...und trotz Meinungsverschiedenheiten keine Pöbeleien :-)

Silke, Sonntag, 04.11.2018, 03:18 (vor 1972 Tagen) @ helmut-14976 Views
bearbeitet von Silke, Sonntag, 04.11.2018, 03:55

Lieber helmut-1,

liebe Silke, aber trotzdem bin ich nicht von Deiner Theorie zu überzeugen.
Zumindest nicht in der Form, wie Du es dargestellt hast.

Das verlangt doch keiner.
Ein Forum ist dafür da, dass unterschiedliche Gedankengebäude angeboten und diskutiert werden.
Wer hier mit Entwertungen, Beleidigungen und Provokationen glänzt ohne bessere Angebote zu machen ist nicht eben souverän unterwegs.

Will ich z.B. als Kind Fahrradfahren lernen brauche ich:
- ein Fahrrad (das fällt nicht vom Himmel),
- ein Umfeld zum üben (das ist nicht selbstverständlich vorhanden),
- einen gesunden Körper und Geist (das kann ein Kind auch nicht allein
leisten) und
- jemanden, der mit mir übt/es mir zeigt/ von dem ich abschauen kann
(auch er stellt mir sein Potential zur Verfügung).

Den wichtigsten Punkt hast Du nicht angeführt:

Du hast ihn in meinem Text überlesen...
"...wenn man darum kämpft" schrieb ich.

- einen festen Willen, um das zu erlernen, - selbst dann, wenn ich dabei
auf die Schnauze falle und zerschundene Knie habe.

Ja, richtig.
Woher kümmt er, der Wille? Aus einem angeborenen Heldencharakter?
Im Prinzip ja, wenn der kleine Held nicht schon zerstört wurde.
"Unsere Kinder gewinnen am Anfang und verlieren im Ziel"
Aus dem Hammerfilm "Alphabet" von Erwin Wagenhofer (auch "We feed the World" und "Let's make Money").
Den kann ich nur jedem hier empfehlen um richtig in die Materie Bildung einzusteigen.

Ausreichenden Willen, lieber Helmut, unterstelle ich hier ehrlich gesagt jedem Foristen und den Leuten außerhalb des Forum's auch.
Jedes Lebewesen ist Ausdruck von Lebens- und Überlebenswillen, und zwar genau in der Größenordnung, die er mitbekommen hat, und die ihm nicht geraubt wurde.

Warum unterteilen wir Menschen in Verlierer und Gewinner?
Die Verlierer haben vom ihrem mitgegebenen Lebenswillen verloren, ohne wieder ausreichend auftanken zu können (Mut zu schöpfen).
Die Gewinner haben noch zusätzlich welchen dazu gewonnen, weil die Potenzialstrukturen dafür günstig waren (ermutigend).
Wieviel genau können beide dazu, dass sie verloren oder gewonnen haben?
Wieviel können Lebewesen dazu, dass sie bereits bei Schwangerschaft und Geburt Schäden erlitten.
Wieviel, dass sie schlecht sozialisiert wurden oder schlechter Umgebung und schlechten Umweltbedingungen ausgesetzt waren?
Wieviel, dass sie sich auf einer Bühne anbieten und ein großes Publikum dieses Angebot zum Spiegeln dankbar annimmt, während andere sich angewidert abwenden, weil der Zugang gerade fehlt oder ein intrapsychischer Konflikt reaktiviert wurde oder weil man sich zu einer Bewertung zwischen den Extremen Winner <-> Looser hat drängen lassen.

Hat man das nicht, können die ersten Punkte alle vorhanden sein, - und es
bringt trotzdem nichts, zumindest keinen Erfolg.

Ja, aber das ist nicht einmal zwingen.
Wenn der Lehrer authentisch Begeisterung vermittelt (fährt z.B. selbst gern und häufig Fahrrad und stellt vielleicht eine gemeinsame Tour in Aussicht) und den Schüler wertschätzend behandelt kann der garnicht nicht lernen, weil er auch so cool werden will.
Und ohne die ersten Punkte kann man auch mit dem Willen des Übermenschen nicht Fahrrad fahren lernen.

Dasselbe ist bei der Berufsausbildung, kann man fast zu 100% übernehmen.
Wenn der Delinquent keinen eigenen Antrieb hat, dann können die Eltern und
Lehrer ihm Potential einflößen, soviel sie wollen, - es ist umsonst.

