Deine vertiefte Frage: Kann man überhaupt an irgendeiner Stelle …

Ostfriese, Mittwoch, 28.11.2018, 17:11 (vor 1974 Tagen) @ Hinterbänkler3563 Views
bearbeitet von unbekannt, Mittwoch, 28.11.2018, 17:33

Hallo Hinterbänkler,

… nachlesen, was irgendwo tatsächlich gelaufen ist?

kann grundsätzlich nicht mehr eindeutig beantwortet werden.

Ich hatte schon vor einiger Zeit von der 'medialen Ikone' am Beginn des Einmarsches in Polen, dem 'Startschuss' für das deutsche Farbfernsehen und im Zusammenhang damit von der Quizsendung 'Wer weiß denn sowas?' und dem 'Trauermarsch' nach den Ereignissen von Charlie Hebdo berichtet. Die einzelnen Realitätsfragmente werden zu einer neuen Realität – zur Hyperrealität – zusammengesetzt und montiert. Wir erkennen, dass mit der Zahl der Montagen der zirkulierenden Zeichen die Zahl der Realitätsfragmente insgesamt ebenfalls steigt und erleben im Endeffekt eine 'fraktale Zersplitterung' der Wahrnehmung. Die Menschen haben dann keine einheitliche Vorstellung mehr von sich selbst und den Ereignissen, die sie deuten und in denen sie sich wiederfinden möchten. Das bedeutet, dass die binären Gegensatzpaare wahr/falsch, Sinn/sinnlos, echt/gefälscht, real/imaginär, Original/Kopie oder Ursache/Wirkung anachronistisch und hinfällig geworden sind. Die Medien sind mit ihrer grundlegenden "Einseitigkeit der Kommunikation" (S.91) die zentrale technische Institution der Macht – denn

"die Macht gehört demjenigen, der zu geben vermag und dem nicht zurückgegeben werden kann".

Die medialen Gegebenheiten zeigen sich sehr deutlich. Mit Hilfe der elektronischen Medien beginnen sich die Informationen in einem Rausch der Bilder mit Lichtgeschwindigkeit weltweit zu verbreiten.

"Gegenstände von Informationen sind gleichermaßen Ergebnisse einer Selektion, einer Montage, einer Filmaufnahme, sie haben die "Realität" schon getestet und ihr nur Fragen gestellt, die ihnen "entsprachen". Sie haben die Realität in einfache Elemente zerlegt und sie zu Szenarios mit klaren Gegensätzen wieder zusammengefügt. [...] Die "öffentliche Meinung" ist natürlich die schönste dieser Proben – nicht aus einer irrealen politischen Substanz entstanden, sondern aus einer hyperrealen, jener phantastischen Hyperrealität, die nur von der Montage und der Manipulation der Tests lebt. [...] Dieser ganze Prozeß ist auseinandergerissen: der widersprüchliche Prozeß zwischen dem Wahren und dem Falschen, dem Realen und dem Imaginären wird durch die hyperreale Logik der Montage beseitigt."

Jean Baudrillard – 'Der symbolische Tausch und der Tod', Seite 117 – 119

"Wer sich medial informiert, muss sich darüber bewusst sein, dass er phantasiert. Das ist eigentlich, da jeder der denkt, der sich etwas vorstellt eben phantasiert, nicht weiter tragisch. Doch die bewusst und unbewusst manipulativen Selektionsprozesse der Tester lassen uns dabei keinen Raum, keine Zeit, um uns einen eigenen Standpunkt zu schaffen, der das Hyperreale (die Simulation des Realen) als solches bewusst werden lässt."

Ashitaka, am 23. August 2015, 10:39

Gruß â€“ Ostfriese


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