen,
bis wir diese Tatsache erkennen.

Der Zivilisationsmensch wird auf der subtilsten Ebene immer als Sklave in einer auf dem Wort basierenden, technologischen Umgebung gehalten, dessen sein Wahrnehmungs- und Vorstellungsvermögen verkleinernde Kraft er sich nur schwer bewusst machen kann.

Herzlichst,

Ashitaka

--
Der Ursprung aller Macht ist das Wort. Das gesprochene Wort als
Quell jeglicher Ordnung. Wer das Wort neu ordnet, der versteht wie
die Welt im Innersten funktioniert.


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