Gehört mir mein abbezahltes Haus?

Rain, Montag, 17.12.2018, 09:35 (vor 1951 Tagen) @ NST5247 Views

Guten Morgen,

zur Frage, ob mir mein abbezahltes Haus gehöre, zuerst das juristische, dann was zu der allgemeinen Problematik, gerade in der Reichsbürgerszene:

In Deutschland wird das Eigentum an Immobilien nachgewiesen durch den Grundbuchauszug.

Kein Notar oder Richter oder Grundbuchangestellter wird das Eigentum bestätigen, weil es nicht seine Aufgabe ist.

Das Eigentum (grundsätzlich, nicht nur an Immobilien)wird eingeschränkt durch Art. 14 GG, https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_14.html

Eigentum soll auch der Allgemeinheit dienen, andersrum: Niemanden mehr als unumgänglich schaden.

Der Staat kann enteignen, wenn das Eigentum Allgemeinaufgaben entgegensteht.

Das geschieht vorzugsweise, wenn der Staat bauen will, Eigentümer Grundstücke nicht verkaufen wollen.

Das Eigentum kann auch mit Steuern oder Abgaben belegt werden, das ändert aber nichts an der grundsätzlichen Eigentümerstellung.

Deshalb ist z.B. auch eine richterliche Durchsuchungsanordnung notwendig, oder es muß Gefahr im Verzug sein, wenn die Polizei in ein Haus/eine Wohnung eindringen wollen.

Deshalb war der große Lauschangriff vor Jahren verfassungswidrig.

Mit dem Eigentum sind auch Pflichten verbunden, so z.B. die Pflicht, Immobilien so instand zu halten, daß niemand durch sie geschädigt wird. Wenn doch, haftet der Eigentümer auch ohne Verschulden.

Es besteht die Möglichkeit, das Eigentum aufzugeben, dann wird der Staat Eigentümer. Dies ist dann sinnvoll, wenn eine Renovierung absolut unwirtschaftlich ist, das Haus keinen wirtschaftlichen Wert mehr hat. Der Staat nimmt diese Häuser zähneknischend entgegen, (er muß) weil er dann in der Pflicht ist.

Zu den Reichsbürgern:

Die Reichsbürger gibt es schon seit ca. 20 Jahren, zumindest sind sie mir damals zum ersten Mal aufgefallen. Gemeinsames Kennzeichen ist, daß sie das BGB lesen wie eine Gebrauchsanweisung, in der Regel mit ihren Ergebnissen und Analysen falsch liegen.

Das muß auch so sein, denn wenn jeder durch blosses Lesen das Gesetz anwenden könnte, müßte man als Jurist keine mehrjährige Ausbildung durchlaufen.

Das Problem ist, daß sich der Sinn von Gesetzen oft nur aus dem Zusammenhang mit anderen Gesetzen ergibt, sie manchmal ausgelegt, manchmal ergänzt werden müssen. Diese intellektuelle Leistung sind Reichsbürger nicht in der Lage zu erbringen. Sie hängen wörtlich am Gesetz, ohne zu verstehen, was sie lesen.

Das hängt natürlich auch damit zusammen, daß Gesetzestexte eine Fachsprache sind, die Bedeutung von einzelnen Worten muß nicht dem entsprechen, was in der Umgangssprache üblich ist.

Eines der großen Thematiken bei den Reichsbürgern ist, daß Urteile nicht gelten, weil sie nicht unterzeichnet sind. Das ist per se richtig. Nicht unterzeichnete Urteile sind nicht gültig. Was die Reichsbürger aber nicht wissen: Das unterzeichnete Urteil bleibt immer in der Akte, nach außen gehen nur Ausfertigungen, diese sind nicht unterzeichnet. Mit diesem Halbwissen gehen die Reichsbürger an die Öffentlichkeit und verunsichern.

Allerdings haben sie einen Riesencoup gelandet: Sie haben Mahnbescheide in Malta über irrsinnige Summen aus Schadensersatz gegen Richter beantragt, diese scheinen (ich habs nicht überprüft), ohne Zustellung und Anerkennung in Deutschland wirksam zu sein. Außerdem haben sie das gleiche Spiel mit Mahnbescheiden in Deutschland unternommen, hier haben sie zwar keine Wirkung, aber einen riesigen Aufwand durch das notwendige Herausfiltern verursacht.

Die Geschichte mit dem Handels- und Seerecht beruht auf den Ausführungen Alexander Wagandts, der ebenfalls mit höchster Vorsicht zu genießen ist, da auch seine Darstellungen, sofern sie rechtlicher Natur sind, immer scharf neben der Sache liegen. Nachdem mehrere Leute, ich kenne einige, sich damit das Leben ruiniert haben, ist er zurückgerudert und hat erklärt, er habe die Rechtslage nur dargestellt, niemanden aufgefordert, sich entsprechend zu verhalten.

Was niemand in der Öffentlichkeit erwähnt, was aber hier gesagt werden soll:

Die Behörden sind dazu übergegangen, das Qualitätsmanagement auf die Bevölkerung abzuwälzen. Bescheide, gleich welche Behörde, sind oftmals falsch, natürlich immer zugunsten des Staates. Das fällt besonders bei Steuerbescheiden und Bescheiden des JobCenters auf. Die Behörden rechnen damit, daß die Mehrzahl keinen Einspruch einlegt, der falsche Bescheid rechtskräftig wird. Die Gerichtsverfahren, mit den entsprechenden Kosten, nehmen sie als Kollateralschaden hin, weil die eingesparten Beträge höher sind als die Kosten.

Wer eine Quelle dazu möchte: Heiner Geisler in seinem Buch: Sapere aude.

Der Staat läßt für sich alle Begrenzungen und Regeln fallen, wenn es ihm nutzt, verlangt im Gegenzug vom Bürger, sich wie eine Verwaltung zu benehmen, nämlich sich treu an alle Gesetze zu halten, alle Personen gleich zu behandeln, sich nicht verletzend über Andere zu äußern,sein Handeln stets offen zu legen.

Deutschland gehört zu den gefallenen Staaten. Reformen werden da nichts mehr bringen, dafür ist es zu sehr verfilzt und unterwandert.

Hofft auf einen unblutigen Regimechange.


Beste Grüsse

Rain

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Der Rechtsstaat ist wie die Luft: Unsichtbar aber essentiell.


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