Die Immigranten Lateinamerikas

helmut-1, Siebenbürgen, Mittwoch, 28.11.2018, 18:40 (vor 1967 Tagen)4945 Views

Obwohl ich das bereits in die gegenfrage reingestellt habe, so denke ich, dass es doch auch für die Leser des Gelben interessant sein könnte.

Massenimigration auch in Lateinamerika:
Fast täglich Nachrichten von der Südgrenze der USA zu Mexiko, - Konvois von Immigranten, die ihre Einreise in die USA erzwingen wollen. Trump ist nicht Merkel, er macht die Grenzen eben nicht auf, sondern lässt sie bewachen. Was nicht so ganz klar ist, woher kommen denn diese Massenanstürme?

Genauso bin ich mir nicht über den Motor dieser Bewegungen in Klaren. Kaum vorstellbar, dass hier eine Gruppe von 10 oder 20 Leuten beschließt, sich bis zur USA-Südgrenze durchzuschlagen, und während sie so von Dorf zu Dorf marschieren, werfen immer wieder andere, die das sehen, ihre Werkzeuge weg, packen ihr Bündel und schließen sich an, ähnlich wie in der Bibel. In diesen Mengen, wie diese Anstürme auftreten, muss das doch irgendwie organisiert sein, - sagt mir die Logik.

Jetzt bekommt man in Europa nur sehr vage Informationen. In der Hauptsache wird darüber berichtet, was für ein abartig schlechter Mensch dieser Trump ist, der lässt sogar Militär und die Nationalgarde gegen die Immigranten auffahren, baut und bewacht Grenzzäune mit Tränengas. Aber mich hat interessiert, woher denn diese Leute kommen, wenn man von Immigrantenströmen aus Mittelamerika sowie dem Norden von Südamerika spricht.

Immigranten an der Grenze zu den USA:
Nachdem ich mich da halbwegs schlau gemacht habe, kam ich drauf, dass man da zwischen unterschiedlichen Bewegungen unterscheiden muss. Das, was sich hauptsächlich zur Südgrenze der USA bewegt, das sind überwiegend Angehörige der mittelamerikanischen Staaten, wie z.B. Honduras, El Salvador und Guatemala. Auffallend dabei ist, dass es sich zum Großteil um jüngere männliche Immigranten handelt, seltener sind jüngere Frauen und Kinder zu beobachten. Also dieselbe Altersgruppe wie aus den afrikanischen Ländern.

Bei dw vom 26.11.2018 kann man das nachlesen:
https://www.dw.com/de/hunderte-migranten-st%C3%BCrmen-us-grenze/a-46447652

Auch telepolis schreibt dazu am 15.11.2018:
https://www.heise.de/tp/features/Erste-Menschen-aus-der-Migranten-Karawane-sind-an-der-...

Wobei telepolis auch die offizielle US-Erklärung erwähnt, aus der ich die wichtigste Passage herausnehme:

Q. Is this action in response to the caravan?
A. We have a broken immigration system that has precipitated an illegal immigration crisis at the Southern border. The caravan is just the latest symptom of that problem. The Border Patrol apprehends hundreds of thousands of people each year – numbers any American would agree is unacceptable. Asylum seekers know they will be released into the United States and receive work permits while their often frivolous claims are adjudicated. They then disappear or fail to depart the country.
https://www.dhs.gov/news/2018/11/09/dhs-myth-vs-fact-asylum-proclamation-and-rule

Immigranten in Kolumbien:
Das ist das Eine. Jetzt hört man aber auch andere Berichte von Kolumbien sowie überhaupt über den Nordbereich von Südamerika. Da habe ich bemerkt, dass das wieder was anderes ist. Nach Kolumbien strömen nun Massen aus Venezuela ein. Kolumbien appelliert an die Weltgemeinschaft und an die EU um Unterstützung bei der Flüchtlingskrise, wo es sich überfordert sieht. Der Haken: Kolumbien spricht von Venezuelanern, die in das Land kommen, aber das ist nicht korrekt.

Vor vielen Jahren, als Venezuela wg. des Ölreichtums einen höheren Lebensstandard versprach, kamen viele Kolumbianer als Gastarbeiter nach Venezuela. Viele blieben dort, viele verheirateten sich mit Einheimischen, - alles ähnlich wie mit den Gastarbeitern Deutschlands in den 60er Jahren. Jetzt, als Venezuela zum Armenhaus in Südamerika geworden ist, gehen diese Kolumbianer wieder zurück. Natürlich bezeichnet Kolumbien diese Heimkehrer als venezuelanische Immigranten, weil sonst der Hilfsappell unlogisch wäre.

Relativ gut erklärt hier:
https://www.deutschlandfunkkultur.de/fluechtlingsdrama-in-venezuela-und-kolumbien-sozia...

Klar wird auch ein Teil Venezuelaner dabei sein, das ist aber schwer zu erfassen. Es kommt nämlich dazu, dass zwar täglich viele aus Venezuela kommend, die Grenze nach Kolumbien überqueren, aber nur, um Mitgebrachtes (vornehmlich Treibstoff) in der Grenzstadt zu verkaufen und sich im Gegenzug mit Artikelns des täglichen Bedarfs einschl. Lebensmittel einzudecken. Diese Leute aber gehen am selben Tag wieder nach Venezuela zurück.

