Zumindest eine Wahlmöglichkeit bleibt uns

Tempranillo, Donnerstag, 27.12.2018, 17:30 (vor 1944 Tagen) @ paranoia7046 Views

Hallo Paranoia,

dass Du mit unseren transatlantischen Verbündeten nicht richtig warm
wirst, fühlt ja ein Blinder mit dem Krückstock.

Ich weiß, was sie verbrochen haben und uns schuldig sind: die Wiederherstellung der Grenzen Deutschlands aus dem Jahr 1914 sowie Reparationen für zwei Weltkriege, über 160 zerstörte deutsche Städte, 12 Millionen Tote, die Gemeinheiten des IMT und etwa 350.000 gestohlene deutsche Patente.

Aber mit Bezeichnungen
wie "viehisches Wesen" und "Anglobestien" tust Du der Mehrzahl der
US-Amerikaner Unrecht. Das klingt ja wie Kriegsrhetorik.

Dein Vorwurf ist prinzipiell berechtigt, aber ich bitte um Verständnis, daß mir die Lust vergangen ist, bei einer derart bösartigen und für Deutschlands Elend primär verantwortlichen Nation haarklein zu differenzieren.

Ob nun von Dir oder Falkenauge formuliert, immer geht es darum, was Ihr
nicht wollt. Diese Wahlmöglichkeit gibt es aber gar nicht - genauso wenig
wie man sich gegen Kernkraft und Kohle ausprechen kann ohne ein
tragfähiges Alternativkonzept zu benennen.

Ich denke schon, daß es zumindest eine Wahlmöglichkeit gibt, die zwischen Amerikanismus und Europäismus.

Vor die Wahl zwischen Kapitalismus und Sozialismus gestellt, bevorzuge ich
übrigens ersteres! Der Versuch, im Kapitalismus einen Crash zu vermeiden,
führt übrigens immer zum Sozialismus.

Möglicherweise machen sowohl Kapitalismus als Sozialismus, wenn in extremer und verbohrt-dogmatischer Form praktiziert, beide das Leben zur Hölle, allerdings auf jeweils unterschiedliche Weise?

Staaten bauen gelegentlich Mauern. Bei den guten Staaten ist der
Stacheldraht auf der Außenseite, bei den schlechten ist er auf der
Innenseite. In den Jahren von 1945 bis 1990 hätte ich hinter dem Eisernen
Vorhang (Stacheldraht innen) nicht wohnen wollen.

Ich auch nicht.

Unabhängig von internen Gesellschaftssystemen haben Staaten natürliche
Interessen. Putin hat das schön formuliert, ich finde leider die Quelle
dazu nicht mehr:
"Ich bin weder ihr Freund noch ihr Feind, ich bin der Präsident der
russischen Föderation und vertrete deren Interessen." (sinngemäß
zitiert).

De Gaulle und Putin stehen für eine Politik aus dem Geiste Bismarcks. Von letzterem habe ich ein Zitat gelesen, das bestens zu Deinen ersten Absätzen paßt. Bismarck bezog sich auf jemanden, der in haarspalterischer Weise darstellte, daß man England nicht so negativ sehen und kritisch beurteilen dürfe, denn dort gebe es auch positive Ausnahmen.

Bismarcks Antwort bestand darin, daß er geschrieben hat *kosmopolitische Obkjektivität sei ein Grundübel der Deutschen*. Er meinte natürlich, eine Objektivität und einen erbsenzählenden Gerchtigkeitssinn, der dem eigenen Land zum Nachteil gereicht. Leider weiß ich nicht mehr wo die Stelle zu finden ist. Vielleicht in einem Band der neuen Friedrichsruher Ausgabe?

Du kennst bestimmt dieses Zitat Bismarcks?

*Die Neigung, sich für fremde Nationalitäten und Nationalbestrebungen zu begeistern, auch dann, wenn dieselben nur auf Kosten des eigenen Vaterlandes verwirklicht werden können, ist eine politische Krankheitsform, deren geographische Verbreitung sich auf Deutschland leider beschränkt.*

Meine Version wäre *Die Neigung, die ethische Substanz von Völkern fremder Todfeindationen auf die Goldwaage zu legen, ist eine …*

Ich werde niemals jemandem Vorschriften zu machen versuchen, mit welchem Maß er andere Nationen zu messen hat, ich möchte lediglich darauf hinweisen, daß ich für mich das gleiche Recht in Anspruch nehmen werde.

Vor dem Hintergrund von versiegendem Nordseegas besteht auch ein
westeuropäisches Interesse an einer Gaspipeline aus Quatar. Auch ein
zuverlässiger Quasi-Gasmonopollieferant kann seine Machtstellung
missbrauchen (siehe OPEC-Krisen). Diese Option kann man zwar nur einmal
ziehen, dann verliert man Marktanteile (siehe OPEC). Auch die USA haben das
Interesse, dass Europa nicht russengasabhängig wird, bzw. bleibt. Aus
russischer Sicht ist so eine (Quatar-)Pipeline zu verhindern. Hier haben
wir beispielsweise deckungsgleiche Interessen mit den USA gegen russische
Interessen.

Bevor man seine Interessen vertreten kann, muss man sich erst einmal sehr
genau im Klaren darüber sein, worin diese genau bestehen.

Selbstverständlich. Seine Interessen zu definieren und anschließend wahrzunehmen stellt die deutsche Politik nicht selten vor eine unlösbare Aufgabe.

Im Krieg der zivilen Durchsetzung der eigenen Interessen muss man aber
auch die Interessen der anderen kennen. In der Welt der Interessen gibt es
kein Schwarz-Weiß, wie es Deine Beiträge suggerieren. Es gibt nur
verschiedene Grautöne, die sich auch im Zeitablauf ändern können.

Die USA, Russland, Frankreich und China sind alle grau!

Ein Land, das hundertmal mehr Menschen ausgerottet hat als Adolf Hitler, weit über 100 Angriffskriege vom Zaun bricht, reihenweise Staaten zerstört und sich zusätzlich schlimmer als die Päpste als moralischer Lehrmeister der Welt aufspielt, Deutschland seine eigenen Verbrechen in die Schuhe schiebt, uns jeden Tag als Tätervolk an die Wand stellt, ein Lügner- und Fälschertribunal inszeniert, nur um uns auf ewig niederhalten, ausbeuten und zuletzt auf kaltem Weg ausrotten zu können, ist bei mir ein für allemal unten durch.

Grautöne kann ich bei China, Rußland, Italien, Spanien und Frankreich erkennen, aber nicht, wenn es um die USA geht, was auch an meinen schlechten Augen liegen kann.

P.S.:
Das BFMTV so ein Zankapfel ist, wusste ich nicht. Als BFM nur eine
Radiostation war, habe ich es damals in Frankreich als Finanzinfoquelle
immer gerne gehört.

BFMTV ist der Propagandakanal Patrick Drahis.

Tempranillo

--
*Die Demokratie bildet die spanische Wand, hinter der sie ihre Ausbeutungsmethode verbergen, und in ihr finden sie das beste Verteidigungsmittel gegen eine etwaige Empörung des Volkes*, (Francis Delaisi).


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