Verräterische Wörter...Delinquent(lateinisch: delinquere „sich vergehen, einen Fehltritt begehen“).
Potential wird weder eingeflößt noch reingehämmert - es wird verliehen.
Wenn ich den Lernende einladen, begeistern und ermutigen kann wird er aus eigenem Bedürfnis leisten und nicht weil andere das wünschen.

Das ist auch der Grund, warum ich niemals Lehrlinge ausgebildet habe, die
unter 18 Jahren waren, was mir meine Berufskollegen immer angekreidet
haben.

Das wäre eine spannende Chance für dich gewesen.
Jugendliche sehnen sich nach vorbildfähigen Lehrern, nach Menschen, die sie ernst nehmen und die ihnen Wertschätzung entgegen bringen, nach Machern die so sind, wie du von dir behauptest - ein Held.

Ganz einfach deshalb, weil ab diesem Alter die Chance größer ist,
dass der Delinquent (lustiger Ausdruck in diesem Zusammenhang) eher weiß,
was er will und die Ausbildung nicht in der halben Zeit abbricht.

Kein lustiger Ausdruck.
Die Chance ist nicht größer.
Der Lehrer muss nur nicht so anspruchsvoll sein wie bei den Pubertierenden.
Da muss man "einen Kaktus umarmen" können und Mutter, Vater, Freund und Mentor in einem sein.

Sind auch
alle was geworden, - selbständig, oder Meister in einem Betrieb.
Allerdings habe ich von denen immer mehr verlangt (und auch gegeben) als
meine Kollegen. Auch das hat man mir angekreidet.

Wenn sie dich als Vorbild akzeptieren, wenn du ihren Respekt erstreitest kannst du fordern was du willst - sie werden es leisten.
Das hängt aber eben von uns und unserer sozialen Kompetenz ab und nicht von ihnen. Werten wir sie ab und meckern über die doofen, handydaddelnden Nichtskönner, dann werden/ bleiben sie es (wir machen sie zu Objekten). Behandeln wir sie in ihrer tiefen Verunsicherung von Mensch zu Mensch entwickeln sie sich weiter.
Jugendliche sind nur so lange Zombies, wie sich kein Erwachsener adäquat um sie kümmert. Das ist der Job von Erwachsenen, sie sind erwachsener.
Ich kann doch nicht von einem Jugendlichen erwarten, dass er erwachsener ist als seine Eltern, Lehrer und sonstige Bezugspersonen.

Noch ein Beispiel, - das sind die Triebe des Menschen. Beim Sexualtrieb
wird es ganz deutlich, - den kann man nicht als Potential von Dritten
bekommen. Schon deshalb nicht, weil mir meine Tochter als Kinderpsychologin
klargemacht hat, dass dieser Sexualtrieb schon bei Kleinkindern existiert
(existieren kann). - Ehrlich gesagt, ich war da sprachlos.

Sexualität im weitesten Sinne gehört zum Leben dazu von Anfang bis Ende - sie ist Leben. Lebewesen sind sexuell. Tote Materie nicht.
Was meinst du, warum sehr viele Menschen in BRD so leiden, stocksteif, starr und innerlich leblos sind.
Kinder sind nicht asexuell.
Das wurde auch im Forum ausführlich besprochen mit Namen wie James DeMeo (Saharasia),Wilhem Reich (weiter als Freud), Bernd Senf (erklärt Reich) und Erich Fromm (@RoRog hat viel richtiges dazu geschrieben).
Pof. Sielert schreibt ganz gut dazu.

Aber genauso deutlich ist es beim Selbsterhaltungstrieb. Wie sollte denn
sonst ein Robinson Crusoe auf seiner Insel überleben, wenn er kein
Eigenpotential, keine Kraft, keinen Willen zum Überleben gehabt hätte?
Wer sollte ihm denn da etwas verleihen? War ja keiner da.

Er hatte vor dem Stranden offensichtlich alles verliehen bekommen, was er zum Überleben brauchte weil er sonst nicht überlebt hätte.
Auf der Insel war alle was man braucht wenn Wissen und Können vorhanden sind.
Entmächtigende Strukturen wie Konkurrenten und Feinde fehlten.

So, das reicht erst einmal zum Thema von meiner Seite.
Mehr irgendwann später in einem neuen Faden.

Liebe Grüße
Silke

PS.
Toll dass du mit deiner Tochter über das Thema sprichst.
Ich wette, ihr hättet noch viiiiel mehr zu besprechen.
Das ist mein Gefühl als ehemalige Tochter von so einem Brummbären wie dir.


gesamter Thread:

RSS-Feed dieser Diskussion

Werbung