Ein geringer Teil der Leute, die aus Venezuela kommen, bleibt aber in Kolumbien, ein anderer Teil der Wirtschaftsflüchtlinge versucht es in Brasilien, oder auch in Ecuador. In dem o.g. link liest man:

„Seit dem 15. September 2015, als die Grenze für Auto gesperrt wurde, sind mehr als 20 Millionen Venezolaner eingereist. 17 Millionen sind zurückgekehrt. Das bedeutet drei Millionen sind geblieben, beziehungsweise Richtung Peru, Ecuador, Brasilien und andere Länder weitergereist auf der Suche nach einem neuen Leben. Das heißt im Endeffekt könnten sich zwischen drei und vier Millionen Venezolaner in Kolumbien aufhalten.“

Was auch rechnerisch nicht ganz stimmt, weil man ja von diesen drei Millionen diejenigen abziehen muss, die in die anderen südamerikanischen Länder weitergereist sind. Dass diese Wanderungsbewegung nicht unproblematisch ist, sieht man hier:

http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/venezuelas-fluechtlinge-die-neue-unterschich...

RU meint, dass diese Rückkehrbewegung der Kolumbianer in ihre Heimat aus Venezuela auch dadurch begründet wird, weil sich die kolumbianische Regierung mit den Rebellen auf ein Ende der Auseinandersetzungen geeinigt hat.

https://deutsch.rt.com/amerika/66960-kolumbien-plant-auffanglager-an-grenze/

Immigranten aus der ganzen Welt:
Jetzt kommt aber noch ein drittes Problem dazu: da gibts Leute aus allen möglichen Ecken der Welt, die über den Norden Südamerikas versuchen wollen, bis an die südliche Grenze der USA zu kommen, um dort als Asylanten anerkannt zu werden. Das sind Personen aus Indien, Pakistan, Bangladesh, aber auch Afrika, Haiti, usw. Das hängt damit zusammen, dass man als Schwarzafrikaner kaum mehr ein Visum nach Europa oder in die USA bekommt, dafür aber relativ leicht in die Länder Südamerikas, wie z.B. Ecuador. Das aber ist ein kräftezehrendes und gefährliches Abenteuer, da man - wenn man keine Schiffsüberfahrt vorzieht, auf dem Landweg nach Panama kommen muss, und von dort aus über Costa Rica, Nicaragua, Honduras bis nach Mexiko.

https://www.welt-atlas.de/karte_von_s%C3%BCdamerika_politisch_9-730

Dabei ist die Überwindung des Regenwaldes im Darien-Gebiet erforderlich, was schon aufgrund der örtlichen Gegebenheiten eine Herausforderung ist.

https://de.wikipedia.org/wiki/Tap%C3%B3n_del_Dari%C3%A9n

Dazu ein Bericht über diese Problematik von arte aus dem Jahre 2016:

https://www.youtube.com/watch?v=7_Zm-A7urAc

Ob die Alternative eine Option ist, einfach in Kolumbien zu bleiben, steht wieder auf einem anderen Blatt. Obwohl man sich mit den Aufständischen geeinigt hatte, treten nun kriminelle Gruppen in das Vakuum ein, weil die Regierung ihre Zusagen an die Bevölkerung nicht eingehalten hat. Auch hier ein interessanter Bericht von arte, aktuell vom Oktober 2018:

https://www.youtube.com/watch?v=_5vwCo9AAFA

Schlussüberlegung:

Abschließend muss ich dazusagen, dass ich noch niemals in diesen Ländern war und mir meine Informationen nur aus dem Internet geholt habe. Es kann hier durchaus Abweichungen zur Realität geben. Aber ich stellte das hauptsächlich aus dem Beweggrund zusammen, weil in den Meldungen aus Deutschland diese drei Immigrationsbewegungen vermischt oder gar nicht richtig definiert werden.

Nachdenklich machen mich zwei Dinge:
Auf der einen Seite bezeichnet man die Rückkehrer nach Kolumbien als Venezuelaner und nicht als ehemalige ausgereiste Kolumbianer. Das hieße, dass der Hamburger, der auf einer Ölplattform vor Norwegen seit Jahren arbeitet und irgendwann wieder nach Deutschland zurückkehrt, dann als Norweger gilt. Genauso wie der Syrer, wenn er nach 10 Jahren wieder nach Syrien zurükgeht, dann als deutscher Auswanderer bezeichnet wird. Irgendwie unlogisch für mich.

Auf der anderen Seite eröffnet das eine neue Möglichkeit: in Deutschland wird der Lebensstandard so weit heruntergeschraubt, dass auch für die einheimische Bevölkerung eine Notsituation entsteht. Das könnte dann bewirken, sämtliche abstammungsmäßigen Fremden im Land davon zu überzeugen, wieder aus Deutschland auszureisen. Allerdings brächte das dann mit sich, dass die Kriminalität noch mehr steigen würde, und es gäbe dann bürgerkriegsähnliche Zustände. Die Frage stellt sich, ob nicht die Politik – fast unmerklich – diesen Weg bereits eingeschlagen hat.


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